Alexander GlaserPERRY RHODAN ONLINE CLUB (PROC) HomepageErschienen am:
01.06.2001
PROC STORIES - Fan-Stories aus dem Perry Rhodan Online Club

Das »Ich oder Wir«

Was bisher geschah

In einer Zeit, als es den Terranern noch vergönnt war mit Dimesextatriebwerken die gewaltigen Abgründe zwischen den Galaxien unglaublich schnell zu überwinden, rast das Ultraschlachtschiff BLUE RIDGE MOUNTAIN mit zwei prominenten Gästen an Bord entlang der Sextadim-Halbspur einem fernen Ziel entgegen.

Jak Nyman, ein fähiger Wissenschaftler aus Payne Hamillers Team und Mentro Kosum, der legendäre Emotionaut aus den vergangen Tagen des Solaren Imperiums geben sich die Ehre!

Doch während des Fluges trifft die BLUE RIDGE MOUNTAIN auf ein unfassbares Hindernis und stürzt mit ihm in den Einsteinraum zurück: eine unbekannte, aus Energie bestehende Lebensform, die mit ihren parapsychischen Fähigkeiten die terranische Besatzung um ihren Verstand und das Schiff an den Abgrund der Vernichtung bringt.

Nur Nyman und Kosum erweisen sich gegen die mentale Ausstrahlung als immun und nehmen den Kampf auf, um das drohende Schicksal doch abzuwenden...

1.

Jak Nyman verließ den Aufenthaltsraum von C-Deck und ging lautlos bis zum Ende des Ganges. Er wußte, daß Therenor Everblack und die drei anderen Verwirrten dort auf ihn warteten, aber er war zu stolz, um jetzt noch umzukehren.

Die Art, wie Jak sich bewegte, hätte seine Gegner warnen müssen, aber ihr Haß hatte sie blind gemacht. Everblack trat von links aus einer Nische und blieb breitbeinig im Korridor stehen.

Die drei anderen tauchten hinter Nyman auf, geräuschlos wie sie glaubten, aber für die geschärften Sinne des positiv beeinflußten Wissenschaftlers unüberhörbar.

Theodor Everblack wippte auf den Stiefelspitzen. Er ließ den Gummiknüppel in der rechten Hand kreisen. Jak spürte den Schwall feindseliger Gedanken, und er kapselte sich dagegen ab. Nur mühsam konnte er mit der frisch erworbenen rudimentären Parafähigkeit Telepathie umgehen.

»Wir sind auf Mutantenjagd«, sagte Everblack.

Seine innere Erregung war unverkennbar und ließ seine Stimme schrill klingen. Der leuchtende Irrsinn in den weit aufgerissenen Augen ließ Jak erschauern. Es war lediglich der Körper des jungen Feuerleitchefs der BLUE RIDGE MOUNTAIN, der ihn in diesem Moment auf dem Korridor bedrohte. Das eigentliche Bewußtsein lag eingesperrt, tief im Innern des mittlerweile hypnosuggestiv beeinflußten Gehirns des blaßhäutigen Terraners verborgen.

»Das ist Unsinn, Theodor«, versuchte Jak Nyman ihn zu beschwichtigen. »Ich bin ein Mensch wie ihr auch. Laßt mich in Ruhe weitergehen, dann kann ich euch helfen.« Er hob bedächtig seinen rechten Arm und streckte ihn seinem Kontrahenten entgegen.

Everblack machte den drei hinter Nyman stehenden Männern ein Zeichen. Sie warfen sich auf den durchtrainierten Wissenschaftler und wollten ihn festhalten.

Jak sprang aus dem Stand über die Kopfhöhe seiner Angreifer und ließ sich auf Everblack fallen. Der hagere, schwächlich wirkende Feuerleitoffizier gab einen überraschten Laut von sich. Jak lähmte ihn mit einem Dagor-Griff, dann fuhr er herum und machte einen Satz über die drei vor ihm stehenden schwerfälligen Angreifer.

Sie starrten ihn mit aufgerissenen Augen an, so als ob sie überhaupt nicht verstünden, was sich gerade ereignet hatte.

Dann durchfuhr sie ein stechender Schmerz. Sie hielten sich schreiend ihre Köpfe, um schließlich nach wenigen Augenblicken bewußtlos zusammenzusinken.

Der mentale Griff des rätselhaften Eindringlings erlosch dabei schlagartig, so daß auch Jak seine positiven Parafähigkeiten wieder verlor. Er schüttelte sich leicht benommen.

