Ausgabe 05/03 Terracom
 
 
   
 
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KLP: Bestes Hörspiel 2002 wird nicht vergeben

www.kurd-lasswitz.de

2002 waren drei Produktionen des Westdeutschen und des Norddeutschen Rundfunks für den Kurd Laßwitz Preis nominiert worden. Die derzeit aus dreizehn Personen bestehende Jury hatte die Wahl zwischen einer Literaturadaption und zwei auf Motiven aus literarischen Vorlagen basierenden Produktionen; ein Originalhörspiel war nicht darunter. Die Jurymitglieder konnten sich jedoch nach eingehender Prüfung mehrheitlich nicht entschließen, für 2002 ein Werk zu prämieren. Damit wird der Kurd Laßwitz Preis in der Kategorie Hörspiel zum dritten Mal in seiner Geschichte nicht vergeben.

In Dr. Freud und Mr. Hyde von Peter Jacobi nach Motiven von Robert Louis Stevenson (WDR 2002, Komposition: David Graham, Regie: Thomas Werner) gefiel die ironische Brechung durch Einführung der Figur Sigmund Freuds in einen Genreklassiker, das Spiel mit der Erwartungshaltung des Hörers, die Satire auf den Unfehlbarkeitsanspruch der Psychoanalyse, die originelle, hörspielgerechte Aufarbeitung und die gut durchdachte Musikdramaturgie. Da aber das zentrale Thema der Persönlichkeitsspaltung über den Ansatz Stevensons nicht hinausgeht, Jacobi also mit einem Versatzstück spielt ohne seinerseits ein Science-Fiction-Motiv beizutragen, kam sein Stück nach fast einhelliger Jurymeinung trotz seiner Vorzüge als Preisträger eines Genrepreises nicht in Frage.

Die Eva der Zukunft von Walter Adler nach Jean-Marie Villiers de L'Isle-Adam (NDR 2001, Regie: Walter Adler) stieß in der Jury auf geteiltes Echo. Gelobt wurde die reizvolle Mischung von Plüsch und Kitsch der viktorianischen Epoche und der Patina des hereinbrechenden technischen Zeitalters, die geschickt konstruierte Geschichte, die um die Frage der Authentizität von Kreation und Imitation kreist, und die aus der Romanvorlage von 1886 hervorscheinende Aktualität, die auch als feministische Parabel verstanden werden könnte. Kritisiert wurde die über weite Strecken monologische Struktur, die im Bemühen, die Atmosphäre des Originals wiederzugeben, Möglichkeiten des Hörspiels ungenutzt lässt, und die von der Vorlage übernommene Überfrachtung mit Zitaten und Bildungskrempel, als habe Villiers pausenlos seine Belesenheit und literarische Bildung unter Beweis stellen wollen. Letztlich hätte die Jury auch hier nur ungern ein Hörspiel als Sieger gesehen, dessen Preiswürdigkeit mehr dem zugrunde liegenden historischen Roman als der resultierenden Adaption gegolten hätte.

Ins Herz der Nacht von Dirk Schmidt (WDR 2002, Regie: Thomas Leutzbach) wurde sehr kontrovers diskutiert und hinterließ bei vielen Juroren einen zwiespältigen Eindruck. Hervorgehoben wurde die atmosphärisch gelungene Transformation von Joseph Conrads mythischer Afrikaerzählung Heart of Darkness, das reizvolle Spiel um hell und dunkel, Macht und Ohnmacht, das angesichts der weltpolitischen Lage 2003 brisante Aktualität erhält, die Symmetrie von Ton, Musik und Sprache, die eine ähnliche Beklemmung erzeugt wie sie Francis Ford Coppola in seinem Film Apocalypse Now gelang.
Kritisiert wurde der Mangel an Eigenem, das bloße Spiel mit Mythen und Versatzstücken aus dem Science-Fiction-Kanon, mehr verrätselnde Poesie als Fiktion, die Vielzahl von Anleihen aus der Inspirationsquelle, ohne freilich deren Intensität zu erreichen, die Handlung nicht vorantreibende Schlenker und überflüssige Details, die Überfrachtung mit schier unter der eigenen Bedeutungsschwere zusammenbrechenden Symbolen und Metaphern und schließlich der fragwürdige Aspekt der Kernaussage, jeder sei Teil eines Spiels, das er nicht kenne, und müsse sich irgendwann entscheiden, ob er Täter oder Opfer sei. Mit knapper Mehrheit fiel die Entscheidung gegen Dirk Schmidts Hörspiel und für die Option, den Preis für 2002 nicht zu vergeben.

Allgemein wurde bedauert, dass im deutschsprachigen Raum trotz annähernd gleich gebliebenem Produktionsvolumen die Zahl anspruchsvoller Science-Fiction-Hörspiele immer geringer wird, darunter nur wenige Originalproduktionen und unter den Adaptionen mehr Historisches als Zeitgenössisches. Die Jury des Kurd Laßwitz Preises möchte anregen, dass die Rundfunkanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz sich mehr für die spekulativen Thematik engagieren und das ambitionierte original Science-Fiction-Hörspiel wieder aktiv fördern.

Quelle: epilog.de
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