Thorsten Oberbossel (oberboss@stud-mailer.uni-marburg.de)

Perry Rhodan SOS SAGOPYA - aus der Serie »Die Clan-Korvette«

Teil 2 von 8

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    Auf einem Routineflug durchquert die EOS einen sehr scharf gebündelten Hyperkomrichtstrahl und wertet die davon übertragenen Funksignale aus. In einem alten Dorancode wird von einem unbekannten Notfall eines Schiffes namens SAGOPYA berichtet, das Kyla als Schiff unter dem Kommando ihrer Schwester Relxana erkennt. Doch Nachfragen bei den doranischen Behörden werden mit Unkenntnisbeteuerungen beantwortet, was das Schicksal von Schiff und Kommandantin angeht. Die Besatzung der Clankorvette beschließt, dem Ursprung der Funksignale auf den Grund zu gehen.


Bericht Surtik Nertas

    Ich sah, wie der alte Frachtmeister Kortyk Handurais aus dem Antigravschacht kletterte. Trotz meiner Disziplin mußte ich doch grinsen, als ich sah, wie der beleibte Kerl mit den hellgraugrünen Haaren in der viel zu engen Gleichheitsuniform den Einstieg durchschritt.
    »Was grinsen Sie so, Nertas?« fauchte der siebzigjährige Mann, der früher einmal zu den Schaffenden von Dor gehört hatte.
    Ich sagte nichts und drückte mich in einen Seitenkorridor. Ich war auf dem Weg zur Hauptpositronik, um dort die Berichte der letzten Reise zu ordnen. Doch da erhielt ich einen Anruf über meinen Armbandminikom. Die ehemalige Staatsfrachtpilotin der Stufe VI, Relxana Lentars höchstpersönlich, befahl mir, in die Zentrale zu kommen. Ich fragte zurück, was ich da solle, weil ich eigentlich noch die letzten Unterlagen ordnen müsse. Doch die Kommandantin unseres Schiffes bestand auf mein Erscheinen.
    Ich nahm also den nächsten Antigravlift und ließ mich zum Zentraldeck bringen.
    Als ich durch das Schott trat, sah ich, daß Relxana Lentars, die hochgewachsene Kommandantin mit den schulterlangen, dunkelgrünen Haaren, alleine in der Kommandozentrale saß. Ich wunderte mich, wo der Copilot und der Navigator geblieben waren. Dann sah ich, daß wir uns noch im Linearflug befanden und nahm zur Kenntnis, daß der Autopilot anzeigte, daß wir noch eine Stunde im Linearflug verbringen würden. Der große Bordkalender zeigte den 14. Februar des Jahres 250 der doranischen Unabhängigkeit von Terra, was nach terranischer Zeitrechnung dem Jahr 2420 entsprach. Die Uhr zeigte 18.15 Uhr.
    »Sie haben um mein Erscheinen ersucht, Frau Kommandantin? Hier bin ich, wie befohlen«, meldete ich mich korrekt an.
    Relxana Lentars, die früher, so wußte ich, mit Nachnamen Dyrut geheißen hatte, wandte sich mir zu, sah mich aus ihren silbergrauen Augen an und sagte mit warmer aber fester Altstimme:
    »Du sollst mir für den Rest der Linearetappe Gesellschaft leisten, Surtik. Linearflüge sind so was von langweilig. Aber setz dich doch!«
    »Ich will nicht ungehorsam erscheinen, Frau Kommandantin«, setzte ich an. »Aber die Ordnung der letzten Transportreise ist für mich ein wichtiger Anlaß...«
    »Wenn wir die Gruppe Dorwas getroffen und unsere Fracht übergeben haben, Surtik. Doch bis dahin bleibst du erst einmal hier. Und laß gefälligst diese förmliche Anrede. Wir sind alle gleich, wie du weißt.«
    »Es fällt mir schwer, mich daran zu gewöhnen, Frau Kommandantin, äh, Frau Lentars.«
    »Du weißt, daß mich alle Relxana nennen. Und das erwarte ich auch von dir«, kam die Antwort der Kommandantin. Dann gebot sie mir mit einer energischen Geste, im Sessel des Copiloten Platz zu nehmen.
