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Nach dem Ende seiner Schicht ging Emerson erst in seine Kabine und suchte nach dem passenden Outfit für die Feier anlässlich der Rettung der Erde. Doch sein Kleiderschrank enthielt nur mehrere Standarduniformen und eine Galauniform. Da keine dieser Kombinationen dem Anlass angemessen schien, holte er die schwarze Kiste aus dem hinteren Eck des Schranks und entnahm ihr seine Veegokleidung, mit der er nach jedem Aufenthalt auf »Heimat« ausgestattet wurde. Es handelte sich dabei um quietschgelbe Shorts und ein schreiend buntes Hawaiihemd, komplett mit dazu passenden Sandalen und kurzen karierten Socken. Die Sonnenbrille ließ er diesmal weg, denn die Beleuchtung an Bord war viel zu dunkel, um sie zu tragen. Als er in der Gemeinschaftsmesse ankam, war die Stimmung bereits auf dem Höhepunkt. Seine Ausstaffierung fiel nicht im Geringsten auf, wahrscheinlich deshalb, weil der Großteil der Anwesenden sternhagelbetrunken war. Er selbst nahm sich an der Bar einen alkoholfreien Fruchtsaft und stellte sich abseits in eine Ecke. Ihm war nicht nach Feiern zumute. Zwar freute es ihn, dass das Sol-System noch existierte, aber Carpenters Tod beschäftigte ihn immer noch. Er fragte sich andauernd, ob er dessen Selbstmord nicht hätte verhindern können. Oder ob seine Einmischung in das Schicksal der Menschheit nicht vielleicht sogar das alles verursacht hatte! Um sich von solchen Trüben Gedanken abzulenken, beobachtete er das Treiben um ihn herum. Er sah mit an, wie die Besatzungsmitglieder dem Alkohol reichlich zusprachen. Emerson selbst hatte dazu keinerlei Bezug. Sein Pseudokörper wurde von Ethanol nicht berauscht, genauso wenig wie von Methanol oder sonstigen Kohlenwasserstoffen oder anderen Drogen. Deshalb verspürte er auch keinen Drang dazu, diese ungenießbaren Getränke zu sich zu nehmen, deren einziger Reiz im Rausch zu liegen schien. Während er seinen Fruchtsaft trank, beobachtete er interessiert, wie der Oxtorner Taron Dawn, erster Kommandant der Beibootflottille und Retter der Erde, mit einer brünetten Terranerin flirtete und dabei von der volltrunkenen Japanerin Yohko Takashi, der zweiten Kommandantin der Beibootflottille und Retterin der Erde, gestört wurde. Dennoch gelang es Dawn, die Frau abzuschleppen. Das war ein weiteres Konzept, das Emerson nicht nachvollziehen konnte: Die sexuelle Interaktion zwischen materiegebundenen 4D-Lebensformen. Die Veego lebten ihr ganzes Leben sehr einzelgängerisch und vermehrten sich durch »Knospung« ohne einen Partner zu benötigen. Liebe und sexuelles Verlangen zwischen Veegos gab es nicht, noch nicht mal echte und starke Freundschaft, wie sie bei den anderen Spezies vorkam. Merkwürdigerweise kam es ab und zu vor, dass ein Veego Zuneigung zu einem Nichtveego empfand, und zwar geschlechtsdifferenziert. Das bedeutete, dass ein eigentlich geschlechtsloser Veego sich auf einmal mit dem Geschlecht seines Pseudokörpers identifizierte und eine Vorliebe für ein Mitglied des anderen Geschlechts einer fremden Rasse entwickelte. Emerson war das noch nie passiert in seinen etwa 90 Lebensjahren. Und da er nicht wusste, wie das war, konnte er sich nicht mal danach sehnen. Als er sich gerade überlegte, welche sexuelle Praktik mit dem Oxtorner die Brünette wohl überleben könnte, fiel ihm auf, dass jemand schon eine ganze Weile neben ihm stand. Es handelte sich um einen kleinen Plophoser, der eine völlig deplaziert wirkende Standarduniform trug. Er trank in regelmäßigen Intervallen aus seinem Glas, in dem sich scheinbar pures Wasser befand. »Hallo!« sagte Emerson zu ihm. »Hallo, Mr. Ostrog. Werden wir planmäßig unseren Zielort erreichen?« erwiderte der Plophoser emotionslos. »Ähh... Ähh, ja, das werden wir. Aber woher kennen Sie meinen Namen?« entgegnete Emerson irritiert. »Ich habe Ihre Akte studiert, Mr. Ostrog«, antwortete der Plophoser ohne Umschweife. »Warum denn das? Und wie heißen Sie eigentlich?« gab Emerson von sich. »Ich habe die Akten aller Offiziere studiert, Mr. Ostrog. Und mein Name ist Montgomery Spock«, sagte der kleine Mann beinahe arrogant. »Häh? Ist Spock nicht ein Name aus einer Fernsehserie aus den 1960ern?« wollte Emerson von dem merkwürdigen Mann wissen. »Der war doch der Wissenschaftsoffizier eines Raumschiffes namens ›Enterprise‹! Und gab es da nicht einen Chefingenieur mit dem Namen Montgomery Scott?« Er kannte sich mit den uralten Fernsehserien des 20. Jahrhunderts beinahe genauso gut aus wie mit der Literatur jener Zeit. Denn was sollte ein Wesen sonst machen, das nicht schlafen musste? Zum ersten Mal zeigte sein Gegenüber eine gefühlsmäßige Reaktion. Er wich mit vor Schreck verzerrtem Gesicht zurück, als wäre Emerson der Leibhaftige. »Woher... woher wissen Sie das?!?«, krächzte der Mann, der sich Spock nannte, und verließ fluchtartig den Raum. Emerson schaute dem seltsamen Männlein nach und fragte sich, ob der Typ wohl zuviel getrunken hatte oder ob er das zweite Besatzungsmitglied war, das sich seinen Namen aus der terranischen Kulturgeschichte ausgesucht hatte. Denn auch Emersons Nachname stammte aus der Science-Fiction der Zeit vor dem Kontakt mit den Arkoniden. Um genau zu sein aus dem Roman »Wenn der Schläfer erwacht« von H.G. Wells aus dem Jahr 1899. Nach einer Weile wurde Emerson des Rätselns und des Beobachtens müde und zog sich in seine Kabine zurück, um einige Folgen einer 1500 Jahre alten britischen Fernsehserie mit dem Namen »Dr. Who« anzusehen, die sich auf einer Reihe von Speicherelementen befanden, die zu seiner Sammlung von medialen Gustostücken aus der Blütezeit der terranischen Trivialkultur gehörte. Nachdem Emerson vier Folgen »Dr. Who« angesehen hatte und es schon weit nach Mitternacht war, ruhte er sich einige Stunden aus, um für den Tag fit zu sein. Denn heute am 05.09.3431 würde die CREST V endlich ihr Einsatzgebiet erreichen. Um 6 Uhr morgens wachte er erfrischt auf und machte sich bereit für seinen Dienst. Die gegenwärtige Linearetappe würde erst um kurz nach 8 Uhr beendet sein, also hatte er noch genug Zeit. Bevor er irgendetwas anderes tat, wollte er in einer der Schiffsmessen eine Kleinigkeit zu sich nehmen, denn er rechnete damit, dass die nächsten Tage sehr hektisch und anstrengend werden würden. Als er in der Messe eintraf, waren nur wenige Besatzungsmitglieder anwesend. Als Emerson sich umblickte, wurde er gewahr, dass in einer der hinteren Ecken eine geduckt dasitzende Gestalt saß, in der er Dr. Tsuran wieder erkannte. Ohne Zögern ging er zu ihm hinüber und setzte sich an seinen Tisch. Der Arzt und Unruhestifter blickte überrascht auf und erkannte in ihm den Schiffsnavigator wieder, der den Saboteur Ron Laska dingfest gemacht hatte. »Na, sieh mal einer an!« begrüßte Emerson den Doktor sarkastisch. »Dr. Tsuran, was für ein Zufall, Sie hier zu treffen! Schmieden Sie gerade irgendwelche Pläne, wie Sie noch mehr Unheil anrichten können?« »Was wollen Sie von mir, Ostrog?« fragte Tsuran mit müder Stimme. »Man hat mich freigelassen, falls Sie das nicht wissen sollten.« »Es ist mir bekannt, und ich halte es für einen großen Fehler! Sie sind nach wie vor von dieser fixen Idee besessen, der Galaktopsychologe Robert Alun würde unser aller Untergang herbeirufen!« »Sie haben doch keine Ahnung! Sie wissen nicht, was ich weiß!« erwiderte Tsuran ärgerlich. »Dann klären sie mich auf!« bat Emerson mit ehrlicher Stimme. »Erzählen Sie mir, wie sie auf diese absurde Idee gekommen sind!« »Sie würden mir doch sowieso nicht zuhören, Ostrog!« antwortete Tsuran resigniert. »Sie sind wie alle diese anderen Ignoranten hier an Bord!« Emerson lehnte sich betont aufmerksam zurück und sagte: »Ich bin doch hier, und ich lausche Ihren Worten! Also los, spannen Sie mich nicht auf die Folter!« Der Arzt starrte ihn überrascht an, und nach kurzem Zögern begann er seinen Standpunkt ausführlich darzulegen. Als erstes händigte er Emerson ein Exemplar seines Buches aus, das er anscheinend ständig bei sich trug. Dann fasste er den Inhalt kurz zusammen und berichtete über Alaska Saedelaere und andere Fälle, bei denen Personen, die am 2.12.3400 geboren worden waren, ein Unglück oder gar eine Katastrophe verursacht hatten, meistens ohne es zu wollen. Dann kam er zu Robert Alun und der Sache mit den Wrins. »Also wenn ich richtig verstanden habe, dann befand sich Alun gar nicht an Bord des Schiffes, als er spurlos verschwand«, hakte Emerson nach. »Das ist korrekt, Ostrog«, erwiderte Tsuran bereitwillig. »Wie kommen Sie dann darauf, dass Alun daran Schuld ist, Doktor Tsuran?« wandte Emerson ein. »Er war viel Lichtjahre entfernt, als es geschah, und so mächtig kann er doch auf keinen Fall sein!« »Es kann einfach kein Zufall sein, dass das Schiff genau dann verschwand, als Alun zur Besatzung gehörte!« widersprach der Arzt. »Das mag wohl sein. Aber ist Ihnen denn nie in den Sinn gekommen, dass Alun einfach nur Glück hatte und dass er sich gerade nicht an Bord befand, als dem Schiff was zugestoßen ist?« insistierte Emerson. »So viel Glück kann ein Mensch nicht haben!« sagte Tsuran bestimmt. Da lächelte Emerson ihn an und erwiderte: »Aber Sie glauben, dass er soviel Pech verursachen kann, dass ein ganzes Schiff vernichtet wird?« Tsuran war für ein paar Momente sprachlos. Emersons letzte Aussage hatte ihn aus dem Konzept gebracht. Er schien ernsthaft darüber nachzudenken, und es dauerte einige Minuten, bis er ein Gegenargument vorbringen konnte: »Aber sein Geburtstag ist mit Sicherheit kein Zufall! Meinen zahlreichen Untersuchungen zufolge passieren Leuten, die an diesem speziellen Tag geboren werden, einfach zu viele Unglücke wie diese!« »Und wie ist es mit den anderen?« brachte Emerson ruhig ein. »Wie meinen Sie das?« fragte Tsuran verwundert. »Haben Sie ähnliche Untersuchungen auch über Leute angestellt, die nicht am 2.12.3400 geboren worden sind?« verdeutlichte der Veego. »Ähh... Nein, das habe ich nicht. Aber warum sollte ich das?« entgegnete Dr. Tsuran mit Unverständnis in der Stimme. »Nun, um das zu vermeiden, was die Physiker einen statistischen Fehler nennen. Denn wie wollen Sie wissen, dass bei dieser speziellen Personengruppe eine übermäßige Häufung ungewöhnlicher Ereignisse auftritt, wenn Sie nicht das nicht auch bei allen anderen Personengruppen überprüfen? Wenn Sie das täten, könnten Sie unter Umständen feststellen, das es eine andere Gruppe von Leuten gibt, die weit mehr Katastrophen verursachen als die am 2.12.3400 geborenen!« Als ausgebildeter Astronom und Astrophysiker kannte er sich in solchen Dingen wie der ordnungsgemäßen Durchführung einer strikt wissenschaftlichen Untersuchung aus und wusste, wovon er sprach. Das musste Tsuran erst einmal verdauen. Emerson hatte damit einen nicht so einfach von der Hand zu weisenden Einwand vorgebracht, der seine gesamten Forschungen auf diesem Gebiet in Frage stellen konnte. »Da muss ich in Ruhe darüber nachdenken, Mr. Ostrog«, gab der Doktor kleinlaut zu, stand auf und wandte sich zum Gehen. »Warten Sie doch mal, Tsuran!« rief Emerson ihm nach. »Haben Sie jetzt Dienst, oder warum hauen Sie einfach ab?« »Ich bin auf Weiteres von meiner Tätigkeit auf der Krankenstation suspendiert, Mr. Ostrog. Aber ich habe jetzt dennoch Wichtiges zu tun und habe keine Zeit, die ich hier vertrödeln kann«, sagte Tsuran, als er die Messe verließ. Kurz bevor er aus der Tür hinaus war, drehte er sich noch einmal um und sagte über die Schulter hinweg an Emerson gerichtet: »Ich werde über das, was Sie mir hier und heute gesagt haben, gründlich nachdenken, Mr. Ostrog... Das verspreche ich Ihnen.« Dann war er verschwunden und ließ einen zufriedenen Ersten Navigator zurück. Emerson hatte bei dem Mann offenbar etwas bewirkt, obwohl er eigentlich nur ein harmloses Schwätzchen im Sinn gehabt hatte. Tsuran würde jetzt zwar nicht mit Alun Brüderschaft trinken, aber er würde es sich hoffentlich zweimal überlegen, bevor er den Galaktopsychologe wieder bedrohte. Na, der Tag fängt ja viel versprechend an! dachte Emerson froh und nahm eine kleine Mahlzeit zu sich, weswegen er ja in die Schiffsmesse gekommen war. Als er dann auf seinen Armbandchronometer blickte, stellte er fest, dass es schon 7.30 Uhr war. Eilig verließ er die Messe und machte sich auf den Weg zur Kommandozentrale. Als Emerson auf dem Deck der Zentrale aus dem Antigravlift stieg, sah er sich plötzlich Montgomery Spock gegenüber, dem er zum ersten Mal auf der gestrigen Party begegnet war. »Friede und langes Leben, Mr. Spock«, sagte Emerson mit freundlichem, aber distanziertem Tonfall, wobei er mit seiner rechten Hand den traditionellen Vulkaniergruß aus dieser bestimmten Fernsehserie formte. Montgomery Spock verstand den Wink sofort und schien nicht sonderlich erfreut. Emerson hatte sich seit dem Zwischenfall gestern natürlich kundig gemacht und kannte Spocks Dienstakte auswendig, auch die vom Zugriff beschränkten Teile. Spock hatte das mit Sicherheit ebenfalls getan, vielleicht schon als er an Bord der CREST V gekommen war. Spock ahnte natürlich, dass Emerson an der Echtheit seiner Identität zweifelte, das hatte dessen Reaktion am Vortag deutlich gemacht. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, jemals einer Person zu begegnen, die diese uralte und primitive Fernsehserie aus dem 20. Jahrhundert namens »Star Trek« kannte. Deshalb hatte er wahrscheinlich auch diese Namen gewählt, als er sich eine falsche Identität als Plophoser (denn das war er laut seiner Akte tatsächlich, und als das hatte Emerson ihn auch spontan identifiziert) aufgebaut hatte. Es gab zwar keinen echten Beweis für Emersons Vermutung, aber die Indizien reichten ihm völlig. Und das wusste Spock genau; es ließ sich sofort an seiner reservierten Haltung deutlich ablesen. Er wusste, dass Emerson versuchen würde, die Wahrheit herauszufinden und befürchtete, der Veego würde sie dann publik machen. Spock versuchte gar nicht erst, die Angelegenheit richtig zu stellen und eine Erklärung für seinen ungewöhnlichen Namen zu geben, sondern er machte die Fronten zwischen ihm und Emerson klar. »Ich weiß, was Sie von mir denken«, sagte er. »Sie halten mich für einen Maulwurf, der sich hier unter falscher Identität eingeschlichen hat!« Damit hatte er Emersons Gedanken wiedergegeben, auch wenn der nicht den Begriff »Maulwurf« benutzt hätte. Spock sprach offen, denn sie waren allein und es gab keinen Grund für Versteckspiele. Also sprach Emerson genauso offen: »Sie haben Recht. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich sie verpfeifen...« »Ich kann das Risiko nicht eingehen, Mr. Ostrog«, unterbrach Spock ihn einfach, »deshalb sollten Sie wissen, dass ich genug Material gegen Sie habe, um Ihnen das Genick zu brechen!« Emerson war nun genauso sprachlos wie Tsuran kurz zuvor, nicht nur wegen der schockierenden Enthüllung, sondern auch wegen Spocks Ausdrucksweise. Bevor er etwas erwidern konnte, verschwand Montgomery Spock im Antigravschacht und ließ ihn zurück. Na Prost Mahlzeit! dachte Emerson unglücklich. Er konnte sich denken, um was es sich bei dem angeblichen »Material« handelte, das Spock erwähnt hatte. Er hatte in den ersten Tagen hier an Bord der CREST V so viele Fehler gemacht, dass es ein Wunder war, dass noch niemand ihn verdächtigt hatte, für was auch immer. Nun hatte Spock ihn in der Hand, denn er konnte mit den von ihm gesammelten Informationen über die Ungereimtheiten und Merkwürdigkeiten, die Emerson so unvorsichtig produziert hatte, Misstrauen gegen ihn verbreiten. Und das würde früher oder später zur Aufdeckung seines Geheimnisses führen, falls er nicht vorher verschwand. Es war ein Status Quo zwischen Emerson und Spock entstanden, eine Pattsituation oder ein Gleichgewicht des Schreckens, wie auch immer man das nennen wollte. Spock hatte sichergestellt, dass Emerson nicht weiter hinter ihm her schnüffeln oder ihn anschwärzen konnte, was er ohnehin nicht vorgehabt hatte, da er in der gleichen Situation war, ohne seine eigene Aufdeckung zu riskieren. Dasselbe galt auch umgekehrt, so dass Spock nicht gegen Emerson vorgehen konnte, ohne sich selbst seinen Henkern auszuliefern. Das ganze Gespräch hatte nur fünf Minuten gedauert und am Ende stand Emerson ziemlich belämmert da. Fürs Erste bestand keine Gefahr, aber was würde die Zukunft bringen? Mit diesen trüben Gedanken setzte Emerson den Weg zur Zentrale fort. Als Emerson in die Kommandozentrale eintrat, waren alle Positionen längst besetzt, und das auch noch doppelt. Mit einem um Entschuldigung heischend Blick an den Ersten Offizier eilte er an seinen Platz, an dem bereits der Zweite Navigator der Nachtschicht saß und geschäftig irgendwelche Kursparameter programmierte. Emerson brachte eine kurze Begrüßung hervor, dann setzte er sich auf den anderen Stuhl, der vor dem Navigationsterminal stand, und überflog die von seinem Kollegen erstellten Flugdaten, bei denen es sich um mögliche Flucht- und Ausweichkurse handelte, die für den Fall eines feindlichen Angriffs benötigt wurden. Emerson verschwieg seinem Stellvertreter, dass er diese Aufgabe schon gestern erledigt hatte, um ihn nicht vor den Kopf zu stoßen. Außerdem war er jetzt nicht in der Stimmung für eine fachliche Diskussion über die strategischen Vor- und Nachteile seiner eigenen Flugpläne ihm Vergleich zu denen seines Partners. Er musste erst einige persönliche Dinge auf die Reihe bringen, dabei würden sie in wenigen Minuten ihr Einsatzziel erreicht haben und womöglich in eine ernste Kampfsituation verwickelt werden. Stumm und teilnahmslos verfolgte er die Geschehnisse in der Zentrale.
In vier Minuten, wo bliebt der bloß? ging es Allan durch den Kopf. Der »Fünf Minuten bis zum Austritt«-Alarm war bereits Geschichte. Alles war doppelt, kritische Stationen dreifach besetzt. Alles saß in mittelschweren Kampfanzügen angeschnallt an den Kampfstationen. Im Schiff herrschte Verschlusszustand, die Schirmprojektoren liefen auf Anlaufspannung, Gefechtstürme waren ausgefahren. Selbst die Schäden, welche die Saboteure veranlasst hatten, waren alle mehr oder weniger behoben. Die CREST war selbst bei kritischster Betrachtung perfekt vorbereitet. Das Einzige Fehlende war der Kapitän! Kurz vor dem Ende der von ihm programmierten Linearetappe erschien endlich Kommandant Strader und ließ sich von Gonozal über den Status des Schiffes informieren. Lasitus betrat die Brücke. Ein kurzer Blick überzeugte ihn davon, dass alle Stationen doppelt besetzt waren. Er ging zu Gonozal und fragte ihn nach dem Status. »Die Waffen sind alle bereit, wir wissen ja nicht, was uns dort erwartet«, antwortete dieser. »Ebenso alle Schutzschirme und Korvetten, Jäger und so weiter.« Allan erwähnte nicht extra, dass er sich natürlich nur auf die in der Vorbesprechung ausgewählten Staffeln bezog, da durch den verfrühten Start nicht ausreichend Besatzungen an Bord waren, um alle voll zu besetzen. Lasitus nickte und sah sich nach Artor um, der sich gerade bei der Ortung aufhielt. »1 Minute bis zum Linearaustritt.« Die Brückencrew wartete gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten. »Noch 30 Sekunden«, ertönte es. Die Zeit schien sich zu dehnen, dann plötzlich war wieder der normale Raum zu sehen. »Ortung?« fragte Lasitus sofort. »Nichts, bis auf...« Artor verstummte und wartete den Bericht ab. »Sir, eines unserer Schiffe. Ich glaube, das Gesuchte; es treibt im Orbit um den Planeten. Es weist große Schäden am Rumpf auf.« Artor verstummte nochmals. »Die Brücke allerdings scheint unversehrt und verschlossen zu sein.« »Keine Feindschiffe in der Nähe?« fragte Lasitus wieder, auf den Panoramaschirm starrend. »Nichts, wir sind aber auch ziemlich spät hergekommen.« Lasitus gab den Piloten den Befehl näher ans Schiff heran zu fliegen. »Warum hat dieses Schiff eigentlich keinen Namen?« fragte jemand anders. »Es ist nicht mal registriert.« »Vielleicht so etwas wie ein Geheimschiff?« Darauf hin wurde auf der Brücke heftig diskutiert. Was für ein Schwachsinn, dachte Allan, laut sagte er nach einem Blick auf seine Anzeigen: »Das Schiff ist schwer beschädigt. Wie stellt ihr euch denn vor, soll das Schiffsregister ohne aktivierte Energiequellen feststellen, welches Schiff das ist? Wir sind noch über eine Lichtminute entfernt. Alles, was wir bis jetzt sagen können, ist, dass es sich um ein übel zusammengeschossenes Schiff des Staatenkreuzer-Typs handelt, also Ruhe jetzt und Annäherungsflug!« Der Oberst stimmte zu und das Schiff näherte sich dem Wrack. Als es in den Bereich der optischen Ortung kam, konnte man sehen, wie schwer die Schäden wirklich waren. Verschiedene Durchschusskanäle waren vorhanden und der Ringwulst an mehren Stellen von Sekundärexplosionen der Triebwerksreaktoren zerfetzt. Das Einzige, was aus dem momentanen Winkel von der Bordbeschriftung zu sehen war, war der Anfang eines »EX-7«, der Rest war weggeschmolzen. Also eine Einheit der Explorerflotte. Aber wenn die Ortung behauptete, die Zentralkugel sei noch intakt, konnten da drüben wirklich noch Überlebende sein. Strader befahl das sofortige Aussetzen der Bergungsteams. Dann endlich wichen die konturlosen Schemen des Linearraums der von Sternen übersäten Schwärze des unendlichen Weltalls, aus der ein einzelner heller Stern deutlich hervortrat. Es handelte sich offenbar um das Zentralgestirn jenes Sonnensystems, das in den von Julian Tifflor übermittelten Daten angegeben war. Es war jenes System im Laran-Sektor, in dem das gesuchte Raumschiff von einer unbekannten Macht angegriffen worden war. An Bord hatten sich streng geheime Pläne für ein neuartiges Antriebssystem befunden, die unter allen Umständen wieder beschafft werden sollten. Das war die Mission der CREST V und die Besatzung war fest entschlossen, sie erfolgreich abzuschließen. Die Ortung lieferte nun auch die ersten Daten und entdeckte das Wrack des gesuchten Schiffes im Orbit einer erdähnlichen Welt dieses Sonnensystems. Nach kurzer Zeit stand fest, dass nur auf der Brücke noch Atmosphäre vorhanden war, während der Rest des Schiffes keine Überlebensmöglichkeit mehr bot. Emerson warf einen »kurzen Blick« in die Zentrale des zerstörten Schiffes und konnte dort feststellen, dass es noch Überlebende gab – Kinder! Er unterdrückte den Impuls, sofort hinüberzuspringen, denn das hätte außer viel Ärger rein gar nichts gebracht. Er hätte die armen Kinder nur noch mehr verängstigt und ihnen nicht mal helfen können, sondern nur sich selbst sehr geschadet. Statt dessen wartete er ungeduldig, bis Kommandant Strader ein Bergungsteam los schickte, dem auch Robert Alun angehörte. Er selbst verzichtete darauf, sich für das Team zu melden, denn er wäre den anderen nur zur Last gefallen. Robert Alun hielt sich seit etwa einer Viertelstunde in der Zentrale auf, als Strader den Befehl gab, ein Bergungsteam loszuschicken. »Ich melde mich freiwillig für das Bergungsteam! Dürfte besser sein, falls es noch Überlebende gibt.« Strader erteilte ihm die Erlaubnis. In einem schweren Raumanzug betrat Robert das Schiff und suchte in der Zentrale nach Überlebenden. Andere konzentrierten sich auf die Auswertung. Im Schiff hatte nur ein paar Kinder überlebt. Alun versuchte, sie zu trösten, aber das nicht so einfach war. Was genau passiert war, wussten sie nicht. Einige redeten zwar von den Fremden, aber konnten sie nicht genau beschreiben. Danach hätte es alles sein können, vom Haluter bis zum Siganesen. Mehr ergab erst eine Untersuchung des Hauptcomputers. Demnach hatte es einen Kampf mit einem unbekannten Angreifer gegeben. Sie benutzten einen Schiffstyp, der zu häufig war, um irgend etwas zu verraten. Das Schiff war so schwer beschädigt worden, dass es zu einer Enterung kam. Da der Kommandant während des Kampfes gefallen war, war es unwahrscheinlich, dass es ihm gelungen war, die Daten zu vernichten. Allerdings ließen die Aufzeichnungen darauf schließen, dass der Gegner auch einiges abbekommen hatte. Alun gab die Daten an die CREST weiter und fügte hinzu: »Die Gegner sind wahrscheinlich auf dem Planeten notgelandet. Falls Sie da hinunter wollen, melde ich mich für diese Mission freiwillig.« Der Kommandant lehnte es jedoch ab, Alun auf den Planeten zu schicken. Irgend jemand müsse ja auch auf die Kinder aufpassen. Robert war natürlich nicht besonders froh, als er das erfuhr. »Okay, Sir.« Während er sich den Kindern zuwendete, um die er sich kümmern sollte, meldete sich einer der Crewmitglieder, die mit ihm auf das Schiff gekommen waren: »Wir haben noch eine Überlebende gefunden.« Er schleppte ein vielleicht 16-jähriges Mädchen an. Das Mädchen fing an, in einer unbekannten Sprache zu sprechen. Alun schaltete schnell einen Translator ein. Das Gerät fing sofort an zu übersetzen, also war die Sprache oder eine ähnliche darin gespeichert. »Du hast einen Teil der Gabe. Wir brauchen dich im Kampf gegen die Troch.« Für den Translator war das Wort unübersetzbar. Alun vermutete, dass es ein Eigenname war. »Du wirst mit mir kommen!« »Das soll ja wohl ein Scherz sein.« Alun lachte und ging auf das Mädchen zu. »Ich habe keine Macht in mir und warum sollte ich gegen die Troch kämpfen? Die haben mir doch gar nichts getan! Im Übrigen weigere ich mich, von jemand, der mir fremd ist, Befehle entgegenzunehmen!« Weiter kam er nicht. Das Mädchen ergriff seine Hand, es machte »Plopp« und beide waren verschwunden. Einer der Crewmitglieder funkte den Kommandanten an: »Sir, Mr Alun ist gerade verschwunden...