
Durch überproportionale Kürzungen
verliert Deutschland Anschluss
Berlin, den 21. Februar 2003
Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI)
sieht die deutsche Raumfahrt an einem Scheideweg. Durch die vom
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am Donnerstag beschlossenen
überproportionalen Kürzungen im Raumfahrtbudget des Bundesforschungsministeriums
stehen "deutsche Kernkompetenzen und 200 bis 250 Arbeitsplätze
insbesondere im Mittelstand zur Disposition," sagte BDLI-Präsidialgeschäftsführer
Hans-Joachim Gante.
Der Vorsitzende des BDLI-Forums Raumfahrt und
Vorstand Astrium-Raumfahrtinfrastruktur, Josef Kind, erklärte:
"Wenn die Kürzungen des deutschen Forschungsetats fast
ausschließlich auf Kosten der Raumfahrt gehen, ist dies ein
falsches politisches Signal in der aktuellen Krise der deutschen
und europäischen Raumfahrt. Dies gilt umso mehr, als Amerika
gerade sein Raumfahrtbudget hochfährt. Wir haben zudem bisher
geglaubt, die Forschungspolitik insgesamt würde als politische
Schwerpunktaufgabe für eine deutsche Wissensgesellschaft verstanden
werden."
Nach den gestrigen Haushaltsentscheidungen des
Deutschen Bundestages stehen der Raumfahrt im Jahr 2003 insgesamt
42 Mio. Euro weniger zur Verfügung. Der deutsche ESA-Beitrag
wurde um 20 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr gekürzt. 50
Mio. Euro wurden zudem gesperrt.
Die Aufhebung dieser Sperre bedarf der Zustimmung des Haushaltsausschusses.
In dem für die Technologievorbereitung bedeutsamen
nationalen Raumfahrtprogramm wurde sogar noch mehr als vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung im Dezember selbst vorgeschlagen
gestrichen. Im Vergleich zu 2002 stehen hier in diesem gerade auch
für den Mittelstand existentiellen Programm unter Berücksichtigung
der Haushaltsvorbelastungen aus dem Jahr 2002 insgesamt rund 22
Mio. Euro weniger zur Verfügung.
Reiner Klett, Geschäftsführender Gesellschafter
des mittelständischen Raumfahrtunternehmens Kayser-Threde aus
München unterstrich: "Werden die öffentlichen Mittel
für die Raumfahrt nach den Erfolgen der ESA-Ministerratskonferenz
unter dem deutschem Vorsitz weiter gekürzt bzw. Kürzungen
fortgeschrieben, verabschiedet sich Deutschland aus dem Kreis der
führenden europäischen Raumfahrtnationen."
Schwerwiegende Folgen für die deutschen Raumfahrtunternehmen
befürchtet Klett. So müssten bereits begonnene Zukunftsprojekte
abgebrochen werden und das Konzept einer öffentlich-privaten
Partnerschaft (PPP) in Frage gestellt werden. Die Industrie habe
im Vertrauen auf Planungssicherheit in erheblichem Masse Eigenmittel
investiert, welche nun verloren gingen.
Zudem sei die Gesamtsituation der europäischen
Raumfahrt derzeit sehr kritisch, betonte Gante. Seit dem Einbruch
des kommerziellen Telekommunikationsgeschäfts, das sich sowohl
bei Satelliten-Geschäften als auch Trägerraketen auswirke,
sei die Raumfahrtindustrie in Deutschland mit ihren knapp 5.900
Beschäftigten in einer sehr schweren Krise. Der "zweifelsohne
notwendige harte Umstrukturierungsprozess" werde unter weitere
Belastungen gestellt.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Luft- und
Raumfahrtindustrie e. V.
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