    »Wo sind die beiden Flugoffiziere?« fragte ich.
    »Sie haben sich mit ihren Partnerinnen im hydroponischen Garten verabredet, weil heute Valentinstag ist.«
    »Ich dachte, der gilt nur noch für Terraner«, gab ich meinem Erstaunen Ausdruck.
    »Gute Traditionen, egal von wem, können nie aufgegeben werden. Außerdem kann ich den Raumer auch allein manövrieren. Aber die Zentrale ist mir ein wenig zu leer, und du hast im Moment nichts lebenswichtiges zu tun.«
    Ich wußte nicht, was es war, was mich an dieser Frau so faszinierte. War es ihre Art, alles zu bekommen, was sie wollte? War es die sanfte Autorität, die sie ausübte und die ich gerade zu spüren bekam? Oder war es die Tatsache, daß sie mir den Weg aus dem Alltagstrott auf Dor gezeigt hatte und mich für die Gesellschaft für Gleichheit auf Dor gewonnen hatte? Ich war nun ein halbes Jahr Mitglied in dieser, von Dor verbotenen und verleugneten Gruppe rechtloser Doraner, die dafür eintrat, allen Doranern die gleichen Rechte und Betätigungsmöglichkeiten zu eröffnen.
    Ich hatte Relxana auf einer Raumstation getroffen, als sie noch Dyrut mit Nachnamen hieß. Das war nun zehn Jahre her. Dann, als ich mit einem kleinen Trupp Chronisten auf dem Planeten Goltar eine Vortragsreise beenden wollte, war mir die 58 Jahre alte Pilotin der Stufe VI wieder begegnet und hatte mich in einem langen Gespräch davon überzeugt, daß unser Volksgruppenwesen auf Dor nicht mehr bestehen könne, ohne durch die Sicherheitstruppen geschützt zu werden. Man wollte, so Relxana, eine politische Umwälzung vvorbereiten, die das gesellschaftliche Leben auf Dor radikal umgestalten sollte. Da ich zu diesem Zeitpunkt keine große Perspektive besaß, hatte ich mich in einem Anfall von jugendlicher Unzufriedenheit und Abenteuerlust verleiten lassen, wichtige Daten aus den Protokollbänken meines Regionalrates zu stehlen und mich durch einen Transmitter an Bord der TOLARES zu versetzen, die mich und Agenten der GfGaD aufnahm. Ich dachte damals, daß ich irgendwann wieder nach Dor zurückkehren könnte. Doch diese Einstellung war sehr naiv. Denn keine zwei Tage später erfuhr ich, daß man mich für nicht mehr existent erklärt hatte, was mich jeder Chance beraubte, nach Dor zurückzukehren. In einem Anfall von Verzweiflung über meine Torheit wollte ich mich selbst töten. Doch Relxana kam gerade noch rechtzeitig, um mir die Energiestrahlwaffe abzunehmen, die ich als Einstiegsgeschenk erhalten hatte. Seitdem betreute sie mich wie eine Mutter. Im Agentenjargon hieß so etwas Führungsoffizier.
    »Woran denkst du wieder, Surtik?« holte mich die Kommandantin aus meinen Erinnerungen zurück.
    »An den Funkspruch von Dor, in dem ich einfach für nicht mehr existent erklärt wurde. Weder tot noch lebendig zu sein, beziehungsweise als irgendwie in den Datenbänken der Heimat geführt zu werden, ist nicht leicht für mich, Frau Komm..., äh, Relxana.«
    »Es ist für niemanden einfach, für immer den alten Gewohnheiten zu entsagen und sich völlig neu zu orientieren. Und ich weiß auch, daß da doch jemand war, der auf dich wartete, als du diese Auseinandersetzung mit deinem direkten Vorgesetzten hattest.«
    »Lira, ja«, gestand ich, und vor meinem geistigen Auge tauchte das Bild eines neunzehnjährigen Mädchens mit schwarzgrünen Locken und schelmisch kullernden blauen Augen auf, wie sie, völlig nackt, aus dem Schwimmbecken der Erholungsanlage von Castol City gewunken hatte, als ich am Beckenrand auftauchte.
