Immer wieder macht das Chandra X-Ray Observatory seiner großen
Auflösung wegen von sich reden. Jetzt erwies sich die
Erkundung des zehn Milliarden Lichtjahre weit entfernten Quasars
PKS 1127-145 als besonders ergiebig. Hier werden nicht nur
die Auswirkungen des Urknalls sichtbar, der Quasar eignete
sich auch vorzüglich als Röntgengerät.
Quasare sind überaus helle Galaxien, in deren Zentren
sich extrem massereiche Schwarze Löcher befinden. Gerade
wegen ihrer Helligkeit strahlen die Quasare auch noch aus
vielen Milliarden Lichtjahren Entfernung und zeugen so von
den Anfängen des Universums. Mithilfe des Chandra X-
Ray Observatory konnten Forscher jetzt einen Quasar ins Visier
nehmen, dessen Strahlung zehn Milliarden Jahre alt ist.
Dabei stießen Aneta Siemiginowska vom Harvard- Smithsonian
Center for Astrophysics und ihre Kollegen bei PKS 1127-145
auf einen ungewöhnlich langen Jet [1]. Dessen Röntgenstrahlung
entsteht vermutlich durch Wechselwirkungen von Elektronen
aus dem Inneren des Quasars mit der kosmischen Mikrowellenstrahlung.
Diese Strahlung ist gleichsam das Echo des Urknalls und heute,
zehn Milliarden Jahre später, wegen der Expansion des
Weltalls ungleich schwächer als damals. Jene Elektronen
werden indes durch heftige Explosionen im Inneren des Quasars
freigesetzt, dort wo Gas und Staub aus der Akkretionsscheibe
in das Schwarze Loch stürzen.
Außerhalb des Quasars kollidieren diese Teilchen mit
der Mikrowellenstrahlung und erzeugen im Röntgenspektrum
den besagten Jet, der mehr als eine Million Lichtjahre weit
ins All schießt.
Die Länge des Jets zeugt von einer lang anhaltenden
Aktivität im Galaxieninneren, während die knotenförmigen
Strukturen darauf weisen, dass es immer wieder zu heftigen
Intensitätsschwankungen kommt. Vielleicht, so vermuten
die Forscher, sind sie Ausdruck von Kollisionen mit anderen
Galaxien.
Unterdessen nutzte eine andere Arbeitsgruppe um Jill Bechtold
von der University of Arizona PKS 1127-145 als Röntgenquelle
[2]. Denn jedwede Materie in der Sichtlinie zu dem Quasar
dämpft die Röntgenstrahlung, und aus dem Maß
dieser Abschwächung erhofften sich die Forscher wichtige
Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung jener
Materie.
Das klingt so einfach, ist in der Realität aber ziemlich
schwierig. Denn zum einen strahlen die meisten der einige
zehntausend bekannten Quasare im Röntgenspektrum viel
zu schwach, um sie zu erkennen, zum anderen gibt es kaum Objekte
in der Sichtlinie, die über eine ausreichend große
Gasdichte verfügen. Jill Bechtold vermutet unter 500
Quasaren gerade einmal drei, die sich für diese Methode
eignen.
Und zu denen gehört auch PKS 1127-145, dessen Röntgenstrahlung
in vier Milliarden Lichtjahren Entfernung auf eine Galaxie
stößt und diese durchleuchtet. In diesem Fall waren
die Forscher in der Lage, aus der Absorption der Röntgenstrahlung
auf den Sauerstoffgehalt in jener Galaxie zu schließen
- und der ist überraschend niedrig.
Ob Sauerstoff, Silizium oder Schwefel, die schweren Elemente
entstehen vornehmlich im Inneren massereicher Sterne. Erst
wenn ihr Leben dem Ende zugeht und sie in einer Supernova
explodieren, gelangen sie in die Weiten des Weltraums. Je
älter also eine Galaxie ist, umso höher sind auch
die Gehalte solcher Elemente. Da neben der Milchstraße
viele Galaxien in Entfernungen von einigen hundert Millionen
bis einigen Milliarden Lichtjahren untersucht wurden, ist
über die Anreicherung solcher Elementen einiges bekannt.
Und da unsere Sonne und jene Galaxie ungefähr zur gleichen
Zeit entstanden, sollten die Sauerstoffgehalte hier wie dort
ähnlich sein, doch in der fernen Galaxie gibt es offensichtlich
nur ein fünftel des Sauerstoffs, wie er in den Sternen
der Milchstraße gemessen wird. Warum, das ist vorerst
unklar.
Deshalb machen sich die Forscher jetzt auf die Suche nach
weiteren galaktischen Objekten, die sich von einem Quasar
durchleuchten lassen. Gerade weil Staub und andere Hindernisse,
die im optischen und ultravioletten Spektrum undurchsichtig
sind, mühelos durchdrungen werden, ist die Röntgenmethode
so viel versprechend - und das Chandra X-Ray Observatory so
erfolgreich. Schon kurz nach der Inbetriebnahme hatte die
NASA das erkannt und die ursprünglich fünfjährige
Mission auf erst einmal zehn Jahre verlängert.
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