« Das Bergungsteam hatte gerade das Auffinden einer weiteren Überlebenden gemeldet. Wie das überspielte Bordbuch zeigte, hatte die Besatzung mehrere Kinder beinhaltet. Kinder der Wissenschaftler, die mit diesem Schiff transportiert wurden. Die Rekonstruktion zeigte, dass, als das Entermanöver voraussehbar gewesen war, der Kapitän der EX-79884 zu einer verzweifelten Aktion gegriffen hatte. Er hatte mit dem Schiff »toter Mann gespielt«, die Kinder in eine Ecke der Zentralzelle gebracht und Waffen an die gesamte Besatzung ausgegeben. Als sich dann das angreifende Schiff näherte, brachte er einen der Triebwerksreaktoren zur Explosion, die das andere Schiff schwer beschädigte sowie zwei der enternden Beiboote zerfetzte. Leider war das nicht genug, denn das Schiff wurde von den übrigen Beibooten des Angreifers geentert, aber nicht ohne dass das angreifende Schiff vorher noch einige Breitseiten abgegeben hatte. Im darauf folgenden Kampf Mann gegen Mann wurden die letzten überlebenden Verteidiger niedergemetzelt In der letzten Eintragung ins Bordbuch sprach der Kapitän davon, dass er Vorkehrungen getroffen habe, um die wissenschaftliche Ausbeute nicht in die Hände der Angreifer fallen zu lassen. Während die ganze Zentralbesatzung den Erläuterungen der Bordpositronik lauschte, gab auf einmal die Ortung Alarm: »Hyperenergetische Impulsfront vom Wrack aus! Schwacher Strukturriss auf dem Nordkontinent des Planeten, Ortungsbereich ungefähr 200 Kilometer!« Sekunden später kam die Meldung »Sir, Mr Alun ist gerade verschwunden!« über Funk vom Wrack. »Was heißt hier verschwunden?« schrie Strader ins Feldmikro seines Pultes. Strader befahl dem Bergungsteam sofort, die HÜ-Schirme zu aktivieren und sich erst einmal von den Kindern fern zu halten, da er sich denken konnte, dass er es hier mit einem Teleporterphänomen zu tun haben könnte. Binnen einer Minutenfrist gab es 73 »freiwillige Meldungen« für eine Landmission. Allan löste eine Grobauswertung der Daten, die sie über den Planeten hatten, aus. Vom Zentralrechner kam, dass keine Daten über bezeichnete System in den Sternenkatalogen aufgelistet waren. Die bisherigen Ortungsergebnisse zeigten jedoch mehrere große Städte auf den drei Großkontinenten der sehr erdähnlichen Sauerstoffwelt. »Bevölkerung mindestens 300 Millionen, Technologie zwischen frühem Mittelalter bis zur Industrialisierungsebene. Noch kein Funkverkehr.« Außerdem gab es mindesten fünf extreme Vorkommen an Metallen. Das Bordobservatorium meldete, dass sie eines der Metallvorkommen laut Positronik als Wrack einer altarkonidischen Schiffsklasse, die im Register als »Burnside-Klasse« bezeichnet wurde, erkannt worden war. Es lag mit eingeknickten Landebeinen auf einem Felsplateau. »Du ahnst es nicht«, entfuhr es Allan, woraufhin Strader ihn fragend ansah. »Die Burnside-Klasse ist ein Schlachtkreuzer, aufgebaut auf einer 500 Meterzelle, die einmal das Groß der Streitkräfte des großen Imperiums bildeten.« Als der fragende Ausdruck im Gesicht des Oberst blieb, merkte Allan, dass er noch eine Information vergessen hatte zu erwähnen. »Das war zu Zeiten der Methan-Kriege«, setzte er daher schnell hinzu. Hierauf wurde der Oberst blass. Kurz darauf wurden zwei weitere Metallvorkommen als Wracks der Merrit- und Mansfield-Klassen identifiziert, worauf Allan nur noch sagte: »800 und 250, dieselbe Zeit, Sir. Wir haben es hier entweder mit einer ›Wilden Kolonie‹ oder mit den Nachkommen von Schiffbrüchigen aus der Zeit der Methankriege zu tun...« Strader beendete den Satz: »...die eine eigene Zivilisation aufgebaut haben. Das heißt, dass wir ab jetzt extrem vorsichtig sein müssen, um nicht Anlass für Kreuzzüge, Inquisitionen und Ähnliches zu werden. Wer weiß, was das Gefecht im Orbit schon alles angerichtet hat... Ausschleusen von Miniatursonden vorbereiten! Wir müssen erst einmal wissen, was da unten abgeht, bevor wir hinuntergehen können. Identifiziert mir die anderen Metallvorkommen! Ich will wissen, ob der Angreifer auch da unten liegt.« Etwa zweieinhalb Stunden später verwünschte er sich dafür, nicht mitgegangen zu sein, nämlich als die Meldung von Aluns Verschwinden eintraf. Erst nach einiger Zeit lagen alle Informationen vor, die zur Klärung des Ereignisses nötig waren. Wie es schien, hatte sich unter den Kindern eine junge Teleporterin befunden, die Alun zum Planeten hinuntergebracht hatte. Sie schien vom Nordkontinent zu stammen, wo der Materialisationspunkt bis auf 200 km genau bestimmt werden konnte. Auch jetzt war Emerson zur Untätigkeit verdammt und konnte Alun nicht zur Hilfe eilen, vor allem, da er dessen genauen Aufenthaltsort nicht kannte. Doch er tat etwas anderes: Er meldete sich wie viele andere sogleich freiwillig für eine Landemission auf dem Planeten, in dessen Orbit die CREST V und das Wrack kreisten. Außerdem machte er sich seine Gedanken über den unglaublichen Vorfall. Er holte das Buch hervor, das Dr. Tsuran ihm heute morgen gegeben hatte und betrachtete den Einband, auf dem in großen Lettern der Titel »Zwischen Bortong und Peruwall und andere schlimme Katastrophen mit Leuten, die am 02.12.3400 geboren sind« prangte. Er hatte bisher noch keine Möglichkeit gehabt, es auch nur anzulesen, aber Tsuran hatte ihn grob über den Inhalt unterrichtet. Sollte der Mediziner etwa recht gehabt haben mit seiner Behauptung, Robert Alun wäre eine Gefahr für das Schiff und dessen Besatzung? Es war wirklich seltsam, dass gerade Alun so etwas passieren musste. Und was war mit dieser »Gabe«, von der das Mädchen gesprochen hatte und die Alun angeblich zum Teil besitzen sollte? Wenn daran überhaupt etwas war, dann schien Alun in der Tat eine besondere Begabung zu haben, die ihn zum Ziel dieser Teleporterin gemacht hatte. Aber im Gegensatz zu Tsuran glaubte Emerson nicht daran, dass Alun dem Schiff Unheil bringen würde. Vielmehr schien es ihm, zumindest theoretisch, möglich zu sein, dass das Schicksal den Galaktopsychologen aus der Gefahrenzone schaffen wollte. Das Ergebnis war dann allerdings dasselbe, nämlich dass die CREST V in großer Gefahr war, vernichtet zu werden. Zumindest, wenn man diesen mystischen Humbug tatsächlich ernst nehmen wollte. Aber Emerson hatte zur Zeit andere Probleme. Falls er zum Landeteam eingeteilt werden sollte, musste er sich zügig vorbereiten und ausrüsten. Vor allem würde er die Sprache dieser Welt auswendig lernen müssen, sobald man das vollständige Idiom ermittelt hatte. Denn einen Translator zu benutzen wäre viel zu auffällig und würde dort unten womöglich viel Schaden anrichten, und eine Hypnoschulung kam für ihn als Veego nicht in Frage. Er hatte schon früh feststellen müssen, dass diese faszinierende und schnelle Art der Informationsaufnahme nicht bei ihm wirkte und das verursachte oftmals ziemliche Probleme. Er konnte diesen Makel nur unzureichend mit der für Veegos typischen Fähigkeit der übermenschlich schnellen Informationsaufnahme kompensieren. Deshalb konzentrierte er sich auf den Datenfluss, der von den ausgeschleusten Sonden kam und das bisher von den Schiffssensoren erhaltene Bild dieser fremden Welt vervollständigte. Da es sich offensichtlich um eine uralte Zivilisation von Schiffbrüchigen aus der Zeit der Methankriege handelte, benutzte man dort wohl einen Dialekt einer längst veralteten Arkonidensprache, vielleicht einen Vorgänger des Satron, auf dem das Interkosmo aufbaute. Das machte die Sache hoffentlich einfacher für ihn, aber sicher war das nicht. Dann rief Kommandant Strader auf zu einer wichtigen Besprechung, und Emerson ging hinüber zum Konferenzraum. Als Dawn erwachte, hatte er natürlich keine Kopfschmerzen, denn erstens war er ein Oxtorner und zweitens der 3345er Wein gut gewesen. Er wusste schon, dass er sich wieder allerhand Gespött von der Besatzung würde anhören müssen, speziell was Natalie anging. Leider hatte niemand mitbekommen, dass er sie nachts noch in ihre Kabine zurückgetragen hatte, nach einem langen Gespräch bei Kerzenschein und zwei Flaschen Wein. Sie hatten sich sehr amüsiert und über das Gespräch die Zeit völlig vergessen. Bis auf ein bisschen Händchen Halten hatte er sie natürlich nicht angefasst, denn er war einfach kein Typ für solche spontanen Aktionen. Selbst die Aktion am Abend war für ihn vollkommen unnormal gewesen. Normalerweise dauerte es bei ihm Tage, bis er sich überhaupt traute, eine Frau anzusprechen. Aber bei ihren wunderschönen Augen hatte er einfach nicht anders gekonnt. Und dieser Mund... dachte er. Als Taron merkte, dass er schon wieder vollkommen in seine Träumereien abgedriftet war, machte er eine wütende Handbewegung und versuchte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Er hatte über die Bordsprechanlage erfahren, dass sie am Ziel waren und es eine Außenmission geben sollte. Sofort hatte er in der Zentrale angerufen, wurde aber mit der Behauptung abgewiesen, dass mittlerweile noch 230 weitere Leute auf diese Mission wollten. Dann muss ich sie halt wieder aus der Patsche hauen, in die sie ohne mich sowieso geraten, dachte er fröhlich, dann hat wenigstens auch Sauron etwas zu tun. Wo steckte er überhaupt, der Schlingel? Er würde sich wohl mit dieser Miezekatze in irgendeine Ecke verzogen haben. Frisch aus der Hygienezelle kommend begab sich Dawn also in den Hangar, um eine Korvette für die Außenmission bereit zu machen. Sie werden bestimmt eine brauchen, dachte er. Artor hatte ihn sofort als Mitglied seiner Landetruppe akzeptiert, und so ging Dawn in seine Kabine, um seinen Spezialanzug zu holen. Als er diese betrat, fiel ihm sofort auf, dass er immer noch nicht ausgepackt hatte. Erst hatten sie die ganzen Probleme mit den Saboteuren gehabt und dann war da die Sache mit Natalie gewesen. Es war ihm schon peinlich gewesen, sie in ein solches Zimmer zu führen, aber sie hatte gesagt, sie habe auch noch nicht ausgepackt. Also hatte Dawn einige Koffer aus dem Weg gerückt und sie hatten einen schönen Abend gehabt. Nun fing er an, seine Koffer zu durchwühlen, bis er seinen Anzug gefunden hatte. Es war ein Standardkampfanzug, allerdings auf die Maße eines Oxtorners zugeschnitten. Er wusste natürlich, dass er den Tornister mit dem Schutzschildaggregat, dem Deflektor, dem Antigrav und den Impulsdüsen nicht so einfach mit nach »unten« nehmen konnte. Also begab er sich in eine Werkstatt. Dawn setzte sich an ein Terminal und begann, der Positronik die Vorgaben für einen Patronengürtel zu machen. Dieser diente natürlich erst in zweiter Linie dazu, die Munition für eine der altertümlichen Handfeuerwaffen und seinen Raketenwerfer zu halten, in erster Linie integrierte Dawn dort einen Schutzschirmgenerator und einen Deflektor. Der Antigrav kam in eine leere Raketenhülse und als Impulsdüse musste der Thermostrahler herhalten. Als Mitentwickler des Thunder-Jägers waren ihm solche Miniaturisierungen nicht ganz fremd, auch wenn er diese Geräte nie selbst herstellen oder entwickeln könnte. Dazu waren schon die Mikroskopaugen der Siganesen notwendig. Desweiteren gab er auch gleich Anweisungen für ein Dutzend Boden-Boden Langstreckenraketen einige Boden-Luft Raketen sowie eine Menge kleinerer Projektile für den direkten Kampf. Um die Sprengkraft dieser Waffen zu erhöhen, verwendete er nicht das auf dem Planeten gebräuchliche TNT, sondern einen speziellen thermonuklearen Sprengstoff. Dieser entsprach im Prinzip einer hoch entwickelten Fusionsbombe. Natürlich verwendete er unterschiedliche Dosierungen dieses Sprengstoffes, um auch im »Nahkampf« eine Chance zu haben. Während die automatische Fertigungsstraße an diesen Wünschen arbeitete, dachte er noch über die weitere Ausrüstung nach. Auch wenn er in einer Hypnoschulung die auf dem Planeten gängige Sprache erlernen würde, beschloss er, vorsichtshalber noch einen Translator im Armbanduhrenformat mitzunehmen. Seinen Mikrogravitator, den er sowieso nur zu Übungszwecken trug würde er in der Korvette lassen, genau wie seinen überschweren Impulsstrahler. Zudem besorgte er sich noch die für den Einsatz vorgesehene Standardausrüstung wie eine Uniform und Papiere. Auch ein kleiner Psychostrahler war dabei. Fast sofort, nachdem er erfahren hatte, dass Alun verschwunden war, meldete sich Vron freiwillig. Der Marsianer a König, der ein enger Freund von Alun war, sich aber leider eine Erkrankung zugezogen hatte, sagte zu Vron: »Viel Glück da unten und versuchen Sie, den Psychologen wieder mitzubringen.« »Ich werde es versuchen!« versprach Vron und ging in den Konferenzraum. Dann begab er sich in die Maskenabteilung, denn ein Mann seiner Statur mit schwarzer Haut und Vollglatze würde vielleicht doch auffallen. Beceefha hatte in seiner Feuerleitzentrale natürlich auch mitbekommen dass ein stark angeschossenes Schiff gefunden wurde. Er hatte auch sehen können wie einige Männer auf dieses Schiff überwechselten. Diese waren gerade zurückgekommen, als er sich überlegt hatte, nun auch in die Zentrale zu gehen. Immerhin war ja der zweite Feuerleitoffizier auch noch da. Nun war er also auf der Brücke und hörte sich in Ruhe an, dass das Schiff, welches das Wrack so zugerichtet hatte, auch was abbekommen hatte und wahrscheinlich auf einem der Planeten notgelandet war. Er meldete sich natürlich sofort, als gefragt wurde, wer mit als Außentrupp die Planeten abklappern sollte. Es fiel ihm schwer die andern davon zu überzeugen, das sie den ersten Feuerleitoffizier des Schiffes gehen lassen sollten. Aber am Ende gelang es ihm doch. Lasitus beobachtete das Ausschleusen der Sonden, die weiteren Aufschluss darüber geben sollten, was da unten vor sich ging. Eine weitere Sonde wurde zum nördlichen Kontinent geschickt, da dort die Erschütterung gemessen wurde. Ein wenig später trat der neue Feuerleitoffizier zu Lasitus und redete auf ihn ein, er wolle mit nach unten. Anscheinend war er sich sicher, dass er mit dürfe, als Lasitus immer noch schwieg und auf die Daten starrte, die soeben übermittelt wurden. Beceefha schien sich seiner Sache sicher und wollte zurück zu seinem Platz. »Nicht so schnell, noch habe ich Ihnen keine Erlaubnis gegeben. Warten Sie lieber die Ergebnisse ab. Und noch was: Warum gerade Sie?« Lasitus sah ihn fragend an. Beceefha zuckte mit den Schultern und verschwand. Die Sonden überflogen im Moment die Stelle, an der die Erschütterung gemessen wurde, sahen aber nichts weiter als Wald, Hügel und dergleichen. Jeder einzelne Kontinent wurde angeflogen. Auf jedem gab es eine große Stadt und dann nur viele kleine Städte. Zwei Kulturen entsprachen etwa dem Stand des Mittelalters, die andere der Erde zum ersten Weltkrieg. Eine Stunde späte wurde eine Konferenz angesetzt, an dem ein Teil der Brückencrew teilnahm. Einige Wissenschaftler wurden ebenfalls dazu gezogen. Gonozal, Artor und Lasitus betraten den Raum zuletzt, da sie noch miteinander gesprochen hatten. Es folgte eine kurze Begrüßung. »Mein Herren, die Sache ist dringend. Wir wissen immer noch nicht, mit wem wir es zu tun haben, geschweige denn, was mit unserem Galaktopsychologen Robert Alun passiert ist«, meinte Lasitus, überlegte kurz und sprach dann weiter. »Mr. Lawyer Veil, der Leiter der Wissenschaftssektion, hat die Daten der Sonde ausgewertet und wird nun ein Erklärung dazu abgeben!« Lasitus setzte sich und gab das Wort an Veil. »Zuerst will ich sie über die Verhältnisse auf dem Planeten aufklären, sofern es mir möglich ist! Es gibt dort drei Kulturen, die in ihrem Fortschritt gar nicht unterschiedlicher sein könnten. Zwei der Rassen dort unten sind im Zeitalter der Schwerter und Rüstungen, die andere in der Zeit der Aufrüstung. So sieht es für uns jedenfalls aus, da wir viele Truppen, Panzerfahrzeuge und so weiter gesehen haben.« Veil schaute kurz in die Runde. »Desweiteren haben wir bei den Wracks eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Es sind mindestens drei alte Raumer der Arkoniden und zwei Schiffe der Maahks.« Viel schwieg daraufhin und schaute in erstaunte Gesichter. Gonozal nickte kaum merklich zu Lasitus. »Die Arkonidenschiffe entsprechen genau dem Standart zur Zeit der Methankriege.« »Können Sie auch sagen was passierte? Irgendwelche Vermutungen?« fragte Emerson, der ebenfalls anwesend war. »Nun, es gibt viele Möglichkeiten. Die treffendste ist wohl die, dass sich die Schiffe gegenseitig so stark beschädigten, dass alle Not landen mussten. Und das war natürlich das Todesurteil der Maahks. Die Arkoniden brauchten lediglich die Schiffe so beschädigen, dass die Maahks hier nicht mehr leben konnten. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es die Maahks geschafft haben, irgendwo eine kleine Basis aufzubauen, das ist aber ziemlich gering.« Veil blätterte kurz in seinen Unterlagen. »Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Wenn sich den Daten nach die Angreifer auf den Planeten befinden, dann müssen sie gefunden werden, klar.« Veil lächelte ein wenig nervös. »Das dürfte sich aber als schwieriger erweisen als gedacht. Die Unbekannten können sich auch getrennt haben und in jeder Stadt sein. Sie können sich auch bei den Wracks befinden und wir müssen noch die Stelle untersuchen, and der Alun angeblich sein soll. Daher müssen aber mehr Teams nach unten, da eines das nicht alles schaffen kann. Mindestens drei Teams sollten die großen Städte untersuchen, da sich die Unbekannten wohl dort eher aufhalten als in einer Kleinstadt. Ein weiteres Team sollte zu den Wracks und das letzte die Stelle untersuchen wo wir die Erschütterung anmessen konnten.« Veil endete und schaute die anderen an. Auf Allans Platzmonitor waren einige neue Informationen aufgetaucht, deshalb ergriff er das Wort: »Was Mister Viel noch nicht wissen konnte, ist, dass in diesen Minuten die Bordpositronik rekonstruieren konnte, was mit dem angreifenden Schiff passiert ist. Es ist anscheinend nicht mehr zu retten gewesen. Es trat wohl in einem ungünstigen Winkel in die Atmosphäre ein und verglühte, was auch erklärt, warum wir es nicht, wie erwartet, unter dem Metallansammlungen ausmachen konnten. Allerdings konnten die restlichen Beiboote des Angreifers ausgemacht werden. Sie scheinen alle in einem Ring um das größte Wrack auf dem nördlichen Kontinent gelandet zu sein, welcher eine der primitiveren Kulturen beinhaltet. Wahrscheinlich wollten die nachschauen, ob sie das Schiff wieder flott bekommen. Desweiteren scheint es keinerlei Kontakte zwischen dem nördlichen und dem südlichen Kontinent zu geben, da keinerlei Hochseetransport gefunden werden konnte. Also empfehle ich, dass wir den Südkontinent und den Polarkontinent erst einmal ignorieren und unsere Bemühungen auf den Nordkontinent konzentrieren. Aufgrund der Bestimmungen zum Schutz von primitiven Kulturen wird die Bordpositrionik eine etwaige Starterlaubnis für Grossraumbeiboote verewigen müssen. Wir müssen insgesamt sehr vorsichtig vorgehen, vor allem, da wir auch bisher nur wenig Kenntnisse über die kulturellen Eigenheiten dieses Kontinentes haben. Mein Vorschlag daher: Mit einem getarnten Drei-Mann-Zerstörer lassen wir einen Transmitter hinunterbringen und über diesen bauen wir eine Ausgangsbasis aus, von der aus wir als Handelszug getarnt in Richtung der Städte, die dem Ortungsgebiet naheliegen, aufbrechen. Da diese in dem Gebiet liegen, das ein möglicher Zielort der Entführung sein könnte, werden wir wohl nur einen Trupp brauchen, was natürlich das Risiko einer kulturellen Einflussnahme extrem verringert.« Allan wollte sich gerade setzen, als ihm noch etwas einfiel. »Ach ja, die Auswertung aus den Aufzeichnungen des Bergungsteams hat ergeben, dass die Entführerin eine verhältnismäßig gering veränderte Variante des Interkosmovorläufers ›Satron I‹ gesprochen hat.« Es gab einiges Stöhnen von den Anwesenden, die Kenntnisse über die linguistische Entwicklung des Interkosmo hatten. Lächelnd fuhr Allan fort: »Ich sehe, hier wissen einige, wovon ich rede. Satron I ist eine tote Sprache, welche aufgrund ihrer hohen Komplexität zum einfacheren Satron II weiterentwickelt wurde, welche ihrerseits die Grundlage des Interkosmo wurde. Eine Weile wurde es noch als Hofsprache angewandt, aber seit 6000 Jahren nicht einmal mehr das. Aber das Gute an der Sache ist, wir haben ausreichend Indoktrinatorkristalle, um den Landetruppen eine entsprechende Schulung angedeihen lassen zu können. ohne erst über Tage Sprachinformationen sammeln zu müssen. Jedoch wird das Umgewöhnen nicht leicht, denn es gibt spezielle Dativformen und noch mehr neckische Spielereien. Im Anschluss möchte ich, dass diejenigen, die sich für die Mission freiwillig gemeldet haben, noch bleiben, damit wir gleich mit der Detailplanung beginnen können.« Nach dem für sie deprimierenden Entschluss zur Verwendung eines Transmitters anstelle einer Korvette begab sich Yohko zu Slaine, ihrem ersten Offizier an Bord der PIKACHÛ, und übergab ihm Tora zur Pflege. Er und der Rest der 25-köpfigen Mannschaft der Korvette waren mit Yohko und dem Schiff zur CREST V gewechselt. Tora gehörte eigentlich schon zur Besatzung des kleinen Kugelraumers, der jetzt schon seit Jahren als Yohkos Kommandoschiff fungierte. »Slaine, ich verlasse mich auf dich. Halte die PIKACHÛ in Alarmbereitschaft und hol uns da unten raus, falls ich das Notfallsignal sende.« Während Yohko diesen Befehl erteilte, legte sie den Notfallhypersender an. Er war als recht schlichter silberner Armreif getarnt und stammte noch aus ihren SolAb-Beständen. Mit seiner Hilfe würde sie einen kurzen Notfallimpuls an die Pikachû senden können. Yohko verabschiedete sich von der Brückencrew und Tora und begab sich in ihre kleine Kabine an Bord der Korvette. Hier lagerte sie ihre Spezialausrüstung und ihre Sportwaffen. Was nehme ich mit? überlegte Yohko einige Minuten und legte dann ihre Schutzweste an. Darüber zog sie ihren Tarnanzug und als letztes die in den Werkstätten der Crest V angefertigte Kleidung des Planeten. Jetzt spannte sie ihr Ninjato und den Faltbogen auf ihren Rücken, versteckte mehrere Wurfmesser und Shuriken in ihrer Kleidung und legte die getarnte Sonderausrüstung für den Einsatz an. Dann kam ihre getarnte SolAb-Ausrüstung an die Reihe. Schließlich packe sie noch einigen Kleinkram in eine wasserdichte Gürteltasche aus Kunstleder. Lasitus beobachtete das Auschleusen der Jäger, ein letztes mal gab es Funkkontakt, dann wurde die Verbindung beendet. Die kleinen Schiffe sollten den Nordkontinent anfliegen. Das Gebirge dort war geeignet und bot sicherlich viele Verstecke. In der Zwischenzeit wurde heftig an der Ausrüstung gearbeitet. Der Trupp war eine Händlerkarawane in Begleitung von Söldnern. Es wurden Stoffe, Salze, Metall und einiges mehr bereitgestellt. Für den Söldnertrupp gab es Schwerter, Bögen, Rüstungen, Kettenhemden und Schilde. An den Schwertern war sogar ein kleiner Bonus eingebaut. Sie waren mit Paralysatoren ausgestattet, denn man wusste ja nie, was einem begegnete. Die Karawane brauchte natürlich auch Transportmittel und einige Händler. Es wurde eine große Sänfte angelegt und mit einem Antigrav, der viel aushalten konnte, ausgestattet. Sie bekam zusätzlich einen leichten Energieschirm verpaßt. Wenig später kam die Meldung vom Planeten, dass der Transmitter bereit sei und nur auf sie wartete. Letzte Arbeiten wurden abgeschlossen, wie Transportkutschen, Karren, für die allerdings noch die Zugtiere auf dem Planeten gefangen werden mussten. Lasitus holte Beceefha und den Oxtorner zu sich. »Für euch hab ich eine besondere Aufgabe.« Die beiden schauten ihn fragend an. »Ihr werdet unsere Händler spielen, die faul, träge, fett und verfressen in einer Sänfte liegen.« Die beiden schauten ihn entsetzt an. »Sir, muss das sein?« »Ja, dafür habt ihr die Ehre den Trupp zu leiten. Nun ja, eigentlich nur, wenn Fremde bei euch sind«, sagte Lasitus. »Geht jetzt in die Maske und lasst euch einkleiden, es geht bald los!« Die beiden machten ein zerknirschtes Gesicht und verschwanden. Lasitus begab sich ebenfalls dorthin, wo er auf Gonozal und Artor traf, die ebenfalls Söldner waren. Sie bekamen ihre Ausrüstung und begaben sich zum Transmitterraum. Von dem Team waren jetzt fast alle anwesend. 60 Leute tummelten sich in der Halle, die meisten von der Sicherheit, doch es waren auch einige Ärzte und Wissenschaftler dabei. Eine Weile wurde noch heftig diskutiert. In der Zwischenzeit hatte sich Lasitus ein wenig zurückgezogen und mit Veil gesprochen. Schließlich kamen sie zu einer Einigung und Lasitus ging zu den anderen. Er wartete, bis die Gespräche aufhörten, dann meinte er: »Also, erst einmal wird ein Beiboot mit einem Transmitter und zwei Mann zum Planeten fliegen, dort ein geeignetes Versteck finden und den Transmitter aufbauen. Dann geht ein 60 Mann starkes Team durch den Transmitter auf den Planeten, als Karawane verkleidet.« Murren wurde im Raum laut. »Während das Beiboot nach unten geht wird für uns die nötige Ausrüstung zusammengestellt. Ach ja, wegen den Waffen machen sie sich keine Sorgen, da haben wir schon eine Lösung. Gehen Sie jetzt wieder an ihre Posten!