    »Sie ist Poetin und arbeitet für die Wohlklangvereinigung, richtig?« erkundigte sich Relxana, ob ihre Angaben stimmten.
    »Ob sie es ist, weiß ich nicht«, erwiderte ich und spürte, wie das Gefühl von Entbehrung und Verzweiflung mir Tränen in die Augen trieb. Ich wollte nicht, daß Relxana mich weinen sah und versuchte, meinen Blick von ihr abzuwenden. Doch sie hielt ihn mit ihren Augen fest und sprach beruhigend:
    »Eines Tages kehren wir alle auf unseren Heimatplaneten zurück und werden dort friedlich weiterleben. Und du brauchst dich nicht zu schämen, wenn du weinen mußt, Surtik. Gefühle zu zeigen ist der Reichtum, den wir anstreben, um diese lebenden Automaten auf unserer Welt wieder zu Menschen zu machen.«
    Es gelang mir, die negativen Gefühle niederzukämpfen und der Kommandantin wieder fest in die Augen zu sehen.
    »War es das, was dich von Dor weggetrieben hat, Relxana?«
    »Genau, Surtik. Ich wachte irgendwann auf und fand mich neben einem Mann, der täglich im Wartungskomplex der Energieversorgung die Steuerungssysteme kontrollierte, während ich irgendwelche staatstragenden Frachtflüge unternommen habe. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Und dann lernte ich einige Leute kennen, die wie ich dachten und einen Neuanfang planten. Doch dazu mußten wir Dor verlassen. Ich schaffte es, einige Freunde zu gewinnen und die SAGOPYA zu entführen. Dann kamen noch weitere Gesinnungsbrüder und -schwestern hinzu, und bald können wir anfangen, auf Dor eine neue Ordnung zu schaffen, ganz gewaltlos.«
    »Jede Revolution fordert Opfer. Keiner des alten Systems wird sich freiwillig unterwerfen«, konterte ich. Mir war diese ganze Propaganda der GfGad bekannt und hing mir bald schon zum Hals heraus. Manchmal kam es mir so vor, als sollte unserem Planeten nur die Auswahl zwischen einem Kastensystem und einer Massengleichschaltung gegeben werden, wo das Individuum nichts bedeutete. Ich beschloß, private Einzelheiten von Relxana zu erfragen.
    »Hast du nie daran gedacht, Kinder zu bekommen, Relxana?«
    »Mein Mann wollte mit mir einen entsprechenden Antrag stellen. Doch irgendwie war mir die Vorstellung zu wider, diesem System neue Untertanen zu gebären, wie eine Muttersau neues Schlachtvieh produziert. Irgendwie bewundere ich meine Schwester Kyla. Die hat sich auf eine Affäre mit einem Terraner eingelassen, aus der ein Kind hervorgegangen ist. Sie hat sich für das Kind und gegen ihre Stellung als Doranin entschieden und sich damit entrechten lassen. Aber sie hätte sich auch gegen das System wehren können und auf Dor bleiben können. Vielleicht wärest du dann heute mit deiner Lira zusammen und nicht mit einer alten undankbaren Deserteurin.«
    »So alt bist du doch noch nicht«, wollte ich gerade sagen, doch da fiel mir ein, daß Relxana häufig selbstkritisch sprach, um nach Komplimenten zu fischen. Ich sah es nicht ein, ihr den Gefallen zu tun und sie zu loben.
    »Was haben deine Eltern gesagt, als du fortgegangen bist?«
    »Das weiß ich nicht. Und es interessiert mich auch nicht, Surtik. Ich mußte eine Entscheidung treffen und habe sie auch getroffen.«
    »Aber Flucht und Heimatlosigkeit kann doch auch nicht alles sein«, widersprach ich.
