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Mars Express auf dem Weg zum Roten Planeten
Die europäische Raumsonde Mars Express wurde
erfolgreich auf eine Flugbahn gebracht, von der aus sie das Schwerefeld
der Erde verlassen und zum Marsfliegen wird, den sie Ende Dezember
erreichen soll. Dann wird diese erste interplanetare Sonde der Europäischen
Weltraumorganisation in eine Bahn um den Mars einschwenken und seine
Oberfläche, die darunterliegenden Schichten und seine Atmosphäre
genauestens unter die Lupe nehmen. Außerdem wird sie ein kleines
autonomes Landegerät, Beagle 2, aussetzen, das auf dem Mars
aufsetzen und seine Oberfläche erkunden sowie nach etwaigen
Spuren vergangenen oder gar gegenwärtigen Lebens suchen soll.
Die 1 120 kg schwere, im Auftrag der ESA von einem
europäischen Konsortium unter der Leitung von Astrium gebaute
Sonde wurde von einem Sojus-Fregat-Träger der Firma Starsem
auf die Reise gebracht. Dieser hob am 2. Juni um 23.45 Uhr Ortszeit
(19.45 Uhr MESZ) vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan ab. Nach der
ersten Zündung der Fregat-Oberstufe gelangte die Sonde zunächst
auf eine Wartebahn um die Erde; die 92 Minuten später erfolgte
zweite Zündung beförderte sie dann auf ihre interplanetare
Bahn.
„Europa fliegt mit dem ehrgeizigen Ziel
zum Mars, die bisher gründlichste und vollständigste Erkundung
des Roten Planeten anzustellen. Wir können stolz sein auf dieses
Vorhaben und auf die Schnelligkeit, mit der wir unser Ziel erreicht
haben“, erklärte David Southwood, der Direktor des Wissenschaftlichen
Programms der ESA, während des Starts der Sonde von Baikonur.
Anschließend nahm das ESA-Raumflugkontrollzentrum ESOC in
Darmstadt, Deutschland, Funkkontakt zu Mars Express auf. Die Sonde
hat sich planmäßig zur Sonne ausgerichtet und ihre Sonnenzellenflügel
ausgefahren. Alle Bordsysteme arbeiten einwandfrei. Nach zwei Tagen
wird ein Bahnkorrekturmanöver die Sonde auf Zielkurs zum Mars
bringen, während sich die ihr folgende Fregat-Oberstufe in
den Weiten des Weltraumsverlieren wird, womit die Gefahr gebannt
ist, daß sie auf der Marsoberfläche aufprallt und diese
dadurch kontaminiert.
Danach wird Mars Express sechs Monate lang mit
einer Geschwindigkeit von über 30 km/s durch das Sonnensystem
rasen (von der Erde entfernt sich die Sonde mit einer Geschwindigkeit
von 3 km/s) und dabei 400 Millionen km zurücklegen. Nach Überprüfung
der Funktionstüchtigkeit der Nutzlast wird sie in einen „Ruhezustand“
versetzt, in dem sie nur noch einmal pro Tag Kontakt zur Erde aufnehmen
wird. Im September ist - nach halber Wegstrecke- eine weitere Kurskorrektur
vorgesehen.
Ankunft voraussichtlich an Weihnachten Ende November
soll die Sonde „reaktiviert“ und auf das Ausklinken
von Beagle 2 vorbereitet werden. Die 60 kg schwere Kapsel mit dem
Landegerät, die über kein eigenes Antriebssystem verfügt,
soll am 20. Dezember auf einer Kollisionsbahn mit dem Mars ausgesetzt
werden. Nach fünftägigem ballistischem Flug wird die Kapsel
am Weihnachtstag in die Marsatmosphäreeintreten. Das Landegerät,
das beim Abstieg durch die Atmosphäre zunächst durch einen
Hitzeschild geschützt und anschließend durch zwei Fallschirme
abgebremst wird, soll - dann nur noch 30 kg schwer - in der Region
Isidis Planitia in der Nähe des Marsäquators aufsetzen.
Der Aufprall wird durch drei Airbags gedämpft. Diese kritische
Phase der Mission wird vom Eintritt in die Atmosphäre bis zur
Landung gerade mal zehn Minuten dauern.
In der Zwischenzeit wird der Orbiter auf eine
Bahn manövriert, auf der er vom Schwerefeld des Mars erfaßt
werden kann. Die Zündung seines Haupttriebwerks wird ihn abbremsen
und auf eine stark elliptische Marsumlaufbahn befördern. Für
das Erreichen der endgültigen Einsatzbahn -eine quasi-polare
Bahn mit einer Umlaufzeit von 7,5 Stunden, die den Orbiter bis auf
250 km an den Planeten heranführen wird - werden vierweitere
Zündungen notwendig sein.
