Ralf König (rkoeni@nocws.rzws.fh-aalen.de)

Perry Rhodan Der Vergessene Unsterbliche

Teil 3

Copyright © 1999
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3. Kapitel: Sternenfeuer

    Sternenfeuer, erkannte er. Das war eine der gefährlichsten Drogen, die jemals in der Galaxis aufgetaucht waren. Süchtig wurde man schon, wenn man nur einmal damit in Berührung kam. Hastig wischte er seinen Finger an der Hose ab, als er sich erinnerte, wie er ihn in die Flüssigkeit getaucht hatte. Aber er hatte nicht davon gekostet, eigentlich müßte er verschont bleiben. Hoffte er wenigstens.
    Aber das Mädchen? Sie sah bereits eher tot aus, als lebendig. Wie sollte sie die Behandlung mit der Droge überstehen?
    Der Entzug war hart, wie Wolf wußte. Aber er war möglich. Sollte es auch hier, in dieser Wildnis gelingen? Sie würde ihn nur behindern, wenn er sie mitnahm, das war ihm klar. Aber er konnte sie auch nicht hier liegenlassen. Das wäre ihr sicherer Tod gewesen.
    Kurzentschlossen nahm er den Körper der Frau wieder auf die Schulter und setzte sich zögernd in Bewegung. Bei den ersten Schritten schwankte er noch. Aber dann wurde er wieder sicherer und bewegte sich schneller werdend weiterhin nach Süden.
    Das Glück war auf seiner Seite. Er hatte nur wenige Kilometer zurückgelegt, als ein Haus in den Bäumen vor ihm aufschimmerte. Der Baustil erinnerte an eine einfache Blockhütte, wie man sie aus alten Westernfilmen kannte. Aber eigentlich war das Bauwerk aus einem harten Metallplastik, das in dieser Wildnis fast unzerstörbar war. Es war die Behausung eines Kolonialisten, der sich zu einem Eremitendasein entschlossen hatte. War er auf einer wenig erschlossenen Kolonialwelt gelandet? Würde der Bewohner des Hauses ihm freundlich gesonnen sein?
    Nein, erkannte er, während er sich blitzschnell hinter einem Busch niedersinken ließ. Die junge Frau landete aufseufzend neben ihm, und gerade jetzt erschütterte ein würgendes Keuchen ihren schlanken Körper.
    Er wußte immer noch nicht, wie sie hieß.
    Nicht ablenken lassen, rief er sich in Gedanken zur Ordnung, und legte eine Hand auf ihren Mund, mit der er ihr Würgen jedoch kaum dämpfen konnte. Der Kopf des Mannes, den er entdeckt hatte, drehte sich langsam in seine Richtung. Er hatte offensichtlich etwas entdeckt oder gehört.
    Seine Finger begannen, seinen roten Bart zu durchwühlen, dann griff er an seinen Gürtel, in dem eine Waffe steckte.
    Wolf reagierte sofort und nahm seine Hand vom Mund der Frau. Er legte sich flach auf die Erde. Lautlos schob er sich über den Boden vorwärts und wich zur Seite hin aus. Hinter einem dicken Baumstamm richtete er sich auf, seinen Blick fest auf den Springer gerichtet. Nur für einen Moment nahm er die Augen von dem Mann, der sich auf den Liege-Ort der jungen Frau zugbewegte, um zur Hütte zu sehen. Niemand schien dort zu sein, also wartete Wolf schweigend auf den Mann. Er näherte sich immer mehr und das Würgen der Frau musste deutlich zu hören sein.
    Langsam schob der Rotbärtige das Dickicht mit der Mündung der Waffe zur Seite. Sein Blick fiel auf eine dunkle Stelle neben ihm. Ein Schatten, durchzuckte es ihn, aber es war schon zu spät. Kräftige Hände packten ihn und rissen an seinem Kopf, daß die Wirbel krachten. Der Springer ging auf die Knie. Wolf setzte seinen Griff noch härter an, und drückte erbarmungslos zu, bis der Nacken mit dem Geräusch eines splitternden Astes brach. Sein Blick war ins Leere gerichtet, als er den Mann losließ. Lautlos sank der schwere Körper, an seinem Körper entlangrutschend, zu Boden.
    Wenige Sekunden verharrte der Agent, während er versuchte, den Tod des Mannes aus seinem Gehirn zu verdrängen. Töten war nicht gut, aber es war hin und wieder leider notwendig. Er haßte es und er haßte die Springer und Aras, die ihn dazu zwangen, einen solchen Beruf auszuüben. Der Widerspruch in seinen Gedanken fiel ihm aber nicht auf.