« Im Hangar angekommen wollte Dawn sofort die KC-XI fertig machen lassen, da er noch nicht davon in Kenntnis gesetzt worden war das die Entscheidung gegen ein Großbeiboot gefallen war. Ganz unbewusst hatte er das Schiff ausgewählt, auf dem Natalie Dienst hatte. Als ihm das auffiel, beschloss er, doch die KC-XII zu nehmen, um Natalie nicht in Gefahr zu bringen. Ihm war bewusst, dass das von einigen Besatzungsmitgliedern wahrscheinlich als sehr chauvinistisch angesehen werden würde, doch ihm ging es dabei wirklich nur um seine neu gefundene Liebe! Also rief er seinen Stellvertreter hier im Hangar zu sich und erfuhr von ihm, dass Yohko schon vorher eine Korvette hatte startklar machen lassen. Mir ihrem Namen konnte Dawn natürlich nichts anfangen und so ließ er sich die Bezeichnung geben. Die KC-XXXVI also. Na gut, das geht auch, dachte er. Dann muss ich halt sehen, wie ich anderweitig auf den Planeten komme. Er hatte gehört, dass der genesene zweite Offizier Artor Seek eine Landesgruppe führen würde, und so beschloss er, sich bei ihm zu melden. Dies tat er dann auch, denn schließlich konnte er ja nicht wissen, das sich Natalie soeben in derselben Gruppe angemeldet hatte. Dawn hatte sich ein »biologisches Toupet« aufsetzen lassen, das ihm einen militärischen Borstenschnitt gab. Außerdem war sein Gesicht mit an die hellere Hautfarbe der Arkoniden angeglichen worden. So vorbereitet begab er sich zum Treffen mit dem zweiten Offizier. Auf dem Weg wollte er noch ein letztes Mal bei Natalie vorbeisehen um sich zu verabschieden, doch sie war nicht da, obwohl sie gar keine Schicht hatte. Artor inspizierte noch einmal die Ausrüstung seines Teams und überprüfte, ob alle Freiwilligen auch anwesend waren. Er hatte ja bisher auch keinen Grund gehabt, jemanden abzulehnen. Dass Patrizia sich auch wieder zu seinem Team gemeldet hatte, war für ihn schon keine Überraschung mehr, auch wenn er den Blick unwillkürlich zur Decke des Hangars hob, als er an ihr vorüber schritt. Mit Hilfe seines telepathischen Sinnes forschte er in den Männern nach Gefühlen wie Angst oder Unsicherheit, aber fand nichts, was ihm Sorgen machen müsste. Nur bei dem Mann mit dem Granatwerfer stutzte er kurz, denn dieser schien heiß darauf, seine Tarnung auch anzuwenden. Aber egal, dachte Artor, denn vielleicht kommen wir ja sogar in Kampfsituationen und dann ist es gut, so jemanden dabei zu haben. Dawn hatte sich gerade auf den Weg zur Korvette gemacht, als er über Interkom die Änderung des Einsatzplanes vernahm. Er sollte sich sofort zum Transmitterraum begeben. Na gut, hatte Dawn gedacht, nehmen wir halt den Transmitter... Doch nun war alles schlimmer, als er gedacht hatte. Zuerst begab er sich ganz normal zu den anderen in den Transmitterraum und erntete nur einige neugierige Blicke. Wahrscheinlich wegen des Raketenwerfers, dachte er. Doch als er sah in welch seltsamer Kleidung die anderen herumliefen, wunderte er sich schon ein bisschen. Als dann der Captain zu ihm kam und ihm einfach den Raketenwerfer abnahm, überlegte Dawn doch, ob er nicht vielleicht die Einsatzorder falsch verstanden hatte. Er hörte sich um und erfuhr, dass sie auf dem Mittelalterkontinent landen würden. Da Dawn darauf überhaupt nicht vorbereitet war, ließ er sich eine passende Ausrüstung geben. Er bekam einen schweren, farbenprächtigen Mantel mit vielen goldenen Verzierungen, denn schließlich sollte er ja einen Patriarchen spielen. Obwohl die Beschreibung des Oberst »fett« auf mich wohl kaum zutrifft... dachte er. Weiterhin ließ er sich eines dieser Paralysatorschwerter aushändigen, welches er sorgsam in einer Scheide unter seinem Mantel versteckte. Auf seinen Wunsch hin bekam er auch noch eine überschwere Axt, die kein Mensch auch nur heben konnte, und einen großen Schild. Beides ließ er in der großen Sänfte verstauen, allerdings so, dass er es jederzeit griffbereit hatte. Als letzte »Goodies« bekam er einen mit einem grünen Edelstein besetzten Ring, der ein Funkgerät enthielt, ein überschweres Amulett, das unter den protzigen Verzierungen einen Schirmfeldgenerator und ein Antigravaggreget enthielt, einige weitere Ringe, die zum Teil als Sonden und zum Teil als Nukleare Sprengköpfe ausgelegt waren, sowie einige Nahrungskonzentrate, die in seinen Mantel eingenäht wurden. Die machen ja eine Wandelnde Festung aus mir, dachte Dawn. Na ja, mir soll es recht sein. Er bedankte sich bei dem Offizier an der Ausgabe und ging durch den Transmitter. Als Beceefha gerade in den Hangar kam sah er, wie sein Freund Dawn mit seinem Raketenwerfer ebenfalls eintraf. Der Kapitän ging allerdings sofort auf ihn los und nahm ihm das Ding ab, woraufhin Dawn leicht deprimiert durch das Tor ging. Sein Schwert hatte Beceefha natürlich dabei. Er begab sich nun zum Oberst. um ihm zu sagen, dass er fertig zum Abmarsch sei, und ihn zu fragen, wo Dawn eigentlich Sauron gelassen hatte, denn der war nicht mit durch das Tor gegangen. Langsam näherte sich Yohko dem Torbogen des Transmitters. Ihr war lau im Magen. Warum nur unbedingt ein Transmitter? schoss es ihr durch den Kopf. Sie konnte diese ›künstlichen Teleporter‹ nicht ausstehen! Noch während dieser Gedanken kam der plötzliche Schmerz der Entstofflichung und Yohko fand sich in einer Höhle wieder.
Nach dem Ende der Einsatzbesprechung ging Emerson in seine Kabine und bereitete sich für die Landemission vor. Er gehörte zu dem Kreis von etwa 60 Freiwilligen, die für das Unternehmen ausgewählt worden waren. Das vorläufige Einsatzgebiet war der mittelalterliche Nordkontinent, auf dem sich wohl auch der Galaktopsychologe Robert Alun befand, aber es würde unter Umständen nötig werden, auf den Südkontinent überzuwechseln, der sich auf dem technologischen Stand des terranischen 2. Weltkrieges befand. Das Wichtigste war erst einmal, dass er tüchtig Satron I paukte, da eine Hypnoschulung bei ihm nicht ansprach. Leider war diese Sprache der Standard auf dieser Welt, sowohl auf dem Nord- als auch auf dem Südkontinent. »Ausgerechnet dieses Satron I, eine der grammatikalisch kompliziertesten und bescheuertsten Sprachen, die ich je kennen gelernt habe!« murmelte er genervt, als er versuchte, eine Unmenge von grammatischen Fällen und Ausnahmeregelungen auswendig zu lernen. Auch wenn Satron I mit dem Interkosmo verwandt war, war es beinahe unmöglich, dieses schwierige Idiom in der kurzen Zeit, die ihm zur Verfügung stand, so perfekt zu beherrschen, dass er es fließend und ohne Akzent sprechen konnte. Und das musste er unbedingt, nicht nur, um lästige Fragen zu vermeiden, sondern auch, um die Mission nicht zu gefährden. Als er nach einer Stunde mit den Nerven am Ende war, wandte er sich seiner Ausrüstung zu. Zwar würde ihm das wichtigste Zubehör von den Schiffswerkstätten zur Verfügung gestellt werden, aber einige persönliche Dinge wollte er dann doch mitnehmen. Also öffnete Emerson den Schrank und holte seine schwarze Veego-Kiste aus dem hintersten Winkel hervor. Mit leichtem Druck seiner Fingerspitzen auf die versteckten Sensoren identifizierte er sich, und der Deckel klappte automatisch zur Seite. Dann holte er den Veego-Datenspeicher und den Schutzschirmprojektor hervor, die ihn auf den Planeten begleiten sollten. Als letztes nahm er seinen Veego-Gegenstand in die Hand und fragte sich, ob er ihn mitnehmen sollte. Aber dann entschied er sich dagegen, denn ein solcher Sextant aus dem 18. oder 19. Jahrhundert von Terra war in der primitiven Kultur des Nordkontinents ein Anachronismus, und auch auf dem Südkontinent würde er auffallen. Also legte Emerson ihn zurück in die Kiste, nachdem er einige Zeit die Aussparung in der Grundplatte betrachtet hatte, in der sein Veego-Computer eigentlich aufbewahrt werden sollte. Bevor Emerson die Kiste endgültig wieder verschloss, warf er einen Blick auf das rätselhafte Objekt, das er insgeheim als »Emersons Puzzle« bezeichnete. Er hatte es vor vielen Jahrzehnten zufälligerweise gefunden und versuchte seitdem, sein Geheimnis zu lüften. Aber das war ihm bisher nicht mal im Ansatz gelungen, und er bezweifelte, ob er jemals die fehlenden Teile finden würde, die für die Lösung nötig waren. Dann verstaute Emerson die nachtschwarze Kiste wieder hinten in seinem Schrank und verbarg sie hinter einem Haufen Kleidungsstücke, die auch schon mal bessere Zeiten gesehen hatten. Danach nahm er seine wenigen Ausrüstungsgegenstände und etwas Kleidung zum Wechseln mit und verließ sein Quartier, um sich zu den Schiffswerkstätten zu begeben. Als Emerson die Ausrüstungsvergabe betrat, waren die meisten Missionsteilnehmer schon abgefertigt. Ein freundlicher Werkstattmitarbeiter half Emerson dabei, sein persönliches Marschgepäck zusammenzustellen. Da er von der Missionsleitung als Begleitschutz der Karawane eingeteilt worden war, erhielt er eine solide Kriegerkleidung aus imitiertem Leder und ballistischem Tuch, dazu ein metallenes Kettenhemd, einen Helm sowie einen langen und schweren Mantel; außerdem einen ledernen Tragebeutel und eines der speziell angefertigten Paralysatorschwerter, bei dem sich Emerson sehr zur Verwunderung seines Ausrüsters die Schwertklingen abschleifen ließ, um jede Verletzungsgefahr zu vermeiden. Weitere Waffen wies er zurück, auch wenn das seiner Tarnung als bezahlter Söldner nicht zugute kam. Bei der anderen Ausrüstung war er weniger zurückhaltend und deckte sich mit getarnter High-Tech wie Funkgerät, Antigravgenerator, Medikit, Notverpflegung, einem weiteren Schutzschirmprojektor terranischer Bauart (zusätzlich zu seinem Veego-Schutzschirmaggregat) und schließlich einen Kleincomputer mit 3D-Display, getarnt als metallener Rasierspiegel auch wenn das für einen grimmigen Söldner wahrscheinlich ungewöhnlich war. Als er endlich alles beisammen hatte, warf er noch einen prüfenden Blick in den Spiegel, der neben der Kleidungsausgabe angebracht war, und schritt zufrieden aus dem Raum. Vron bekam vom Kommandant die Erlaubnis, bei dem Unternehmen mitzuwirken. Sofort begab er sich in die Transmitterhalle. Dort gab es ein kleines Problem. Dr. Tsuran war aufgetaucht und wollte auf den Planeten. »Mr. Ostrog hatte Recht. Die CREST wird untergehen. Es ist kein Zufall, dass Alun verschwunden ist. Bitte nehmen Sie mich mit!« Strader lehnte selbstverständlich ab. »Ich werde nicht so verrückt sein, wissentlich jemand mitzunehmen, der eine Gefahr für das Unternehmen ist, weil er sich nicht unter Kontrolle hat. Tut mir leid, Doktor, aber Sie sind mir ein zu großes Sicherheitsrisiko.« Tsuran versuchte zu betteln, aber der Kommandant blieb hart. Schließlich wurde der Arzt von Sicherheitsleuten weggebracht. Danach schickte Strader die Leute durch den Transmitter. Während Beceefha, Dawn und Takashi durchgingen, fragte sich Vron, ob sie sich nicht doch ein Sicherheitsrisiko mitnahmen. Die drei galten als sehr leicht reizbar. Vron betrat den Transmitter und kam unten an. Als Allan durch die obligatorische Desinfizierungseinheit auf den Transmitter zuschritt, überflog er im Geiste noch einmal seine Vorbereitungen. Da er sich für die Personaleinteilung verantwortlich gekennzeichnet hatte, stand ihm hierfür nicht viel Zeit zur Verfügung. Er sollte aufgrund seiner Kampfkunstfähigkeiten die Rolle eines Söldners, Leibwächters oder Paladins übernehmen, also hatte er sich einige der Aufzeichnungen, welche die Sonden übermittelt hatten, angesehen und dabei einige Personen bemerkt, die offen Waffen trugen und ihn an Bilder seiner Jugend erinnerten. Deshalb hatte er sich in etwas sehr ähnlich den traditionellen Gewändern eines Dagoristas gekleidet, auch wenn diese aus ballistischem Tuch gefertigt worden waren. In den Aufschlägen seines Umhangs waren einige Tharks verborgen und über den Rücken geschnallt trug er das schlichte Dagorschwert mit dem eingebauten Paralysator. Desweiteren trug er noch je einen Dolch am Stiefelschaft und am Gürtel, in denen je ein Psycho- und ein Impulsstrahler sowie ein Desintegrator eingebaut worden war. In den Unterarmholstern trug er noch je einen Dolch mit paralysierender Wirkung und einen, der ein desinfizierendes Feld ausstrahlen konnte, um im Notfall Wunden desinfizieren zu können, ohne diese ausbrennen zu müssen. Natürlich hatte er auch den im Gürtel eingebauten Antigrav- und Schutzschirmprojektor, sowie ein kleines Medkit und einen Wasserschlauch. In sein seesackartiges Gepäck hatte er neben Hygieneartikeln, Wäsche zum Wechseln und einigen Flaschen Wein (und Schnaps) einige schöne Katzugos gepackt, von denen er hoffte, dass sie in einigen Übungskämpfen mit den andern »Leibwächtern«, zum Beispiel Yohko, zum Einsatz kommen würden. Immerhin es gab genug Parallelen zwischen Katzukokampf und Kendo und er brauchte endlich wieder einen Ernst zu nehmenden Gegner. Nachdem er noch mal den Schulterriemen zurechtgerückt hatte, überschritt er mit einem mulmigen Gefühl den roten Gefahrenkreis und in das Schwarze Wabern des Torbogentransmitters. Im nächsten Moment stand er in der Höhle, vor der mittlerweile einige von der Karawane angekommen waren. Draußen wurde bereits versucht, einige der einheimischen, pferdeähnlichen Tiere einzufangen. Emerson wartete mit den anderen 60 Missionsteilnehmern gespannt auf den Beginn des Landeunternehmens, während der Kommandant die Reihen abschritt und letzte Überprüfungen vornahm. Als auch die letzten Nachzügler eingetroffen waren und keine Beanstandungen mehr von den Missionsleitern Strader, Seek oder Gonozal kamen, wurde der Transmitter aktiviert. Nacheinander durchschritten die Teilnehmer die übliche Desinfektionsschleuse und betraten das schwarze, seelenlose Wallen. Mit einem mulmigen Gefühl folgte Emerson den anderen zu dem Abstrahlfeld. Er hatte zwar schon viele solcher Materietransmissionen problemlos hinter sich gebracht, aber genau in diesem Augenblick erinnerte er sich an Tsurans Bericht über Alaska Saedelaeres Transmitterunfall. Als er dann vor dem Transmitterbogen stand, setzte er sicherheitshalber seinen Stahlhelm auf und schritt schnell hindurch. Auf dem Planeten angekommen begutachtete Dawn zunächst die Höhle, um dann für eine optimale Einrichtung seiner Sänfte zu sorgen. Er ließ noch einige Kissen von der CREST V nachkommen und tauschte einen Träger aus, da er ihm zu schwach erschien. Dann beobachtete er, wie der gerade aus dem Transmitter gekommene Ostrog auf ihn und Beceefha zuging. Emerson materialisierte in der Höhle, in der der Transmitter aufgestellt worden war, und folgte den anderen zum Ausgang. Draußen genoss er die frische Luft und den strahlenden Sonnenschein dieser Welt, die ihm auf den ersten Blick erdähnlich erschien. Während einige Missionsteilnehmer sich daran machten, einheimische Reittiere einzufangen, ging er zu Dawn und Beceefha hinüber, die sich für ihren Einsatz als »fette und faule Patriarchen« fertig machten. Zum Glück war Emerson nicht zu den Sänftenträgern eingeteilt worden, denn das wäre doch zu peinlich gewesen. »Na, meine Herren!« begrüßte er die beiden. »Sind Sie für Ihre schwere Aufgabe denn auch mental ausreichend vorbereitet?« Beceefha machte ein leicht beleidigtes Gesicht und setzte schon zu einer scharfen Antwort an, als Dawn plötzlich laut loslachte und erst wieder aufhörte, als er bemerkte, dass ihn der Rest des Landeteams verwundert ansah oder sich die Ohren zuhielt. »Sie sind ganz nach meinem Geschmack, Mister Ostrog«, rief Dawn und klopfte dem ahnungslosen Veego auf den Rücken. Dawn beobachtete bestürzt, wie der Navigator durch die Höhle flog, verlor dann aber das Interesse, da er sah, dass dieser nicht ernstlich verletzt war. Zudem kam gerade eine weitere Person durch den Transmitter. Dawn schwante Übles, als er die langen braunen Haare sah, und tatsächlich, es war Natalie, die seinen Okrill Sauron an einer Leine hinter sich herzog. Dawns Gefühle schwankten zwischen Entsetzen, weil er sie doch sicher auf dem Schiff wähnte, Bewunderung, da bisher niemand außer ihm Sauron an die Leine hatte nehmen können, und vollkommen hingerissen sein aufgrund ihres wunderschönen strahlenden Lächelns, mit dem sie auf ihn zu kam. Sauron hat sie scheinbar als sein Frauchen akzeptiert, dachte Dawn. Dann muss ich jetzt nur noch dafür sorgen, dass sie das auch wird... Er brachte mühsam ein Lächeln zustande und wollte die Schönheit mit einer Umarmung begrüßen, doch da kam ihm leider Sauron in den Weg. Er hatte sich von der Leine losgerissen und warf sich nun auf Taron. Dieser wich dem Okrill in letzter Sekunde aus, doch leider stand hinter ihm Beceefha, der somit in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dawn umarmte nun ungestört die Beibootkommandantin und war völlig überrascht, als sie diese Umarmung ungewöhnlich stark erwiderte. »Ich bin ja so froh, dass du dich freust mich zu sehen«, sagte sie und Taron überlegte, ob das nun ernst oder ironisch gemeint war. »Ich hatte schon befürchtet, dass du mich von diesem Einsatz würdest abhalten wollen! Das hätte ich dir nie verziehen...« Dawn schluckte leise, und machte ihr dann den Vorschlag, dass sie doch in seiner Sänfte mitreisen könnte – als Begleiterin des Patriarchen sozusagen. Sie stimmte sofort zu, allerdings unter der Bedingung, dass sie die Sänfte verlassen dürfe, wann immer sie wolle. Dann gingen die beiden vor die Höhle, um sich draußen umzusehen... Nein nicht schon wieder dieser Riesenfrosch! Und da war Sauron auch schon in ihn hinein gelaufen. Ein Normalterraner wäre wahrscheinlich zwei Meter weit geflogen, aber Beceefha konnte sich mit Mühe und Not auf den Beinen halten. Er wollte gerade auf Dawn losgehen, als er sah, dass sich dieser gerade sehr intensiv mit Natalie beschäftigte. Er erinnerte sich kurz, was passiert war, als er das letzte Gespräch Dawns unterbrochen hatte. Damals war Yohko nämlich recht unangenehm geworden. Er hatte zwar keine Angst vor Natalie, aber erstens hatte er keine Lust, sich mit seinem Freund zu streiten und außerdem wollte er Dawns Freundin nicht unnötig Weh tun. Er nahm also Saurons Leine, der das bereits kannte, da Beceefha ihn auch, während er den Okrill gepflegt hatte, einige Male an der Leine gehabt hatte. Der Feuerleitoffizier beschloss nun also, auf keinen loszugehen, sondern gab Natalie freundlich die Leine wieder und ging zum ersten Offizier. Diesen fragte er, ob er sich nicht mal draußen umsehen konnte und eventuell auch einige Zugtiere und eventuell auch einige Zutiere fangen könnte, falls er etwas Geeignetes finden sollte. Der erste Offizier stimmte dem zu, also verließ Beceefha die Höhle. Kurz bevor er den Ausgang erreichte, rief er noch einmal laut nach Sauron. Dieser rannte sofort los und die ahnungslose Natalie machte einen kleinen Flug, bis Dawn Sauron zurückrief. Mit einem Lächeln über Natalies erschrecktes Gesicht verließ er die Höhle. Als er den Höhlenausgang erreicht hatte, warf Beceefha erst mal einen Blick in die Umgebung. Es war ein sehr schöner Planet und selbst hier in den Bergen gab es eine relativ üppige Vegetation. Das ließ immerhin vermuten, dass er hier auch Tiere finden würde. Er ging also los. Nachdem er eine Weile gelaufen war, wurde es sehr schnell dunkel. Umso besser, dachte Beceefha, dann können mich die Viecher wenigstens nicht gleich sehen. Als er gerade so in Gedanken versunken durch die Gegend stiefelte, sah er eine kleine Gruppe von Einheimischen. Sie trugen eine Kleidung, die der Ausrüstung, die für die Crew ausgewählt worden war, sehr ähnlich sah. Beceefha verzog sich natürlich sofort wieder, um nicht von den Leuten gesehen zu werden. Er beobachtete erst einmal vorsichtig, wie sie sich gerade auf ihren Lagern niederließen. Sehr schön, dachte Beceefha. Wollen doch mal sehen, ob... Und tatsächlich: Da standen einige Tiere. Sie waren relativ klein, sahen aber sehr kräftiger aus. Reiten würde man auf ihnen nicht können, doch als Zugtiere würden sie sehr geeignet sein. Er beschloss also zu warten, bis die Einheimischen schliefen. Sie stellten nur eine Wache bei den Tieren auf. Nun schlich sich Beceefha dichter an die Tiere, um sie genauer in Augenschein zu nehmen. Sie hatte ungefähr die Größe von Tora, sahen aber sehr viel kräftiger aus. Nachdem auch endlich die Wache eingeschlafen war, ging er zu den Tieren. Sie waren sehr zutraulich und ließen ihn herankommen. Als er eines der Seile nahm mit dem die Tiere angebunden waren gab das Tier einen quiekenden Laut von sich. Beceefha fuhr zusammen., doch die Schlafenden schienen nichts gehört zu haben. Er nahm nun also einige Seile und die Tiere ließen sich bereitwillig von ihm führen. Allan sah den Oberst, der gerade einige der vor ihm durch den Transmitter Gegangenen musterte und einen zurückschickte, da er ihm anscheinend zu unpassend gekleidet war. Dann war Allan dran. Nach einer kurzen Befragung zu Allans Ausrüstung wurde er weiter geschickt zu einem Tisch, an dem die vorbereiteten Missionsfunkgeräte ausgegeben wurden. Allan entschied sich für eins, das als wuchtiger Rubinring getarnt und anscheinend für Offiziere der Kommandoebene bestimmt war, und steckte es auf. Nachdem Emerson von den beiden »hochherrschaftlichen Händlern« Dawn und Beceefha freundlich dazu aufgefordert worden war, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, ging er belustigt zu den anderen Missionsteilnehmern, die wie er als Söldner verkleidet waren. Während sie auf den Aufbruch der Gruppe warteten, dachte er über Tsurans Verhalten in der Transmitterhalle nach. Sein Gespräch mit ihm hatte in der Tat eine Wirkung gezeigt, allerdings nicht die von ihm beabsichtigte. Der Mediziner glaubte jetzt auf einmal, die CREST V stünde kurz vor der totalen Vernichtung, nur weil der Galaktopsychologe Robert Alun unter mysteriösen Umständen auf den Planeten gebracht worden war! Emerson erinnerte sich noch lebhaft an die Szene, die Tsuran aufgeführt hatte. Daraufhin hatten alle Anwesenden Emerson so seltsam angestarrt, und er wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken (so hatte er zum ersten Mal empfunden!). Zum Glück war er bald an der Reihe gewesen, durch den Transmitter zu gehen. Eigentlich hatte er ja nur vorgehabt, Tsuran seine Überzeugung auszureden, Alun würde das Schiff gefährden. Das hatte er zwar offensichtlich geschafft, aber in anderer Weise als beabsichtigt. Erst heute früh hatte Emerson Tsuran die Idee vorgetragen, das Alun einfach nur unglaubliches Glück gehabt hatte, dass er sich auf dem Planeten der Wrims befunden hatte, als sein Schiff verschwunden war. Das hatte den Doktor wohl überzeugt, und wie! Nun war der davon überzeugt, Robert Aluns Verschwinden wäre ein böses Omen, welches die baldige Zerstörung der CREST V prophezeien würde! Michael Tsuran war nun endgültig ein Fall für den Psychiater, aber der war ja auf dem Planeten verschollen. Wenigstens wäre Dr. Tsuran jetzt bereit, sich vernünftig mit Alun zu unterhalten, ohne ihn eliminieren zu wollen (und das würde eine Therapie doch sehr erleichtern!). Darum konnte er sich aber zur Zeit nicht kümmern. Er hatte andere Probleme. Zum Beispiel Montgomery Spock, das Damoklesschwert über seinem Haupt. Emerson musste jederzeit damit rechnen, dass dieser rätselhafte Mann ihn bei den betreffenden Stellen des Schiffes denunzierte und damit seinen Aufenthalt bei den Terranern beendete. Diese Vorstellung war ganz und gar nicht faszinierend, es belastete ihn sogar sehr. Irgendwie musste er diesen gordischen Knoten lösen, bevor es zum Schlimmsten kam. Montgomery Spock besaß mit Sicherheit handfeste Verdachtsmomente gegen ihn, während Emerson ihm nur seinen komischen Namen vorwerfen konnte. Laut seiner Personalakte war Spock als Baby ausgesetzt worden und hatte seinen Namen von einem seiner Betreuer im Waisenhaus erhalten. Diese Information schien absolut wasserdicht, genauso wie alle anderen Angaben in seinem Lebenslauf. Dort konnte man ihn nicht angreifen, um ihn zu entlarven, und Emerson war sich nicht einmal sicher, ob er das überhaupt wollte. Er hätte eine Zusammenarbeit zwischen ihnen beiden vorgezogen, aber Spock stellte sich stur und beantwortete noch nicht mal seine Interkomanrufe. All das ging Emerson durch den Kopf, während er die wunderschöne Landschaft um ihn herum bewunderte, die ihm der fremde Planet darbot. Gerade, als Emerson in trüben Gedanken versunken war, näherte sich ihm ein ihm unbekanntes Mitglied des Landekommandos, das mit der abschließenden Vergabe und Überprüfung der Ausrüstung betraut war. Freundlich bot der Mann Emerson ein als Ring getarntes Funkgerät an, das offenbar zur Standardausrüstung gehörte. »Ich habe bereits ein Funkgerät von der Schiffswerkstatt bekommen«, erwiderte Emerson daraufhin. »Muss ich das abgeben, oder darf ich es behalten?« »Zeigen sie es doch mal her!