Thorsten Oberbossel (oberboss@stud-mailer.uni-marburg.de)

Perry Rhodan SOS SAGOPYA - aus der Serie »Die Clan-Korvette«

Teil 3 von 8

Copyright © 1999
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Rückschau

    Die Besatzung der Clankorvette EOS hat nach der zufälligen Durchquerung eines engbegrenzten Hyperkomrichtstrahls die davon übermittelten Signale ausgewertet und einen codierten Notruf des Schiffes SAGOPYA entschlüsselt. Weil es der Besatzung unlogisch erscheint, daß ein Notruf sowohl als Richtfunksignal als auch codiert gesendet wird, fliegen sie den Punkt an, von dem aus der Strahl gerichtet wurde.

 
Bericht Eldar Maktron

    Ich fand es ziemlich blöd, daß Saga mich einfach mitten im 25-Kilo-Kugelstoßen hatte sitzen lassen, nur weil wir so einen merkwürdigen Funkspruch aufgeschnappt hatten. Aber was sollte es schon? Ich klemmte mich hinter die Feuerorgel unserer kleinen Privatkorvette, testete, ob alle drei Bordgeschütze klar waren und wartete auf die Dinge, die da vielleicht kommen würden.
    Wir jagten mit millionenfacher Lichtgeschwindigkeit durch den roten Zwischenraum, hinter dem Sender des Funkstrahls her. Laura hatte mit Saga zusammen den genauen Ursprungsort ausgetüftelt und zu astronautischen Daten umgemodelt. Vor mir saß Roy hinter den Kontrollen und wartete, wie ich, auf den Austritt aus dem Linearflug.
    Als dann endlich wieder Sterne auf den Bildschirmen zu sehen waren, kriegte ich die Anweisung, den Normalschirm einzuschalten, was ich dann auch machte.
    Vor uns war nichts, was irgendwie gefährlich hätte aussehen können. Da standen Sterne im Raum, die wir erst in Jahren erreichen würden, wenn wir so weiterfliegen würden. Irgendwo sah ich auch einen Meteoriten, der das Licht der Sterne spiegelte. Ein Meteorit, hier im Leerraum?
    »Eldar, den HÜ-Schirm!« Hörte ich Roy rufen. Meine Hand legte bereits den entsprechenden Hebel um, und um unser Schiffchen baute sich eine grünliche Energieblase auf, die wesentlich mehr verdauen konnte, als unser Normalschirm. Gleichzeitig glühte ein greller Lichtstrahl auf, der knapp an uns vorbeizischte. Dann bekamen wir einen Streifschuß unterhalb der Polwölbung auf den Schirm. Ohne daß ich etwas getan hätte, glühte der Schirm noch mehr auf, als am Anfang. Dann bekamen wir ein volles Pfund Impulsenergie auf den HÜ-Schirm. Ich erkannte, daß wir von dem Kaliber eines Superschlachtschiffes beharkt wurden und wunderte mich darüber, daß unser Schirm den Treffer ohne Flackern weggesteckt hatte. Verdutzt guckte ich mich um und sah, daß Dyvoni, die kleine Frau mit der blauen Haut, die wir aus dieser unheimlichen Kugel auf der Kontrollwelt für die vergessene Straße geholt hatten, in konzentrierter Starre dasaß.
    »Dyvoni verstärkt den Schirm«, erklärte Roy, der meinen verdutzten Blick gesehen hatte. »Das HÜ-Feld ist jetzt hundertmal stärker als vom Input her möglich war.« »Trotzdem kann doch so ein Superbrummer der Imperiumsklasse den Schirm knacken«, entfuhr es mir. Und zur Bestätigung prallte eine neue Energiesalve auf unseren Abwehrschirm. Dyvoni zuckte zwar ein wenig zusammen, aber der Abwehrschirm hielt. Auch hatte Roy damit angefangen, schnelle Ausweichmanöver zu fliegen. Ich sah, wie er mit übermenschlicher Geschwindigkeit hantierte, so daß die nächsten Salven kilometerweit an uns vorbeifauchten. »Soll ich zurückschießen?« stellte ich eine zwar blöde aber immerhin klare Frage. Roy verstand mich nicht, weil er in seinem Hochgeschwindigkeitszustand alles als sechsfache Zeitlupe mitkriegte.