    »Nein, das ist richtig. Deshalb müssen wir ja darauf hinarbeiten, daß wir bald wieder nach Dor zurückkehren können. Und wir alle werden dann wieder als vollwertige Bürger unserer Heimat angesehen werden. Das verspreche ich dir.«
    »Du meinst, das hoffst du«, hielt ich entgegen.
    »Nein, das verspreche ich dir«, bekräftigte Relxana Lentars mit energischer Stimme.
    Ich hielt es für Zeitverschwendung, länger mit ihr dieses Thema zu diskutieren. Ich starrte auf die Schirme der Panoramagalerie, wo immer noch das rötliche Wabern des Halbraums zu sehen war. In Gedanken ging ich durch die von mir anzulegenden Dateien und legte mir einen Plan zurecht, wie ich die Unterlagen am günstigsten einsortieren konnte. Relxana ließ mich in Ruhe. Sie summte leise eine alte doranische Volksweise.
    Als wir mit der SAGOPYA den Linearraum verließen, meldete sich die Chefingenieurin Relosha Xendras über die Interkomverbindung des Copiloten. Ich wandte mich an die Kommandantin.
    »Die Ingenieurin teilt mit, daß wir bei der nächsten Linearetappe mit höherer Eintauchgeschwindigkeit fliegen sollen, um den Konverter zu schonen. Beim Start von der Basis waren wir zu langsam in den Halbraum eingetaucht.«
    »Sage der alten Schraubendreherin, daß wir keine andere Möglichkeit hatten, wenn wir schnellstmöglich auf Überlicht gehen wollten«, erwiderte Relxana. Ich setzte gerade an, ihre Worte an die Ingenieurin weiterzugeben, doch diese sagte:
    »Das mit der Schraubendreherin habe ich gehört. Aber die Begründung wird von mir akzeptiert.«
    »Das will ich dir auch geraten haben, Relosha«, stieß Relxana von ihrem Platz aus eine lautstarke Antwort aus.
    Auf den Bildschirmen erschienen die Sterne der Galaxis, dünn gesäht, weil wir bereits im Randbereich der Milchstraße flogen. Relxana nahm über ihren Interkomanschluß Kontakt zur Funkzentrale auf und gab die Anweisung, einen gerafften Richtstrahlspruch an die Basis abzusetzen, daß wir im Zielgebiet angekommen seien. Doch bevor der Funker den Befehl ausführen konnte, schrillten sämtliche Alarmsirenen durch die Zentrale, und ich erkannte drei überschwere Schiffe, davon einen Flottentender für Schiffe bis 500 Meter. Die beiden anderen Schiffe waren Schlachtkreuzer der Imperiumsklasse des SI. Sie nahmen uns so schnell in die Zange, daß selbst die wie ein Automat reagierende Pilotin Relxana Lentars nichts tun konnte, um sich aus dem Einflußbereich der beiden Kampfschiffe zu entfernen. Dann kam eine Meldung aus der Funkabteilung, daß ein gewisser Shewar Tolen, der sich als Kommandant des Dreierverbandes identifiziert hatte, um unsere sofortige und bedingungslose Kapitulation bat.
    »Was will dieser Typ, Astin? Gib ihn mir sofort auf den Bildschirm!« befahl Relxana. Ich blickte zu ihrem Platz hinüber, wo sich auf ihrem Interkomschirm gerade das Gesicht eines Neuarkoniden in einer schwarzsilbernen Uniform zeigte.