Erstaunlich, wie ungeheuer differenziert die paranormale Beeinflussung auf die einzelnen Besatzungsmitglieder des festgesetzten Ultraschlachtschiffes einwirkte. Hatte sie bei ihm selbst keinerlei hypnosuggestive Wirkung erzielt, sondern im Gegenteil latenten Parafähigkeiten zum Durchbruch verholfen, so trieb sie andere Menschen in den Wahnsinn.

Jak wußte, daß es in der präkosmischen Epoche der Menschheit nichts ungewöhnliches gewesen war, Minderheiten und Andersartige zu verfolgen, aber er hätte es niemals für möglich gehalten, daß er im Zeitalter des kosmischen Humanismus, der Galaktischen Völkerwürde und ihren hohen moralischen Wertvorstellungen selbst Betroffener solch barbarischer Verhaltensweisen werden würde.

Nyman war natürlich klar, daß er die Menschen an Bord des Ultraschlachtschiffes nicht für ihr Verhalten verantwortlich machen konnte. Das fremde Energiewesen mit der Hypersextaaffinität manipulierte die Gehirne seiner schwachen Opfer, spielte mit ihnen, wie ein Puppenspieler an den Fäden seiner Marionetten zog.

Seit mehreren Stunden schon hielt es das Schiff fest in seinem mentalen Griff. Jeder Versuch es abzuschütteln schlug bisher fehl.

Jak erwachte aus seiner Starre und raste mit mächtigen Sätzen zum nächsten Interkomanschluß. Er schaltete das Gerät ein und stellte eine Verbindung mit der Zentrale her.

»Hier spricht Jak Nyman!« rief er. »Ich habe soeben wieder eine paranormale Attacke erlebt. Wie sieht's bei euch aus?«

Der zu dem Gerät gehörende Bildschirm erhellte sich. Das ernste Gesicht von Mentro Kosum wurde darauf sichtbar.

»Jak!« sagte der alte Emotionaut, der ebenso wie Nyman zu den wenigen positiv Beeinflußten zählte. »Es ist besser, wenn du sofort in die Zentrale kommst.«

Jak unterdrückte weitere Fragen. So schnell er konnte raste er zum nächsten Antigravschacht. Es kostete ihn keine Überwindung dieses auf negativ Beeinflußte sehr suspekt wirkende Transportmittel zu benützen. Während Nyman empor schwebte begegnete ihm infolgedessen auch niemand. Die manipulierte Crew mied diese Art der Fortbewegung und wich auf die weit abgelegenen Notleitern aus. Das verschaffte dem kleinen Rest von noch klar denkenden Terranern an Bord natürlich einen gewissen Vorteil, den Jak auch auszunützen gedachte.

Jak betrat unbehelligt die Zentrale im Mittelpunkt des riesigen Fernraumschiffes durch das Antigravhauptschott und wurde sofort der Anspannung gewahr, unter der die hier versammelten Besatzungsmitglieder der BLUE RIDGE MOUNTAIN standen.

Die konzentrierte Aufmerksamkeit der Menschen galt dem Panoramabildschirm, und Jak, der Blickrichtung der anderen folgend, sah auch sofort den Grund dafür.

Nyman konnte sehen, wie die Kugel aus übergeordneter Energie rasch anschwoll. Keine Frage, die MOUNTAIN wurde allem Anschein nach von diesem inzwischen mondgroßen Energiewesen inmitten des intergalaktischen Leerraumes unausweichlich angezogen!

»Mentro«, schrie er und lief auf den Emotionauten, der teilnahmslos in seinem Kontursessel saß, zu. »So unternimm doch etwas.«

Aber dieser grinste ihn nur müde an, hob die Schultern in der Geste absoluter Hilflosigkeit.

»Tut mir leid, Jak. Irgend einem von den Manipulierten muß es gelungen sein die Emotioschaltung im Kraftwerkssektor lahm zu legen. Ich habe keinerlei Gewalt mehr über das Schiff.«

»Was ist mit der manuellen Notschaltung in der Hauptzentrale? So müßte doch wenigstens ein Fluchtstart gelingen.«

Darryl McPherson trat an die beiden heran. Die erfahrende Kommandantin legte eine Hand auf Nymans Schulter.

»Nichts zu machen Jak. Wir haben auch diese letzte Option bereits gecheckt. Du kannst dir vorstellen, wie der Versuch endete?«

Grimmig nickte der agile Wissenschaftler, der so gar nicht in das Schema eines geistigen Genies passen wollte. Er erinnerte eher an einen Raumlandesoldaten.

»Hilflos, wie junge Kücken sind wir also. Auf Gedeih und Verderb dem da drüben ausgeliefert.«

»Ein Traktorstrahl zieht uns geradewegs hinein«, meldete Joanne Sarastae.