    Saga grinste nur belustigt und meinte: »Wenn Dyvoni unsere Kanonen auch so verstärken kann?«
    »Achtung, Tarnkappe kommt!« rief Laura aus der Ortungszentrale. Dann krachte eine mächtige Energie in unseren Schirm, daß dieser beinahe zusammenbrach.
    »Gravitationsbomben. Gleich zehn Stück«, bemerkte Saga leicht verwirrt. Dann blinkte vor ihr ein Licht.
    »Eldar, den Schirm runter!« rief die Oxtornerin. »Waaas?!« brüllte ich.
    »Wir haben jetzt Kylas und Lauras Tarnkappe auf. Nimm den HÜ-Schirm runter, Eldar, damit es keine Streustrahlung gibt!« meinte Saga sehr laut.
    Ich erwartete, entweder von einer Gravitationsbombe in die fünfte Dimension geblasen zu werden oder von ultraheißen Energiestrahlen gebraten zu werden, als ich den HÜ-Schirm abgeschaltet hatte. Doch es geschah nichts. Roy hatte, mit einem kurzen Impuls der Triebwerke, die EOS vom Schlachtschiff, das sich immernoch auf uns zubewegt hatte, wegschleuderte. Dann hatte er den Antrieb total abgeschaltet. Wir flogen nun im freien Fall weiter. Und das Schlachtschiff kam nicht hinter uns her, sondern flog mit flammenden Triebwerksstrahlen weiter.
    »Tja, das mit Frauen und Technik muß wohl jetzt entgültig in den Müllkonverter geworfen werden«, bemerkte Saga grinsend. Ich stierte wie ein dummer Junge durch die Gegend. Roy, der inzwischen wieder in unserer Wahrnehmungswelt angekommen war, erklärte mir, daß seine beiden weiblichen Anverwandten ein System aus Ortungsschutz und Lichtumlenker erfunden hatten, was ein kleines Raumschiff unsichtbar machte und es von keinem Taster oder Energieorter entdecken lassen konnte.
    »Gemeinheit Nummer zwei«, kam Simons Stimme über Interkom. »Die haben uns aus den Tastern verloren. Nur die richtige Frequenzabstimmung könnte denen zeigen, wo wir jetzt sind.«
    »Und Gemeinheit Nummer drei«, rief Laura aus der Ortungszentrale, »Ich habe kurz vor unserem Verschwinde-Zauber einen gerafften Rundstrahlspruch auf der Freqenz des Richtstrahls losgelassen, daß wir, ein Kundschafter der Flotte sieben bei der Kontrolle dieses Sektors auf ein Großkampfschiff gestoßen sind, dem wir nur durch die Flucht in den Halbraum entkommen können.«
    »Dann müßte unser dicker Gegner jetzt mit Volldampf das Weite suchen«, gab ich eine Bemerkung zum besten. Und ich wußte nicht, welcher Teufel mich ritt, noch zu sagen:
    »Ich möchte wissen, wo der hinfliegt. Ich steige mit meinem schweren Raumanzug aus und klebe mich dem Raumer auf den Pol.«
    »Waaas?!« kam es von Roy und Saga.
    Ich wiederholte das, was ich gesagt hatte. Dann, um meinem Entschluß auch die nötige Glaubwürdigkeit zu verpassen, holte ich einen großen Raumanzug aus der Wartungsnische hinter der Feuerorgel und stieg mit unnachahmlicher Ertrusergeschwindigkeit hinein.
    »Du willst dich im Raumanzug an ein fliehendes Raumschiff anschleichen und dann, bevor es zum Überlichtflug ansetzt, irgendwo daran andocken?« wollte Saga nochmal wissen.
    »Das habe ich schon mal gemacht«, antwortete ich. »Damals am 1. Juli 2387, wo ich noch bei meiner alten Firma gearbeitet habe. Mein Raumanzug hat Andruckneutralisation, Deflektor und Hochleistungsantrieb, alles siganesische Kompaktbauweise. Außerdem konnte ich mir den noch vor zwei Jahren verbessern lassen. Ich kriege die ein, verlaßt euch drauf.«
    »Der sieht so aus, als würde der das wirklich hinbekommen«, bemerkte Saga.
    Roy meinte: »Bevor du mit dem Ding durch das Schiff rast und durch die Außenhülle brichst, mach das, was du nicht lassen kannst, du ertrusischer Brecher.«
    Unvermittelt stand Laura Anderson vor mir und hielt mir ein schnuckeliges Kästchen mit kleiner Antennenkugel dran unter die Nase.
