Thorsten Oberbossel (oberboss@stud-mailer.uni-marburg.de)
Perry Rhodan SOS SAGOPYA - aus der Serie »Die Clan-Korvette«

Teil 8 von 8

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Rückschau

   Es war nur ein Zufall, daß die EOS durch den an eine geheime Basis einer der doranischen Gesellschaft entgegenwirkenden Untergrundorganisationgerichteten Hyperkomstrahl flog. Doch nun weiß Kyla Anderson geb. Lentars, daß ihre eigene Schwester ein wichtiges Mitglied dieser Untergrundorganisation ist und hat mit Unbehagen und Enttäuschung zur Kenntnis nehmen müssen, daß sie von dieser zur Feindin erklärt worden ist, weil Kyla und ihr Mann Roy die Pläne der sogenannten Gesellschaft für Gleichheit auf Dor vereitelten. Ihnen und ihren Kameraden Simon Simpson und Eldar Maktrom gelingt gerade noch die Flucht vom Stützpunktplaneten der Piraten.


Bericht Kyla Anderson

   Wir hatten alle Ausrüstungsgüter aufgeteilt und die Rotorfluggeräte zurückgelassen. Roy schleppte sich mit der übergroßen Strahlwaffe des Ertrusers Eldar Maktrom ab. Wir hofften, daß Simon tatsächlich alle Funktionen des Schlachtkreuzers blockiert hatte, als wir durch die Baumwipfel stießen und damit als fliegende Zielscheiben dienten. Doch kein Angriff erfolgte. Wir waren nicht entdeckt worden.
   Ohne ein Wort zu wechseln kehrten wir zu jener Stelle zurück, an der wir die EUROS versteckt hatten. Eine bange Sekunde lang fürchtete ich, daß man das Schiff doch entdeckt haben könnte, bis es unter dem Codeimpuls seinen Deflektorschirm abschaltete. Dann fiel auch noch der Energieschirm, der das Schiff vor den eventuellen Großtieren des Dschungels geschützt hatte. Wir landeten neben unserem Raumboot und öffneten die Schleuse.
   In der Schleusenkammer unterzogen wir uns erst einmal einer gründlichenradiochemobiologischen Diagnose und stellten fest, daß wir weder eine hohe Strahlendosis, noch irgendwelche Anzeichen chemischer oder bakterieller Vergiftungen aufwiesen.
   »Vielleicht liegt über der toten Zone um das Camp ein elektrisches Feld, möglicherweise noch mit Ultraschall gekoppelt«, vermutete Roy.
   »Aber warum haben wir dann nichts davon gespürt, Roy?«
   »Weil wir zu kurz da waren. Außerdem hatten wir unsere Schutzschirme in Betrieb. Tiere reagieren zudem wesentlich empfindlicher auf Ultraschall oder Elektrizität.«
   »Ich bin gar nicht dazu gekommen, dir für deinen Einsatz zu danken, Roy. Ich hoffe nur, man hat auf Dor kein weiteres Gerät dieser Art.«
   »Ich habe das Gerät nicht gesehen, Kyla«, meinte Roy. »Vielleicht hat man deiner Schwester nur einen Köder hingeworfen, um mehr über die Aktivitäten dieser merkwürdigen Gesellschaft zu erfahren, und ich habe jetzt vielleicht einen Geheimtransmitter, einen Peilsender oder etwas vergleichbares kaputt gemacht.«
   »Ich glaube nicht, daß meine Schwester etwas transportiert, was sie nicht mindestens einmal gesehen hat. Und Sachen, die sie vor dem Transport nicht sehen kann, befördert sie nicht. Falls sie sich, vom ideologischen Standpunkt abgesehen, nicht groß geändert hat, wird sie den Container einer Prüfung unterzogen haben. Außerdem gehe ich davon aus, daß auf Dor einige Sympathisanten leben, die sicherstellen, daß die Gelbweißen auch bekommen, was sie haben wollen. Aber absolut sicher können sich die Leute um meine Schwester jetzt nicht mehr fühlen. Denn auch sie werden infiltriert. Das schafft Mißtrauen.«