« forderte der Mann ihn auf, und Emerson tat ihm bereitwillig den Gefallen. Es handelte sich dabei um ein Multifunktionsgerät mittlerer Reichweite, mit dem man auch ohne Satellitenübertragung die CREST V erreichen konnte. Das Design entsprach einer antiken terranischen Schöpfkelle aus Metall, die man in der Art eines Telefonhörers mit dem Stiel ans Ohr halten musste. Sie verfügte weiterhin über eine automatische Frequenzüberwachung, in die die Sendefrequenzen von Robert Aluns Peilsender sowie die Funkkanäle der CREST V und ihrer Beiboote einprogrammiert waren. Der Mann überprüfte kritisch Emersons Funkgerät und gab ihm schließlich die Erlaubnis, es zu behalten, allerdings unter der strengen Auflage, es nur in Notfällen zu benutzen und ansonsten nur den Funkring zu verwenden. Emerson stand immer noch vor der Höhle mit dem Transmitter und grübelte vor sich hin. Die anderen Teilnehmer des Landeunternehmens waren entweder damit beschäftigt, geeignete Lasttiere einzufangen, oder lungerten in der Höhle herum. Den Oxtorner Taron Dawn verfluchend, humpelte er ein Stück weit vom Eingang der Höhle weg und setzte sich unter einen Baum. Dawn hatte ihm vor über 20 Minuten einen recht kräftigen Schlag auf den Rücken versetzt, der ihn mehrere Meter weit geschleudert hatte. Seitdem hatte sich Emersons Laune dramatisch verschlechtert. Doch noch viel gravierender war die Erkenntnis, dass er sich schon seit einigen Tagen nicht mehr sonderlich zufrieden gefühlt hatte. Er hatte sich und die anderen mit einer aufgesetzten Fröhlichkeit getäuscht, um sich selbst die Wahrheit nicht eingestehen zu müssen. Nämlich die, dass er starke Zweifel hegte. Er zweifelte an der Richtigkeit seiner Handlungen in der letzten Zeit, an der Richtigkeit seines Aufenthalts auf der CREST V, ja sogar an der Richtigkeit seiner selbst gewählten Aufgabe und seiner Abkehr von seinem Volk! Die Menschheit hatte genug damit zu tun, in der gegenwärtigen Situation einfach nur zu überleben, und konnte sich um kosmische Dinge wie dem Rätsel um die große Leere nicht kümmern. Wenn man sich die Vergangenheit ansah, bestand sogar die nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass die terranische Kultur von einem mächtigen Feind vernichtet werden würde, wie schon mehrmals welche aus den Tiefen des Kosmos aufgetaucht waren. Und selbst wenn die Terraner überleben und die politische Situation in der Milchstraße sich bessern sollte, welchen Grund hätten sie, bloß wegen der Bitte eines fremden Volkes in eine weit entfernte Region des Universums zu reisen und sich dort schwierigen Herausforderungen zu stellen? Auch wenn die Pseudokörper der Veego den realen der Terraner glichen, bedeutete das nicht automatisch, dass eine wie auch immer geartete Verbindung zwischen den beiden völlig unterschiedlichen Völkern gab oder dass ihrer beiden Schicksale miteinander verflochten waren. Der einzige, der diese Frage klären konnte, war die Superintelligenz ES, und die war spurlos verschwunden und hatte ihren Hauptsitz Wanderer zerstört. Doch das war nicht das einzige, das Emerson so sehr bekümmerte. Er machte sich Vorwürfe wegen Axel Carpenters Tod. Auch wenn ihn keine offensichtliche Schuld am Tod des Feuerleitoffiziers traf, so konnte doch sein Handeln oder auch seine Untätigkeit zu Carpenters unedlem Ende beigetragen haben. Er befürchtete sogar, dass seine Anwesenheit an Bord die Besatzung der CREST V gefährden konnte, so wie Dr. Tsuran es noch vor kurzer Zeit von Robert Alun behauptet hatte, und vielleicht sogar die Zukunft der gesamten Menschheit. Denn in einer solchen Situation wie dieser konnte der winzigste falschen Schritt einer einzelnen Person den Untergang eines ganzen Volkes heraufbeschwören. Und als wären das nicht genug Probleme, machte ihm nun auch noch dieser blöde Montgomery Spock das Leben schwer. Dieser angebliche Plophoser hatte ihn seit dieser Party anlässlich der Vernichtung der Sonde auf dem Kieker, nur weil er dessen falschen Namen durchschaut hatte. Spock, oder wie auch immer er heißen mochte, hatte alle Ungereimtheiten zusammengetragen, die Emerson bei seinem Dienst auf der CREST V produziert hatte, um ihn erpressen zu können. Oder sein falsches Spiel auffliegen zu lassen. Diese Gedanken beschäftigten ihn schon seit Carpenters Tod, auch wenn er sie die meiste Zeit erfolgreich verdrängen konnte. Doch nun stürmten sie auf ihn ein und drohten ihn unter sich zu begraben. Er schloß die Augen und versuchte, Klarheit in seine Gedanken zu bringen. Emerson stand an einem Scheideweg seines Lebens und musste sich nun aussuchen, wie seine Zukunft aussehen sollte. Aber er wußte nicht, wie er das so einfach machen sollte. Die Last der Entscheidung drohte ihn zu erdrücken. Auf einmal war ihm klar, was er machen musste. Die Antwort erschien plötzlich in seinem Bewusstsein. Die Wahl war getroffen, und sie war zwingend. Emerson stand auf und blickte sich um. Es war inzwischen auf diesem Teil des Planeten dunkel geworden. Er war vollkommen allein und unbeobachtet. Niemand hatte in der ganzen Zeit nach ihm gesehen oder ihn angefunkt. Kurz dachte er daran, dass sein plötzliches Verschwinden eine ganze Reihe von Fragen und Untersuchungen bei den anderen Besatzungsmitglieder und der Solaren Flotte auslösen würde, doch das konnte ihn nicht aufhalten. Es war vorbei. Emerson Viktor Ostrog würde bald nur noch eine verblassende Erinnerung und eine Datei in einer Positronik sein. Sein Aufenthalt unter den Terranern war beendet, das Versteckspiel ein für allemal vorbei. Ab jetzt gab es nur noch Evos, den Veego. Emerson konzentrierte sich kurz und sprang in seine Kabine auf der CREST V, um seine Besitztümer mitzunehmen und seine Spuren zu verwischen. Robert Alun sah sich um. Irgendwie war er jetzt auf diesem Planeten. Er sah das Mädchen an, dass noch immer seine Hand hielt. »Teleporterin, oder so was? Und wie soll ich dich, oder Sie, ansprechen?« »Nenn mich Irana. Falls du mit diesem ›Teleporterin‹ die Fähigkeit meinst, mich mit Hilfe der Gabe durch die Welt zu bewegen, hast du recht. Auch in dir schlummert die Gabe, aber sie ist schwach und unausgebildet. Du bist allerdings wohl zu alt, um ausgebildet zu werden.« Alun, der mit einem Scanner den Planeten untersuchte, antwortete ihr: »Toll, ich bin für euch also völlig nutzlos. Warum hast du mich dann eigentlich hierher gebracht?« »Du gehörst doch zu diesen Schiff. Ihr seid mächtig. Ich hoffe, du bist wichtig genug, dass die uns nichts tun. Ich dachte, wegen der Gabe.« Sie schien Angst vor den Fremden zu haben. Alun versuchte, sie zu beruhigen. »Keine Angst, wir tun euch nichts. Meine Freunde da oben sind friedlich. Aber es könnten andere Fremde gelandet sein, die nicht so friedlich sind. Hab ihr irgendwelche Phänomene am Himmel gesehen?« Irana nickte. »Ja, aber Iltor, der Mächtige, hat uns beschützt. Aber, was mach ich jetzt mit dir? Ich kann dich nicht zurückbringen, deine Freunde würden mich für den Frevel schwer bestrafen. Erst mal brauchst du unauffälligere Kleidung. Ich hohle schnell etwas. Bleibe aber ja hier! Da draußen ist es gefährlich.« Irana war verschwunden. Robert Alun, dessen Scanner inzwischen festgestellt hatte, dass die Atmosphäre für ihn verträglich war, entledigte sich seines Schutzanzuges. Zuerst stellte er allerdings sein Funkgerät auf Dauersendung. Das Risiko, dass die Fremden etwas empfangen sollten, war klein. Er nahm an, dass die Crew der CREST nach ihm suchen würde. Er hoffte bloß, dass Beceefha, Takashi und Dawn, die alle drei als sehr impulsiv galten, die Ruhe bewahrten. Irana kam inzwischen zurück. Sie sah, dass er den schweren Raumanzug abgelegt hatte. »Gut, jetzt musst du nur noch diese Geräte loswerden, dann dürfte es keine Probleme mehr geben.« »Tut mir leid, dass geht leider nicht. Ich kann die Gegenstände nicht hier lassen. Es wäre schlimm, wenn sie in die falschen Hände kämen. Außerdem kann ich nur durch den Translator mit dir sprechen.« »Okay, ich besorg dir eine Tasche, um das ganze aufzubewahren. Aber, du kannst nicht mit dem Zeug herumlaufen. Die bringen dich um!« Irana war wieder für einige Minuten weg. Alun dachte sich in der Zeit schon mal ein paar Zeichen aus, mit denen er und Irana sich verständigen konnten. Die Teleporterin kam zurück. Die beiden arbeiten die wichtigsten Zeichen aus, wie »Zeit zu reden«, »Gefahr« oder »Ich will was zu essen und zum trinken«. Danach beschlossen sie, dass Irana Alun zu dem Zentrum ihres Volkes transportieren sollte. Hier sollten noch mehr Leute mit der Gabe leben. Anschließend versteckte Alun den Translator in seiner Kleidung und es machte schon wieder »Plopp«. Mit nur einem Teleportersprung erreichten Irana und Alun Iranas Heimatdorf. Sie landeten mitten in Iranas Haus. Irana machte das Zeichen für Translator, eigentlich »komisches Ding, das du brauchst« und fing an zu reden: »Ich werde jetzt Iltor holen!« Robert wurde neugierig. »Ich dachte, Iltor wäre ein Gott und kein lebender Mensch?« Irana würgte abwesend. Sie murmelte etwas vom Holen des großen Meisters. Für Alun wirkte sie irgendwie nicht sehr normal. Als sie gegangen war, stellte er sicher, dass er seinen Kombistrahler auf die niedrigste Form der Paralyse gestellt hatte und er griffbereit war. Auch sein Sender arbeitete ohne jede Probleme. Den Translator ließ er erst einmal an. Nach einiger Zeit kam Irana mit einem Mann zurück. Alun konnte sie sprechen hören: »Irana, führe mich zu ihm. Schade, dass er so schwach in der Gabe ist, aber wir werden schon eine Möglichkeit finden, wie wir ihn benutzen können.« Von der Teleporterin kam nur ein »Ja, Meister«, welches mit freien Willen nichts mehr zu tun hatte. Wenige Minuten später betraten Irana und der Mann den Raum. Sofort hörte Alun ein »Du wirst mir dienen« in seinem Kopf. »Niemals!« schrie er und schoss auf den Hypno. Dieser brach sofort zusammen. Irana wirkte teilnahmslos. Erst nach einigen Minuten hatte sie sich wieder gefangen. »Oh, bei Iltor, es tut mir leid. Rennox hatte mich unter Kontrolle. Aber du hast ihn besiegt mit...« Sie machte das Zeichen für »komisches Ding, das du brauchst«. »Nein, nicht ganz dasselbe.« Alun grinste. »Was jetzt?« »Ich hole Kata. Er war Rennox Vorgänger.« Nachdem sie Alun versichert hatte, dass dieser völlig ungefährlich sei und nur einen ungefährlichen Teil der Gabe habe, war sie verschwunden. Nach einiger Zeit kam sie mit einem älteren Mann zurück. Mit ihm verständigte sich Alun mittels des Translators. »Ich werde zu allen sprechen. Danach können sie sich in unserem Dorf frei bewegen. Sind sie sicher, dass ihre Freunde mit sich reden lassen?« Alun nickte. »Keine Angst, sie sind keine Barbaren. Allerdings würde es für die Beziehungen besser sein, wenn Sie mich zurückbringen.« Kata machte ein etwas zerknirschtes Gesicht. »Das geht leider nicht. Irana ist die Einzige, die das schaffen kann, aber sie hat zu viel Angst. Aber sie wird Ihnen in ein paar Stunden die Stadt zeigen.« Immerhin etwas, überlegte Alun. Es dürfte interessant sein, etwas über die Stadt zu erfahren. Irana folgte später ihrem Versprechen und führte ihn durch die Stadt. Vor allem legte sie Wert auf zwei Statuen. Die eine war die von Iltor. »Gucky!« rief Alun überrascht. Diese Statur sah dem Mausbiber zum Verwechseln ähnlich. Hieß das, dass wirklich Gucky oder einer seiner Verwandten hier gewesen war? »Ich weis nicht, warum du ihn Gucky nennst, aber uns ist der Name Iltor überliefert. Bitte versuche, dich daran zu halten. Viele Menschen, die nicht wiesen, woher du kommst, würden dich für diesen Frevel töten.« Alun versprach es und wurde zur zweiten Statur geführt: einem Mann mit einem Schwert, der ihm irgendwie bekannt vorkam. »Das ist Toran, unser zweiter höchster Gott. Er ist auch der Grund für den Krieg mit den Troch. Sie sagen, dass er ein Teufel ist und wollen uns als Teufelsanbeter ausrotten. Warte mal, ich habe was für dich!« setzte sie plötzlich hinzu. Als sie zurückkam, gab sie Alun ein Buch. Erstaunt stellte er fest, dass es in Interkosmo geschrieben war und begann zu lesen. Der Mann, der dieses Buch geschrieben hatte, nannte sich Toni Mendoza und behauptete, ein USO-Agent gewesen zu sein. Hier auf den Planeten hatte er sich Toran genannt. Da er nicht warten wollte, bis er so weit gekommen war, schlug Alun als Nächstes die letzte Seite auf. Hier fand er heraus, dass Mendoza den Planeten wohl mit einem selbst konstruierten Schiff verlassen hatte. Auch über den Mausbiber stand einiges drin. Es war nur ein Roboter einer Firma namens Arkan gewesen, die es auch heute noch gab. Alles war alles weit weniger geheimnisvoll, als es Alun geglaubt hatte. Auf ihn wirkte das irgendwie enttäuschend. Beim Lesen störte ihn plötzlich Irana: »Du siehst etwas enttäuscht aus. Wegen dem, was in dem Buch steht?« Robert nickte. Irana fing an zu lächeln: »Wenn es wegen des Buches ist: Das Meiste, was da drin steht, ist eh nicht war.« »Was? Warum?« »Toran lügt mehr, als er die Wahrheit sagt. Das weiß jedes Kind. Auch die Wahrheit kann manchmal Schreckliches anrichten. Er sagte, es würde noch dauern, bis wir für die Wahrheit bereit sind. Auch Iltor schien er nicht zu vertrauen. Nach unserer Schrift schlich er sich eines Tages davon und stahl von einem fremden Volk das Zeichen von Taar, das den Baumbrüdern heilig ist. Damit machte er sich dort unbeliebt, aber verhinderte einen Krieg. Eine andere Sage erzählt, dass Toran von weit her kommt, von weiter weg, als sich die kühnsten Träumer vorstellen können. Das Wichtigste ist aber eine Prophezeiung: In einem Kampf, zwischen einem Monster und denen, die vom Schicksal auserwählt sind, wird es auch um unseren Planeten gehen. Toran wird diese Schlacht beenden.« Irana unterbrach ihre lange Erklärung über den Glauben der Bewohner dieser Siedlung und rief: »Die Baumbrüder!« Alun drehte sich um und sah einige Naats. Diese mussten die Baumbrüder sein. Irana flüsterte: »Sie sind sehr weise. Sie leben mit der Natur und sind sehr gute Freunde. Also versuche, sie nicht zu verärgern.« Es war zwar inzwischen schon dunkel, aber die Baumbrüder wurden herzlich willkommen geheißen. Sie kamen zu dem Feuer, an dem Irana und Robert saßen. Der Terraner hatte, auch wenn es ihm schwer fiel, aufgehört zu lesen. Durch das große Feuer war dies leicht gewesen. Die Naats kamen näher. Irana flüsterte Alun zu, dass er jetzt sein Zeug verstecken und still sein sollte. Er wartete das Gespräch ab und obwohl er die Unterhaltung nicht verstehen konnte hörte sich das nicht gut an. Nachdem das Gespräch beendet war, erzählte Irana ihm, was passiert war: »Wir müssen hier weg. Die Troch sind im Anmarsch. Sie werden uns töten, wenn wir nicht verschwinden. Ich werde die Menschen mit Hilfe von Kata in Sicherheit bringen. Er hat dieselbe Gabe wie ich.« Endlich! dachte Lor, als er die Meldung bekam, dass seine Späher die Abtrünnigen und Verräter ausgemacht hatten. Sie verschanzten sich in einem Dorf nahe des größten Heiligtum, nur einen halben Tagesmarsch entfernt. Diesmal werden sie nicht entkommen! Irana und Kata werden diesmal nicht die ganze Dorfbevölkerung retten können, bevor das Expeditionscorps seiner Truppen zuschlägt. Lor setzte sich mit seinen Adjutanten in Verbindung und ließ antreten, während er die heiligen Insignien seiner Macht anlegte. Schon kurze Zeit später marschierte die 263 Mann starke Truppe los. Geplant war, etwa gegen Beginn der Nacht das Dorf eingekesselt zu haben Fast, beinahe, um ein Haar... Wie auch immer: Irgendwas hatte die anschleichenden Soldaten verraten, aber diesmal war Lor selbst dabei und er hatte die steigende Panik gespürt. Deshalb trat er ins Licht und sprach: »Es ist zu spät. Ihr Verräter der She Hua seid des Todes! Ihr habt noch drei Kontas, dann wird eure Existenz beendet sein. Er hat uns Seinen Boten geschickt, Ich werde euch ein Zeichen geben!« Er hob sein Primäres Insignium, richtete es auf die Schlimmste der Verräterinnen und löste den göttlichen Flammenzorn aus. Alun sah, wie der Mann eine Waffe hob und sie in Richtung Irana richtete. Zwar war er verwirrt, aber er handelte trotzdem schnell genug: Er sprang und riss die Teleporterin zu Boden. Der Strahl ging weit an ihnen vorbei. Es war laut Chronometer 18.05 Uhr. Mist! dachte der »Präzentor Martialum« oder auch »Vollstrecker des göttlichen Willens«, wie einige seiner Titel lauteten. »Ihr habt das Zeichen der Macht gesehen«, sagte er aber stattdessen. »Ihr habt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder ihr verschwindet mit der Fähigkeit der beiden Hexen und meine Truppen werden das Dorf vernichten, jeden zweiten töten und die Überlebenden Bewohner in die Sklaverei führen oder ihr überantwortet eure Schicksale vertrauensvoll in die Hände von mir und den She Hua. Ich verspreche euch ein faires Verfahren. Ihr habt drei Kontas, um euch zu entscheiden und ihr Hexen wisst, dass ich spüre, wenn ihr verschwindet!«
Das einzig wirklich Bedeutsame unter seinem Hab und Gut war der Inhalt seiner schwarzen Kiste. Sonst lag ihm an keinem seiner Besitztümer etwas. Emerson ließ alles andere unangetastet dort, wo er es vor wenigen Tagen eingeräumt hatte. Er überprüfte den Inhalt seiner Kiste und fand alles an seinem Platz. Auch das Stück des »Puzzles«, das er vor beinahe 40 Jahren auf einem für ihn recht bedeutsamen Planeten zufällig gefunden hatte, war noch da. Es handelte sich dabei um ein flaches Objekt aus einem unbekanntem Material, das in einem für einen Veego sehr angenehmen Farbton gehalten war. Es ähnelte stark einem Rückentornister, wie man sie an Raumanzügen fand. Die Oberseite war fugenlos und ging glatt in die Seitenflächen über. Auf der Rückseite befanden sich einige Anschlussbuchsen und -stecker, mit denen das Ding wahrscheinlich an dem dazugehörigen Raumanzug befestigt wurde, sowie eine rechteckige Vertiefung, die etwa 5 Zentimeter in den circa 12 Zentimeter dicken Tornister reichte. Emerson hatte immer vermutet, das der gesamte Anzug aus mindestens drei Teilen bestehen musste, nämlich seinen Tornister, den von ihm postulierten Raumanzug und ein quaderförmiges Teil, das in den Tornister eingepasst werden musste. Doch er hatte diese Teile bisher nicht finden können und die Wahrscheinlichkeit dafür ging gegen Null. Als er gerade seine mittelalterliche Kleidung ausziehen wollte, um seine Veego- Klamotten anzuziehen, hörte er, wie sich jemand am Schloss seiner Kabinentür zu schaffen machte, welches er vorsorglich verriegelt hatte. Er war so erstaunt, dass er zu keiner Reaktion imstande war. Doch als sich die Tür nach nur wenigen Sekunden öffnete, wandelte sich seine Überraschung in einen ausgewachsenen Schock. Denn dort in der Tür stand sein Widersacher Montgomery Spock, der sogleich einen Strahler auf ihn richtete. »Mr. Ostrog, Sie sind verhaftet«, sagte Spock unbewegt. »Begleiten Sie mich zur Sicherheitszentrale!« »Hören Sie, Spock, lassen sie mich gehen! Ich verspreche Ihnen auch, niemals wiederzukehren!« bat Emerson verzweifelt. Gerade als er verschwinden wollte, musste dieser Mistkerl hier auftauchen. Und wie konnte er den Türcode so einfach knacken? »Dieses Risiko gehe ich nicht ein, Mr. Ostrog. Ich kann und darf Ihnen nicht vertrauen«, erwiderte Spock emotionslos. »Sie haben sich in die Solare Flotte eingeschlichen und stellen eine Bedrohung für uns alle dar. Sie müssen unschädlich gemacht werden.« »Aber ich wollte sowieso gerade gehen! Ich habe mich gerade für die Abreise fertig gemacht, als Sie hereingeplatzt sind! Ich habe mit der Menschheit nichts mehr am Hut!« flehte Emerson ihn an. Er wollte seine Veego-Besitztümer nicht zurücklassen, deshalb konnte er nicht einfach den »kurzen Weg« gehen. »Das ist irrelevant«, beendete Spock abrupt das Gespräch und deutete mit der Waffe zur Tür. »Gehen Sie voraus. Und versuchen Sie nicht zu teleportieren, oder wie Sie auch immer an Bord gekommen sind. Meine Reflexe sind besser als die eines Ertrusers, und ich bin ein Meister in der Interpretation der Gestik. Widerstand ist zwecklos.« Emerson schluckte, dann setzte er sich in Bewegung. Gefolgt von Spock trat er auf den Korridor hinaus, auf dem sich zur Zeit niemand sonst aufhielt. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie auf jemand anderen trafen, und wenn man ihn jetzt hier an Bord sah, dann war es endgültig aus. Timotha war in der Sicherheitszentrale. Die Ärzte hatte ihn für Normaldienst tauglich erklärt, aber für die Außenmissionen hielten sie ihn nicht für fit genug. Blöde Grippe! Er las sich die Berichte durch. Es war bisher nichts wirklich Aufregendes passiert. Nur eins war ein bisschen Besorgnis erregend. Im Kühlsystem der Frostkammern, von manchen Besatzungsmitgliedern auch liebevoll Kühlschränke genannt, waren Unregelmäßigkeiten aufgetreten. Timotha gab die Nachricht mit höchster Dringlichkeit weiter. Für mehr als Schreibtischdienst war er noch nicht gesund geschrieben. Als Ron Laskas Bewusstsein wieder zu arbeiten begann, fand es sich von großer Kälte umgeben. Jeder Gedanke musste sich wie durch zähen Honig hindurch quälen und die Erinnerung blieb zuerst ganz aus. Laskas Körper war wie ein gefrorener Klotz, unbeweglich und eisig kalt. Es dauerte eine endlos lange Zeit, bis Laska sich wieder an alles erinnerte. Er befand sich in einer der Kryokammern der CREST V, wo man ihn buchstäblich auf Eis gelegt hatte, bis man sich wieder um ihn kümmern wollte. Kommandant Strader hatte sich für diese Lösung entschieden, anstatt ihn dem Transporter JIFIL zu übergeben, der ihn der solaren Gerichtsbarkeit hätte überstellen können. Doch Strader schien ihn noch für etwas zu brauchen, und Laska ahnte, was das sein könnte. Sein geheimnisvoller Auftraggeber hatten ihm Koordinaten gegeben, an die er die CREST V nach erfolgreicher Übernahme bringen sollte. Dort würde sein Boss dann auf ihn warten. Lasitus Strader wusste sicherlich darüber Bescheid, und da Laska der einzige Überlebende der Saboteure war, der wenigstens etwas über die wahren Hintergründe informiert war, konnte er bei einer eventuellen Begegnung mit dem »Drahtzieher« recht nützlich sein. Deshalb hatte er Laska an Bord behalten. Doch Laska dachte nicht daran, da mitzuspielen. Sobald sich ihm eine günstige Gelegenheit bot, würde er sich aus dem Staub machen. Und genau jetzt schien so eine Chance in greifbare Nähe gerückt zu sein. Anscheinend hatte seine Kryokammer eine Fehlfunktion, denn sonst hätte er auf einem Behandlungstisch aufwachen müssen, umgeben von Ärzten und medizinischen Apparaturen. Doch er hatte sich in der frostigen Umarmung eines metallenen Sarges wiedergefunden, lebendig begraben unter zentimeterdickem Stahl bei extremen Minusgraden. Er befand sich in Lebensgefahr, denn ohne korrekt durchgeführte Wiederbelebung drohte ein akutes Organversagen, oder er erfror ganz einfach in seiner Kammer. Aber es gab für solche Fälle ja Überwachungsmechanismen, die schon längst Alarm geschlagen haben mussten. Schon in Kürze würde jemand die Kammer öffnen und ihn entweder auftauen oder wieder einfrieren. Laska tippte auf letzteres. Und in der Tat, schon kurze Zeit später hörte er wie von weiter Ferne, wie jemand draußen herumfuhrwerkte. Gleich darauf öffnete sich der Deckel über ihm, und grelles Licht stach in seine Augen. Er schloss sie sogleich, nicht nur wegen des unangenehmen Lichtes, sondern auch, um den Anschein zu erwecken, dass er noch schlief. Er bemerkte, wie sich jemand über ihn beugte und sich an seinem Kragen zu schaffen machte. Genau in diesem Augenblick riss Laska die Augen auf und starrte den erschrockenen Mann an, der ihm gerade eine Injektionspistole an den Hals setzten wollte. Trotz der Unbeweglichkeit seiner Glieder und der Trägheit seiner Gedanken gelang es ihm, sein Gegenüber blitzschnell am Handgelenk zu packen und ihm die Injektionspistole an den Hals zu setzen. Bevor der arme Kerl wusste, wie ihm geschah, injizierte ihm Laska den Inhalt der Spritze und er sank leblos zu Boden. Nach dieser Aktion musste sich Laska erst einmal etwas erholen, bevor er daran gehen konnte, sich aus der Kryokammer zu befreien. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich über den Rand der Kammer zu wälzen, und er platschte wie ein nasser Sack auf den Boden. Dort krabbelte er zu einem in der Nähe stehenden Tisch und zog sich mit letzter Kraft hinauf. Er hatte Glück, denn auf dem Tisch waren Medikamentenphiolen fein säuberlich nebeneinander aufgereiht. Da er sich mit diesen Dingen von Berufs wegen etwas auskannte, gelang es ihm nach kurzem Suchen ein, unter den vielen Röhrchen ein ganz bestimmtes herauszugreifen. Es enthielt ein starkes Stimulans, das bei der Reanimation aus der Kryostasis verwandt wurde. Mit letzter Kraft legte er das Röhrchen in eine Hochdruckspritze ein und injizierte es sich. Nach ein paar Minuten ging es ihm schon viel besser, und er erhob sich zitternd vom Boden. Er machte erst einmal einige gymnastische Übungen, um die Steifheit aus seinen Gliedern zu vertreiben. Dann legte er den Kryotechniker, der nach wie vor kein Lebenszeichen von sich gab, in die Kryokammer hinein und verschloss sie. Anschließend durchsuchte er den Raum nach etwas nützlichem, fand aber nur eine Uniform, die ihm eine Nummer zu groß war. Eilig verließ er die Kryohalle und tauchte im Gewirr der Gänge unter. Nachdem Laska sein verstecktes Depot in einem Lagerraum auf dem gleichen Deck wie die Sicherheitsabteilung geplündert hatte, machte er sich auf den Weg zu Hangars. Er plante, sich ein Beiboot mit Überlichtantrieb zu verschaffen und abzuhauen. Auch wenn man mit Sicherheit seine Zugangserlaubnis gesperrt hatte, so besaß er doch noch einige Codes, mit denen ihm sein Unterfangen gelingen würde. Noch wurde er nicht verfolgt, aber das würde sich bald ändern, und dann musste er schon außer Reichweite sein. Er lief mit gezücktem und auf Thermobetrieb geschaltetem Strahler gerade um eine Ecke, als er zwei Stimmen hörte. Die eine war ihm unbekannt, aber an die andere konnte er sich noch bestens erinnern. Es war diejenige von Emerson Victor Ostrog, der ihn erst in diese Lage gebracht hatte! Voller Zorn dachte er daran, wie dieser Kerl ihn zusammen mit dem Oxtorner Taron Dawn und dessen Okrill fertig gemacht hatte, und das wortwörtlich. Als wäre die Attacke des Riesenfrosches nicht genug gewesen, hatte Ostrog auch noch den Strahler des Überschweren Beceefha auf ihn fallen lassen. Als er dann wieder zu sich gekommen war, befand er sich in der Krankenstation und war wegen Sabotage und Mordversuch angeklagt. Man hatte ihn anschließend zahlreichen langen Verhören unterzogen, bei denen er beharrlich geschwiegen hatte. Erst nach Viktria Beypurs schrecklichem Tod durch eine Cortexbombe hatte er gesungen »wie ein Vögelchen«, um es mal so auszudrücken. Es hatte sich dann zum Glück herausgestellt, dass ihm keine Cortexbombe implantiert worden war. Am Ende hatte man ihn in die Kryokammer gesteckt, aus der gerade erst fliehen konnte. Vorsichtig schlich er weiter, wobei er die Übelkeit und das Schwindelgefühl, die immer stärker wurden, beharrlich ignorierte. Die Injektion von vorhin reichte bei weitem nicht aus, um die Nachwirkungen der abgebrochenen Kryostase zu lindern. Wenn er nicht bald eine richtige medizinische Behandlung bekam, würde er sterben. Aber dazu hatte er im Moment keine Zeit, und wenn er lebendig entkommen wollte, dann musste er schnell ein Beiboot mit einem Medorobot finden, das er allein steuern konnte. Endlich bekam er Ostrog und den Unbekannten zu Gesicht. Wie es aussah, wurde Ostrog gerade von einem kleinen Plophoser verhaftet und zur Sicherheitszentrale gebracht. Er flehte seinen bewaffneten Begleiter vergeblich um Gnade an, doch der blieb unerbittlich. Laska grinste in sich hinein. Das geschieht dir Bastard ganz recht! dachte er vergnügt. Endlich bekam der Navigator seine gerechte Strafe. Doch das wollte er lieber selbst übernehmen, also trat er aus dem Seitengang hervor und rief: »Stehenbleiben, ihr beiden! Das erledige ich selbst!