    »Das ist ein Positionsspion, den Simon aus einem SolAbdepot organisiert hat«, erklärte sie mir das Ding. »Er nimmt die typischen Strahlungen der Orientierungssterne wahr und ermittelt dadurch die Position auf die Lichtmillisekunde genau. Wenn du startest, drücke einfach die rote Taste und lasse das Ding in einer Tasche verschwinden. Wenn du mit Überlichtgeschwindigkeit fliegst, bekommt der Spion keine Signale mehr. Und wenn du wieder mit Unterlichtgeschwindigkeit fliegst, empfängt das Gerät die Signale der Funksterne, errechnet die Positionsabweichungen und funkt den neuberechneten Standort per Richtstrahl und Rafferimpuls, der als Stellarstatiksignal getarnt ist, an deinen Abflugort, also an uns.«
    »Und wenn ich da ankomme, wo ich hinwill?« wollte ich noch wissen.
    »Dann drückst du die blaue Taste und schaltest damit den Spion wieder ab«, antwortete Laura.
    Ich sagte nichts weiter und schloß den Helm. Im Loslaufen hörte ich noch Roy rufen:
    »Wir holen dich ab, wenn du mit dem Schlachtschiff am Ziel bist, Eldar.«
    Keine Tür stand mir im Weg, bis ich in einer der Ausstiegsschleusen ankam. Dann schlug das Innenschott mit lautem Knall zu, und trotz der üblichen Sicherheitsvorschriften, die das verboten, öffnete sich das Außenschott, bevor die Pumpen die Luft abgesaugt hatten. So kam es dann, daß mich der in der Schleuse verbliebene Luftgehalt fortriß und ins All schleuderte. Da mein Helm schon zu war, machte es mir nichts aus. Im Gegenteil! Ich war froh, endlich draußen zu sein. Nun drehte ich den Antrieb voll auf, schaltete zuerst den Deflektor, dann diesen komischen Positionsspion ein, packte das kleine Gerät in eine Tasche des Anzugs und flog mit 550 km/s□ hinter dem Schlachtkreuzer her. Ich hoffte, daß mir der dicke Terkonitklumpen nicht vor der Nase in den Linearraum verduftete, bevor ich auf ihm festmachen konnte. Doch offenbar wollte man nicht so ganz eilig das Weite suchen, denn der Superschlachtkreuzer flog mit schätzungsweise 250 km/s□ vor mir her. So kam es dann auch, daß ich den großen Raumer nach zehn Minuten eingeholt hatte.
    Ich paßte meine Geschwindigkeit dem Wert des Schlachtkreuzers an und hoffte, daß mein Antrieb nicht geortet wurde. Dann, als ich nur noch eine halbe Lichtmillisekunde über dem 1500 m durchmessenden Schiff flog, fürchtete ich schon, daß der Raumer gleich ins Zwischengefüge tauchen würde, denn die Triebwerke wurden abgeschaltet. Doch ich bekam es hin, den Raumer noch zu erreichen. Jetzt kam die Stunde für den Elektromagneten, der im Brustteil des Raumanzuges eingebaut war. Ich schaltete ihn auf volle Leistung und klebte mich auf die Außenhülle, da wo die obere Polwölbung saß. Jetzt hing ich mit einem Sog von 150 Kilogramm pro Quadratzentimeter auf der Terkonithülle fest und konnte mich jetzt völlig entspannen. Ich legte mich flach auf den Bauch und guckte auf die Anzeige der Andruckneutralisation. Diese sagte mir, daß mein fliegender Untersatz wieder unter Antriebskraft stand und mit nun 350 km/s□ beschleunigte. Und dann passierte es.
    Plötzlich waren alle Sterne weg. Ich spürte ein unheimliches Kribbeln, als wollte mich jemand mit Ultraschall und elektrischem Strom durchmassieren. Ich erkannte auch dunkelrote Schlieren, die vor meinen Augen herumwirbelten. Das war es also. Ich wußte, daß ich jetzt für alle Zeiten verlorengehen würde, wenn der Magnet ausfallen sollte. Denn dann würde ich aus der Kalupblase herauspurzeln und ohne Nachruf im Hyperraum verschwinden, aus dem ich wohl dann nicht mehr den Weg zurück ins Normaluniversum finden könnte. Vielleicht würde mein Körper aber auch explodieren und sich über die ganze Galaxis verteilen. Nette Aussichten!