   »Das ist nicht unser Problem. Unser Problem ist, daß deine eigene Schwester uns auf eine Todesliste gesetzt hat und darauf wartet, daß es uns erwischt.«
   »Vielleicht ist es nur eine Finte. Aber bei zu Terrorakten bereiten Radikalen ist mit allem zu rechnen, Roy. Doch ich glaube nicht, daß man uns gezielt jagen wird. Das wäre zu aufwendig und auffällig. Schließlich müßten sie damit rechnen, daß wir von Dor oder einer anderen Großmacht als Lockvogel benutzt werden könnten, um sie zu erwischen.«
   »Ich möchte wissen, Kyla, ob du einverstanden bist, daß Laura einen Funkspruch nach Dor schickt, um über unsere Begegnung mit deiner Schwester zu berichten. Außerdem, falls unser Bordingenieur gründlich gearbeitet hat, steht da auf diesem Planeten nun ein Schlachtschiff der GfGaD herum, das man nur noch abholen muß.«
   »Wenn sie nicht auf die Idee kommen, den Freitod zu wählen. Ich kann mir vorstellen, Roy, daß an Bord dieses Schiffes Arkonbomben oder ähnliche Massenvernichtungswaffen gelagert sind. Vielleicht wird der Kommandant auch das Schiff evakuieren lassen und es dann zerstören. Ich täte das, wenn ich wüßte, daß ich wie auf einem Präsentierteller angeboten würde.«
   »Die Gefahr besteht, Kyla. Aber jetzt holen wir erst einmal unsere beiden Schlachtenbummler ab!« meinte Roy und startete das Raumboot.
   Als wir die Umlaufbahn erreichten, erkannte ich vier große Punkte, die gerade im Linearraum verschwanden. Offenbar hatte die kleine Flotte der GfGaD die SAGOPYA begleitet und die Kameraden auf dem Planeten zurückgelassen. Das war unser Glück. Sicher, die EUROS flog unter ihrem Ortungsschutz. Aber der Raumjäger mit Simon und Eldar hatte sich nicht getarnt. Doch nun war der Weg frei, um unsere Leute abzuholen.
   Wenige Minuten später kreuzten wir im Weltraum die Bahn des geflohenen Raumjägers. Mit einem schnellen Manöver ging Roy längsseits und blinkte mit den Lichtern der Backbordseite. Keine zwei Minuten später kamen unsere Helden an Bord.
   Als Simon und Eldar ihre Großtaten erzählt hatten und damit schlossen, daß sie einen Hyperkomspruch aufgefangen hätten, wollte ich wissen, von wem dieser Spruch stammte. Doch das konnten mir die beiden nicht erzählen.
   Ich sah auf dem Ortungsschirm zehn Punkte, die sich uns näherten. Ich vermutete, daß es Raumjäger oder Korvetten des Schlachtkreuzers seien und riet zur Eile, um dieses Sonnensystem zu verlassen. Roy, der längst mit Höchstbeschleunigung Kurs auf den leeren Raum genommen hatte, lächelte nur und meinte:
   »Wir gucken uns unter der Tarnkappe an, was die machen. Dann schlüpfen wir einfach in den Halbraum. Genug Geschwindigkeit dazu haben wir bereits.«
   Wir flogen mit 45 % der Lichtgeschwindigkeit im freien Fall weiter, während der von Laura und mir entwickelte Ortungsschutz uns vor Tastern und Energiesuchern abschirmte. Als wir sahen, wie sich die zehn Punkte aufteilten und den unbemannten Raumjäger einholten, sagte Simon:
   »Die werden denken, wir säßen noch drin. Die haben ja keinen Funk mehr in ihrem Superschiff gehabt, der ihnen unsere Absichten mitgeteilt hätte. Vielleicht machen sie ihren eigenen Raumjäger kapputt.«