« Ostrog wirbelte beim Klang seiner Stimme herum und schrie entsetzt aus: »Spock, passen sie auf! Es ist Ron Laska, und er ist bewaffnet!« Der Plophoser wandte ihm den Kopf zu, während er Ostrog weiterhin mit der Waffe in Schach hielt. »Mr. Laska, was machen Sie denn hier? Sollten sie nicht in einer Kryokammer stecken?« sagte der Mann, den Ostrog Spock genannt hatte, in emotionslosem Ton. »Da hat es mir nicht gefallen!« erwiderte Laska hämisch und wunderte sich über Spocks stoische Haltung. Er muss einen extrem disziplinierten Verstand haben, dachte er anerkennend. Solche Männer genossen seinen höchsten Respekt, aber sie stellten auch eine große Gefahr dar. »Machen Sie keinen Mucks, Spock! Ich werde nun endgültig mit Ostrog abrechnen«, stellte Laska klar. Er merkte gar nicht, dass sein Verhalten äußerst unklug und sogar riskant für ihn war. Das war eine Folge der Kälteschlafunterbrechung, die seinen Geist mehr und mehr verwirrte. Genauso dumm und unüberlegt waren seine nächsten Handlungen. Er richtete seine Waffe auf Ostrog, der Blut und Wasser schwitzte. Da riss Spock mit übermenschlicher Geschwindigkeit, die sogar einen Ertruser neidisch gemacht hätte, seinen Strahler herum und wollte auf Laska zielen. Mehr aus Schreck denn aus willentlicher Reaktion drückte Laska ab und traf Spock mitten in die Brust. Der Plophoser wurde zurückgeworfen und prallte gegen die Korridorwand. Während Laska noch auf den am Boden liegenden Körper mit der rotglühenden Wunde in der Brust starrte, warf sich Ostrog mit einem lauten Schrei auf ihn und entriss ihm seinen Strahler. Mit einem Ausdruck unglaublichen Hasses und gewaltiger Wut richtete er ihn auf Laska und machte sich bereit abzudrücken. »Na los, schießen Sie schon, Ostrog!« kreischte Laska. Es fiel ihm nicht auf, dass das total hirnrissig war. Ostrogs Hände zitterten, während sich in seinem Gesicht ein innerer Kampf abzeichnete. Schließlich senkte er die Waffe kurz, als er sie auf Paralysemodus stellen wollte. Diesen Augenblick der Unaufmerksamkeit nutzte Laska, entriss dem überraschten Ostrog den Strahler und schoss. Ein sirrender, beinahe unsichtbarer Lichtbalken bohrte sich in dessen Brust. Verdammt, er hat ihn noch auf Paralyse schalten können! fluchte Laska in Gedanken. Doch gleich darauf sollte er große Augen machen. Ostrog fiel nicht etwa gelähmt zu Boden, wie es zu erwarten war, sondern sank mit Schmerz verzerrtem Gesicht auf die Knie und hielt sich den Brustkorb. Er öffnete den Mund, doch es kamen nur erstickte Laute raus. Was hat das verdammt noch mal zu bedeuten? Warum ist er nicht paralysiert? fragte sich Laska verwirrt, nur um einen noch größeren Schock zu bekommen. Der erschossene Spock richtete sich wieder auf und blickte Laska an. In seiner Brust gähnte ein Krater aus geschmolzenem und noch glühendem Metall. Als er seinen Strahler aufheben wollte, die ihm aus der Hand gefallen war, kam wieder Leben in den vollkommen verwirrten Laska. Er schaltete seine Waffe auf Desintegratorbetrieb um und zerstrahlte den Abstrahlbereich von Spocks Waffe, gerade als der danach greifen wollte. Dann zielte er auf Spock selbst, der sich unbewegt in sein unausweichliches Schicksal zu fügen schien. Gerade als Laska abdrücken wollte, stürzte Ostrog auf Spock zu und umklammerte ihn fest. Bevor Laska auf die veränderte Situation reagieren konnte, waren die beiden mit einem »Plopp« verschwunden. Als die Sicherheitsleute, alarmiert von den georteten Strahlenschüssen, die Szene betraten, stand Laska immer noch mit der Waffe in der Hand da und guckte blöd aus der Wäsche. Als sie ihn abführten und zu den Kryokammern zurückbrachten, faselte er etwas von einem Mensch mit Gehirn in der Brust und einem Roboter mit geistiger Disziplin, die ihn sympathisch machte. Niemand nahm sein Gewäsch ernst, sondern schob es auf die Nachwirkungen des Kryostase-Abbruchs. Der Vorfall wurde in die Akten eingetragen, Laska medizinisch behandelt und wieder eingefroren. Dann ging man wieder zur Alltagsroutine über. Montgomery Spock hielt Wache neben dem bewusstlosen Körper des Wesens, dass sich Emerson Viktor Ostrog nannte. Gleich nach der Ankunft auf dem Planeten war der Alien zusammengebrochen. Das war höchstwahrscheinlich das Resultat von Laskas Paralysatorschuss, der Ostrog mitten in die Brust getroffen hatte. Dort schien sein Denkzentrum beheimatet zu sein, was die Fremdartigkeit dieser Entität noch betonte. Und auch die Art der Fortbewegung war absolut andersartig. Es schien sich dabei nicht um eine normale Teleportation zu handeln, denn es waren keine Ent- oder Rematerialisierungseffekte festzustellen gewesen. Genauso wenig war es eine Form von parapsychologischer Nullpolung, auch Wellensprinten genannt. Vielmehr war ihm der Transfer wie ein direkter »Schritt« von der CREST V auf die Oberfläche des Planeten erschienen. In den Spock bekannten galaktischen Archiven wurde kein auch nur entfernt ähnliches Phänomen erwähnt. Ob es allerdings eine spezifische Fähigkeit von Ostrogs Volk war oder aber eine Mutation, ließ sich im Moment nicht sagen. Anhand des Sonnenstandes hatte Montgomery ihren Aufenthaltsort auf ein Gebiet von circa 500 km Durchmesser eingrenzen können, das sich auf dem Nordkontinent befand. Es umfasste sowohl die Position des Transmitters, mit dem das Landeteam vor über fünf Stunden den Planeten betreten hatte, als auch den Bereich, in dem sich der Galaktopsychologe Robert Alun mutmaßlich aufhalten sollte. Doch wo genau sie waren, konnte nur Ostrog klären, und der machte keine Anstalten, in nächster Zeit aufzuwachen. Seine Vitalfunktionen waren normal, jedenfalls soweit Montgomery das feststellen konnte. Aber wie aussagekräftig das bei einer unbekannten Lebensform wie ihm war, stand in den Sternen. Ihm selbst ging es den Umständen entsprechend. Die Nanoroboter in seinem Körper waren schon dabei, den Schaden auf seiner Brust zu beseitigen, doch das konnte noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Seine Kleidung hingegen war ruiniert, denn er trug ja eine einteilige Kombination, die im Brustteil nun eine großes Loch hatte. Doch das war nicht das eigentliche Problem. Falls Ostrog für längere Zeit außer Gefecht gesetzt war, gab es für ihn keine Möglichkeit, an Bord der CREST V zurückzukehren, ohne Ostrogs Geheimnis zu verraten. Und das wollte und konnte Montgomery einfach nicht tun! Ostrog hatte sein Fortbestehen gesichert, indem er sich heldenmutig in Laskas Schussbahn geworfen hatte und zusammen mit ihm »verschwunden« war, anstatt sich selbst in Sicherheit zu bringen. Welches Risiko er dabei auf sich genommen hatte konnte Montgomery nicht einmal entfernt annähern. Deshalb verlangte Montgomerys moralische Entscheidungssubroutine, dass er Ostrog nicht ausliefern durfte. Das allerdings bedeutete für ihn, dass er unbemerkt zurück an Bord des Schiffes gelangen musste, und das wiederum konnte er nur mit Ostrogs Hilfe. 13 Minuten und 27 Sekunden nach der Ankunft auf dem Planeten gab Ostrog endlich erste Lebenszeichen von sich. Er murmelte unverständliche Laute und drehte sich umständlich auf den Rücken. Als er Montgomery erblickte, stieß er einen spitzen Schrei aus. »Arghh! Was machen Sie denn hier?« stieß Ostrog hervor. »Und vor allem, wo bin ich hier?« Der Blick des Navigators eilte umher, offensichtlich in der Absicht, seine gegenwärtige Situation zu bestimmen. »Wir befinden uns zur Zeit an einem nicht näher bekannten Ort auf dem Planeten, auf den der Galaktopsychologe Robert Alun vor ziemlich genau neun Stunden entführt worden ist«, erläuterte Montgomery dem verwirrten Ostrog bereitwillig. »Sie haben uns beide mittels einer mir unbekannten Form der überdimensionalen Fortbewegung hierher gebracht, wodurch Sie meine vollständige Vernichtung durch Ron Laska verhindert haben. Dafür möchte ich Ihnen hiermit meinen tiefsten Dank aussprechen und Ihnen versichern, dass ich über Ihre wahre Identität keinerlei Auskünfte zu irgendeinem Mitglied der Besatzung der CREST V machen werde.« Ostrog brauchte eine kleinere Weile, um diesen Wortschwall zu verarbeiten, dann erwiderte er zurückhaltend: »Reden Sie eigentlich immer so geschwollen, Spock?« »Ja«, antwortete Montgomery ausführlich. »Na dann: Prost Mahlzeit!« stöhnte Ostrog und erhob sich vom Boden. Er spähte nach allen Seiten, dann nahm sein Gesicht einen konzentrierten Ausdruck an. »Wir sind nur wenige Minuten von der Transmitterhöhle entfernt. Ich habe sie beim ›kurzen Weg‹ wohl instinktiv als Ziel angepeilt. Wir hatten ganz schönes Glück, dass wir nicht in eine Sonne gesprungen sind! Dieser Paralysatorschuss hat mich ganz schön erwischt, Ich wusste gar nicht, dass diese Mistdinger so verdammt weh tun können!« »›Kurzer Weg‹, sagten Sie? Und wie groß ist Ihre Reichweite eigentlich, dass wir in irgendeiner Sonne hätten ankommen können?« fragte Montgomery interessiert. »Ja ... das erkläre ich Ihnen alles, wenn wir mehr Zeit haben. Aber nur, wenn Sie mir auch Ihre Geschichte erzählen«, wandte sich Ostrog mit ernstem Gesicht an ihn. »Wir sollten von nun an zusammenarbeiten und keine Geheimnisse mehr voreinander haben. Einverstanden, Spock?« »Einverstanden, Ostrog. Können Sie mich in nächster Zeit zur CREST hochbringen?« bat Montgomery. »Sonst vermisst man mich noch, und ich muss unbedingt Laskas Aussage widerlegen, sonst bekommen wir beide ziemliche Probleme.« »Gute Idee! Wir können jederzeit starten«, erklärte sich Ostrog einverstanden. Leise fügte er hinzu: »Vier ganze Schritte verschwendet! So ein Mist!« »Was meinen sie damit? Sind diese ›kurzen Wege‹ etwa beschränkt?« wollte Montgomery wissen. »In der Tat, ich habe nur zwölf Stück davon, dann muss ich mich drei bis fünf Tage lang regenerieren«, erklärte Ostrog. Seine Offenheit gründete sicherlich auf der Tatsache, dass Montgomery sowieso schon zu viel wusste und Verschwiegenheit in der augenblicklichen Lage fehl am Platz war. Aber es musste noch ein darüber hinaus gehendes Bedürfnis nach Vertraulichkeit und Mitteilung geben, das er bisher vermisst hatte. »Dann warten wir damit noch eine Weile. Ich habe mich für die nächsten Tage eh krank geschrieben, so dass mich keiner so schnell vermissen wird.«, beschloss Montgomery kurzfristig. »Wie können Sie sich krank schreiben lassen? Sie sind doch eine Maschine? Und warum überhaupt?« fragte Ostrog verwirrt. »Mein Körper emittiert in jedem Moment falsche Lebenszeichen, die ich beliebig manipulieren kann. So kann ich unter anderem eine Krankheit simulieren, die als Grund für eine Dienstbefreiung genügt. Und ich habe das getan, um Ihre Kabine ausspionieren zu können, während Sie auf dem Planeten sind. Dabei haben sie mich dann überrascht. Außerdem bevorzuge ich die Bezeichnung ›Mechanoide‹.« Da blieb Ostrog erst einmal ob Montgomerys Offenheit die Spucke weg. Schließlich brachte er noch einen begründeten Einwand hervor: »Und wie wollen Sie unerkannt in meiner Nähe bleiben, Spock?« Statt einer Antwort aktivierte Montgomery seine Tarnungsvorrichtung und wurde komplett unsichtbar. Das schien Ostrog sehr zu beeindrucken. »Kann man Sie jetzt nicht einfach orten oder mittels einer Anti-Flex-Brille sichtbar machen?« wandte er dennoch ein. »Ich verwende eine der terranischen weit überlegene Technologie. Zudem hat man mich in all den Jahren auch nicht als anorganisches Wesen erkannt, oder?« argumentierte Montgomery. »Sie haben mich überredet!« gab Ostrog nach und ging von dem unsichtbaren Montgomery begleitet zur Transmitterhöhle, wo man sich bereits zum Abmarsch bereit machte. Beceefha brauchte für den Rückweg zur Höhle eine ganze Weile. Erstens hatte er die Wesen, für die er immer noch keinen Namen gefunden hatte, an der Leine und zweitens war es ja inzwischen dunkel. Als er die Höhle erreichte, bemerkte er, dass auch hier inzwischen eine Wache aufgestellt worden war. Sie schlief allerdings ebenfalls. Er betrat nun die Höhle, die natürlich hell erleuchtet war, und wurde mit einigen erstaunten Gesichtern begrüßt. Der Feuerleitoffizier brachte seine Beute in eine Ecke der Höhle und band sie dort fest. Dann ging er los, um seine erfolgreiche Erkundung zu melden.
Lasitus überprüfte noch einmal seine Ausrüstung: einen kleinen Nadelstrahler, das Paralyseschwert, das veränderte kleine Funkgerät, zwei Vibromesser. Im Rucksack, den er bei sich trug, lagen noch diverse Medikamente, kleine Sprengstoffe sowie ein zwei Granaten, die er aber schließlich doch versteckt am Körper trug, Nahrung in Form von kleinen Tabletten und extra Wasser. Er verstaute alles, ließ aber eins der Messer draußen. Danach gesellte sich Lasitus zu seinen ersten Offizier, der gerade die Sänfte begutachtete. »Alles klar?« Allan nickte. »Ja, hängt nur noch von Ihnen ab, wann wir losmarschieren, aber es wird langsam dunkel. Wir sollten bis morgen warten.« Lasitus starrte auf die Sänfte und spielte dabei mit dem Messer herum. »Haben sie Angst vor der Dunkelheit?« fragte er und grinste. »Nein, natürlich nicht.« »Bis zur nächsten Stadt sind es ca. 20 km, dort werden wir sicherlich eine Unterkunft finden, ich will nicht, dass uns am Tag jemand beobachtet, wie wir aus der Höhle kommen. Der könnte dann auf falsche Gedanken kommen.« Lasitus überlegte kurz. »10 Mann bleiben als Wachen beim Transmitter und der Höhle.« Allan schaute auf das Messer. »Sir, haben Sie etwas Bestimmtes damit vor?« »Was? Nein, aber wenn Sie eins brauchen? Mir hat man eins zu viel eingepackt.« Allan nahm es, da er kein Vibromesser dabei hatte. Lasitus gab dann den Befehl, dass alles zum Aufbruch fertig gemacht werden sollte. Die beiden »Passagiere« setzten sich in die Sänfte. Taron setzte sich als erster hinein und prompt fing er an zu meckern: »Sir, bei allem Respekt, ich brauche Bewegung, ich bin doch kein fetter Händler!« Die um die Sänfte herumstehenden Crewmitglieder grinsten. Ihre Rüstungen leuchteten schwach im Licht der Fackeln, die man angezündet hatte. »Sie eignen sich aber gut dafür, Sie und Beceefha. Sie haben darin alles, was Sie brauchen, und niemand sieht Sie.« »Aber...« »Kein Aber! Die Sache hat auch etwas Gutes, Sie sind sozusagen die Anführer der Karawane.« »Toll, eine Karawane mit 50 Söldnern«, meckerte jetzt Beceefha. Er drehte sich zu Taron um. »Und du, mach dich nicht so fett, ich brauche auch noch Platz!« Taron sah ihn entsetzt an. »Bitte? Du bist doch hier der Fette.« »Schluß jetzt!« rief Allan. »Sie sind doch keine Kinder, das hier ist ein wichtiger Einsatz und kein Ausflug!« Ein »Ja, Sir!« war zu hören. »Und noch etwas, wenn wir von jemandem aufgehalten werden, sei es wegen Kauf von Waren, dann sprechen Sie! Bei jedem Gespräch sind aber Allan und Artor dabei.« »Und Sie?« »Ich? Ich werde mir mit ein paar Männern unsere Gäste dann etwas mehr anschauen.« Lasitus drehte sich um und wollte gehen, als ihm noch etwas einfiel: »Ach ja, und reden sie etwas geschwollen.« Wie aus einem Mund kam gleichzeitig: »Was?« Einige der andere konnten sich das Lachen nicht mehr verkneifen. »Sie sollen ein wenig angeberisch reden, geschwollen, irgendwie.« »Aye.« Eine halbe Stunde später waren alle fertig. Die Sänfte wurde von vier Männern getragen, die aber wären viel zu schwach gewesen um das zu schaffen. Daher hatte man einige Kleinigkeiten eingebaut, wie einen Antigrav und anderes, damit die Sänfte fliegen konnte. Die Männer waren nur zum Schein da. Als Erstes fuhr ein Wagen los, auf dem zwei Soldaten liefen. Sie bildeten die Spitze, auf dem Wagen saßen drei weitere Bogenschützen, die durch eine spezielle Brille auch in der Dunkelheit sehen konnten. Neben dem Wagen, jeweils rechts und links, liefen zwei weitere Soldaten. Dann folgten die Transportkarren mit ähnlicher Aufstellung, in der Mitte des Trupps war die Sänfte. Der Zug setzte sich in Bewegung, doch es ging zuerst durch unebenes Gelände, bis man auf eine staubige Straße traf. Lasitus lief zur Zeit neben der Sänfte her und hörte sich mit Allan das Gemecker von Taron und Beceefha an. Er musste grinsen. »Oh Mann, was hat man uns da bloß geschickt.« Allan zuckte mit der Schulter. »Naja, Hauptsache, sie erledigen ihre Arbeit. Was denken Sie, werden wir was vom Krieg mitbekommen?« »Ich weiß nicht, wir werden es ja sehen«, entgegnete Lasitus. Emerson traf gerade in dem Augenblick bei der Transmitterhöhle ein, als sich die »Handelskarawane« in Bewegung setzen wollte. Die beiden »Händler«, Taron Dawn und Beceefha, befanden sich bereits in der präparierten Sänfte, die von vier als Träger verkleideten Mitgliedern des Landekommandos aus der Höhle getragen wurde. Ungefähr 50 von den anderen Missionsteilnehmern, die sich wie Emerson als Söldner getarnt hatten und den Begleitschutz bildeten, sammelten sich um die Sänfte in der Mitte. Sie führten einige kleine Lasttiere mit sich, die man wohl in der näheren Umgebung eingefangen hatte. »Wie es aussieht, haben die mich völlig vergessen«, sagte Emerson leise zu dem unsichtbaren Montgomery, der neben ihm ging. Zumindest nahm er das an, denn der Mechanoide bewegte sich völlig lautlos. »Das ist äußerst unwahrscheinlich, Ostrog«, erklang eine flüsternde Stimme aus dem Nichts. »Sicherlich sucht man bereits nach Ihnen. Zumindest fehlen noch zwei weitere Personen aus dem Landeunternehmen.« Da trat auch schon Lasitus Strader, der ihn als Erster bemerkt hatte, mit einem vorwurfsvollen Gesichtsausdruck auf ihn zu. »Mr. Ostrog, wo waren Sie denn?« begrüßte der Kommandant ihn ärgerlich. »Wir haben schon überall nach Ihnen suchen lassen!« »Öhm... Verzeihen Sie, Oberst, aber ich musste einem menschlichen Bedürfnis folgen«, log Emerson mit verschämtem Gebaren. Strader akzeptierte diese hanebüchene Entschuldigung etwas ungehalten und rief die ausgeschickten Leute per Funk zurück. Dann wies er Emerson an, endlich seine vorgesehene Position im Begleitschutz einzunehmen und ging davon. »Puh, noch mal davongekommen!« seufzte er erleichtert. »Allerdings haben Sie beim Kommandanten einen schlechten Eindruck hinterlassen, ganz zu Schweigen von einigen Verdachtsmomenten«, säuselte es neben ihm. »Sie meinen solche wie diejenigen, die Sie gegen mich zusammengetragen haben?« erwiderte Emerson sarkastisch. »Exakt«, kam die Antwort. Montgomery hatte die Spitze mit Sicherheit erkannt, sie jedoch einfach ignoriert. Emerson seufzte ob dieser Logik still vor sich hin und begab sich zur rechten Flanke der Karawane, wo sein Platz war. Das passte ihm sehr gut ins Konzept, denn so konnte er sich problemlos mit Montgomery unterhalten. Und die beiden hatten noch Einiges zu bereden. Dann endlich setzte sich die Karawane in Bewegung. Die Transmitterhöhle blieb hinter ihnen zurück, von 10 Crewmännern bewacht, die im Notfall eine Verbindung über Transmitter zur CREST V herstellen konnten. Emerson hielt sich am äußeren rechten Rand des Zuges und plauderte mit dem getarnten Montgomery über dessen Lebensgeschichte. Es stellte sich heraus, das Montgomerys Volk (es handelte sich tatsächlich um eine ganze mechanoide Spezies!) auf einem abgelegenen Planeten in einer fremden Galaxis (welche, das sagte er nicht, genauso wie Emerson ihm nicht die Position von Heimat verriet) lebte und auf dem technischen und kulturellen Stand des 20. terranischen Jahrhunderts war. Seine Herkunft lag im Dunkel der Geschichte, seine Wissenschaft war weit davon entfernt, die Technologie zu reproduzieren, auf denen ihre Körper basierten. Aber sie waren in der Lage, sich zu vermehren. »Wie soll denn das gehen?« fragte Emerson verwundert. »Genauso wie bei der biologischen Reproduktion«, erwiderte Montgomery. »Ein männliches und ein weibliches Mitglied meiner Rasse kombinieren ihre eigenen, individuellen Konstruktionsschemata und schaffen ein neues mechanoides Wesen, das von dem weiblichen Angehörigen meines Volkes ausgetragen und schließlich geboren wird. Das Neugeborene besitzt von Anfang an das gemeinsame Grundwissen seiner Eltern und wächst in kurzer Zeit auf die endgültige Größe an. Dieser Vorgang geschieht allerdings nur dann, wenn unsere Bevölkerungszahl sinkt, zum Beispiel wenn bei einem Unfall jemand irreparabel zerstört wird.« »Aha, und Zeugung sowie Wachstum funktionieren genauso wie Heilung nur durch diese Nanoroboter in euren Körpern, richtig?« erwiderte Emerson. »Ja, das ist korrekt«, bestätigte Montgomery. »Der Aufbau unserer Körper basiert auf demselben Prinzip wie der biologischer Organismen. Wir besitzen elementare Grundeinheiten analog den Zellen sowie nanomechanische Aufbau- und Reparaturmechanismen analog eurem Immunsystem und der Zellvermehrung. Kurz gesagt stellen wir mechanoide Interpretationen biologischer Strukturen dar.« »Unglaublich!« stellte Emerson fest. »Ich frage mich nur, zu welchem Zweck jemand solch komplexe Maschinen wie euch herstellt... Da fällt mir ein, dass du mir immer noch nicht erzählt hast, wie du überhaupt hierher kommst und was du hier willst!« »Nun«, begann Montgomery, »vor über 20 Jahren stürzte ein fremdes Raumschiff auf unserem Planeten ab. Die Besatzung war sofort tot, aber das Schiff war noch flugfähig. Unser Rat entschied, dass das Schiff eine potentielle Gefahrenquelle darstellte und deshalb zerstört werden müsste.« »Gefahrenquelle?« unterbrach Emerson. »Der Rat meinte, es könnte andere Schiffe zu unserem Planeten führen, deren Besatzungen unser Volk versklaven oder gar auslöschen könnten. Die Mehrheit meiner Spezies vertrat damals und vertritt noch immer das Konzept der totalen Isolation, um uns vor fremden Einflüssen zu schützen.« »Hmm, das ist bei meinem Volk nicht viel anders«, kommentierte Emerson. »Aber du warst damit nicht einverstanden, habe ich recht?« »Korrekt. Ich habe mich mit der Steuerung des Schiffes vertraut gemacht und bin eines Tages damit weggeflogen«, berichtete Montgomery. »Warum?« fragte Emerson. »Um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen, wenn ich das mal so platt formulieren darf«, führte Montgomery aus. »Es war keine völlig rationale Entscheidung, sondern sie fundierte mehr auf meiner Neugier und dem Trieb nach Unabhängigkeit und Freiheit.« »Wow, wir sind uns ähnlicher, als der äußere Anschein vermuten lässt!« wunderte sich Emerson. »Auch ich habe mich vor sehr langer Zeit, um genau zu sein vor etwa 40 Jahren, dazu entschlossen, eigene Wege zu gehen und...« »Pst!« zischte Montgomery auf einmal eindringlich. Emerson hielt sofort inne und blickte sich um. Es musste einen sehr guten Grund haben, wenn der so förmliche und korrekte Montgomery Spock so plötzlich und unhöflich unterbrach. Und in der Tat gab es diesen Grund, denn die zweite Beibootflottillenkommandeurin Yohko Takashi, die ebenfalls als Söldnerin an dem Landeunternehmen teilnahm, war aus der Formation des Begleitschutzes ausgeschert und kam auf ihn zu. In den Händen trug sie ein unbekanntes Gerät, dessen Anzeigen sie ständig im Auge behielt. So wie sie damit umging, konnte es sich eigentlich nur um einen Orter handeln, der nicht zur Standardausrüstung des Solaren Imperiums gehörte. »Kon'nichi wa, Miss Takashi!« begrüßte Emerson die Japanerin freundlich, als sie direkt vor ihm stand. Es war ihre erste persönliche Begegnung, Emerson kannte sie bisher nur von ihrer Akte. »Kon'nichi wa, Ostrog-san«, murmelte sie beiläufig. Ihre ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf die Orterdaten, die ihr der Apparat auf seinem Display mitteilte. Wenigstens kennt sie meinen Namen! dachte Emerson irritiert. »Was machen Sie denn da, wenn ich fragen darf?« »Ich habe merkwürdige fünfdimensionale Emissionen aufgefangen, die ganz aus der Nähe kommen müssen«, erläuterte die Asiatin abwesend. »Sie ähneln entfernt den Ausstrahlungen eines Deflektorschildes, auch wenn sie keiner bekannten Signatur entsprechen.« Emerson durchlief es auf einmal heiß und kalt, als er die Bedeutung von Yohkos Worten erkannte. Die Terranerin scannte für endlose Momente die nähere Umgebung ab, bis sie endlich weiterging. Kaum war sie außer Hörweite, ließ Emerson stoßartig die Luft aus seinen Lungen. Er wandte sich um und flüsterte: »Spock, sind sie noch da?