    Ich dachte an diesen kleinen Kasten in meiner Tasche, der jetzt keine Funksignale mehr auffangen konnte. Wenn Laura Recht hatte, würde der Spion jetzt wissen, daß wir nicht mehr mit Unterlichtgeschwindigkeit flogen. Falls er nicht kapputt war, würde er dann wieder was auffangen, wenn wir aus dem Reich der roten Schlieren ins Raum-Zeit-Gefüge zurückgeplumpst sein würden. Dann wußte ich nicht, wielange er brauchte, um die neue Position zu ermitteln und den kurzen Funkspruch loszuschicken.

    {A}ls ein leichtes Vibrieren zu spüren war und die Sterne wieder zum Vorschein kamen, zeigte mein Armbandchronometer, daß wir den 15. Februar 2420 00.05 Uhr Terrastandardzeit schrieben. Da ich nicht wußte, ob wir nun am Ziel angekommen waren, blieb ich erst mal, wo ich war. Vielleicht wollte der große Raumer, der mich auf seinem Buckel trug, wie ein Elefant eine Ameise, ja nochmal durch den Halbraum fliegen. Doch als ich dann die blauweiße Sonne sah, in deren Nähe wir uns aufhalten mußten, dachte ich, daß mein Gefährt wohl doch nicht weiter mit Überlichtgeschwindigkeit durchs All flitzen würde.
    Immernoch auf dem oberen Pol der 1500-Meter-Kugel bekam ich mit, wie wir an einem Eisplaneten, zwei Kometen und einer Gaskugel vom Jupitertyp vorbeizogen. Dann kam eine ganze Weile nichts, bis mein Beschleunigungsmesser anzeigte, daß mein Terkonitklumpen mit 550 km/s□ verzögerte. Schade, daß ich in meinem Helm keine Fernoptiksysteme hatte, um zu gucken, wo wir denn eigentlich hinwollten. Das wir einen Planeten oder einen Mond anfliegen würden, schloß ich daraus, daß wir weiter bremsten, unterhalb der Geschwindigkeiten, bei denen man normalerweise mit einem anderen Raumschiff zusammenkoppeln kann, vorausgesetzt, die beiden Schiffe verfügten über die gleiche Technik mit Traktorstrahlen, Andruckneutralisatoren und was sonst noch so nötig war.
    Eine ganze Weile konnte ich nicht erkennen, ob wir nun auf einem Planeten, den ich sah, oder auf einem vorgelagerten Asteroiden landen wollten. Als dann der Asteroid an uns vorbeizog und der Raumer immernoch bremste, dachte ich doch, daß der Planet das Ziel sein mußte. Da ich nicht auf dem Schiff kleben bleiben wollte, wenn wir in die Atmosphäre eintauchten, schaltete ich den Magneten ab und ließ das Schiff unter mir wegfallen. Immernoch im Deflektorschirm, ließ ich mich antriebslos weitertreiben, bis ich über den Planeten hinweggeflogen war. Ich nahm auch dann keine Kurskorrekturen vor, als ich haarscharf an einfallenden Meteoriten vorbeiraste, die der Planet eingefangen hatte. Erst als ich mich wieder von jenem grünblauen Himmelskörper entfernte, nahm ich den Antrieb wieder in Betrieb und steuerte mich so, daß ich immer langsamer wurde und dabei in einer großen Kurve um den Planeten herumflog.
    Als ich wieder in das dichte Meteoritenfeld kam, schaltete ich doch meinen IV-Schirm ein, um die kleinen Biester, die mir mit mehreren tausend Sekundenkilometern entgegenschossen abzuwehren. Dann holte ich aus einer anderen Tasche meines Raumpanzers eine kleine Kamera heraus, stellte sie auf Weitwinkelaufnahme und bestrich damit die Planetenoberfläche, die unter mir vorbeiglitt. Wie ein Beobachtungssatellit umrundete ich den Planeten in immer genaueren Kreisbahnen, bis ich mich der Schwerkraft hingeben konnte und nun als 1-Mann-Aufklärer in einer niedrigen Umlaufbahn die Welt umkreiste, die das Schlachtschiff anflog.
