
ESA-Nutzlasten auf Raumtransporter-Forschungsmission
Europäische Wissenschaftler werden bei der
Raumtransporter-Forschungsmission STS-107, die morgen vom Kap Canaveral
in Florida aus gestartet werden soll, die Auswirkungen der Schwerkraft
"ausschalten", um medizinische, technische und wissenschaftliche
Prozesse besser zu verstehen. Ihre Untersuchungen gehören zu
rund 80 Experimenten, die während des 16 Tage währenden
Flugs um die Erde durchgeführt werden sollen.
Sieben der insgesamt 31 Nutzlasten wurden von
der ESA bereitgestellt. Die Bordmannschaft wird in zwei Schichten
rund um die Uhr mit Experimenten zur Gesundheit und Sicherheit von
Raumfahrern, zur Entwicklung neuer Technologien und zur Gewinnung
von lebenswissenschaftlichen und physikalischen Erkenntnissen beschäftigt
sein.
Die Raumtransportermission ist eine Generalprobe
für künftige Versuchsreihen an Bord der Internationalen
Raumstation, die gegenwärtig in der Umlaufbahn zusammengebaut
wird. Die Beteiligung der ESA an STS-107 geht auf eine Tauschvereinbarung
mit der NASA zurück.
"Im Rahmen der Tauschvereinbarung hat die
ESA der NASA einen "Super Guppy"-Airbus für den Transport
großer Raumstationsbauteile in den Vereinigten Staaten geliefert
und im Gegenzug Mitfluggelegenheiten auf NASA-Raumtransportermissionen
für Forschungsnutzlasten im Gesamtumfang von 450 kg erhalten",
erläutert Jörg Feustel-Büechl, der ESA-Direktor für
Bemannte Raumfahrt.
Sechs der sieben ESA-Nutzlasten sind für
lebenswissenschaftliche und physikalische Experimente bestimmt:
die Verbesserte Protein-Kristallzüchtungsanlage (APCF), das
Verbesserte Atmungsüberwachungssystem (ARMS), Biobox, Biopack,
die Europäische Forschungseinrichtung zur Osteoporose im Weltraum
und auf der Erde (ERISTO) und die Anlage für Adsorptions- und
Oberflächenspannungsmessungen (FAST).
Die siebte, eine Technologiedemonstration mit
der Bezeichnung "Kombiniertes Zweiphasenkreislauf-Experiment"
(COM2PLEX), dient der Erprobung von drei neuen Wärmetransfersystemen
für die Temperaturregelung von Instrumenten auf Satelliten.
"STS-107 ist eine sehr wichtige Mission für
Europa. Sie baut auf unseren Erfahrungen bei Spacelab-Flügen
mit dem Raumtransporter auf und wird letztlich in längere,
anspruchsvollere Forschungsvorhaben an Bord der Raumstation münden",
so Marc Heppener, Leiter der ESA-Abteilung Nutzung der Raumstation
und Förderung der Schwerelosigkeitsforschung.
Während parallel zum Zusammenbau der Internationalen
Raumstation auf dieser bereits Forschungsarbeiten durchgeführt
werden, sind solche Raumtransportermissionen bedeutungsvoll, weil
sie den Wissenschaftlern und Forschern Gelegenheit geben, grundlegende
Phänomene, die in der Biologie, Physik und Chemie eine Schlüsselrolle
spielen, unter Ausschaltung der Erdanziehung zu enträtseln.
Die wissenschaftlichen Nutzlasten der ESA sind
in einem druckgeregelten Modul namens "Spacehab" untergebracht,
das in der Ladebucht des Raumtransporters verankert und mit dessen
Mannschaftskabine durch einen Tunnel verbunden ist. Konzept und
Technologie des Spacehab stammen aus dem Spacelab-Programm der ESA.
Europa kann auf eine lange Geschichte der Beteiligung
an Raumtransporterflügen zurückblicken, deren Schwerpunkt
auf der Forschung unter Schwerelosigkeit liegt - von den Anfängen
des Spacelab bis zum heutigen "Neurolab".
Der Missionsleiter der ESA, Pasquale Di Palermo,
beschreibt den Flug als "wertvolle Gelegenheit für Europa,
im Weltraum zu experimentieren und sich gleichzeitig am Boden auf
den künftigen Forschungsbetrieb an Bord der Raumstation vorzubereiten."
Die ESA-Nutzlasten müssen von der Mannschaft
auf unterschiedliche Weise betreut werden - angefangen von einfachen
Handgriffen zur Einschaltung der Experimente bis hin zu komplexen
Verfahren für ihren Betrieb und erforderlichenfalls ihre Reparatur.
Bei ARMS sind die Mannschaftsmitglieder sogar
selbst in das Experiment einbezogen, weshalb sie eine intensive
Ausbildung absolvieren mußten, um sich mit dem Gerät
vertraut zu machen und sicherzustellen, daß sie medizinische
Tests an sich selbst durchführen können.
Bei seinem Jungfernflug wird ARMS zur Überwachung
des Atmungs- und Herzkreislaufsystems unter Schwerelosigkeit eingesetzt,
was den Wissenschaftlern die Möglichkeit gibt, die Funktionsweise
eines komplexen Teils des menschlichen Organismus zu untersuchen,
die normalerweise durch den Einfluß der Schwerkraft verhüllt
ist.
Im Rahmen des Experiments werden vier Mannschaftsmitglieder
vor, während und nach der Mission einer sorgfältig überwachten
Reihe von Übungen und Messungen unterzogen, bei denen die durch
das Fehlen der Schwerkraft bedingten Veränderungen der Lungen-
und Herzkreislauffunktion ermittelt werden.
Nach der Mission STS-107 soll ARMS als wichtiges
Instrument in der Bodenforschung mit vielversprechenden langfristigen
Aussichten eingesetzt werden, die von der Entwicklung neuer medizinischer
Diagnosewerkzeuge zur Beurteilung der körperlichen Fitneß
und sogar zur Vorhersage von Erkrankungen bis zur Ausarbeitung neuer
Rehabilitationsmethoden für bestimmte Krankheiten reichen.
Quelle: ESA
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