   Und tatsächlich explodierte der verlassene Raumjäger unter dem wütenden Feuer fremder Raumschiffe. Dann zogen diese sich zum Planeten zurück, im Glauben, Simon und Eldar vernichtet zu haben.
   Ich berichtete Simon und Eldar, was ich von und über Relxana erfahren hatte. Simon bemerkte danach nur:
   »Ich weiß, Verrat ist bitter. Aber ich schlage eine Flucht nach vorn vor. Die von dieser Gleichheitsgesellschaft versuchen, uns an der Aussage zu hindern. Also bringen wir unser Wissen an den Mann, bevor die uns kriegen können. Wenden wir uns doch an Argia Lowas, die Vicegeneralsekretärin.«
   »Die warten vielleicht darauf, daß wir ausgerechnet nach Dor fliegen, wo dann die ihnen treu ergebenen Typen unsere Nachricht aufnehmen und uns dann aus reiner Dankbarkeit erschießen«, wandte Eldar ein. »Ich würde mit dieser Story an die Presse gehen, nach Arkon, Terra und O'Malley's Paradise. Natürlich müssen wir auch Dor informieren. Aber das machen wir nicht auf direktem wege. Da schalten wir unsere Geheimverbindungen ein.«
   Dabei guckte der Hüne auf meinen Mann, der verlegen nickte.
   »Dann machen wir, daß wir nach Hause kommen«, sagte er und brachte unser Boot in den Linearraum.
   Als wir die 25 Lichtjahre überwunden hatten, die zwischen der EOS und dem SAGOPYA-Secret-System lagen, stellte ich die genaue Abstimmung der Tasterimpulse auf einen speziellen Wert und bekam wenige Sekunden später das Bild der EOS auf den Schirm.
   »Rufen wir sie über Radiofunk, Kyla«, meinte Roy. Ich hatte bereits eine Verbindung mit Laura, die uns von einem wichtigen Funkspruch berichtete, den sie aufgefangen hätte.
   Wir ließen uns einschleusen und verließen die Minijet.
   Von Joan entgültig für unvergiftet befunden, gingen Roy und ich in die Zentrale, wo alle Besatzungsmitglieder versammelt waren.
   »Ich habe hier einen Funkspruch aufgefangen, der sich an ein Schiff SYRGOLAN richtet«, eröffnete Laura. Dann las sie den Text vor:
   »Schlachtschiff SYRGOLAN von Tesaki Nelotquas Flotte!
   Frachtflug gescheitert. SAGOPYA wurde abberufen und für neuen Einsatz eingeteilt. Erbitten Lagebericht und Erklärung für Verspätung!
   Gez. Chistarik Lesowanis, Flottenkommandant.«
   »Wir sollten doch mitteilen, daß ein beschädigtes Schlachtschiff auf diesem Planeten Wild Land herumsteht«, meinte Simon. »Wenn die keine Nachricht kriegen, fliegen die zurück und bergen den großen Brocken.«
   »Das ist nicht mehr unser Problem«, offenbarte Laura und holte einen weiteren Funkspruch hervor. »Die Piraten, mit denen wir es zu tun hatten, haben sich an eine Stelle namens Latora zai Haganar gewandt. Ich konnte das erkennen, weil in diesem Funkspruch von einem Fehlschlag gegen die Gleichheitsbruderschaft die Rede war, von einem Kampf gegen ein hyperstark abgeschirmtes Kleinschiff und dem vereitelten Versuch, die Kommandantin eines Frachters dieser Gleichheitsbruderschaft zu verhören. Die Gegenstelle war nicht zu hören. Wahrscheinlich sollte sie nur informiert werden und nicht antworten.«
   »Latora zai Haganar?!« entfuhr es Simon Simpson erschrocken. »Was hat die denn mit den Piraten zu tun?«
   »Kennt der Zwerg die Adresse dieser Funknachricht etwar?« antwortete Eldar mit einer Gegenfrage.