    Als ich mein Anderthalbkilometertaxi heranschweben sah, hielt ich die Luft an, schaltete alle Energie ab und stellte mich tot. Mein Raumanzug würde noch zehn Minuten die Wärme speichern, bevor er auskühlte.
    Ich beobachtete, wie das Schlachtschiff ohne großen Aufwand in die Atmosphäre hineinglitt und als glühender Punkt auf die Planetenoberfläche zustürzte, um irgendwo zu landen. Ich brachte mich sofort in eine Position, von der aus ich die Landung mit der Kamera besser verfolgen konnte. Ich stellte das elektronische Bildaufnahmegerät auf Autozoom und peilte mit dem elektronischen Sucher das Schlachtschiff genau an. Dann hielt ich das Feldobjektiv so gut wie möglich auf den großen Raumer, der eine glühende Gasspur hinter sich herzog. Schließlich bekam ich heraus, daß der Raumer auf einer Lichtung in einem gewaltigen Dschungel landete und sofort mit starken Tarnfeldern überdeckt wurde. Da ich keine genaue Positionsbestimmung machen konnte, schoß ich noch mehrere Einzelfotos von der unmittelbaren Umgebung, falls ich später mit besserer Ausrüstung wiederkommen würde. Und dann war ich auch schon wieder aus dem Bereich heraus, in dem ich den Landeplatz gut erfassen konnte. Ich schaltete die Kamera aus und spielte weiter den stummen Satelliten. Meine Lebenserhaltungssysteme hatten inzwischen wieder ihre Arbeit aufgenommen. Ich hoffte nur, daß da unten keine so guten Ortungsanlagen standen, die mich erfassen konnten. Außerdem wollte ich bald wieder los, um auf die EOS zu warten.
    Nach zwei Stunden löste ich mich aus der Umlaufbahn und jagte mit voller Beschleunigung ins äußere Sonnensystem hinaus. Ich hatte keinen Deflektor eingeschaltet, und das rettete mir das Leben.
    Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine 10 m durchmessende Scheibe vor mir auf und spie sonnenhelle Flammen aus. Reflexartig zog ich zur Seite, genauso wie das Flugobjekt, das ich jetzt erst erkannte. Es war eines von unseren Beibooten!
    Als ich mich der Fahrtrichtung und Geschwindigkeit angepaßt hatte, konnte ich den Namen EUROS auf der Oberseite des kleinen Raumboots entziffern. Da ich nicht vorhatte, mit wem auch immer da drinnen per Funk zu sprechen, flog ich ohne Aufforderung an die transparente Kuppel heran, klopfte höflich an und tastete mich dann zur Einstiegsschleuse vor. Als ich dort ankam, ging die Außenluke auf. Ohne Probleme schlüpfte ich in das kleine Raumboot. Als dann die Außenluke zu war und die Schleusenkammer mit Bordatmosphäre gefüllt wurde, merkte ich erst, daß ich seit über sechs Stunden nichts mehr gegessen hatte. Für mich war das zwar nichts allzu schlimmes, aber ich sah es auch nicht ein, noch länger zu warten. Ungeduldig wartete ich darauf, daß ich endlich richtig ins Schiffchen gelangen konnte. Dann endlich tat mir die Innenluke den Gefallen und machte mir Platz.
    Ich erkannte Roy, der die Flugkontrollen bediente, den ehemaligen Sonderoffizier der SolAb, Simon Simpson, der hinter Roy saß und Kyla, Roys Frau, die im Copilotensitz vor der kleinen Ortungsüberwachung saß. Außerdem sah ich, daß auch in diesem Schiff das Blinklicht leuchtete, daß auf der EOS die sogenannte Tarnkappe angezeigt hatte.
    »Optische Tarnung wieder in Kraft, Roy«, hörte ich Kyla sagen, als ich mich in den vierten Sessel zwengte und wieder einmal diese Vollidioten verfluchte, die Raumschiffmöbel immer nur nach ihrem beschränkten Zwergenstandard zusammenzimmerten. Dann kam ich auf das wesentliche:
    »Habt ihr was anständiges zum Essen dabei?«
    Unverfrorenes Gelächter kriegte ich zur Antwort.