« »Ja«, erklang es dicht neben seinem Ohr. »Sie haben doch gesagt, dass man Sie mit terranischen Ortungssystemen nicht entdecken kann!« warf Emerson dem unsichtbaren Mechanoiden vor. »Was war das von wegen weit überlegener Technologie, häh?« »Ich muss eingestehen, dass sich meine Aussage auf reine Erfahrungswerte stützte, auch wenn sich meine Tarnfeldprojektoren faktisch gesehen auf einem höheren Entwicklungsniveau als die Terranischen befinden«, gab Montgomery zu. »Leider scheint die Abschirmung der unvermeidlichen Streuemissionen nicht ganz so ausgefeilt zu sein. Außerdem benutzte diese Frau ganz eindeutig ein SolAb-Gerät, das technisch viel höherwertiger war als die normalen Orter.« »SolAb?« wiederholte Emerson. »Da hat sie doch bis vor fünf Jahren gearbeitet, bis sie wegen einiger ›Unfälle‹ entlassen wurde... Übrigens, warum hat Yohko Sie nicht entdeckt? Sie standen praktisch neben ihr!« »Ich habe die Streuemissionen meiner Deflektorfeldprojektoren in den Bereich der Eigenemissionen ihres Ortungsapparats verschoben, die ganz automatisch unterdrückt werden, um die Messungen nicht zu verfälschen«, erläutere Montgomery. »Genial, Mr. Spock«, erwiderte Emerson. »Es wird nur für begrenzte Zeit funktionieren, da sich bei jeder Neueinstellung ihres Geräts die Eigenemissionen verändern«, schränkte Montgomery ein. »Ach ja, ich denke, das wir beim derzeitigen Stand unserer Beziehung dazu übergehen können, uns zu duzen. Bist du damit einverstanden, Emerson?« »Nenn' mich Evos, das ist mein Aktivenname«, bot der Veego an. »Und wie heißt du in Wirklichkeit?« Montgomery öffnete seinen Mund, und es erklang eine grauenhafte Dissonanz, die an die primitiven elektronischen Computermodems der Vorkontaktzeit erinnerte. Als das Kreischen in Emersons Ohren verklungen war, fragte er: »Hattest du auch einen weniger... komplexen Namen?« »Zuhause gab man mir den Spitznamen ›Schmullus‹«, erwiderte der Mechanoide. »Äh... ich glaub', ich nenne dich einfach Monty. OK?« schlug Emerson vor. »Von mir aus, Evos«, fügte sich Montgomery in sein Schicksal. Zusammen mit der Karawane strebten die beiden ungleichen Existenzformen der Stadt entgegen, die das erste Ziel der Expedition sein sollte. Dort würden sie zum ersten Mal mit den Einheimischen zusammentreffen, welche die Nachfahren von arkonidischen Schiffbrüchigen waren. Für einen fremden Beobachter hätte es so ausgesehen, als würde eine einzelne humanoide Gestalt am äußeren Rande einer Handelskarawane ein Zwiegespräch mit sich selbst führen, das unerklärlicherweise beantwortet wurde. Diese unwirkliche Szenerie beschien der helle Mond des Planeten, der hoch am Nachthimmel stand. Am fernen Horizont würde in kurzer Zeit eine Ansammlung von Lichtpünktchen in Sicht kommen, die das Ziel der Karawane darstellte. Robert Alun schaltete schnell. Ob er auch so reagiert hätte, wenn er etwas nachgedacht hätte, war fraglich, doch das interessierte im Augenblick nicht. Er hob seinen Strahler und zielte auf die Waffe des Trochanführers. Die Waffe, die der Troch abgefeuert hatte, flog im hohen Bogen davon. Lor war geschockt! Er wie auch seine drei Adjutanten kannten den Effekt, der seinen halben Oberkörper und seinen rechten Arm und Bein gefühllos machte und ihm es ebenfalls unmöglich gemacht hatte, sein Insignium zu halten. Das war ein Effekt, der einer Waffe entsprach, die er nur in den geheimen Katakomben der Zitadelle in Troch gesehen hatte und die das Insignium des 3. Präzentors darstellte. Eines der Geräte, die noch aus der göttlichen Zeit vor dem Niederstieg stammten! Welch unglaublicher Frevel! Er raunte seinem Stellvertreter zu: »Sie haben sich mit den Dämonen verbündet, ohne den Schutz der sieben Kreise haben wir keine Chance! Zieht euch zurück, sammelt euch und versucht, euch zum Hauptheer durchzuschlagen. Und im Umfeld darf kein Dorf stehen bleiben, keine Toten. Noch nicht.« Der Angesprochene zögerte, worauf Lor ihn anfauchte: »Mein Leben bedeutet NICHTS! Nur die Sache zählt!« Nur um die Panik noch zu vergrößern, paralysierte Alun noch einen der Männer. Als der Adjutant loslief, wurde einer der Leibwache voll von der unheimlichen Waffe erfasst und brach zusammen. »Folgt ihm!« schrie Lor und deutete auf seinen Ersten Adjutanten, der bereits unterwegs war. Sekunden später war nur noch er und die verbleibenden elf Mitglieder seiner Leibwache im Zentrum des Platzes. Die meisten der Troch liefen schreiend davon. Alun zielte auf den Anführer. »Lasst die Leute in Ruhe, sonst stirbt euer Anführer, Hoher Priester, Häuptling, oder wie ihr ihn sonst nennt!« »Bei Iltor und Toran!« rief Irana. Sie war ziemlich überrascht. »Du hast wirklich die Troch aufgehalten und ihren Anführer, Lor von Zonta, gefangen genommen!« Noch nicht, war Lors Gedanke. Auf einen seiner Leibwächter gestützt, begann er, bei diesen Worten von Irana lauthals zu lachen, während die Leibwächter ihn, in die Mitte nehmend, mit ihren Turmschilden so gut wie Möglich zu schützen versuchten. Ohne Lor aus dem Auge zu lassen, fragte Robert Irana: »Wie lange braucht ihr, um alle Leute hier wegzubringen?« »Keine drei Tontas«, kam die Antwort. »Wir werden es schon schaffen!« Glauben die wirklich, dass sie noch so lange Zeit haben? ging es Lor durch den Kopf, der bei soviel Naivität nur den Kopf schütteln konnte. »3 Tontas... von wegen« rief er. »Das war eure Bedenkzeit. Ich kenne meinen Adjutanten, er wird in diesem Moment die Leute sammeln und...« Der Rest seines Satzes wurde vom Prasseln der ersten 50 Brandpfeile, die über dem Dorf niedergingen, übertönt. Selbst dass seine Leibwächter zwei der Pfeile mit ihren Schilden abfangen mussten, da sie ansonsten Lor durchbohrt hätten, konnte seine Laune nicht mindern. Lor kannte seinen Adjutanten, er würde seine Befehle wortwörtlich befolgen, jedoch nicht ohne dem verräterischen Dorf eine Lektion zu erteilen. Mindestens vier oder fünf Salven Brandpfeile dürften noch kommen. Alun sah die Brandpfeile, die auf die Häuser flogen. Er war schon stark in Versuchung, einfach Lor, den Anführer der Troch, zu erschießen. Als er sah, wie die Brandpfeile nur von den Begleitern des hohen Priesters abgewehrt wurden, kam ihm der Gedanke die Troch zu paralysieren, um dem Anführer zumindest in die gleiche Angst zu versetzen, wie seine Leute. Aber dieser Moment war schnell vorüber. Einer der Baumbrüder sprach Robert an. »Ich werde zu den Troch gehen. Ich muss nach Hause. Er wird mir schon nichts tun. Wir sind seit Urzeiten Handelspartner der Troch.« Bevor Robert, der sich in der Angelegenheit nicht so sicher war, ihn aufhalten konnte, verschwand er in Richtung Wald. Der Anführer der Naats murmelte etwas wie »So überhastet wie ein...« und brach dann lieber ab. Irana brachte die restlichen Baumbrüder nach Hause. Als nächstes befreite Irana Rennox, den Hypno, der das ganze Dorf unter seine Kontrolle gebracht hatte. Rennox war auf dem Weg zu den Troch. Eine Wache sah ihn. Da der »Präzentor Martialum« befohlen hatte, die Menschenleben noch zu schonen, versuchte ihn einer der Troch gefangen zu nehmen. Für Rennox dauerte es nicht lang den Soldaten zu übernehmen. Nachdem er dies getan hatte, ließ er sich von diesem die Position der nahen Trochwachen geben. In Rennox verdrehtem Gehirn regte sich schon der Gedanke, alle Troch zu übernehmen. Norkad, den man »den Seltsamen« nannte, wunderte sich, wo die Nachhut, die er ausgeschickt hatte, blieb. Als die fünf Mann etwa eine zehntel Tonta überfällig waren, rief er drei seiner besten Späher zu sich und begab sich mit diesen auf die Suche nach dem überfälligen Haufen. Nach nur kurzer Zeit hörte einer der Späher etwas Verdächtiges und der gesamte Trupp begab sich in Deckung. Auf dem Pfad bewegten sich die Vermissten in absolut untypischer Weise offen und ziemlich unaufmerksam, ihre Gesichter zeigten absolut keinen Ausdruck und einige Schritte hinter ihnen lief ein Zivilist. Das war an sich schon merkwürdig, da sie strikten Befehl hatten, jeden Zivilisten entweder festzunehmen oder, sollte sich das als problematisch erweisen, zu töten. Aber im Zusammenhang mit den anderen Indizien war höchste Vorsicht geboten. Jeder Troch kannte die Legenden von Dämonen, die den Geist freier Männer unterwerfen konnten. Und wenn Norkad ehrlich zu sich war, geglaubt hatte er sie bis jetzt, trotz all der Wunder, die er im Dienste des Trochkonziels gesehen hatte, nicht. Sollte dieser unscheinbare Mann solch ein Dämon sein? Mittels Zeichensprache machte er sich den anderen drei verständlich. Er würde versuchen, den Dämon auszuschalten, und seine Begleiter sollten erst auf ihre Kollegen schießen, wenn sich in deren Verhalten nichts änderte, nachdem der vermeintliche Dämon zusammenbrach. Mittlerweile war der Tross an ihnen vorbei gegangen, ohne sie zu bemerken. Er setzte das Blasrohr an die Lippen und schoss auf den Mann. Der vergiftete Pfeil schlug in den Oberarm ein, was seltsam war, denn Norkad war ein hervorragender Schütze und hatte auf den Nacken gezielt. Aber die Wirkung war ganz normal, denn der Mann ächzte kurz und brach dann zusammen. Norkad atmete auf; er hatte schon befürchtet, dass das Gift bei einem Dämon nicht so wirken würde wie bei einem Menschen. Die hypnotisierten Soldaten zuckten regelrecht zusammen ,was die Späher wohl als ausreichend ansahen. Jedenfalls schoss keiner von ihnen. Lor musste mit ansehen, wie die Verräter an den Göttern einer nach dem anderen von der Verräterin und dem Dorfvorsteher auf ihre unbegreifliche Art in Sicherheit gebracht wurden. Während der fünften und letzten Pfeilsalve fauchte Lor einen seiner Leibwache an, ihm das niedergefallene Insignium zu geben, und gerade, als er mit dieser Waffe aus den Zeiten des Niedergangs auf die gerade wieder auftauchende Teleporterin zielte, schien sich der merkwürdig gewandete Mann an die Gruppe zu erinnern. Er schoss, bevor der geschwächte Lor abdrücken konnte, und paralysierte die gesamte Gruppe. Es war extrem demütigend für Lor, alles Weitere sehen und hören zu können. Augenscheinlich sahen sie ihn nicht allzu wichtig an, denn sie ließen ihn relativ lange liegen, und erst, als das gesamte Dorf von immerhin mindestens 20 Personen in Sicherheit gebracht worden war, erinnerte man sich seiner wieder. Er konnte die Diskussion verfolgen, in der es darum ging, ob er getötet, mitgenommen oder liegen gelassen werden sollte. Allerdings schien der frevelhafte Schütze sein Geschäft zu verstehen. Er ging und schloss allen 14 Paralysierten die Augen, was von Lor mit ziemlicher Erleichterung zur Kenntnis genommen wurde. Er wusste, dass, wenn dies nicht getan worden wäre, er und die Seinen irreparable Augenschäden zu erleiden gehabt hätten, da die Augen ausgetrocknet wären. Wie lächerlich, dachte Lor. Da liege ich mit etwas, das dem Insignium des 3. Präzentors zumindest sehr ähnlich ist, dahin gestreckt, nur Meter von der Diskussion, ob ich getötet werden soll, entfernt und empfinde so etwas wie Dankbarkeit, weil jemand mir und den Soldaten das Augenlicht rettet. Durch die Geräusche, die der Schütze machte, hatte Lor nicht mitbekommen, was denn nun beschlossen worden war. Er wurde hoch gehoben und zwischen zwei Personen genommen. In der Erwartung seines baldigen Todes begann er innerlich, da er ja nicht in der Lage war zu sprechen, die 24 Lobpreisungen zu rezitieren. Doch gleich darauf fühlte er einen zerrenden Schmerz, der seinen gesamten Nackenbereich zusammenzuziehen schien. Am Zielort angekommen brach die Teleporterin zusammen, was für den zweiten Träger zu überraschend kam und er keinen der beiden halten konnte. Lor stürzte rückwärts, schlug mit dem Kopf auf ein Stück Wurzelwerk und verlor das Bewusstsein Am Horizont ließen sich bereits mit bloßem Auge die wenigen Lichter der kleinen Stadt ausmachen, die der erste Zwischenstopp der Karawane sein sollte. Es war inzwischen tiefste Nacht und bis zur Morgendämmerung würden sicher noch einige Stunden vergehen. Auf diesem Teil des Planeten war gerade der Frühsommer angebrochen und die Nächte waren noch recht lang und kühl. Emerson unterhielt sich immer noch mit dem unsichtbaren Mechanoiden Montgomery Spock, der lautlos neben ihm her ging. Sie hatten ausgemacht, das sie sich beim Aufenthalt in der Stadt in eine stille Ecke verziehen und zum Schiff »springen« würden. Das wurde höchste Zeit, da Montgomery sich dringend um Ron Laska und seine Aussagen über die beiden kümmern musste. Auch wenn er bereits wieder in den Kühlkammern sein sollte und man seine Ausführungen für eine Nachwirkung der Hibernationsunterbrechung hielt, so wollten die beiden sich nicht darauf verlassen. Außerdem war Yohko Takashi mehrmals wieder bei ihnen aufgetaucht und hatte Montgomerys Streuemissionen verfolgt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie mit ihren hochwertigen Ausrüstung dem Deflektorschirm des künstlichen Wesens auf die Spur kam. Aber bis zur Ankunft bei der Stadt blieb noch einige Zeit, und so plauderten Emerson und Montgomery weiter über persönliche Dinge. »Ach ja, was ich dich schon die ganze Zeit über fragen wollte, Monty«, sagte Emerson gerade. »Wie war es überhaupt möglich, das ich dich mitnehmen konnte? Ich meine, vom Gewicht her? Denn ich kann allerhöchstens etwa 45 Kilogramm mitnehmen, das ist die Hälfte meines Eigengewichtes! Und meine Kleidung und Ausrüstung wiegt doch schon beinahe 8 Kilo!« Da Emerson 1,95 Meter groß war und außerdem recht muskulös, sollte sich niemand über sein Gewicht von über 90 Kilo wundern. »Nun, mein Eigengewicht beträgt in der Tat nur 35 Kilo!« erwiderte Montgomery darauf. »Ich benutze meine eingebauten Mikrogravitatoren, um das in meiner Personalakte eingetragene Gewicht von 62 Kilogramm zu simulieren.« Montgomery besaß im Gegensatz zum hünenhaften Emerson eine klein gewachsene und schmächtige Statur, die sogar für einen Plophoser recht klein wirkte. »Aha, das erklärt alles. Und diese Mikrogravitatoren lassen sich natürlich auch nicht anmessen, richtig?« sagte Emerson mit einem sarkastischen Grinsen. »Hmm«, erwiderte Montgomery darauf. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden. Genau diesen Moment suchte sich ein anderes Mitglied des Landekommandos, um auf Emerson zuzutreten. Er hielt einen kleinen Gegenstand in den Händen, dessen Funktion sich nicht so ohne weiteres erkennen ließ. »Hallo, Mr. Ostrog. Ich bin der Kommunikationsoffizier bei dieser Mission, Leutnant E. T. Appelemaison«, stellte sich der Mann vor. »Haben Sie schon die neuesten Informationen von der Ortungszentrale des Schiffes erhalten?« »Öh... nein. Wann wurden die uns denn übermittelt?« fragte Emerson erstaunt. »Das war, als Sie sich draußen vor der Transmitterhöhle aufgehalten haben«, erläuterte der Mann mit dem seltsamen Namen. »Was haben sie dort draußen eigentlich die ganze Zeit gemacht?« »Nun, ich habe mich in tiefe Meditation begeben, um spirituelle Klarheit über mein weiteres Schicksal zu erhalten«, antwortete Emerson wahrheitsgemäß. »Dabei muss ich wohl völlig die Zeit vergessen haben.« »Nun, während sie in sich selbst hinein gehorcht haben, lauschten wir in den Kosmos hinein und erhielten einen Funkspruch von der CREST V«, sagte der Mann mit spitzer Zunge. »Dabei haben wir interessante Neuigkeiten erhalten, die von eminenter Bedeutung für unsere Mission sein können.« Daraufhin holte Emerson seinen eigenen Kleincomputer hervor und initiierte eine direkte Verbindung zu Mr. Appelemaisons Rechner. Auf dem 3D-Display seiner als Handspiegel getarnten Anlage erschien eine schematische Karte der näheren Umgebung, die sich mit verwirrenden Kreisen, Punkten und Linien füllte, die mit Beschreibungstexten versehen waren. Mr. Appelemaison erläuterte das geordnete Durcheinander auf der Karte. »Dieser Punkt stellt unseren gegenwärtigen Aufenthaltsort dar, das hier ist die Transmitterhöhle und das die Stadt vor uns«, führte der Mann aus. »Der rote Kreis hier stellt den etwa 200 Kilometer durchmessenden Bereich dar, in den Robert Alun von der Teleporterin gebracht worden sein muss. Genauer ließ sich das ja nicht feststellen, wie sie sicher wissen.« Das war Emerson schon bekannt, deshalb bat er den Kommunikationsoffizier, die Karte weiter zu erklären. »Nun, nach der Entführung Robert Aluns, die gegen 10:30 Uhr Bordzeit stattfand, erfolgte eine Viertelstunde später ein weiterer Teleportersprung hier auf dem Planeten, dessen Anfangs- und Zielpunkt sich nahe beieinander befunden haben müssen, etwa im Zentrum des roten Kreises.« »Also sind Alun und die Teleporterin über eine Zwischenstation zum endgültigen Ziel gesprungen, richtig?« hakte Emerson nach. »Das nehmen wir auch an, Mr. Ostrog«, bestätigte Mr. Appelemaison. »Doch das war erst der Anfang. Denn gleich darauf haben die Schiffssensoren irgendwo innerhalb des orangen Kreises hier innerhalb des roten einige Energieentladungen registriert.« »Das muss Alun gewesen sein!« stellte Emerson fest. »Aber warum war die Ortung nur auf etwa 100 km genau? Ich dachte immer, so ein Strahlenschuss ließe sich auch aus dem Orbit ziemlich präzise anmessen!« »So ist das auch normalerweise«, erwiderte der Mann. »Aber aus irgendeinem noch unbekannten Grund bekommt man auf dem Schiff keine exakte Messung zustande. Außerdem haben wir nicht genug Satelliten im Orbit um eine saubere Kreuzpeilung durchzuführen. Die Ortungsspezialisten vermuten hinter den Störungen eine Art von Störfeld, das sich über das ganze Gebiet innerhalb des roten Kreises erstreckt und zum Zentrum hin immer stärker wird. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass wir von Robert Alun weder eine Nachricht noch das automatische Peilsignal seines Funkgerätes empfangen können.« »Wenn das stimmt, werden wir doch auch irgendwann den Kontakt zum Schiff verlieren!« warf Emerson ein. »Das ist genau das Problem, mit dem ich mich zur Zeit beschäftige«, entgegnete Mr. Appelemaison. »Tatsächlich nehmen die Störungen im Funkverkehr immer mehr zu, je weiter wir nach Norden kommen. Es ist abzusehen, das wir 100 km weiter nördlich vollkommen vom Schiff isoliert sein werden. Dann müssen wir Boten zur Transmitterhöhle schicken, um überhaupt Verbindung halten zu können.« »Das ist in der Tat ein großes Problem, Mr. Appelemaison«, erwiderte Emerson. »Aber erzählen Sie doch weiter von den Ortungsergebnissen!« »Nun, kurz nach 18:00 Uhr dann überschlugen sich die Ereignisse«, fuhr der Mann fort. »Wir maßen mehrere Strahlenschüsse, Thermoschüsse und wahrscheinlich Paralysatorschüsse. Das Seltsame daran ist, dass die Thermoschüsse anscheinend nicht aus Aluns Waffe abgefeuert wurden.« »Na, das ist ja ulkig!« äußerte Emerson. »Da muss etwas von der arkonidischen Technik offenbar die 10.000 Jahre seit dem Absturz überstanden haben!« »Scheint so«, erwiderte der Kommunikationsoffizier, »gleich darauf haben wir eine Unmenge weiterer Sprünge angemessen, die von Teleportern stammen müssen. Sie sind zwischen dem Kampfschauplatz und einem mindestens 100 km entfernten Ort hin und her gesprungen. Nur wenige Zeit später ortete man in der näheren Umgebung des Ortes der Auseinandersetzung zahlreiche Brandherde.« »Du meine Güte, da muss ja die Hölle los gewesen sein!« sagte Emerson entsetzt. »Was hat man sonst noch herausgefunden?« »Nichts weiter«, schloss Mr. Appelemaison. »Die Brandherde sind bald darauf verlöscht, und die Teleporter haben sich seitdem ruhig gehalten. Der Kommandant berät sich zur Zeit mit den anderen Führungsoffizieren, wie wir weiter vorgehen sollen. Fest steht bisher nur, dass wir in der Stadt vor uns Rast machen wollen und morgen dann weiter sehen werden.« Emerson dankte dem Kommunikationsoffizier für diese Informationen, die an ihm völlig vorbeigegangen waren, und war bald darauf wieder allein mit Montgomery. Er holte sein eigenes Funkgerät heraus und stellte es probeweise auf Empfang. Auf allen Bändern war sehr starkes statisches Rauschen zu hören, auch auf den Hyperfrequenzen. »Wenn das noch schlimmer wird, werden wir nicht einmal mehr untereinander über Funk kommunizieren können, wenn sich das Landeteam wirklich aufteilen sollte!« stellte Emerson fest. »Was sagst du dazu, Monty?« »Womöglich sind diese Störgeräusche das Resultat von 5D-aktiven Mineralien in den Bergen, die uns umgeben«, mutmaßte der unsichtbare Montgomery. »Das könnte auch die Häufung von Mutanten in dieser Gegend erklären, wenn diese Mineralien in die Nahrungskette eingesickert sind.« »Nun ja, zwei Teleporter sind nicht gerade eine Mutantenschwemme«, gab Emerson zu bedenken. »Außerdem ist das mit diesen Mineralien ja nur eine Hypothese von dir, die sich als total falsch herausstellen kann.« »Etwas anderes habe ich ja auch nicht ausgesagt«, stellte Montgomery klar. Dann wechselte er abrupt das Thema. »Wir werden übrigens in wenigen Stunden, kurz vor Sonnenaufgang, in der kleinen Stadt eintreffen, sofern wir des Tempo halten können. Du weißt ja, dass es langsam Zeit für mich wird, zur CREST V zurück zu kommen, Evos.« »Ja, ja, alles zu seiner Zeit, Monty«, beschwichtigte Emerson seinen Freund. Und so zog die Karawane weiter der nicht mehr fernen Stadt entgegen, während sich an anderen Orten des Planeten wichtige Ereignisse zutrugen. Gegen halb drei Uhr morgens traf die Karawane im ersten größeren Marktflecken ein. Die Leute waren ziemlich erschöpft, immerhin hatten sie fast 30 Kilometer zurückgelegt und die meisten waren in schlechter Form, da nun einmal die meisten Tätigkeiten an Bord terranischer Raumschiffe im Sitzen erledigt wurden. Lasitus lief jetzt an der Spitze der Karawane, als es hell wurde. Sie betraten die Stadt, die vielleicht ein-, zweitausend Menschen beherbergte. Das Eingangstor wurde durchritten und einigen Menschen begegneten sie auch, die sie neugierig anschauten. Bei der kurzen Besprechung kam heraus, dass man sich erst mal ein Gasthaus oder ähnliches suchen wollte, wo man sich ausruhen und dann das weitere Vorgehen besprechen wollte. Sie kamen auf einem großen Platz heraus, auf denen Verkaufsstände errichtet wurden. Wahrscheinlich der Markt, dachte Lasitus und hielt einen Mann an, der, bepackt mit Stoffballen, an ihm vorbei lief. Es war Emerson erst einige Stunden nach ihrem Aufbruch aufgefallen, dass der Sicherheitschef ebenfalls auf diese Außenmission mitgekommen war. Er kannte den Umweltangepassten nur von seiner Personalakte her. Er hatte sich exzellent von dem Anschlag auf die Sicherheitszentrale erholt. Als erstes hielt der Kommandant eine Besprechung ab, bei der sich die meisten Missionsteilnehmer für eine längere Ruhepause aussprachen. Also machten sie sich auf die Suche nach einer Herberge, in der sie einige Stunden nächtigen konnten. Auf dem Marktplatz trafen sie auf einen Einheimischen, an den sich Lasitus Strader mit einer entsprechenden Frage wandte. »Guten Morgen«, grüßte Lastitus ihn. Der Mann blieb stehen und betrachtete ihn. »Guten Morgen«, erwiderte er mürrisch. »Was wollt Ihr?« »Könnt Ihr uns sagen, wo wir hier eine Herberge finden können?« »Sicher, dort drüben, dort geht Ihr durch die Straße und kommt bald auf einen Platz, dort steht ein Haus mit drei Stockwerken und einem roten Dach, das Herberge heißt... Ach, was weiß ich; irgendwas mit ›Götter‹ oder irgendeinem ›Feuerball am Himmel‹, keine Ahnung.« Lasitus bedankte sich, wurde aber noch mal aufgehalten. »Wer seid Ihr überhaupt?« wollte der Mann von Lasitus wissen. »Wir? Sieht man das nicht? Eine Karawane.« Die Augen des Mannes leuchteten auf. »Ich hoffe, Ihr habt vor, noch einmal zum Markt zu kommen. Seit dem Krieg sind kaum Karawanen hier durchgekommen.« »Aha«, antwortete Lasitus. »Ihr werdet sicherlich noch von uns hören.« Damit ging er los. Der Trupp folgte und sie liefen durch die angegeben Straße. Zwei Minuten später traten sie auf den nächsten Platz, in dessen Mitte ein Brunnen stand. Kreisförmig standen die Häuser zusammen, so dass es nur einen Ausgang gab. Die Karren wurden abgestellt und man verteilte sich. Allan und Lasitus betraten das Gebäude, an dem ein Schild baumelte. Sie öffneten die Tür und traten in einen etwas dunkleren Raum. Der Mann machte von Anfang an einen seltsamen Eindruck. Auch wenn er scheinbar bereitwillig Auskunft gab, hatte Emerson den Eindruck, als ob der Einheimische etwas verheimlichen würde, das ihn sehr belasten würde. Ob das etwas mit dem Krieg zu tun, den er erwähnt hatte? Das Gefühl verstärkte sich, als sie den Standort des bezeichneten Gebäudes erreichten. Der kreisrunde Platz vor der düsteren Herberge wirkte wie eine Falle, und instinktiv erwartete er einen Hinterhalt. Doch es blieb zunächst ruhig, und die Karawane ließ sich erst einmal nieder. Strader und Gonozal betraten das Gebäude, um mit den Besitzern über die Zimmer zu sprechen. Emersons Blick fiel auf das windschiefe Schild vor dem Haus, auf dem in uralter arkonidischer Schrift etwas geschrieben stand. Auch mit größter Mühe konnte er die Bedeutung nicht ermitteln, denn die Schrift war schon recht verwittert. »Was steht da auf dem Schild, Monty?« raunte er so leise wie eben nur möglich. »Da steht ›Zum göttlichen Himmelsfeuer‹, anscheinend der Name der Gaststätte«, drang die Antwort des Mechanoiden wie ein Windhauch an seine Ohren. »Hmm!