Die unscheinbare Frau von Plophos hatte vorübergehend den Ortungsleitstand besetzt. Ihre Zurückhaltende, eher skeptische Haltung gegenüber Mentro Kosum hatte die eigentliche Chefpilotin der MOUNTAIN seit dem Erwachen aus dem Sextadimkoma abgelegt. Sie erkannte die herausragende Leistung des alten Emotionauten auf seiner letzten dienstlichen Fahrt an Bord eines Flottenraumschiffes vor der endgültigen Pensionierung neidlos an.

Er, der 5000 Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt hatte als das Großraumschiff mit Gewalt aus der Sextadimspur zwischen den Universen gerissen wurde, erhielt nun auch von ihr die ihm gebührende Anerkennung. Jetzt aber saßen sie gemeinsam fest, auf einem Riesenschiff, das ihnen nicht mehr gehorchte, deren überwiegender Teil der Besatzung zu hypnosuggestiv manipulierten Monstren mutiert waren.

Das Ultraschlachtschiff tauchte in die Energiesphäre ein. Die Geschwindigkeit war dabei viel zu hoch gewählt, so daß sich unterhalb des gewaltigen Kugelleibes verheerende Energiewirbel ausbreiten mußten. Ihrem Kontrahenten lag offenbar wenig an der intakten Übernahme seiner hilflosen Beute.

Alle blickten gebannt auf die Panoramagalerie. Festgeschnallt suchten die Raumfahrer in den Kontursesseln der Kommandozentrale halt vor den unmittelbar einsetzenden Erschütterungen.

Aber nichts dergleichen geschah. Die BLUE RIDGE MOUNTAIN stand noch wenige Sekunden von einer flammenden Aura umgeben in der tiefen Schwärze des Alls, dann folgte ein mentaler Schrei, der sich seine Bahn durch die menschlichen Gehirne suchte, um schließlich die verzerrten Gesichter gepeinigter Terraner in die wohltuende Bewußtlosigkeit zu entlassen.

Nur Zweien offenbarte sich das Grauen einer unwirklichen Welt: Jak Nyman und Mentro Kosum.

2.

Es ist ein Wesen, dessen tatsächliche Gestalt für Menschen weder physisch, noch psychisch zu erfassen ist. Sein Abbild im Einstein-Universum wirkt nur wie der fahle Schatten in einer sternenlosen Nacht. Zu andersartig ist seine Form und sein Denken für unser Sein...

Wie schön es doch ist entlang der Spur zwischen den Universen wandern zu können, sich an deren divergenten Energieniveaus zu laben. Wir tanzen hin und schweben her, mein Bruder und ich. Oder Ich und mein Bruder? ... Wo ist da der Unterschied? ... Was sind das für eigenartige Gefühle, die in mir plötzlich entstehen? ... Kannst du es auch fühlen, mein Bruder? Aber natürlich kannst du das, denn ich bin wir und wir sind ich! ... Was ist denn das für köstliche Energie, die sich uns oder mir nähert? Sie zieht mich in einen Bann, das merke ich deutlich. Ich vermag mich dem nicht zu entziehen. Warum sollte ich das auch? Ich muß mal nachschauen, kann mich nicht bremsen... Es ist zu faszinierend... aahh!!! ... Es schmeckt gar köstlich... und es gibt noch viel mehr davon... Ich oder Wir halten es auf, reißen es in diesen einen, uns noch unbekannten Kosmos hinein...

In einem multidimensionalen Inferno werden der zwischen den Dimensionen dahin rasende Kugelkörper aus Ynkelonium-Terkonitstahl und ein Reisender zwischen den Universen in den Einsteinkosmos geschleudert.

Dort, wo noch mehr von ihnen sein müssen. Und man kann sogar mit diesen winzigen Energieeinheiten spielen... Sie her, Bruder... Ich kann in ihr Bewußtsein greifen, entdecke die tiefsten Geheimnisse ihrer selbst. Egal ob banales technisches Wissen, verborgene Ängste, geheime Wünsche oder Sehnsüchte, nichts von alle dem bleibt mir verborgen! ... Sieh her! Ich lasse sie tanzen... Wie Puppen in einem Theaterspiel für Kinder! ... So vertraut ist mir ihre Sprache schon geworden! ... Verwirrend und faszinierend zugleich...

Dann erfolgt der Zusammenprall und »Ich oder Wir« gerät in Ekstase – zumindest die immer mächtiger werdende Teilentität Ich.