    »Also das finde ich ja großartig«, meinte ich. »Erst schickt ihr mich einem wildgewordenen Superschlachtschiff nach, laßt mich damit durch den Linearraum gurken, um dann als vorübergehender Satellit eine wilde Dschungelwelt zu umkreisen. Und was kriege ich für meine wagemutigen Taten? Dummes Gelächter.«
    »Aber, Eldar«, sagte Simon. »Wir haben die ganze Ladebucht voller Steaks, Kartoffeln, Mohrrüben und Kohlköpfe, damit du armer Kerl nicht vom Fleisch fällst. Außerdem haben wir dir deine Feuerspritze mitgebracht. Die hattest du nämlich liegen gelassen. Dein Gedächtnis läßt wohl schon nach, wie?«
    »Zwerg, du lebst gefährlich«, versetzte ich und drohte Simon mit der rechten Faust. Doch dann lachte ich nur noch, daß die enge Kabine richtig doll durchgerüttelt wurde.
    Die nächste halbe Stunde gehörte der Ladeschwerpunktverschiebung, vom Stauraum zu meinem Sessel. Danach präsentierte ich meinen Abholern die Kamera und den Positionspion, den ich noch nicht abgeschaltet hatte.
    »Du hast als Anhänger des großen Schiffes 1500 Lichtjahre zurückgelegt, Eldar. Laura hat nicht geglaubt, was ihr dein kleiner Spion gefunkt hat«, erklärte Roy. Dann nahm er die kleine Kamera und holte den Speicherkristall heraus. Kyla nahm den kleinen Datenträger und legte ihn in ein Abspielgerät. Ohne Schwierigkeiten bekam sie das, was ich von dem Planeten aufgeschnappt hatte auf einen kleinen Bildschirm.
    »Welcher Planet ist es, Eldar?« fragte mich die mooshaarige Frau von Roy Anderson. Ich antwortete ihr, daß es der fünftletzte Planet des Sonnensystems sein mußte. Daraufhin drückte die Doranin eine Taste am Ortungspult und zauberte unvermittelt ein gestochen scharfes Bild des grünblauen Dschungelplaneten auf den Bildschirm.
    »Wau!« machte ich anerkennend.
    »Das Planetchen hat Kyla schon bei unserer Ankunft im passiven Spektrometer gehabt und als Ziel Nummer eins der Raumschiffe eingestuft«, stellte Roy fest.
    »Der Raumschiffe?« fragte ich. Doch dann mußte ich über meine eigene Dummheit lachen. Wie konnte ich auch annehmen, daß das Schlachtschiff, das mich hierher mitgenommen hatte, das einzige Raumschiff war, das die SAGOPYA getroffen hatte. Denn, das war klar, der angeblich außer Dienst befindliche Dor-Frachter mußte wohl auf einen Feind gestoßen sein, Piraten oder sonst wer. Und dieser Feind hatte bestimmt nicht nur ein Raumschiff, obwohl das schon ziemlich heftig war, was wir zu sehen bekommen hatten.
    »Es ist der sechste Planet dieser Sonne«, bemerkte Kyla mit der Trockenheit einer routinierten Überwachungstechnikerin. »Außerdem kriege ich hier jede Menge Radiowellen herein, die eindeutig künstlich sind. Ich lasse sie schon auswerten.«
    »Keine Hyperfunksignale, Kyla?« wollte Roy Anderson wissen, während ich mir noch eine Portion Kartoffeln in die Figur schob.
    »Nichts aktuelles, Roy. Wahrscheinlich sind alle da, die auf diesem Planeten untergebracht sind. Dann braucht man keinen Hyperfunk.«
    »Andere Ortungsgeräte?« fragte Simon interessiert.
    »Jede Menge Tasterstrahlen. Aber die Tarnkappe hält.«
    »Die EUROS war das erste Boot, das wir mit der Tarnkappe ausgestattet haben, Eldar. Du erinnerst dich ja daran, daß Simon und die Zwillinge mit meiner Tochter zusammen verschiedene Tricks in verschiedene Beiboote einbauen wollten. Die Tarnkappe war die Spezialität der EUROs.«
    »James Bond läßt grüßen«, fiel mir dazu nur ein.