    Seine Finger tasteten blind nach der Waffe, die dem Springer entfallen war. Mit dem Strahler in der Hand richtete er sich langsam auf und bewegte sich einen Schritt in Richtung der Hütte. Als sich die Tür erneut öffnete, hob er den Strahler und wartete. Eine Gestalt schob sich in den Türrahmen.
    Offensichtlich hatte auch diese Gestalt irgendwelche Geräusche gehört. Jedenfalls tat sich einige Zeit nichts und Wolf sah seine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Dann jedoch erkannte er die roten Haare eines weiteren Springers. Geduldig wartete er, bis der Kopf des Mannes außerhalb der Hütte war, dann druckte er ab. Die Waffe war auf Betäubung gestellt und fällte den großen Springer wie einen Baum. Blitzschnell sprang Wolf auf die oberste Stufe und lies sich ins Innere der dunklen Hütte fallen. Er rollte sich ab und glitt hinter einem Tisch in Deckung. Als er ein Geräusch hörte, kippte er den Tisch um und verbarg sich dahinter.
    Zu seinem Glück war der Tisch nicht aus Holz, sondern aus hartem Metallplastik. Allerdings würde ihn das auch nicht besonders lange schützen. Sein Gegner beschoss ihn mit einer Thermowaffe und die Mitte des Tisches begann bereits zu glühen. Wolf griff in seine Tasche und warf einen Gegenstand auf seine rechte Seite. Als der Beschuss für einen Moment aufhörte, glitt er auf der linken Seite aus der Deckung und feuerte in Richtung des Mannes. Er hatte die Waffe auf breite Fächerwirkung gestellt. Es dauerte nicht lange und er hörte das Geräusch eines auf den Boden fallenden Körpers.
    Vorsichtig richtete er sich auf. Nichts mehr bewegte sich in der engen Hütte und auch außerhalb davon konnte er keine Bewegung mehr feststellen.
    Als erstes sicherte er die Gegend um die Hütte. Außer den drei Springern konnte er niemanden finden.
    Obwohl die beiden noch lebenden Springer noch einige Stunden ohne Besinnung sein würden, fesselte er sie. Den Toten holte er aus dem Urwald und versteckte ihn erst einmal in der Hütte. Er würde ihn schnell beerdigen müssen, wenn er in der Hütte zu bleiben gedachte. Bevor er sich aber die Arbeit machte, mußte er erst einmal feststellen, ob sich ein weiterer Aufenthalt in der Hütte lohnen würde.
    Er durchsuchte die wenigen Räume der kleinen Hütte, die aus nur einem Stockwerk bestand. Dieses eine Stockwerk bestand auch nur aus einem Raum, in dem sich die Springer offensichtlich schon eine Weile aufhielten. Jedenfalls deuteten die Essensreste in der kleinen Spüle darauf hin, sowie die drei Lager, die im Hintergrund der Hütte aufgeschlagen worden waren. Wie lange die drei allerdings schon hier waren, vermochte der Agent nicht zu sagen.
    Als er eine erste grobe Durchsuchung abgeschlossen hatte, die allerdings nicht sehr aufschlußreich war, reinigte er eines der Lager notdürftig, dann ging er wieder nach draußen und lud sich die stöhnende Frau auf die Schulter. Sie werte sich leicht, allerdings eher im Unterbewußtsein, als mit wirklichem Willen, ihm Widerstand zu leisten.
    Er betrat mit seiner Last die Hütte und bettete sie auf die vorbereitete Lagerstatt. Dann sah er sich gründlicher um.
    Ein Funkgerät, das er bei dem ersten überprüfen des Raumes übersehen hatte, fiel ihm ins Auge. Er ging hinüber und schaute es sich genau an. Es verriet nicht sehr viel, wie es aussah, handelte es sich um ein sehr einfaches Modell, das als Empfänger dienen konnte, allerdings mußte der Sender fest eingestellt werden und war dann nicht mehr verstellbar. Es sah nicht wie ein gewöhnliches Funkgerät eines Eremiten aus, der würde sicher kein Modell dieser Art wählen. Nur Agenten machten so was, daher vermutete der Terraner, daß es sich bei den Springern um solche handelte. Ob sie allerdings mit den Leuten aus der Station in Verbindung standen, ließ sich auf diese Art und Weise nicht sagen. Das mußte er erst noch feststellen.
    Das sollte allerdings kein großes Problem sein. Wenn es sich wirklich um einen Außenposten der Aras in der Station handeln würde, dann würden die sich sicher irgendwann melden. Und wenn nicht, dann würde sich die andere Seite, um wen auch immer es sich handeln mochte, wohl bald auch auf diesem Funkgerät melden. Er mußte also nur warten.