Es wird unsere Aufgabe sein, dieser Eskalation ein Ende zu setzen. Wir haben uns zu schnell in die Defensive drängen lassen. Nun haben wir kaum noch Möglichkeiten das zu stark gewordene Ich auf den vernünftigen Pfad, der herrlichen Spur zwischen den Universen, zurückzuführen. Zu gierig saugt das Ich die Energien dieses fremden Kosmos in sich auf. Der Preis, den wir alle hierfür zu zahlen haben, ist ein Rückfall in die Barbarei der körperlichen Existenz. Das muß unbedingt verhindert werden!

Aber wir haben zwei geeignete Energiequanten entdeckt, in die wir unsere ganze Hoffnung stecken werden...

3.

Nyman schrie auf, dann wankte er zu Kosum hinüber. Überall lagen reglose Körper in den Kontursesseln. Zweifellos sah es gegenwärtig überall an Bord der MOUNTAIN so aus.

Warum ausgerechnet Kosum und er selbst diesen gewaltigen Schock aus Sextadimenergie bei vollem Bewußtsein überstanden hatten, sollten ihnen bald klar werden. Der agile Wissenschaftler verspürte ein dumpfes Dröhnen in seinem geplagten Kopf, welches langsam aber stetig anzuschwellen schien. Eine eindeutige Geste Kosums machte klar, daß es ihm, dem alten Veteranen, ähnlich erging.

Kosum laß einige Parameter ab und Nyman lauschte mit seiner wieder erwachten schwachen parapsychischen Gabe ins Innere des Schiffes.

»Irgend etwas zapft ungeheure Mengen Energie von unseren Kraftwerken ab«, stellte Kosum besorgt fest. »Das muß diese fremde Lebensform sein.«

Natürlich, wer sonst! Nyman deutete auf ein Leistungshologramm des Maschinendecks.

»Es sitzt in den Hauptreaktoren des Primärkraftwerkes«, fügte er hinzu. »Aber da ist noch etwas: Dieses Geschöpf saugt eindeutig die mentale Lebensenergie unserer bewußtlosen Mannschaft ab. Es wird nicht mehr lange dauern und sie sind tot.«

Noch bevor Mentro Kosum zu einer skeptischen Anmerkung über die Richtigkeit von Nymans Aussage ansetzen konnte, drang eine mentale Stimme in die Gehirne der Beiden ein.

Ich bin Wir! Der Mensch, den man Nyman nennt hat mit seiner Mutmaßung vollkommen recht. Es bleibt uns nicht viel Zeit das drohende Unheil abzuwenden...

Das Wesen, welches sich selbst als »Wir« bezeichnete, schilderte so gut es ging das Bewußtseinskonglomerat »Ich oder Wir« und die damit verbundenen Besonderheiten. Es, Er, oder Sie lebten normaler Weise auf der Sextadimspur ein Dasein jenseits der menschlichen Vorstellungskraft. Durch das Zusammentreffen mit der BLUE RIDGE MOUNTAIN hatte das Ich-Bewußtsein schlagartig die Oberhand gewonnen und verfiel zusehends dem Wahnsinn. Lediglich entlang der Sextadimspur könnte dieser Zustand wieder umgekehrt werden, ansonsten würde es wohl auch für die Terraner an Bord dieses Raumschiffes sehr schlecht bestellt sein.

Nyman und Kosum haderten nicht lange. Zu bizarr schien die Gesamtsituation zu sein, als daß man nun auch noch die Aufrichtigkeit des fremden Bewußtseinssplitters anzuzweifeln bereit war. Es mußte eine pragmatische Lösung gefunden werden, und zwar möglichst rasch. Es blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als sich auf die Offerte des mächtigen Unbekannten einzulassen.

Und während sich Kosum daran machte, eine provisorische Reparatur der Steuerkontrollen vorzunehmen, tüftelten Nyman und der Wir-Bewußtseinsinhalt einen verzweifelten Plan zur Rettung aller Beteiligter aus, dessen Umsetzung nicht länger als eine Stunde in Anspruch nehmen durfte. Sonst würde es wohl für die in psionischer Stasis versetzte Crew zu spät sein!

4.

Der Wartungsschacht dicht über den primären Paratronschutzschildprojektoren bot kaum Platz zum Atmen. In lauernder Hockstellung verweilte Jak Nyman und horchte in die Tiefe seines Inneren. Allmählich hatte er sich an das psionische Chaos gewöhnt. Ebenso kam ihm die Präsenz des Wir-Bewußtseinsplitters keineswegs mehr fremd vor. Im Gegenteil, er genoß das stetige Ansteigen der Energie in seinem Körper, zusätzlich verstärkt durch die wachsende Konzentration heimlich umgeleiteter Hyperenergie in die Speicherfelder der Paratronprojektoren.