   »Aber sicher, du Würstchendieb. Latora zai Haganar, die erste Tochter der Grand Lady Latyra zai Haganar von Estrubatesh, ist die Anführerin der sogenannten Schattenkriegerinnen und vorsitzende des estrubatesischen Raumheeres. Die Estrubatesen sind militant matriarchisch gegliedert. Ihre Frauen sind 2,15 m groß und halb so umfangreich. Die Männer sind im Vergleich dazu klein, selbst für meine Verhältnisse, Herr Maktrom. Diese Latora zai Haganar hat mich aus dem Amt gegrault, weil ich von ihr als Unterpfand für eine friedliche Koexistenz zwischen den Estrubatesen und den Solariern eingefordert wurde.«
   »Ach die war das, die dich so fertig gemacht hat, du Kurzschlußspezialist«, erwiderte Eldar Maktrom.
   »Dann sind die Estrubatesen machtgierig?« fragte Roy.
   »Sagen wir mal, Freibeutertum und Untergrundtätigkeiten gehören zu ihrer Außenpolitik. Wenn ein Diplomat nach Estrubatesh geht, besteht die Möglichkeit, daß er in den Zuchtstall der hohen Zai-Haganar-Familie eingegliedert wird. Sonst ist Diplomatie nur noch auf wirtschaftlicher, handelstechnischer Ebene möglich. Aber auf dieser Welt herrscht ein feudalstaatliches Wesen, mit Abgaben und Tributen. Als ich dort eingesetzt wurde, hatte sich die Grand Lady zai Haganar gerade als Gesamtführerin aller Stämme etabliert. Das ist jetzt zehn Jahre her.«
   »Dann sollten wir zusehen, daß wir nicht zwischen die Mühlsteine dieser Intrigenfabrik geraten«, schlug Saga Chaise vor.
   »Ich weiß, daß sie es nicht verdient hat«, brachte ich ein, »aber ich möchte meine Schwester warnen. Wenn du Recht hast, Simon, so wird diese Gesellschaft für Gleichheit auf Dor von deinen Estrubatesen unterwandert. Höchstwahrscheinlich verfolgen diese Wesen einen bestimmten Plan. Ich will nicht, daß meine Schwester aus purer Leichtgläubigkeit in einen Sumpf gerät, in den sie nicht selbst gehen wollte.«
   »Wir starten eine kleine Notfallboje, die wir so umrüsten, daß sie deinen Funkspruch aussendet, und zwar in die Richtung, in die der Richtstrahlnotruf gesendet wurde, Mom«, erklärte meine Tochter.
   »Danke, Laura. Darüber hinaus sollten wir uns überlegen, wen wir über unsere Erlebnisse informieren sollen.«
   »Ich werde mit meiner Mutter reden«, meinte mein Mann.
   Joan Hallivell erbot sich, einen als vertraulich gekennzeichneten Bericht der Sicherheitsbehörden von O'Malley's Paradise an die dort bis in die Schaltzentralen der Macht gefürchtete Diana Argus vom NEW TARA DISCOVERER zu schicken. Dann würde es nicht lange dauern, bis das im ganzen Imperium herumwäre, ohne daß wir damit irgendetwas zu tun hätten. Dieser Vorschlag wurde mit Beifall begrüßt. Dann berichtete jeder von uns, was er oder sie erlebt hatte.
   Ich saß in der Funkzentrale und horchte auf die Peilsignale einer kleinen Boje, die wir eigentlich für Notfälle an Bord hatten. Das 2 m große, kegelförmige Objekt trieb mit geringer Unterlichtgeschwindigkeit von uns fort. Ich überflog noch einmal den Funkspruch, der von einem Abspielgerät im Code der GfGaD, den wir ja mit dem Notruf erhalten hatten, abgesetzt werden sollte. Dann sagte ich zu meiner Tochter:
   »Funkspruch kann rausgehen. Ich hoffe nur, daß deine Tante noch etwas von ihrer Vernunft behalten hat.«
   Der Funkspruch ging raus, genau in die Richtung, in die der Richtstrahl gewiesen hatte, der uns auf die Spur meiner Schwester geführt hatte. Daher konnten wir nicht hören, was gefunkt wurde. Aber ich hatte den Text vor mir liegen und las nochmal:

Kyla Anderson an Relxana Lentars!

   Nimm Abstand von deinem Irrweg! Auch wenn du nicht nach Dor zurückkehren kannst, gibt es genug Chancen für dich, ein friedliches und erfülltes Leben zu führen. Deine Absichten mögen zwar gut sein, aber leider sind die Mittel unbrauchbar und werden euch nur Schaden zufügen.
   Daß deine Vereinigung von mindestens einem Verräter unterwandert wird, ist dir wohl nicht mehr neu. Aber dies kennst du wohl noch nicht:
   Ihr seid, dies weiß ich, nur ein Spielball für jemandes zweifelhafte Interessen. Nimm Abstand von deinem Tun, Relxana, falls du immernoch die Frau bist, die vor zwanzig Jahren zu mir sagte, daß Frieden mehr einbringe als Haß und Zerstörung.

In Liebe Kyla.

   Es war am späten Abend des 15. Februar 2420, als ich mit Roy allein in unserer Kabine war. Wir hielten uns bei den Händen. Ich spürte, daß Roy mich für etwas trösten wollte, von dem er nicht wußte, wie es mich bedrückte. Lange schwiegen wir uns an. Dann sagte er:
   »Es tut mir Leid, daß du nun auch den letzten Halt in deiner Familie verloren hast, Kyla. Ich hätte es dir von Herzen gegönnt, wenn du wieder mit deiner Schwester in Kontakt gekommen wärest und über sie vielleicht noch die Gelegenheit gehabt hättest, mit deinen Eltern zu sprechen.«
   »Was meine Eltern tun, das habe ich im Laufe der Jahre verstehen gelernt, Roy. Aber was Relxana macht, das wirft alles um, was ich von meinem früheren Leben kannte und für unumstößlich hielt. Es ist nichts, wirklich nichts vorgefallen, was meine Schwester so verbittert gemacht hat. Und daß sie mir ins Gesicht sagt, ich sei ein Feigling gewesen, weil ich die Auswanderung den Strapazen und der ungewissen Zukunft für Laura auf meinem Heimatplaneten vorgezogen habe, ist noch das wahnwitzige daran. Denn, Roy, wenn sie mich versteht, sollte sie wissen, daß ich diese Entscheidung nicht ausschließlich für mich getroffen habe. Hinzu kommt noch, daß sie keinen Deut besser ist. Sie opfert sich für ein Ziel, von dem sie glaubt, daß es sogar den Einsatz gefährlicher Waffen und den Mord an der eigenen Schwester rechtfertigt, ohne jedoch dazu gezwungen zu werden. Sie hat nichts hinzugewonnen, wie ich. Sie hat alles verschenkt und keinen Dank dafür erhalten. Oder glaubst du, daß sie gelobt wird, weil du ihre Fracht zerstört hast?«
   »Das bestimmt nicht, Kyla. Aber hast du den jungen Doran gesehen, der sie, als er sie wiedersah, in die Arme schloß. Ich habe deine Schwester lächeln sehen. Und von dir weiß ich, daß ihr genau abschätzt, wann ihr eure Gefühle preisgebt. Ich weiß nur nicht, in welchem Verhältnis die beiden stehen. Sind sie Liebende oder nur gute Freunde?«
   »So wie Relxana den Jungen, Surtik wurde er von ihr genannt, angelächelt hat, war dies das Lächeln einer Mutter, die ihr Kind wiederhat. Der Junge steht allein da, Relxana war da und hat ihm einen Weg gezeigt, wobei sie für sich selbst eine Aufgabe gefunden hat. Aber der Weg, den sie gehen, führt in die Irre und endet, so behaupte ich, in Chaos, Mißtrauen und Vernichtung. Was auch immer die beiden verbindet, es ist in Gefahr, einer wahnwitzigen Idee zum Fraß vorgeworfen zu werden.«
   »Du glaubst, daß es nur so etwas wie mütterliche Zuneigung ist, was sie für den Jungen empfindet, Kyla?« wollte Roy hintergründig wissen. »Oder glaubst du, daß deine Schwester das Band zwischen sich und ihm auch auf andere Weise festigen will, falls es nicht schon geschehen ist?«
   »Wenn meine Schwester sich so hingeben könnte, wie ich das damals bei dir geschafft habe, dann würde ich dir zustimmen, daß da noch mehr als nur Fürsorge und Betreuung ist, Roy. Vielleicht wünscht sich dieser Junge auch mehr und hängt deshalb an meiner Schwester, die das für sich ausnutzt. Aber Relxana würde sich, wenn sie schon ihren Geburtsnamen wieder angenommen hat, nicht noch einmal auf eine Beziehung einlassen. Vielleicht legt sie, um diesen platten Ausdruck zu gebrauchen, den Jungen irgendwann ab oder gibt ihn in andere Hände. Aber sie wird wohl, das behaupte ich, obwohl ich seit heute nicht mehr weiß, wie weit ich Relxana noch einschätzen kann, nicht über eine flüchtige Affäre hinauskommen, selbst wenn ihr dabei das passiert, was uns über die Jahre verbindet, Roy.«
   Als wir, Roy und ich, am nächsten Morgen in die Zentrale der EOS kamen, lag die Sonne Haldro als weißer Riesenstern vor uns. Wir näherten uns dem vierten Planeten, auf dem wir landen wollten, um eine Ladung Haldronium zu übernehmen. Es war nun 06.00 Uhr und damit 24 h seit unserem Anflug auf Wild Land her. Roy flachste, ob wir nicht eine hohe Konventionalstrafe bezahlen müßten, wenn wir den Auftrag nicht termingerecht abwickeln konnten. Doch ich war zuversichtlicher als mein Mann.
   »Wer auf einen Notruf reagiert, hat keine andere Wahl, als zu helfen, Roy. Und in unserem Bordbuch steht drin, daß wir auf den Notruf der SAGOPYA reagiert haben. Wer uns also daraus einen Vorwurf machen möchte, der wird dadurch widerlegt«, meinte ich.
   »Ich wollte auch nur sagen, daß der Direktor der Haldronium Industries nicht gerade vertrauensselig war, als er unsere Trivideoanzeige gelesen hat. Vielleicht hat er, weil wir schon zwei Stunden über die verabredete Zeit sind, einem anderen Unternehmen den Auftrag gegeben.«
   »Dann werde ich mich mit diesem Herrn auseinandersetzen, Roy. Mal sehen, was von der damaligen Diplomatenausbildung noch übrig geblieben ist.«
   Roy lächelte mich an und meinte:
   »Dann kann ja nichts mehr passieren.«

Ende Bericht Kyla Anderson


ENDE


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