    Wolf wandte sich um und blickte zu der jungen Frau, die wieder bewußtlos geworden war. Vielleicht war es besser so, in diesem Zustand würde sie am wenigsten von den Schmerzen des Entzugs zu spüren bekommen. Allerdings würden genau diese Schmerzen sie sicher bald aufwecken.
    In diesem Augenblick schlug sie tatsächlich die Augen auf und stieß einen Schrei aus, der Wolf eine Gänsehaut bescherte. Sie mußte furchtbare Schmerzen haben und wenn Wolf noch eine Bestätigung gebraucht hätte, daß sie sich mit einer besonders teuflischen Droge eingelassen hatte, dann hätte er sie jetzt bekommen. Nur wenige Stunden, nachdem die Wirkung der Droge nachgelassen hatte, mußte der Süchtige Nachschub erhalten. Andernfalls würde die schmerzen innerhalb kurzer Zeit so stark werden, daß er meinte, sterben zu müssen. Allerdings hatte Sternenfeuer einen Vorteil, wenn man bei einer solch teuflischen Droge überhaupt von einem Vorteil reden konnte. Der Entzug dauerte nur drei Tage und das war weniger, als bei jeder anderen bekannten Droge.
    In dieser Wildnis, die außerhalb der Hütte auf sie lauerte, war der Entzug allerdings sehr gefährlich. Wolf hatte keinerlei Schmerzmittel, er konnte dem Mädchen also keinen sanften Entzug verschaffen. Sie würde die volle Konsequenz ihrer Sucht tragen müssen.
    Angesichts der Situation, in der Wolf sie vorgefunden hatte, konnte er allerdings nicht einmal sagen, ob sie der Droge verfallen war oder ob man sie dazu gezwungen hatte, das Teufelszeug zu nehmen. Er vermutete allerdings eher letzteres. Wenn sie unschuldig war, dann war das, was ihr bevorstand noch viel schlimmer.
    Wolf ballte die Fäuste. Er hatte das klare Gefühl, daß für diese Sauerei noch eine Menge Menschen oder Außerirdische büßen mußten.
    Er ging zu der kleinen Spüle hinüber und füllte eine Schüssel mit Wasser. Dann griff er nach einem Lappen und setzte sich an das Lager, auf dem die junge Frau lag und zitterte. Ein heftiger Schüttelfrost hatte sie erfaßt. Wolf tauchte den Lappen in das Wasser und tupfte über ihre Stirn.
    Sie war immer noch unnatürlich blaß, abgemagert und hatte schwarze Ringe unter den Augen. Aber trotz dieser äußerlichen Mängel war sie immer noch eine wahre Schönheit, wie er fand. Er tupfte sanft über ihre Stirn, als sie sich plötzlich aufbäumte und wieder einen lauten, gequälten Schrei ausstieß.
    Sie schlug um sich und traf seine Hand, die die Schüssel hielt. Sie prallte gegen die Wand, das Wasser floß daran entlang auf den Boden.
    Zögernd erhob sich der Agent, dann ging er zu der Waffe, die er auf dem Tisch abgelegt hatte. Er stellte sie auf starke Betäubung. In dieser Einstellung würde sie sicher für einen Tag lähmend wirken. Er richtete die Waffe auf die junge Frau, dann drückte er ab.
    Sie bäumte sich noch einmal kurz auf, dann sank sie auf das Lager zurück und regte sich nicht mehr. Die Waffe wirkte auf die Nervenbahnen der getroffenen Person und lähmte sie auf diese Art und Weise. Wenn aber die Nerven gelähmt waren, dann konnte die Person keine Schmerzen mehr empfinden.
    Wolf ging auf das Lager zu und setzte sich neben die nun ruhig liegende Frau. Sie hatte die Augen geöffnet und blickte genau in seine Richtung. Er erkannte Dankbarkeit in ihrem Blick, dann allerdings strich er sanft über die geöffneten Augen, sie auf diese Art und Weise schließend. Er wollte vermeiden, daß ihre Augen austrockneten.
    Dann erhob er sich, griff nach einem Stuhl und setzte sich auf die Veranda. Die Waffe lag in seinem Schoß. Er wartete geduldig, darauf, daß die Frau wieder zu sich kommen würde, oder darauf, daß sich irgend jemand der kleinen Hütte nähern konnte.
    Allerdings passierte nichts von alledem. Zuallererst meldete sich das Funkgerät. Mitten in der Nacht ertönte das Signal.

 

Fortsetzung folgt

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