    »Das sagt der Richtige«, muckte der Zwerg mit der pechschwarzen Igelfrisur auf. »Fegt der dicke Ertruser mit einem Superanzug durchs All, schmeißt sich auf das erstbeste Superschlachtschiff, läßt sich damit durch den Halbraum schleppen und knipst noch im Vorbeifliegen das gegnerische Hauptquartier. Wo stammt denn so was her, häh?«
    »Mission Impossible«, gab ich zurück und hängte noch dran: »Apropos: Kyla sollte nicht alle Bilder auf einmal angucken, weil sich der Kristall danach selbstzerstört.«
    »Hat sie denn noch fünf Sekunden Zeit?« fragte Roy grinsend.
    »Nein!« stieß ich aus.
    Kyla lachte nur und meinte: »Ich habe aber schon alle Bilder in die Positronik überspielt und lasse deine Fotoschau gerade mit der passiven Fernortung im Datenabgleich parallelaufen. Es wird nicht lange dauern, Herr Geheimagent Maktrom, dann werden wir das feindliche Nest punktgenau erfaßt haben.«
    »Falls deine Tochter das Abgleichprogramm nicht vermurkst hat, Kyla«, meinte Roy frech.
    »So so, Roy. Wenn Laura etwas nicht hinbekommt, ist sie nur meine Tochter? Das Spiel ist uralt und steht schon als Anleitung auf jungsteinzeitlichen Steintafeln geschrieben im Menschheitsmuseum von Terrania City«, bekam Roy es zurück.
    »Leute, anstatt euch zu zanken, wäre es vielleicht mal interessant, was wir machen, wenn wir wissen, wo wir landen müssen«, unterbrach der Zwerg Simon in seiner bekannt unromantischen Art die neckische Flachserei des Ehepaares Anderson.
    »Da unten steht schon mal ein Schlachtschiff der Imperiumsklasse. Vielleicht genügt ja eine Fliegenklatsche, um es zu besiegen«, warf ich ein.
    »Ich bevorzuge Insektenspray«, tönte Simon locker.
    »Meine Herren, ich erbitte Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit für eine wichtige Bekanntmachung«, klinkte sich Kyla in unsere belanglose Diskussion ein.
    Wir lauschten alle so angestrengt, daß das Säuseln der Bordklimaanlage und das Gesumm der Instrumente beinahe wie eine gewaltige Fabrikhalle zu klingen begannen.
    Dann kam Kyla mit ihrer wichtigen Mitteilung rüber: »Der von unserem Außendienstmitarbeiter entdeckte und photographisch dokumentierte Planet besitzt zu 35 % eine Oberfläche aus Ozeanen. Der Rest dürfte Sumpfland mit starker Vegetation sein. Da große Raumschiffe günstigerweise auf festem Untergrund landen können, wo dann auch noch Ortungsanlagen montiert werden können, habe ich den Planeten mit den Passivsystemen auf größere Mineralstrukturen in Oberflächennähe überprüfen lassen. Dann kamen noch die Koordinaten der angemessenen Ortungsstrahlen und Funksignale, sowie die Zielfotos von Eldar. Es war kein Problem für die Positronik, den Landeplatz auf die Winkelmillisekunde genau zu bestimmen. Er liegt auf einer zehn mal zwanzig Kilometer großen Insel aus Granit und Basalt. Auf der Insel stehen große Bäume und dichtes Buschwerk. Da ich nur mit passiven Systemen peilen konnte, war es mir nicht möglich, zumindest das beobachtete Schiff zu finden. Aber da Eldar angegeben hat, daß es nach der Landung unter einem Tarnfeld verborgen wurde, zweifle ich nicht daran, daß es noch da ist. Außerdem habe ich im Infrarotbereich noch eine gut ausgeprägte Landespur in der höheren Atmosphäre nachweisen können, die ich beinahe bis zum Landeplatz verfolgen konnte. Also, der Landeplatz befindet sich auf 22 Grad 15,556 Minuten nördlicher Breite und 40 Grad 27,985 Minuten östlicher Länge, wobei ich den Längengrad 0 als den Meridian bestimmt habe, der bei der ersten Ortung des Planeten unter der Tag-Nacht-Grenze des Planeten gelegen hatte. Falls jetzt irgendwer meint, einen Vorschlag einbringen zu können, steht ihm nun die Aufmerksamkeit der ganzen Besatzung zur Verfügung.«
    Das konnte ja was geben, wenn wir erst einmal auf diesem Planeten landen würden, dachte ich.

Ende Bericht Eldar Maktrom

 

Fortsetzung folgt

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(Fortsetzung folgt)