« sagte Emerson nachdenklich und mit normaler Lautstärke. Zusammen mit den anderen machte er es sich auf dem Vorplatz bequem und versuchte zu entspannen. Der Oberst stürmte voraus in das Gebäude, das anscheinend das Hauptgebäude der Taverne war, und Allan sah sich gezwungen, ihm hinterher zu rennen, da er sich immer noch nicht über dessen Selbstverteidigungsfähigkeiten im Klaren war. Beim Betreten des Schankraums fiel Allans Blick auf einen etwa zehn Zentimeter großen Schriftzug, der mit blauer Farbe an die Tür gemalt war. Es waren eine Chiffre für »Zhym« und »Famal Gosner«, was soviel wie »Feuer« und »Lebewohl« oder »Feuriger Abschied« bedeuten konnte. Im Schankraum war es sehr dunkel und nachdem Lasitus die Gardinen weg gezogen hatte, sah man deutlich, dass schon eine Weile niemand mehr hier gewesen war. Einige Möbel wie Tische, zwei Sessel und einige Stühle standen herum. Es gab auch einen Tresen, an dem allerdings niemand stand. Dahinter stand eine Tür offen und eine Treppe führte nach oben. Eine weitere Treppe war weiter links vom Tresen zu sehen. »Mann, hier war wohl lange niemand mehr«, meinte Strader. »Hallo?« rief er, doch niemand antwortete. Allan versuchte es auch mehrmals, aber es erschien niemand. Lasitus trat aus dem Haus heraus und gab den Befehl, dass die anderen Gebäude untersucht werden sollten. Allan und Lasitus gingen in den Gang hinter den Tresen, da es hier doch noch einen Raum gab. Sie öffneten die Tür und fanden sich wahrscheinlich in einem Arbeitszimmer wieder. Ein Schreibtisch aus Holz stand an der Wand, dahinter ein Stuhl. Einige Dokumente waren darauf verteilt und eine Kerze stand dort ebenfalls. Die Schränke waren mit Akten vollgestopft. Nachdem der Oberst kurz draußen den Befehl gegeben hatte, die zu diesem Gasthof gehörenden Gebäude nach dem Wirt zu durchforsten, begannen Allan und Lasitus mit der systematischen Durchsuchung des Hauses. Sie liefen die Treppe hinauf und kamen in einen Gang, der nach links abbog. »Hier sind wohl viele Zimmer«, meinte Allan, denn rechts und links vom Gang waren in Abständen von zwei Metern Türen angebracht. »Sie die rechte und ich die linke Seite«, sagte Lasitus zu Allan. Die Zimmer, die Lasitus untersuchte, waren alle frisch bezogen und leer. Ein Fenster gab es, durch das man die Seite des Hofes sehen konnte. Allerdings war die letzte Tür abgeschlossen. Lasitus zog seinen Nadelstrahler und schoss das Schloss weg. Die Tür ging nur ein Stück auf, dann stieß sie gegen etwas. Strader drückte gegen die Tür, die allerdings sehr schwer aufging. Das Zimmer war finster, so dass Lasitus zum Fenster ging und die Gardinen aufzog. Er drehte sich um, sah aufs Bett und erschrak heftig. Auf dem Bett lag eine Leiche! Der Oberst zog wieder seine Waffe und ging vorsichtig zum Toten. Das Erste, was ihm auffiel, war der verbrannte Oberkörper. Der Mund der Leiche war immer noch aufgerissen. Wahrscheinlich hat er vor Schmerzen geschrien, dachte Lasitus.. Erst jetzt wurde ihm der Gestank im Zimmer bewusst und er ging heraus, da er anfing zu würgen. Der letzte Raum, den Allan zu durchsuchen hatte, war verschlossen. Da er keine allzu auffälligen Spuren hinterlassen wollte zog er sein Vibromesser und kratzte das Schlossfutter aus. Nach einigen Sekunden konnte er die Tür mit etwas Kraft aufdrücken. Allan musste sich fast übergeben, als ihm der Gestank von verbranntem Fleisch und Verwesung entgegen schlug. Schon im Halbdunkel der kleinen Kammer konnte er sehen, dass im Gästebett eine verbrannte Leiche lag. Nach der Art und Weise, wie sie dalag, schloss Allan, während er sich Mund und Nase zuhielt, dass die Person mit etwas Brennbarem überschüttet und bei lebendigem Leib angezündet worden war. Das Ganze musste nach Geruch und Grad der Verwesung schon mindestens eine Woche her gewesen sein. »Allan, hier ist eine Leiche!« kam vom Raum, den Lasitus gerade geöffnet hatte. Allan verließ das Zimmer und schloss die Tür wieder, so gut es ging. »Hier auch.« Sein Gesicht zeigte ebenfalls, dass er erschrocken war. »Also gut, wir werden sofort eine Besprechung ansetzen!« »Gleich, aber erst einmal raus hier, ich brauche frische Luft!« Als sie beide wieder aus dem Schankraum in den Hof getreten waren, schloss Allan die Tür wieder und sagte zum Oberst: »Wir sollten besser erst einmal so tun, als ob wir von Nichts wissen und nur den Herbergsvater suchen. Ich nehme an, dass diese Worte...« Er zeigte auf die Schrift auf der Tür. »...so etwas wie ein Fluch bedeuten. Wir müssen sehr vorsichtig sein.« Danach ging Allan zu seinem Marschgepäck, das er im Hof bei der Karawane gelassen hatte, nahm eine stark nach Minze riechende Salbe aus der Medizintasche und schmierte sich etwas unter die Nase, um diesen Geruch aus seinem Körper zu bekommen. Gegen 2 Uhr sah Lasitus sich um und ging dann zur Sänfte, wo er einen kleinen Teil der Crew um sich versammelte. Connor, der Sicherheitschef, kam ein wenig später dazu. »Nun, wir beide haben dort drinnen zwei Leichen gefunden, verbrannt, wie auch immer. Jedenfalls hat Allan vorgeschlagen, erst einmal so zu tun, als ob wir von nichts wüssten. Wir sollten zuerst einmal herausfinden, wem die Herberge gehört. Also hört euch um, versucht auch herauszufinden, ob irgend jemand hier in letzter Zeit vermisst wird oder spurlos verschwunden ist.« Lasitus sah sich kurz um. »Wir werden trotzdem hier unser Lager aufschlagen, hier draußen, die meisten brauchen Ruhe. Ihr auch, daher werdet ihr euch alle mindestens zwei Stunden ausruhen. Ist nicht viel, ich weiß, aber wir müssen herausfinden, was hier passiert ist.« Er nickt den anderen zu und die Gruppe löste sich wieder auf. »Vielleicht hätten wir uns mal die Unterlagen anschauen sollen«, sagte Lasitus laut vor sich hin. Typisch Terraner, dachte Dawn. Kaum sind wir hier angekommen, schon brauchen sie eine Pause. Er als Oxtorner war natürlich noch nicht erschöpft, denn schließlich hatte er seinen Mikrogravitator, den er sonst immer zu Trainingszwecken trug, an Bord des Schiffes gelassen und war zudem noch getragen worden. Eigentlich seltsam, dachte der Wissenschaftler in ihm. Da werden Beefi und ich in einer Antigravsänfte getragen und das ist ortungstechnisch kein Problem – meinen Mikrogravitator darf ich aber nicht benutzen. Damit seine Energiereserven nicht ungenutzt blieben, beschloss Dawn also, sich beim Kommandanten eine Aufgabe für die Schlafperiode zu besorgen. Sollte er keine bekommen, würde er sich halt solange mit Natalie beschäftigen müssen. Auch gar keine schlechte Idee, dachte er bei sich und machte sich auf den Weg zum Kapitän. Lasitus blätterte im Missionslogbuch und machte einen Eintrag, als Taron auf ihn zutrat. Lasitus blickte auf. »Na, wie lebt es sich als Händler?« fragte er grinsend. Taron winkte ab. »Och, naja. Aber ich wollte von Ihnen wissen, ob ich nicht etwas zu tun bekomme?« Lasitus schlug das Buch zu und legte es bei Seite. »Sie haben es doch gehört, Sie haben zwei Stunden zum Ausruhen.« Taron verzog das Gesicht. »Schön, aber ich bin kein Terraner.« Lasitus schaute ihn merkwürdig an. »Oh, Sir. Das soll nicht heißen, dass die Terraner schlechter sind als wir, nur wir Oxtorner halten eben länger durch und außerdem wurde ich die ganze Zeit getragen, ich will meine Beine etwas bewegen.« »Gehen Sie zum Markt! Da Sie sowieso unsere Händler spielen, können Sie sich dort blicken lassen. Und nehmen Sie Beceefha mit!« Artor machte schon längere Zeit einen niedergeschlagenen und blassen Eindruck. Ein paar Mal wurde er zur Verwunderung einiger Crewmitglieder von Patrizia Drake am Kopf untersucht, aber es war offenbar nicht Ungewöhnliches zu finden. Als Lasitus eine Rast angeordnet hatte, organisierte Artor ohne große Umschweife den Wachzyklus, wie es seine Art ist, aber seine Stimme wirkte dabei abgezehrt und schwach. Diejenigen, die den Halbarkoniden gut kannten, fürchteten schon, das Erbe seiner dekadenten Ahnen käme zum Vorschein. Dann plötzlich, nachdem offenbar eine Unterredung zwischen dem Captain, dem ersten Offizier und einigen anderen Crewmitgliedern, vermutlich überwiegend von der Sicherheit, beendet war, begann Artor plötzlich laut aufzuschreien: »NEIIIINNN, ihr dürft sie nicht töten!« Dann brach er besinnungslos zusammen. Robert wurde um 2:30 Uhr von Irana geweckt. Der Terraner war froh, dass es ihr wieder besser ging. Die Teleporterin war gestern nach den Sprüngen einfach zusammengebrochen. War wahrscheinlich gar nicht so schlecht, dass Lor gestürzt ist. Ihm war nicht wirklich etwas passiert und so hatten wir wenigstens eine ruhige Nacht. Etwa um drei Uhr sollte Lor wieder bei Bewusstsein sein. Alun hatte sich vorgenommen, mit ihm zu reden. Lor war ein Fanatiker, aber so jemand hätte sich nie die Gelegenheit entgehen lassen, einen Ungläubigen zu bekehren. »Wo sind wir eigentlich?« fragte Robert Irana. »In der Nähe einer der Hauptsiedlungen der Baumbrüder. Hier können wir die Dorfbewohner erst mal in Sicherheit verstecken. Sei in zwei Stunden fertig, ich habe einen Termin bei einer Karawane und möchte, dass du mich begleitest.« Alun hatte nichts dagegen. Irgendwie hatte er Kopfschmerzen. Diese verschwanden zum Glück bald wieder, aber seine schlechte Laune blieb. Er war sich in Bezug auf Toran nicht mehr so sicher. Alun wusste nicht, warum er auch nur einen Moment in Betracht zog, dass die Prophezeiungen stimmten, aber wenn er die erste und die zweite Prophezeiung betrachtete, würde dieses Monster zweifellos gewinnen. Es sah schlecht für diese Auserwählten aus. Aber es ist ja nicht wahr und außerdem hab ich gar nichts mit diesen Auserwählten zu tun. Vron hatte noch ein paar Fragen an den Kommandanten und den ersten Offizier. Der Marsch war zwar anstrengend gewesen, aber so erschöpft war er noch nicht. Irgendwie war es merkwürdig, dass der Mann sie hierhin verwiesen hatte. Aber der Kommandant konnte keine Antwort geben. Zusammen mit dem Zeichen, das Allan gesehen hatte, ergab das keinen rechten Sinn. Vron nahm sich vor, nach dem Mann zu suchen. Mit einigen Leuten dürfte das kein Problem sein. Er fragte Conner, seinen unmittelbaren Vorgesetzten und den Kommandanten um Erlaubnis. Dann brach Artor zusammen. Die Worte, die er stammelte, machten nicht viel Sinn. Vron sah, wie Patrizia Drake den zweiten Offizier untersuchte und wartete auf das Ergebnis. Er fragte sich, was dieses »NEIIIIINNNNN, Ihr dürft sie nicht töten...« bedeuten sollte. Hatte es irgend etwas mit den Toten im Gasthof zu tun? Während der Kommandant seine Anweisungen gab, stellte Emerson so seine Überlegungen an. Langsam glaube ich, dass diese Mission unter einem schlechten Stern steht! dachte er betrübt. Vielleicht hätte ich doch nach Heimat gehen sollen, anstatt mich mit einem Roboter zu verbrüdern. Er schaute zu, wie die beiden oxtornischen Offiziere sich sogleich freiwillig meldeten, sich in der Nachbarschaft ein bisschen umzusehen und die Situation zu analysieren. Auch Emerson meldete sich bei Lasitus für einen Aufklärungsrundgang ab und verließ den Platz. »Das wir ja immer schlimmer mit dieser Mission!« seufzte er traurig, als er sich in einen dunklen und menschenleeren Seitenweg zurückgezogen hatte. »Jetzt hat es Seek zum zweiten Mal getroffen.« Montgomery Spock enttarnte sich neben ihm und fragte: »Was hat er wohl mit seinen letzten Worten gemeint? Ob er unter dem Einfluss einer fremden Macht steht?« »Du meinst wie Axel Carpenter?« erwiderte Emerson bedrückt. »Das wäre schon möglich, denn man hat auch in seinem Gehirn Mikroroboter gefunden. Aber die wurden doch angeblich alle entfernt?« »Anscheinend haben wir unsere Gegner unterschätzt«, erwiderte Montgomery. »Die Saboteure haben ganze Arbeit geleistet und ihre Hinterlassenschaften gefährden uns immer noch.« »Als ob wir nicht schon genug Ärger hätten!« stöhnte Emerson niedergeschlagen. »Wir sind zwischen die Fronten eines Krieges geraten, an dem Mutanten beteiligt sind und der auf einem Planeten stattfindet, auf dem sich gefährliche Feinde der Erde sowie verschollene Geheimnisträger mit wichtigen Unterlagen befinden!« Bevor Montgomery noch etwas darauf antworten konnte, richtete sich Emerson mit zuversichtlichem Gesichtsausdruck auf und griff nach dem Arm seines mechanoiden Freundes. »Wir haben keine Zeit zu vertrödeln, Monty!« erklärte er entschieden. »Fertig?« »Ja«, bestätigte Montgomery lakonisch. Mit einem »Plopp« verschwanden die beiden ungleichen Intelligenzformen von dem Planeten. Als Connor hörte, wie Lasitus die Pause bekannt gab, streckte er sich erstmal. Eigentlich war dieser Planet ja ganz angenehm. Und der Spaziergang vom Transmitter bis hierher war ein netter Morgensport gewesen. Aber jetzt eine Pause machen? Wer rastet, der rostet, dachte sich Connor und wollte gerade zu Lasitus gehen, als er Dawn bei ihm sah. Hmm, dem wird's so wie mir gehen. Wir Oxtorner können nicht immer alle paar Stunden untätig herumstehen. Ob ich mit ihm mitgehen darf? Connor straffte sich und ging zum Kommandanten. Er hörte, wie Dawn zum Markt gehen sollte und räusperte sich. »Sir, darf ich Dawn begleiten? Oder kann ich einen anderen Auftrag haben? Diese ständigen Pausen sind ermüdend und Sie wissen doch, wie laut ich schnarche.« Lasitus schien noch zu überlegen, als Connor ein neuer Gedanke kam. Die Herberge muss doch auch einen Keller haben, um Lebensmittel und so etwas zu lagern! Als Connor zum Haus hinüber sah, erkannte er einen Eingang zum Keller, der sich etwa fünf Meter neben dem eigentlichen Eingang befand. »Sir, haben Sie eigentlich auch den Keller durchsucht?« Lasitus blickte Connor an. Oh Mann, diese Oxtorner! Haben die Hummeln im Arsch? fragte er sich. »Nun gut, ich werde mitkommen. Ich kann sowieso nicht schlafen.« Lasitus gab Allan Bescheid und ging dann mit Connor los. »Hm, einen Oxtorner bei sich zu haben, ist doch immer gut.« Lasitus grinste. Connor sah sich die Tür genau an. Sie war abgeschlossen, er schätzte die Tür auf eine Stärke von 3 Zentimetern: Kein Hindernis für einen Oxtorner. Er ließ seine riesigen Muskelpakete spielen und drückte die Tür an der Stelle ein, an der das Schloss lag. Es machte kurz Knacks und der Weg war frei. Muffige Luft kam ihm entgegen, als er langsam die kurze Treppe herunterging. Eine Stufe gab nach und Connor sah einen Pfeil auf sich zurasen. Eine Falle! Entweder gegen Einbrecher oder andere unerwünschte Besucher. Der Pfeil traf Connor etwas unterhalb der Brust. Connor lächelte nur milde und dachte daran, dass die oxtornischen Muskeln und das Skelett hart wie Stahlplastik waren. Er zog den Pfeil aus seiner Kleidung und betrachtete seine Haut, auf der kaum Spuren zu sehen waren. Connor wandte sich um. »Sir, kommen Sie bitte erst, wenn Sie eine Lampe oder etwas Ähnliches haben. Ich wurde soeben durch einen Pfeil getötet.« Lasitus verschluckte sich, als er Connor das sagen hörte. Gerade, als er runterstürzen wollte, um nach ihm zu sehen, ertönte wieder die Stimme des Sicherheitschefs: »Vielleicht warten ja noch weitere nette Überraschungen hier auf uns.« Connor hörte, wie sich Lasitus oben entfernte und etwas murmelte, wie: »Verdammte Oxtorner, immer so zu untertreiben...« Er konnte sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen und wartete erst einmal ab. Lasitus holte indes zwei Lampen und ging zurück zu Connor. »Nächstes Mal lasse ich Sie schmoren, und wenn Sie dreimal um Hilfe rufen!« Lasitus machte seine Lampe an und gab die andere Connor. »Gehen Sie vor, Ihnen macht ja der Pfeil wohl nichts aus.« Connor grinste wieder, als Lasitus zurückkam und los redete. »Sir, ich versetzte mich nur in die Rolle eines ›Normalterraners‹ oder eines ›Kolonialterraners‹. Wir sind doch in geheimer Mission hier und da darf ich meine Spezialfähigkeiten nicht so offen zeigen.« »Nehmen Sie schon die Lampe und fangen Sie mit der Untersuchung des Kellers an.« Beide sahen sich um. Der Keller war größer, als es von draußen der Anschein hatte. Sie standen in einem relativ langen Gang. Rechts und links gingen mehrere Türen auf. »Sie nehmen die rechte Seite, ich die linke.« »Aye, Sir!« Connor wandte sich der linken Seite zu und untersuchte die Türen und die Räume dahinter. Im ersten Raum lagerten Nahrungsmittel. Der größte Teil der gelagerten Sachen war noch in guten Zustand. Hinter der nächsten Tür fand er Gebrauchswaren. Lampenöl war hier gelagert, direkt neben einigen Decken und Mänteln. Die dritte Tür war verschlossen. Als Connor sie gerade wieder auf oxtornische Art öffnen wollte, rief Lasitus ihn zu sich. »Mr. Connor, diese Tür hier ist verschlossen. Würden Sie bitte so freundlich sein...« Connor nickte nur und drückte leicht gegen die Tür. Der Widerstand war jedoch etwas größer. Also trat Connor mit aller Macht dagegen und sah, wie die Tür im Dunkeln verschwand. Sie prallte gegen irgend etwas und es gab einen dumpfen Ton. »Sir, ich gehe vor.« Noch ehe Lasitus etwas sagen konnte, verschwand Connor in dem Raum und sah sich um. »Haben sie etwas Wichtiges entdeckt?« »Ja Sir, Sie haben den Joker gezogen. Das hier ist der wichtigste Raum im ganzen Keller.« Lasitus kam herein und sah sich um. Im Raum waren mehrere Fässer aufgebahrt und an den Wänden waren Regale mit Flaschen. Ein süßer schwerer Duft lag in der Luft. »Sir, darf ich ihnen den Weinkeller präsentieren?« »Verdammt, müssen Sie immer mit ihren ›Späßchen‹ anfangen? Haben Sie noch etwas entdeckt?« »Ja, Sir. Da hinten ist ein verschlossener Raum, den ich gerade öffnen wollte.« »Worauf warten Sie noch. Führen Sie mich hin!« Connor zuckte die Schultern und drehte sich um. Er warf noch einen letzten Blick auf die Fässer und ging dann zu »seinem« verschlossenen Raum. Die Tür war etwas dicker als die letzte. Connor sah sich das Schloss an, das vor der Tür hing. »Einfachste Bauart, Sir. Das knacke ich.« Er zauberte einen dünnen Draht aus seiner Tasche und hantierte mit ihm unter den verwunderten Blicken von Lasitus am Schloss herum. Nach kurzer Zeit hatte er es geschafft und hielt triumphierend das geöffnete Schloss in der Hand. »Sesam, öffne dich. Sie können eintreten, Sir.« Während Lasitus den Raum betrat, folgte Connor dem Hauptgang. Er endete schon nach wenigen Metern in einem letzten Raum, der eine Art altes Lager darstellte. Nichts von Bedeutung war hier zu finden. Es standen mehrere Regale herum und ein großer Schrank an der Wand. Im Schrank befand sich ebenfalls nichts als undefinierbare, verstaubte Dinge. Connor ging zurück und sah, wie Lasitus aus dem Raum kam. Er sah aus, als hätte er etwas gefunden. Mittlerweile war es nach 3 Uhr. »Hm, Connor kommen Sie doch mal mit!« Lasitus trat wieder in den Raum und Connor stampfte hinterher. Drinnen angekommen sah er sich um. Neben ihm stand ein Fass und etwas entfernt einige Regale mit Töpfen und anderen Dingen. Die Luft hier drin war stickig und auf dem Boden lag Staub, der bei jedem Schritt aufgewirbelt wurde. Jack sah sich um. »Sir, äh, was suchen wir hier?« Lasitus verzog kurz die Miene und drehte sich dann zu Connor um. »Machen Sie sich mal nützlich und rücken Sie die beiden Regale zur Seite, vielleicht finden wir etwas da hinter!« Connor setzte sich in Bewegung und nährte sich den Regalen. Aber wahrscheinlich kennen Oxtorner gar kein »zur Seite rücken«, sondern eher die Devise »drauf hauen ist immer besser«, denn Connor fasste das rechte und das linke Regal an, dann zog er kräftig. Irgendwas knackte laut und die Regale wurden aus ihren Verankerungen gerissen. »Connor!« schrie Lasitus, im nächsten Augenblick fielen die Regale zu Boden und eine meterdicke Staubwolke wirbelte auf, um sie einzuhüllen. Lasitus fing zu husten an und versuchte, im Chaos den Ausgang zu finden. Irgendwas röchelte an ihm vorbei, dann gab es einen Knall und das Fass rollte vorbei. Da Lasitus nichts sah, wusste er auch nicht, wohin er lief. Lasitus ging weiter und rannte plötzlich gegen die Wand. Halb benommen taumelte er zurück und stolperte rückwärts weiter. Plötzlich hatte er keinen Boden mehr unter den Füßen und Sekunden später fiel er mit seinem Hinterteil auf den Boden. Irgendetwas machte »Platsch«, dann war Ruhe. Einige Minuten saß er nur still da und versuchte, etwas zu hören. Lasitus hoffte, dass seine Lampe, die er noch bei sich hatte, funktionierte. Im Sitzen drehte er sich, nahm die Lampe hoch und schaltete sie ein, um in nächsten Augenblick zu erschrecken, denn vor ihm sah er das grinsende Gesicht von Connor. »Ah, Sir...« Bevor Jack zu Ende sprechen konnte, schlug Lasitus vor Schreck auf Connors Kopf. Connor blieb erst mal regungslos stehen und überlegte, was genau eigentlich passiert sein könnte. Also, entweder wirft hier jemand mit überreifen feigen nach mir, oder der Kommandant hat aus Versehen die Lampe in meine Richtung geschwenkt und war mir zu nahe. Hmm, wo ist jetzt meine Leuchte? »Sie haben sicher Ihre Lampe fallen lassen. Funktioniert sie noch?« Während er hörte, wie von unten wieder Geräusche kamen, suchte er selbst nach seiner Lampe. Er fand sie in der Hosentasche, gleich neben dem Schokoriegel. Als er sie hervor holte, hörte er Lasitus resignierende Worte: »Nein, die funktioniert nicht mehr. Jetzt sitzen wir erst einmal im Dunkeln. Allan wird sicherlich gleich mit einigen Männern vorbeikommen. Wir tasten uns ihnen entgegen.« »Nicht nötig, Sir. Wir haben schon wieder Licht.« Bei diesen Worten richtete Connor seine Lampe genau in Lasitus Gesicht. »Was jetzt, Sir? Was genau ist eigentlich mit Ihnen passiert? Was machen Sie da unten?« »Richten Sie erst einmal die Lampe in eine andere Richtung und helfen Sie mir hoch, ehe Sie was fragen...« grummelte der Offizier. Connor ergriff Lasitus Hände und zog ihn, nach oxtornischen Verhältnissen vorsichtig, hoch. Als er den Kommandanten vor sich stehen hatte, sah er erst dessen verzerrten Gesichtsausdruck. »Danke, ich glaube, mein Rücken wurde noch nie so sehr gestreckt. Meine Arme übrigens auch nicht. Also...« Lasitus sah sich langsam um, während er seine Arme zur Auflockerung etwas schüttelte. Connor leuchtete das Chaos aus, dass der sinkende Staubschleier langsam enthüllte und starrte dann seinen Vorgesetzten fragend an. Er war sich nicht sicher, meinte aber, vom Eingang her Rufe zu hören. Mit dem knallenden Geräusch spontan verdrängter Luft erschienen Emerson und Montgomery in dessen Kabine auf dem Schiff. Es war 2:50 Uhr. Es schien den Mechanoiden nicht zu verwundern, dass der Veego diesen Ort so problemlos gefunden hatte, ohne sich besonders lange auf den »kurzen Weg« konzentrieren zu müssen. Er hatte wohl damit gerechnet, dass Emerson seine Kabine bereits ausgiebig ausspioniert hatte. Doch Montgomery nahm es ihm nicht übel (mal ganz abgesehen davon, dass er dazu gar nicht in der Lage war), denn er selbst hatte ja genau dasselbe getan, als die beiden zum letzten Mal als Gegner aufeinander getroffen waren. Doch das war endgültig vorbei. Nun zählten Kooperation und Kollegialität und nicht mehr Konfrontation und Feindschaft. Deshalb hatte Montgomery auch nichts dagegen, dass sich Emerson sein Quartier ansah. »Recht nett hier, aber etwas zu spartanisch für meinen Geschmack«, urteilte der Veego über die Innenausstattung. »Dürfte ich mir vielleicht deine geheimen Besitztümer anschauen? Du hast doch bestimmt irgendwelche Gegenstände von deinem Volk bei dir, die du versteckt hältst!« »In der Tat, da gibt es einige ganz spezielle Objekte, die ich dir nur zu gern einmal zeigen würde«, erwiderte Montgomery. »Doch jetzt haben wir dazu leider keine Zeit, denn auf dem Planeten erwartet man dich bald mit den Ergebnissen deiner Befragungen zurück.« »Da hast du vollkommen recht!« gab der Veego zu. »Wenigstens einer von uns beiden, der logisch denken kann! Ich mache mich gleich auf den Weg!« »Und ich werde mich darum kümmern, dass niemand Laskas Aussagen für wahr hält«, versprach er Emerson. »Außerdem sollte ich mich mal wieder bei Orbson oder Tannor sehen lassen.« »Ah ja, der Chefingenieur und sein Stellvertreter!« rief Emerson aus. »Man soll sich ja immer mit dem Boss gut stellen, he he!« Dann hob Emerson die Hand zum traditionellen Vulkaniergruß und verschwand mit dem scharfen Laut zusammenstürzender Luft vom Schiff. Montgomery blickte noch einige Zehntelsekunden auf die Stelle, an der der Veego eben noch Raum eingenommen hatte, und wandte sich dann seinen Aufgaben zu. Emerson tauchte in der kleinen Seitengasse auf, von der Montgomery und er vor wenigen Minuten »gestartet« waren. Er blickte sich rasch um, aber zum Glück war niemand in der Nähe. Er atmete einmal tief durch, um sich zu sammeln, und trat dann auf die Straße hinaus, von der der kleine Seitenweg abzweigte. Er schaute nach links und rechts, doch auch hier hielt sich zur Zeit niemand auf. Es war einfach noch zu früh, gerade vor einer halben Stunde war die Sonne aufgegangen. Emerson entschied sich spontan für eine Richtung und ging nach links, weg von dem Durchgang zum Vorplatz der Gaststätte, deren Besitzer Opfer eines schrecklichen Flammentodes geworden waren. Nach einigen Minuten traf er endlich auf einen Einwohner, eine ältere Frau, die den Müll »herausbrachte«, indem sie ihn einfach auf die Straße warf. Sogleich trat Emerson an sie heran und fragte freundlich im besten Satron I, zu dem er fähig war: »Guten Morgen, gute Frau. Ich gehöre zu einer Handelskarawane, die heute morgen hier angekommen ist, und ich würde gerne wissen, wo sich der Besitzer dieser Herberge da hinten befindet.