Der Terraner spürte es am ganzen Leib, mutiert zu einem gewaltigen psionischen Katalysator, der nur ein Ziel zu haben schien: den Lockvogel für das unzurechnungsfähige Ich zu spielen. Einfach hörte er sich an, der Plan, den der junge Hyperphysiker in aller Eile zusammen geschustert hatte und zu dem es keine Alternative mehr gab. Nun mußte die Theorie allerdings in die Praxis umgesetzt werden.

Während Kosum unter seiner SERT-Haube in der Kommandozentrale nur auf den richtigen Moment wartete die Paratronfelder für den Dimesextaantrieb zu aktivieren und somit hoffentlich das Schiff und dieses zwiegespaltene Fremdwesen in eine unbegreifliche Dimension zu schleudern, fieberte Nyman immer stärker der Entscheidung entgegen.

Der Wir-Anteil hatte sich bereits in der Peripherie der Paratronphalanx postiert und sandte starke, positive Signale an sein Ich – immer und immer wieder:

Komm zu mir... hier gibt es Energie im Überfluß... Du mußt keine Angst haben... kehre zu mir zurück... wir gehören zusammen... so glaube mir, ich spreche die Wahrheit!!! ...

Die Zeit verrann... Schnell, immer schneller; Dennoch zu langsam für Kosum und Nyman. Nur noch Minuten... Sekunden...

Schließlich die Antwort:

Bist du es, mein Wir?... Ich höre dich nur schwach, aber ich spüre eine starke Quelle der Energie in deiner Nähe... Dieses Universum gefällt mir. Ich möchte hierbleiben... Du auch? ...

Nyman begann immer stärker zu schwitzen. Nun kam es auf den Wir-Splitter an. Konnte er überhaupt lügen? Nyman hatte menschliche Handlungsmuster seinem Plan zugrunde gelegt. Waren diese überhaupt auf diese völlig fremdartige Entität zu übertragen? Er zitterte am ganzen Leib. Sein Blick hing am nur wenige Meter entfernten Fluchttransmitter fest, in dessen Abstrahlfeld er sich zu werfen hatte, wenn die Paratrons geflutet wurden.

Ja... Auch ich möchte hier bei dir bleiben... bei dir und all dieser wunderbaren Energie... Labe dich hier bei mir... wir werden nirgendwo anders hingehen, ich verspreche es dir... log die Wir-Komponente etwas zögerlich, aber dennoch überzeugend genug, denn das Ich machte sich auf den Weg.

Es dauerte nur wenige Augenblicke.

Jak Nyman kämpfte gegen diesen Sturm der mentalen Energien an. Er fühlte wie sein Innerstes angezapft, wie er gleich einer reifen Frucht ausgequetscht wurde. Am liebsten hätte er sich übergeben oder wäre besser gleich gestorben! Auf allen Vieren kroch er dem rettenden Transmitter entgegen, Zentimeter um Zentimeter, eine nicht enden wollende Tortour die ihm den Verstand zu rauben schien.

Doch dann war es soweit. Der Terraner konnte es deutlich fühlen.

»Jetzt, Mentro«, schrie er aus letzter Kraft in den Interkom seines Anzugs, um bereits ohne Bewußtsein ins Abstrahlfeld des Bordtransmitters hinein zu fallen.

Kosum aktivierte nur durch die Kraft seiner Gedanken das einzigartige Triebwerke des Ultraschlachtschiffes und riß es zusammen mit der im Prozeß der Wiedervereinigung befindlichen Entität auf die Sextadimhalbspur.

Dort brandete noch einmal ein Sturm psionischer Energie auf, als sich ein greller Glutball rasch von der BLUE RIDGE MOUNTAIN entfernte.

Mentro Kosum hingegen deaktivierte den Antrieb wieder, gönnte dem Schiff und seiner Besatzung erst einmal die dringend erforderliche Ruhepause, irgendwo zwischen den Sterneninseln in den Tiefen des Universum, unglaublich weit weg von Zuhause.

ENDE

PROC STORIES - Fan-Stories vom PROC - ist eine nicht kommerzielle Publikation des PERRY RHODAN ONLINE CLUBs. Kurzgeschichte »Das »Ich oder Wir«« von Alexander Glaser. Erschienen am: 01.06.2001. Titelbild: Alexander Nofftz. Lektorat, Nachbearbeitung und Umsetzung in Endformate: Alexander Nofftz. Satz: Xtory (SAXON, LaTeX). Internet: http://www.proc.org/stories/. eMail: stories@proc.org. Copyright © 2001. Alle Rechte beim Autor!