    »Sie sind die Kommandantin der SAGOPYA? Dann befehle ich Ihnen, uns ihr Schiff zur sofortigen Übernahme auf den Tender LONG JOHN SILVER zu übergeben. Ich schicke gleich meine Jungs hinüber, um Sie einzuweisen. Sollten Sie auf irgendwelche merkwürdigen Ideen kommen, seien Sie hiermit darauf hingewiesen, daß meine Schiffe über Gravitationsbomben verfügen, die mehr als ausreichend sind, um ihr Schiff zu vernichten.«
    »Wer schickt Sie?« entgegnete Relxana eine Frage, so ruhig und sachlich, als wäre sie sich der Bedrohung nicht bewußt oder würde sie nicht ernstnehmen. Ihr Gesprächspartner lachte und antwortete:
    »Ich selbst schicke mich. Und damit Sie wissen, warum: Ich will Ihre Ladung haben.«
    »Ein billiger Piratenüberfall«, kommentierte Relxana die Situation. »Woher wollen Sie wissen, daß ich etwas transportiere, was für Sie von irgendwelchem Wert sein könnte?«
    »Was ich weiß, weiß ich, Madame. Und jetzt machen Sie Ihr Schiff zur Übernahme bereit oder ich schätze in Sekundenbruchteilen ab, ob ich mich wirklich mit Ihnen lange abgeben muß, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Was man nicht kriegt, das zerstört man. Nicht wahr?« erwiderte Relxana, immer noch ruhig sprechend.
    »Genau!« bestätigte der Mann auf dem Bildschirm. Dann verschwand sein Bild, und die beiden Schlachtschiffe rückten uns noch enger auf den Leib.
    »Woher weiß der, ob wir was wichtiges haben?« wiederholte Relxana die Frage, die sie dem Piraten gestellt hatte.
    »Verrat«, stieß ich aus.
    »Nichts anderes ist möglich, Surtik. Laß mich mal ans Navigationspult!«
    Ich wand mich aus dem Copilotensitz und ließ die Kommandantin an mir vorbei. Dabei strichen mir ihre langen Haare durch das Gesicht und ich nahm die anregende Duftaura eines Kräuterparfüms wahr, mit dem sie sich benetzt hatte.
    Mit flinken Fingern schaltete die 58 Jahre alte Raumfahrerin an den Kontrollen des Navigationsppultes. Dann drückte sie zwei Tasten.
    »Wir lassen uns einfangen«, sagte sie entschieden. Doch um ihren Mund spielte ein tiefgründiges Lächeln, und in ihren Augen glomm das Feuer im Zaum gehaltener Entschlossenheit, die wohl für einen späteren Zeitpunkt bewahrt werden sollte.
    »Unser Notsender bündelt gerade einen sehr feinen Hyperkomstrahl, der vom Navigationspult mit den exakten Koordinaten unseres Schiffes und unserer Basis versorgt wird. Außerdem sendet der Notsender einen Code, der unseren Leuten signalisiert, daß wir überfallen und geentert wurden. Man wird uns nachkommen, egal, wo die Reise hingeht. Denn sobald wir gelandet sind, geht ein entsprechender Impuls raus. Die Piraten werden davon nichts mitbekommen«, erläuterte sie mir, was sie am Pult programmiert hatte. Dann griff sie nach dem Rundrufmikrofon und drückte die Sprechtaste:
    »Achtung, an alle!
    Soeben wurde die SAGOPYA von feindlichen Kräften aufgebracht. Eine Enterung und Übernahme des Schiffes steht unmittelbar bevor. Wenn euch euer Leben lieb ist, so leistet keinen Widerstand! Unsere Ladung ist gegen unbefugten Zugriff durch Selbstvernichtungsladungen geschützt. Es lohnt sich also nicht, euch dafür umbringen zu lassen. Ich wiederhole: Leistet keinen Widerstand, denn er ist völlig unnötig!«
    Wenige Minuten später stürmten die beiden Flugoffiziere in die Zentrale. Der Copilot deutete auf mich und brummte:
    »Mein Platz, weg da!«
    Ich sprang auf und wollte die Zentrale verlassen, um in mein Quartier zu gehen, bevor das Enterkommando an Bord kommen würde. Außerdem gedachte ich, die Positronik mit einer Feindentzugscodierung gegen Datenraub zu sichern. Die Daten würden dann, wenn nicht ich die positronik bediente, automatisch und unwiederbringlich gelöscht. Doch Relxana hielt mich mit einer Handbewegung zurück.