« Dabei deutete er mit dem Daumen über seine Schulter nach hinten, um seine Ausführungen zu spezifizieren. Die Frau blickte ihn misstrauisch und missmutig an, wandte sich wortlos um und ging einfach ins Haus zurück, in dem sie offenbar wohnte. Blöde Kuh! dachte Emerson verärgert und suchte weiter nach jemandem, den er über die Herberge und ihre Besitzer befragen konnte. Als er nach einer weiteren Viertelstunde immer noch keine nennenswerten Erfolge vorweisen konnte, kehrte er reichlich sauer zu dem Rest der Karawane zurück. Langsam platzte Allan der Kragen. Erst verschwindet der Oberst mit einem dieser Kolonialterranern wieder im Haus, obwohl die Nachbarn ja nicht wissen sollen, dass wir da schon drin waren und dann scheint auch noch ein Besatzungsmitglied verschwunden zu sein! Da der Oberst »Ruhepause« befohlen hatte, es jedoch nicht so aussah, als ob es sehr bald eine Möglichkeit gäbe, im aus groben Felsquadern bestehenden Gästehaus unterzukommen, begann Allan, das Aufziehen der Sonnensegel aus Lederimitat zu organisieren. Wenn sie schon Pause machen mussten, dann doch wenigstens nicht direkt in dieser erbarmungslosen Sonne, die mittlerweile langsam aufgestiegen war. Noch war es zwar ziemlich kalt, aber schon in wenigen Stunden würde es so heiß sein, dass niemand mehr freiwillig auch nur eine Hand ausstrecken würde. Allans Blick fiel auf den Vermissten, der gerade in den Hof einbog. Dort angekommen wollte Emerson sich bei Kommandant Strader melden, doch der war gerade nicht anwesend. Dafür kam der erste Offizier Allan Dean Gonozal auf ihn zu und sagte: »Da sind Sie ja endlich, Mr. Ostrog! Ich habe schon auf Sie gewartet, denn ich brauche Sie für eine ganz spezielle Aufgabe.« Emerson schluckte ob dieser Ankündigung. Das hört sich ja nach Arbeit an! dachte er widerwillig, denn eigentlich hatte er vor, sich die zwei verordneten Stunden Schlaf zu gönnen, um für die nächsten, mit Sicherheit aufreibenden Tage fit zu sein. Laut sagte er jedoch: »Aye, Sir! Was soll ich tun?« »Als Erstes überlegen Sie, sich wenigstens bei irgend wem abzumelden, wenn Sie schon verschwinden müssen, und dann will ich wissen, was sie denn die letzte halbe Stunde getrieben haben!« Ostrog erstatte Allan Bericht, wobei er natürlich den Abstecher zur CREST ausließ. Allan begann leicht zu lächeln. »Da haben Sie ja eigentlich schon mit dem ›Spezialauftrag‹ begonnen.« Da Ostrog ziemlich fragend schaute, fuhr Allan fort: »Sie haben ein so laxes und undiszipliniertes Verhalten, dass ich mich manchmal frage, wie Sie durch die Akademie gekommen sind, aber jetzt kann ich Ihr ›Fraternisierungstalent‹ gut brauchen. Klappern Sie die direkte Nachbarschaft ab und versuchen Sie, Informationen über die Vorgänge in der Herberge zu bekommen! Sie wissen schon, schmeicheln Sie sich ein bei Köchinnen, Mägden, Bediensteten, fragen Sie sie aus und so weiter. Am besten fragen Sie nach den Verbleib der Herbergsleute. An der Tür ist ein Symbol, das wir nicht deuten können und von dem wir nicht wissen, ob es uns auch als Fremde bekannt sein müsste, wenn also jemand Ihr Unwissen anspricht: Sie waren nicht an der Tür, aber die Karawanenleitung ist vor der Tür zurückgescheut und wir haben das Gebäude nicht betreten. Klar? Bericht und Ortsbeschreibung alle Viertelstunde über Funk, wenn möglich. In einer Stunde wieder hier. Noch Fragen?« »Nein, Sir!« erwiderte Emerson, während er immer noch stramm stand. »Werde mich sofort daran machen, Sir! Bitte um Erlaubnis zum Wegtreten, Sir!« »Treten Sie schon weg, Mr. Ostrog«, antwortete Gonozal müde. »Aye aye, Sir!« salutierte Emerson, drehte sich ruckartig um und marschierte im Stechschritt vom Hof. Erst außerhalb leistete er sich ein breites Grinsen, bei dem sich ein Mensch wahrscheinlich alle Gesichtsmuskeln gezerrt hätte. Diesmal wandte er sich nach rechts und schlenderte die Kopfstein gepflasterte Straße entlang. Nach wie vor war die Stadt, deren Namen er immer noch nicht kannte, wie ausgestorben. Nach Planetenzeit musste es so etwa zwischen fünf und sechs Uhr morgens sein, und zu einer solchen Zeit wagte sich kein rechtschaffener Bürger auf die Straße. Doch das war vielleicht auch gut so, denn ein nicht rechtschaffener Bürger konnte genau das sein, was Emerson jetzt brauchte. Die Leute, die er bis jetzt getroffen hatte, waren bestenfalls als unsympathisch einzustufen, schlimmstenfalls als zwielichtiges Gesindel. Aber gerade solche Gestalten würden sich womöglich dazu bewegen lassen, die gesuchte Auskunft zu geben. Denn solche Menschen, eigentlich Arkonidennachkömmlinge, standen mit dem Gesetz auf Kriegsfuß und würden sich von einem allgemeinen Tabu wie demjenigen, das anscheinend auf der Angelegenheit mit der Herberge lastete, nicht so leicht ins Bockshorn jagen lassen. Nur – wie sollte er an solche Typen herantreten? Welcher von denen würde schon mit einem dahergelaufenen Fremdling wie ihm über solche Sachen sprechen? Darin besaß Emerson nun überhaupt keine Erfahrung, er hatte schließlich ja auch keine SolAb- oder USO-Ausbildung hinter sich wie manche andere Personen im Landeteam. Warum Gonozal ausgerechnet ihn für geeignet für diesen Job hielt, war ihm ein Rätsel. Das ganze Gerede von wegen »laxem und undiszipliniertem Verhalten« war zwar schon anstößig gewesen, auch wenn es völlig zutraf, aber das mit dem »Fraternisierungstalent« wertete Emerson als direkten Affront. Es mochte ja stimmen, dass er mit all dem militärischen Gebaren in der Solaren Flotte nichts anzufangen wusste und nur dank der angeborenen Schauspielertalente eines Veego die Raumakademie überstanden hatte, aber er hatte sich dabei auch immer um eine gewisse Distanz zu seinen Mitmenschen und -außerirdischen bemüht, damit er seine wahre Identität besser verstecken konnte. Emerson tauchte erst dann aus seiner gedanklichen Versunkenheit wieder auf, als er die dunkle Gestalt vor ihm entdeckte. Sie stand in einer Nische in einer Hausmauer und beobachtete aufmerksam die Straße. Sie trug einen nachtschwarzen, abgetragenen Mantel und eine tief in die Stirn gezogene Lederkappe. Das Gesicht des mindestens 40-jährigen Mannes war von tiefen Narben durchzogen und wies eine an der Wurzel gebrochenen Nase auf. Sein Blick wirkte hart und nicht im mindesten vertrauenerweckend. Ein Ganove! dachte Emerson erfreut. So ein Kerl kam ihm gerade recht. Er trat mit möglichst unbeteiligter Miene an den Mann heran, lehnte sich mit abgewandtem Gesicht neben ihn an die Wand und fragte wie nebenbei: »Haben Sie was über die Herberge gehört, die etwas weiter die Straße hinauf liegt?« Der Mann blickte ihn desinteressiert kurz von der Seite an und entgegnete: »Wer will das wissen?« »Ein einfacher Reisender, der keine Schwierigkeiten mit den Ordnungskräften der Stadt haben will«, erwiderte Emerson klischeehaft. »Darüber weiß ich nichts«, wich der Mann aus. Emerson griff in einen Beutel, den er rechts am Gürtel trug, und förderte einige Salzwürfel zu Tage. Der Erste Offizier Allan Dean Gonozal hatte sie kurz nach der Ankunft auf dem Planeten als eine Art »Naturalienwährung« verteilen lassen, damit die Teilnehmer des Landeunternehmens nötigenfalls geschäftliche Transaktionen mit den Einheimischen tätigen konnten. Da Salz erfahrungsgemäß in einer mittelalterlichen Zivilisation sehr knapp und deshalb von enormem Wert war, sollte sich durch diese Maßnahme problemlos eine kommerzielle Übereinkunft mit jedem Händler des Nordkontinents erzielen lassen. Allerdings hatte er mit Sicherheit nicht an eine solche Art von »Geschäft« gedacht, wie Emerson gerade im Begriff war, Sie zu tätigen. »Können Sie mir jetzt etwas über die Herberge erzählen?« fragte Emerson den Mann erneut, wobei er ihm mehrere der Würfel in die Hand drückte. Der fremde Mann warf einen taxierenden Blick auf die Würfel, steckte sie ein und lehnte sich nun ebenfalls leger an die Hauswand. »Nach dem, was ich so gehört habe, haben der Besitzer und seine Frau mit den Erin sympathisiert«, plauderte der Mann mit gelockerter Zunge aus. »Das hat einigen radikalen Troch, die sich bei ihnen vor etwa einer Woche einquartiert haben, gar nicht gefallen, und sie haben kurzen Prozess gemacht.« Dabei fuhr sich der Mann mit dem Zeigefinger über die Kehle, offenbar eine interstellare Geste. Emerson schauderte innerlich ob dieser freimütigen Darlegung solch ungeheuer grausamer Verbrechen, doch er hielt sich tapfer an seine Rolle und bekam sogar ein abgefeimtes Grinsen hin. Außerdem hatte er soeben einen wichtigen Hinweis auf die Troch bekommen, die auch von der Teleporterin, die Robert Alun entführt hatte, erwähnt worden war. Der Begriff »Erin« war ihm hingegen unbekannt. »Warum bewahren die Leute nur dieses eiserne Stillschweigen?« wunderte sich Emerson laut. »Keiner will mit der Troch-Inquisition Bekanntschaft machen, ganz einfach!« lautete die lapidare Antwort des Informanten. »Die ist für ihre Befragungsmethoden weithin bekannt.« »Was ist der eigentliche Grund für die Auseinandersetzungen zwischen den Troch und den Erin?« fragte Emerson weiter. »Ach, das liegt an ihren religiösen Differenzen«, erwiderte der Mann. »Es hat mit Iltor und Toran zu tun. Die Troch halten Toran nun einmal für einen Dämon oder so, und die Erin können es einfach nicht bleiben lassen, ihn anzubeten. Also, meiner Meinung nach ist das alles ein ausgemachter Unsinn, für den leider nur viele Menschen ihr Leben lassen müssen.« »Hmm«, äußerte Emerson nichts sagend. Er hatte offensichtlich eine ergiebige Informationsquelle aufgetan, die es nun anzuzapfen galt. »Da muss doch noch mehr dahinter stecken, oder?« »Ach«, seufzte der Mann. »Die Erin sind vielen nicht geheuer. Man redet von Hexerei und schwarzer Magie, dämonischer Besessenheit und solchem Zeug. Sicher weiß ich nur, was ich selbst gesehen habe, und das ist wirklich unheimlich.« Zum ersten Mal zögerte der Mann, als ob das Gesagte schlechte Erinnerungen wecken würde. Doch dann fuhr er ungerührt fort: »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sich ein junges Erinmädchen einfach vor mir in Luft aufgelöst hat! Das kann ich bezeugen, und ich kenne viele andere, die Ähnliches beobachtet haben. Da ist es doch kein Wunder, wenn man sie fürchtet und verfolgt.« Der Mann schwieg nun, und Emerson musste das Gehörte erst einmal verdauen. Sein Verdacht hatte sich bestätigt: Die junge Teleporterin, die Alun mitgenommen hatte, gehörte zu den Erin! Das konnte der entscheidende Hinweis sein, den sie brauchten. Er hackte denn auch nach: »Wo leben diese seltsamen Erin?« »Etwa 320 Tapit in Richtung Südsüdost«, erwiderte der Mann. Dann drehte er sich zu Emerson hin und sagte: »Mehr habe ich Ihnen für den Preis nicht zu erzählen. Es gibt auch nichts mehr zu sagen. Wir sind quitt. Gehaben Sie sich wohl, Erhabener!« Mit diesen Worten wandte der Mann sich ab und ging die Straße hinab. »Halt, noch eine Frage!« rief Emerson dem Mann hinterher. »Wie heißt denn diese Stadt überhaupt?« Der Mann hielt kurz inne und rief ihm über die Schulter zu: »Sie wurde nach dem Gründer benannt, da V'ger!« Dann verschwand er in einer Seitengasse. Emerson blickte ihm für einige Momente nach, dann hob er den Kommunikationsring an den Mund und aktivierte den Sender. »Hier Major Ostrog an Oberstleutnant Gonozal«, begann er den Funkspruch. »Habe einen echten Volltreffer gelandet! Ich weiß jetzt wahrscheinlich, wo sich der Galaktopsychologe Robert Alun aufhält, und warum die beiden Herbergsbesitzer ermordet wurden. Komme umgehend zum Rest der Truppe zurück. Ostrog, Ende.« Sogleich machte er sich auf den Weg, um seine Informationen dem Ersten Offizier mitzuteilen. Schon kurz nach seiner Funkmeldung kam Ostrog in den Hof eingebogen und erstattete Allan Bericht. Allerdings musste dieser Ostrogs überschäumende Begeisterung über seine Leistung dämpfen. Nachdem Ostrog gesprochen hatte, fragte Allen ihn, aus welchen Quellen er diese Informationen gewonnen habe. Als er daraufhin meinte, dass er einen ausgefragt habe, antwortete Allan ihm: »Sind Sie immer so naiv? Ich hab ja nicht nur Sie ausgeschickt und von den anderen drei Mann habe ich insgesamt bisher andere fünf Versionen bekommen. Mit ihrer sind's jetzt sechs. Wir haben bisher: Trochsympathisanten fackeln Ketzer ab, Erinsympathisanten fackeln Trochspitzel ab, Stadtbüttel fackelt Weinpanscher ab, dann noch: ›Rache des gehörnten Ehemannes‹ und Verfluchte wurden ›Befreit‹, sowie Verhinderung, dass sich eine Seuche verbreitet. Insgesamt sieht es so aus, als ob keiner so genau weiß, was Sache ist, aber dieses Symbol von allen respektiert wird und irgendwas mit Verbrennen zu tun hat.« Allan seufzte. »Wir sollten dringend von hier verschwinden! Naja, wenigstens haben wir aus ihren Worten eine Bestätigung, dass sich die Teleporterin scheinbar öfter im Zentrum unseres Suchgebietes herumtreibt und dass das Salz anscheinend einen noch viel höheren Wert als angenommen hat.« Gonozals Worte machten Emerson nachdenklich. Da hatte er sich offenbar zu früh gefreut, zumindest was die Sache mit den verbrannten Herbergsbesitzern anging. Doch bei Robert Alun war er sich sicher: Er hatte eine heiße Spur! »Ja nun, Sir«, erwiderte er auf Gonozals Ausführungen, »da bin ich wohl einem Gerücht auf den Leim gegangen. Aber mit der Spur zu unserem Galaktopsychologen irre ich mich ganz sicher nicht!« »So?« fragte der Erste Offizier oberlehrerhaft. »Hundertprozentig, Sir!« gab sich Emerson zuversichtlich. »Zusammen mit den Orterdaten von der CREST V ergibt sich für mich nämlich folgendes Bild: Diese Erin-Teleporterin brachte Alun als Erstes in die Nähe ihres Dorfes, bevor sie ihn schließlich endgültig dorthin transportierte. Dieses Dorf müsste sich meiner Meinung nach ziemlich genau in der Mitte des 200 km durchmessenden Bereiches befinden, in dem wir das Ziel des Teleporterssprunges wissen. Meine Schätzung beruht auf der Annahme, dass ein ›Tapid‹ ungefähr einem halben Kilometer entspricht, das Erindorf also etwa 160 km in Richtung Südsüdost liegen muss.« Emerson hielt kurz inne, um Gonozal Zeit für einen Kommentar zu lassen. Dieser jedoch wollte erst das Ende von Emersons Erörterung abwarten, um eine Bewertung abzugeben. »Fahren Sie fort, Mr. Ostrog«, bat der erste Offizier ihn höflich. »Aye, Sir!« entgegnete Emerson sofort. »Einige Zeit später dann gab es eine Konfrontation, bei der Alun von seiner Waffe Gebrauch machte. Wer auch immer seine Gegner waren, sie scheinen ebenfalls im Besitz von Energiewaffen gewesen zu sein, ansonsten kann ich mir das angemessene Feuergefecht nicht erklären. Auf jeden Fall fand diese Auseinandersetzung im oder nahe beim Erindorf statt. Im Anschluss daran haben die angreifenden Kräfte dann alle Feuer gelegt, was meiner Ansicht nach auf eine Strafaktion einer radikalen Gruppierung hinweist. Ich würde da auf die Troch tippen, doch das ist reine Spekulation.« Nach einer kurzen Pause, um seine Gedanken zu sammeln, fuhr Emerson fort: »Als Reaktion auf diese Attacke haben dann zwei oder mehrere Teleporter damit begonnen, die Dorfbewohner zu evakuieren. Dabei haben sie wahrscheinlich auch Alun mitgenommen. Sein jetziger Aufenthaltsort ist also wiederum nur auf 200 km genau bekannt, doch zumindest haben wir jetzt endlich eine Spur, der wir folgen können. Vielleicht finden wir im Erindorf sogar eine Nachricht von Alun, in der er uns einige Antworten darauf gibt, was auf dieser Welt überhaupt los ist.« Noch bevor Gonozal seine – mit Sicherheit vernichtende – Meinung zu Emersons Überlegungen kundgeben konnte, fügte der hinzu: »Falls Sie ein Rettungsteam aufzustellen gedenken, welches nach Alun suchen soll, melde ich mich sogleich freiwillig dafür, Sir!« Vron war, nachdem er sich die genaue Beschreibung des Mannes geholt hatte, auf die Suche gegangen. Irgendwie war da was komisch gewesen. Warum hatte ihnen der Mann diese Information gegeben? Es musste doch auffallen, dass die Menschen aus dem Gasthof sich nicht mehr meldeten. Er suchte fast eine Stunde, bis er den Mann auf dem Marktplatz fand. Leise sprach er ihn an: »Ich komme von der Karawane. Irgendwas stimmt mit dem Gasthaus nicht.« Bevor der Mann antworten konnte, trat ein Mann dazwischen. Dieser wirkte auf Vron irgendwie unheimlich. Der Sicherheitsmann war sich darüber klar, dass er einen Menschen nicht einfach so beurteilen sollte, aber er bekam einfach diesen Eindruck. »Was fragt ihr diesen Mann aus? Er steht unter meinem Schutz und dem Schutz der Troch!« fuhr ihn der geheimnisvolle Mann an. »Wer seid Ihr überhaupt, dass ihr es wagt, jemanden, der unter dem Schutz des Entos da Bostich, einem hohen Priester der She Hua, steht, zu befragen und einzuschüchtern?« Vron nah seinen ganzen Mut und Verstand zusammen um den Mann zu antworten: »Ich bin Söldner und gehöre zu einer Handelskarawane. Wir kommen von weit her. Ich sollen bloß fragen, was mit dem Gastwirte los sein...« Vron bemerkte den Murks, den er im letzten Satz verbrochen hatte sofort. Aus lauter Nervosität hatte er sehr viele Grammatikfehler gebaut. Verdammt, konnte diese Sprache nicht etwas leichter sein? Entos da Bostich ging nicht auf den Schwachsinn ein, den Vron verbrochen hatte. Wahrscheinlich sah er es als Dialekt, oder hielt Vron für einen Schwachsinnigen. »Merkt Euch, dass in diesem Gasthof alles in Ordnung ist. Allein schon im Namen der She Hua und Iltors!« Vron nickte. Also wollte dieser Priester etwas geheim halten. Fragte sich nur – wieso? »Geben es hier Probleme? Ich muss die Händler warnen, falls es seien so«, fragte er. »Keine, die Euch besorgen sollten. Die Erins werden durch den großen Lor von Zonta bald ausradiert sein und die Baumbrüder haben Euch doch nie beschäftigt. Ihr sucht ja wahrscheinlich nach einer Möglichkeit, mit ihnen zu handeln. Diese Riesen sind Abschaum. Lor scheint es zu reichen, dass sie sich offiziell an die Gesetze halten, aber wäre ich an seiner Stelle, würde ich sie ausradieren! Ach ja schickt mir doch mal euren Priester. Ich würde mich gern mit ihm unterhalten.« Vron versicherte dies. Der Priester hielt ihn scheinbar für harmlos und ließ ihn gehen. Vron begab sich zu Gonozal, der grade von Ostrog einen Bericht bekam. Vron erzählte den beiden alles, wobei er vorschlug, mit diesen Baumbrüdern Kontakt aufzunehmen. Und wie sollen wir das Ihrer Meinung nach machen, Mr. Habel?« fragte Gonozal in leicht ermüdetem Tonfall. Mittlerweile war es 3:32 Uhr und es schien ihm ganz und gar nicht zu gefallen, noch einmal dieselbe Diskussion durchzukauen, die er eben mit Emerson hatte. »Nun ja, ich könnte sicherlich irgendwo eine Karte der betreffenden Gegend auftreiben«, meinte der Sicherheitsbeamte spontan. »Das ist gar kein Problem, Sir. Und mit dieser Karte können wir dann den Aufenthaltsort dieser sogenannten ›Baumbrüder‹ herausfinden, von denen wir vielleicht mehr über die Erin und ihren Konflikt mit den Troch erfahren.« »Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen?« rief Emerson aus. »Das ist eine geniale Idee, Mr. Habel! Vielleicht wissen diese ›Baumbrüder‹ ja etwas über Aluns gegenwärtigen Aufenthaltsort! Ich habe gerade eben Oberstleutnant Gonozal den Vorschlag gemacht, einen Trupp zu dem Erindorf zu entsenden, und wenn diese ›Baumbrüder‹ dort in der Nähe leben, können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.« »Und wenn meine Großmutter Impulstriebwerke hätte, könnte sie durch das All fliegen!« zitierte Gonozal ein uraltes arkonidisches Sprichwort. »Bremsen Sie bitte Ihren Übermut, meine Herren! Ich werde darüber mit Kommandant Strader sprechen, und wenn er einverstanden ist, werden wir uns heute Abend noch in die betreffende Richtung in Marsch setzen. Bedenken Sie jedoch, dass dieses Dorf wahrscheinlich über 150 km entfernt sein wird, da werden wir schon einige Tage bis dahin brauchen. Können Sie damit leben?« Nach kurzem Zögern gaben sowohl Vron Habel als auch Emerson ihre Zustimmung zu dem Vorschlag des ersten Offiziers, schon alleine, da sie sowieso keine große Wahl hatten. »Dann ist es ja gut«, äußerte Gonozal zufrieden. »Übrigens finde ich Ihren Vorschlag mit der Karte ebenfalls ausgezeichnet, Mr. Habel. Eine derartige Orientierungshilfe wäre von unschätzbarem Wert für uns, deshalb bin ich damit einverstanden, wenn Sie sich unauffällig auf die Suche machen. Wegtreten!« Während Habel voller Tatendrang den Hof wieder verließ, ging Emerson zu den auf dem freien Platz vor der Herberge aufgestellten Sonnensegeln und suchte seinen ledernen Tragebeutel. Er fand ihn an der Stelle, an der er ihn vor etwas über einer Dreiviertelstunde abgestellt hatte. Emerson setzte sich und holte als erstes den als Handspiegel getarnten Kleincomputer heraus. Er rief die Übersicht der von der CREST V übermittelten Orterdaten auf, die als schematische Karte auf dem kleinen Display erschien. Seinen Daten zufolge betrug die Ortungsgenauigkeit des neuen Zufluchtsort der geflohenen Erin 200 km statt den von Gonozal angegebenen 100! Um die Sache aufzuklären, wandte Emerson sich an den Kommunikationsoffizier des Landeteams, Leutnant E. T. Appelemaison. »Oh ja, wir haben kurz vor der Ankunft in dieser ›Stadt‹ neue Daten vom Schiff zugesandt bekommen, per kodiertem und gerafftem Richtfunkspruch natürlich«, gab der Funker gerne Auskunft. »Die Schiffspositronik war nach einigem Rechnen in der Lage, die Genauigkeit der Ortungen der letzten Teleportersprünge auf das Doppelte zu erhöhen. Das betrifft sowohl den Ausgangs- als auch den Endpunkt der Sprünge.« »Das ist ja interessant!« staunte Emerson. »Wie haben die das denn gemacht?« »Durch die große Anzahl und die gleichbleibenden Anfangs- und Endpunkte der Sprünge konnte man durch ein besonderes Rechenverfahren die Messunsicherheiten gegeneinander aufheben. Das Verfahren ähnelt ganz entfernt der vor Urzeiten verwendeten Triangulation, falls Ihnen das etwas sagt.« »Hab schon mal davon gehört«, erwiderte Emerson. Dann überspielte der Leutnant die neuen Daten auf Emersons Computer. Zufrieden ging der wieder zu seinem Gepäck zurück und betrachtete die Ortungsdaten, wie die von der Schiffsbiopositronik überarbeiteten Informationen bei sich nannte. Daraus ging überdies noch hervor, dass die noch gestern Abend beobachteten Brandherde inzwischen verlöscht waren. Dann legte sich Emerson unter eines der Sonnensegel, wobei er seinen ledernen Beutel als Kopfkissen benutzte. Kurz darauf war er eingeschlafen, weshalb er von den weiteren Geschehnissen im Keller der Herberge nichts mitbekam. Connor lauschte angestrengt in Richtung Eingang, aber er musste sich verhört haben. Von dort waren keine Geräusche zu hören. Aber aus einer anderen Richtung kam ein leises Glucksen. Connor bemerkte, dass es aus dem Raum mit den »ehemaligen« Regalen kam. Lasitus sah sich kopfschüttelnd um und zuckte die Schultern, was er gleich darauf mit einem schmerzlichen Verziehen des Gesichtes quittierte. »Wo sind eigentlich die anderen? Den Radau muss man doch bis draußen bemerkt haben. Und die Staubwolke treibt auch Richtung Eingang. Warten Sie hier, ich gehe einmal kurz hinaus und schaue nach.« Leicht gebeugt machte sich Lasitus auf den Weg und murmelte noch etwas von »verdammter oxtornischer Hilfsbereitschaft«. Connor wandte sich indes dem Raum zu, aus dem das Glucksen kam. Der Raum hatte sich »leicht« geändert, die Bezeichnung Trümmerfeld war noch harmlos gegen diesen Anblick. Connor schob einige Trümmer beiseite, was wieder eine Staubwolke aufwirbelte. Als sie sich senkte, sah er, woher das Geräusch kam. Das Fass war gegen die Wand geprallt und hatte ein Leck bekommen. Eine kleine Pfütze breitete sich rasch aus und sammelte sich dann in einer kleinen Vertiefung. Connor trat näher und sah, dass an der Stelle, wo das Fass vorher gestanden hatte, die Flüssigkeit abnahm und scheinbar durch den Boden floss. Er schnappte sich ein Teil des Regals und hieb damit auf den Boden ein, worauf hin unter dem Boden ein Echo erklang. Connor bückte sich und zog sein Überlebensmesser. Mit diesem setzte er am Boden an und drückte kräftig. Nach kurzer Zeit zeigte sich ein Erfolg – ein kurzes Knirschen und ein Stück des Bodens öffnete sich. Connor hob die Falltür auf und sah eine rechteckige Vertiefung. Ein kleiner Gang befand sich darunter, der nach wenigen Metern im Dunkeln verschwand. Connor legte die Falltür neben das Fass und machte sich ebenfalls zum Ausgang des Kellers auf. Dort eingetroffen sah er Allan, der sich wenige Meter neben dem Keller mit irgendwem unterhielt. Connor räusperte sich leicht, woraufhin der Arkonide zusammenfuhr und sich umdrehte. »Sir, ich habe da etwas Interessantes im Keller gefunden. Das sollten Sie sich einmal ansehen, aber bringen Sie bitte eine neue Taschenlampe mit.« ENDE Emerson bleibt zunächst bei der CREST und geht weiter seinen Forschungen nach, aber auch Lastinus und Connor stoßen auf geheimnisse. Außerdem bleibt noch Allun zu befreihen. Weggefährten, Schicksal und Strafen ist der Titel des vorletzten Teils der ersten CREST V-Mission, die in zwei Monaten im TERRACOM erscheint. PROC STORIES - Fan-Stories vom PROC - ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUBs. Kurzgeschichte »CREST V – Buch 4« von Das PBeM-Team der CREST V. Erschienen am: 04.09.2001. Lektorat, Nachbearbeitung und Umsetzung in Endformate: Alexander Nofftz. Satz: Xtory (SAXON, LaTeX). Internet: http://www.proc.org/stories/. eMail: stories@proc.org. Copyright © 2001. Alle Rechte beim Autor! | ![]() | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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