Mars unter der Lupe Auf der Marsoberfläche
wird das Landegerät „Beagle 2“ - es wurde nach
dem Forschungsschiff von Charles Darwin, dem Vater der Evolutionstheorie,
getauft - seine Sonnenzellenpaneele entfalten und den Roboterarm
PAW mit seinem Instrumentenpaket (zwei Kameras, ein Mikroskop und
zwei Spektrometer) ausfahren. Mit diesen Instrumenten wird es dann
die Umgebung erkunden und geologische und mineralogische Daten sammeln,
die erstmals eine genaue Altersbestimmung der Gesteinsproben ermöglichen
dürften. Mit Hilfe eines Kernbohr- und Mahlgeräts und
des „Maulwurfs“, eines drahtgesteuerten Miniroboters,
der unter Felsbrocken kriechen und bis zu 2m tief graben kann, werden
Bodenproben entnommen und in dem automatisierten Mini-Labor GAP,
das mit 12 Öfen und einem Massenspektrometer ausgerüstet
ist, analysiert. Diesem Mini-Labor wird die Aufgabe zufallen, etwaige
Spuren von Leben zu erkennen und das Alter der Gesteinsproben zu
bestimmen.
Umfassende Beobachtungen des Planeten werden mit
dem Orbiter, dem in der Umlaufbahn um den Mars verbleibenden Teil
der Sonde, angestellt, der seine Instrumente eine halbe bis ganze
Stunde pro Umlauf auf den Planetenrichten und sich dann der Erde
zuwenden wird, um seine Meßdaten und die von Beagle 2 übermittelten
Daten an die Bodenstation weiterzuleiten.
Die sieben Instrumente an Bord des Orbiters sollen
Informationen über den Aufbau und die Entwicklungsgeschichte
des Mars liefern. Die hochauflösende Stereo-Kamera HRSC soll
eine vollständige Kartografie des Planeten mit 10m Auflösung
durchführen und einzelne Regionen sogar mit einer Präzision
von knapp 2 m fotografieren. Das Spektrometer OMEGA soll die erste
mineralogische Karte des Mars mit einer Genauigkeit von 100 m erstellen.
Mit dem Spektrometer PFS soll die mineralogische Untersuchung vertieft
und darüber hinaus die Zusammensetzung der Marsatmosphäre
kartiert werden, um ihre Dynamik zu bestimmen. Das mit einer 40
m langen Antenne ausgestattete Radargerät MARSIS wird die Oberfläche
bis in 2 km Tiefe sondieren, um die Bodenstruktur zu ermitteln und
insbesondere Wasservorkommen aufzuspüren. Das Analysegerät
ASPERA soll die Wechselwirkungen zwischen der oberen Marsatmosphäre
und dem interplanetaren Medium untersuchen und Aufschluß darüber
geben, wie und über welchen Zeitraum das Fehlen eines Magnetfelds,
das als Schild gegen den Sonnenwind gedient hätte, es letzterem
gestattet hat, den Großteil der Marsatmosphäre im All
zu zerstreuen. Auch das Spektrometer SPICAM und das Funkexperiment
MaRS werden die Atmosphäreuntersuchen, das erste durch Beobachtung
von Sternbedeckungen und das zweite durch Messung der Funkwellenausbreitung.
Die Mission des Orbiters soll mindestens ein volles
Marsjahr (687 Erdtage)dauern, während Beagle 2 auf der Marsoberfläche
rund 180 Tagefunktionsfähig bleiben soll.
Die Exploration des Mars fängt erst an Diese
erste europäische Mission zum Mars greift einen Teil der Ziele
des Gemeinschaftsvorhabens Mars 96 mit Rußland wieder auf,
das wegen einer Fehlfunktion der Trägerrakete Proton beim Start
scheiterte. Bei Mars Express ist deshalb jedem Bordinstrument des
Orbiters auch ein russischer Partner zugeordnet. Mars Express fügt
sich in eine Reihe internationaler Missionen zur Exploration des
Planeten ein, an der darüber hinaus die amerikanischen Sonden
Mars Surveyor, Mars Odyssey und die zwei Mars Exploration Rovers
sowie die japanische Sonde Nozomi beteiligt sind. Im Rahmen dieser
Partnerschaft könnte Mars Express gegebenenfalls die Meßdaten
der NASA-Landefahrzeuge und im Gegenzug Mars Odyssey bei Bedarf
die Daten von Beagle 2 zur Erde funken.
Von Mars Express werden wissenschaftliche Erkenntnisse
von höchster Bedeutung erwartet. Die Mission soll Antwort auf
zahlreiche Fragen geben, die bei Vorgängermissionen aufgeworfen
wurden und insbesondere die Entwicklung des Mars, die Geschichte
der Aktivität im Marsinneren, Wasservorkommen unter der Oberfläche
sowie die Möglichkeit betreffen, daß Mars einmal von
Meeren bedeckt war, was zur Entstehung von Lebensformen geführt
haben könnte, die vielleicht heute noch in „unterirdischen“
Seenfortbestehen. Außerdem soll das Landegerät Beagle
2 den Boden und die Umwelt des Mars vor Ort analysieren, was Mars
Express zu einer wirklicheinzigartigen Mission macht.
Mars Express (eine Mission, für die
in beträchtlichem Umfang Elemente genutzt wurden, die für
die Kometensonde Rosetta entwickelt wurden, deren Start im kommenden
Jahr ansteht) wird darüber hinaus den Weg für andere interplanetare
Missionen der ESA - Venus Express im Jahr 2005, gefolgt von BepiColombo
zum Planeten Merkur am Ende des Jahrzehnts - sowie für die
Fortsetzung der Marsforschung im Rahmen des Programms Aurora ebnen,
das der Exploration unseres Sonnensystems gewidmet ist.
Quelle: ESA
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