    »Ich habe die Vollsicherungen aller verräterischen Anwendungen des Schiffes eingeleitet, Surtik. Die Positronik wird keinen Verrat begehen, ohne sich zu zerstören. Du hast mir doch schließlich das Heldentodvirus vorgeführt, nicht wahr?«
    »Stimmt«, bejahte ich anerkennend. Relxana war eine hervorragende Geheimdienstmitarbeiterin. Dies mußte ich nun vollkommen einsehen.
    Eine Viertelstunde später kamen sie an Bord. Fünfzig Mann in schweren Kampfanzügen und 20 Kampfroboter. Ohne Schwierigkeiten nahmen sie innerhalb von fünf Minuten alle wichtigen Posten an Bord ein und übernahmen damit die Schiffsführung. Relxana ließ sich von einem kleinwüchsigen, offenbar marsgeborenen Mann mit schwerem Impulsstrahler genaue Anweisungen geben, wie sie das Frachtschiff auf die Ladefläche des Tenders zu überführen hatte. Wer auch immer dieses Kommando führte mußte einen merkwürdigen Hang zu alten Piratengeschichten besitzen. Sonst wäre dieser Schiffstransporter bestimmt nicht nach dem holzbeinigen Piraten aus Stevensons »Schatzinsel« benannt worden. Ohne unnötige Verzögerung setzte unsere Kommandantin die SAGOPYA auf der Ladefläche auf, auf der mindestens noch ein Kreuzer unseres Schiffstyps Platz gefunden hätte. Dann bekamen wir den Befehl, das Schiff zu räumen und uns in die Mannschaftssektion des Tenders zu begeben. Wie Schlachtvieh wurden wir auf die Schleusen zugetrieben. Relxana zog mich mit einer heftigen Handbewegung zu sich heran und flüsterte:
    »Du bleibst in meiner Nähe! Ist das klar?«
    Ich nickte nur bestätigend und wich ihr nicht mehr von der Seite.
    Relxana und ich waren die letzten, die durch eine Schleuse und einen daran angekoppelten Schleusentunnel das Schiff verließen. Den Piraten schien es sehr verdächtig zu sein, daß es so leicht ablief, uns von Bord zu schaffen, daß einer von ihnen uns einen sehr drohenden Blick zuwarf, der von Relxana mit einem beruhigenden Kopfnicken beantwortet wurde.
    Als wir im Tender angekommen waren, wurden wir nach Geschlecht aufgeteilt. Mit der unglaubwürdigen Behauptung, daß unsere Bezwinger anständige Piraten seien, die keine unsittlichen Kontakte zulassen durften, schubste ein bulliger Typ mich von Relxana fort, die zuerst einen verärgerten Gesichtsausdruck, dann eine beruhigende Miene zeigte.
    »Der Chef wird euch gut behandeln, wenn ihr euch nicht dumm anstellt«, erklärte einer der Piraten. Dann trieb er mich und die anderen Männer unserer Besatzung an, in einen geräumigen Korridor zu gehen. Unterwegs hörte ich, wie ein Pirat einen kurzen Funkverkehr mit irgendeiner anderen Stelle abwickelte, aus dem hervorging, daß die BLACK BEARD mit uns zusammen nach Wild Land fliegen würde, während die CAPTAIN HOOK noch warten solle. Ich schloß daraus, daß man sich den Rücken freihalten wollte, falls man nach uns suchen würde. Mir ging durch den Kopf, daß unsere Basis über 5 Schiffe der Imperiumsklasse verfügte. Würde sich ein Piratenschiff dagegen behaupten können?
    Doch mir gingen noch andere Gedanken durch den Kopf. Was würde mit unserer Ladung passieren, von der ich nur wußte, daß sie existierte? Doch ändern konnte ich nichts. Denn gerade wurden wir in einen großen Raum getrieben, der wohl ein Gefängnis darstellte. Denn hinter uns baute sich sogleich ein Energiefeld auf, nachdem die Piraten den Raum wieder verlassen hatten.

Ende Bericht Surtik Nertas

 

Forsetzung folgt

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