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Als mich das kurze Schwindelgefühl erfaßte, schloß ich im Reflex die Augen. Als ich sie wieder öffnete, stand ich im Schatten des Raumhafengebäudes und sah zu dem schwarzen Kugelraumer hinüber.
»Was ist...?«, mir blieb das Wort im Hals stecken.
Dann kam die Erkenntnis! Der SCHAD! Er funktioniert wieder.
Ich hatte einen Augenblick daran gedacht zum Raumhafengebäude zu schleichen und schon war ich da!
Ich lächelte. Mein Lächeln gefror jedoch gleich darauf, als mein Blick zur Ebene hinter dem Raumhafen schweifte.
Wo einst ein großer Stadtteil Terrania City’s lag, wölbte sich kugelförmig das Wrack eines NOVA-Raumers in den Himmel. Die Zelle war an vielen Stellen geborsten und die angelaufene Hülle deutete darauf hin, daß in seinem Innern sehr hohe Temperaturen getobt hatten.
»Er ist auf die Stadt gestürzt!«
Ich flüsterte es mehr als das ich es aussprach.
Auch Terra war also nicht verschont geblieben, aber was hatte ich erwartet?
Das ganze Solsystem war vom umgebenden Universum abgeschottet.
Für die wenigen freien Galaktiker galt es als zerstört oder verschollen.
Als ich über dem Landefeld eine Bewegung wahrnahm, trat ich blitzschnell in den Schatten des Gebäudes zurück.
Ein Vogel!
Ich entspannte mich. Erst jetzt spürte ich welcher Druck auf mir lastete.
Terra war die Residenz der HESPIES - ihr NEST!
Ich stutzte kurz, dann lächelte ich vor mich hin.
Wieder ein Begriff der aus meinem Unterbewußtsein langsam nach oben drang.
Wer hatte mir nur dieses Wissen gegeben?
Längst war mir klar, daß ein starker mentaler Block dafür sorgte, das ich wertvolles Wissen Stück für Stück serviert bekam.
Warum das so war und welche Absicht dahinter steckte, wußte ich allerdings nicht. Noch nicht!
Meine eigene Vermutung ging dahin, daß ich womöglich mit all dem Wissen zu früh von den Kreaturen der HESPIES aufgegriffen oder erkannt worden wäre.
Meine Mission wäre gleich zu Beginn zum scheitern verurteilt gewesen.
Wieder lächelte ich. »Mission«
Seit meinem kurzen Aufenthalt auf Trokan wußte ich, daß ich auf der Erde etwas zu erledigen hatte.
Was es genau damit auf sich hatte, daß wußte ich nicht.
Mir wurde klar, daß ich mich gedanklich im Kreis bewegte.
Die einzige Möglichkeit alles zu erfahren war genau so weiter zu machen wie bisher.
Verlaß dich auf deinen Instinkt, flüsterte ich leise zu mir selbst.
Ich grübelte noch eine Weile vor mich hin, die Deckung des Gebäudes ständig nutzend.
Mit Grauen dachte ich an Michael Rhodan, dessen Kopf einer Medusa gleich verunstaltet gewesen war.
»Er ist es nicht!«, dachte ich vor mich hin. Es war ein Kunstwesen, genau wie der falsche Mausbiber!
Mein mentales Selbstgespräch hatte keinen großen Überzeugungseffekt. Ich war zutiefst getroffen.
Reginald Bull, Michael Rhodan..... was kommt als nächstes?
Ich ballte die Fäuste, bis die Knöchel weiß hervortraten.
»Gehe in das Haus am Goshun See!«
Ich zuckte zusammen.
Da waren wieder die Gedanken in meinem Kopf!
War das ein suggestiver Befehl, der mir von außen eingegeben wurde oder drangen die Gedanken wirklich aus meinen Unterbewußtsein an die Oberfläche?
Bestürzt erkannte ich, daß ich den Unterschied erst feststellen würde, wenn es zu spät war.
Ich beschloß zu Fuß zu gehen. Vom Goshun Salzsee trennten mich ein paar Kilometer. Ich wagte nicht mehr den SCHAD zu benutzen, denn ich rechnete damit, das die gesteuerte Teleportation entweder angemessen, gezielt verhindert oder noch schlimmer - umgelenkt werden konnte.
Der Gedanke in einem Energieschirm zu verglühen oder gar im Zentrum eines Konverters zu landen ließ mich frösteln.
»Höre auf deinen Instinkt!« sagte ich mir erneut.
Langsam schlich ich los, immer darauf gefaßt erkannt zu werden.
Das NEST war kein Nest im Sinne des Wortes. Wenn es aber den Begriff Zuhaus assoziierte, dann konnte man ihn so anwenden.
Das NEST befand sich keinesfalls auf der Erde, aber in unmittelbarer Nähe. Die HESPIES war all gegenwärtig. Ihre Affinität zum NEST war so stark ausgeprägt, das sie ohne es nicht mehr hätte existieren können, und das hatte seinen Grund.
Ihr ganze Sinnen und Trachten war nur noch auf ein Ziel ausgelegt. Stabilität! Das NEST verhalf ihr dazu und allein das zählte. Die HESPIES hatte keine Sinne für die Bedürfnisse niederer Kreaturen. Sie war einzig und allein auf sich und ihre Existenz fixiert. So ignorierte sie seit mehreren Jahrhunderten das flehen und jammern des Zentralplasmas, welches ihr NEST auskleidete und längst über die ursprünglichen Abmessungen hinaus gewuchert war. Das war ganz im Sinne der HESPIES, denn die Wucherung förderte die Stabilität.
Für die HESPIES stellte das Plasma eine Art Katalysator dar, ein vorübergehender Rettungsanker. Für das intelligente Plasma jedoch war es die Hölle.
Auf die Terraner und alle anderen Wesen ihrer Galaxien blickte sie mit Verachtung herab. Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen sich auf eine Ebene mit den niederen Kreaturen herabzulassen - ein Erbe ihrer Vergangenheit. Auf der anderen Seite beobachtete die HESPIES mit Neid das Treiben der Kreaturen, die sich auf einer stabilen Ebene befanden. Sie würde sie alle nach und nach von der Oberfläche der Planeten tilgen und am Ende ihr ewiges Reich errichten...
Ich schlich mich langsam aus der Hafenanlage und hatte das Hauptportal erreicht.
Die Straßen waren Menschenleer. Ich ging bei meinem Vormarsch äußerst behutsam vor.
Zunächst faste ich die nächste Deckung ins Auge, dann schlich ich mich vorsichtig weiter.
Es war bereits dunkel geworden, was mir sehr gelegen kam.
Zwar wußte ich genau, daß es für die Augen potentieller Überwachungsroboter niemals Nacht wurde, aber wenigstens konnten mich Menschen schwerer sehen und verraten.
Menschen... ich hing dem Gedanken nach. Wo waren sie nur?
Ich umging eine Korvette, die sich Kopfüber in die Oberfläche gebohrt hatte. Sie war zur Hälfte im Oberflächenbelag versunken, was mich annehmen ließ, daß sie bei ihrem Absturz mehrerer Unterirdische Etagen zum Einsturz gebracht hatte.
Ich schloß kurz die Augen und hoffte, daß sich alle Menschen vorher in Sicherheit gebracht hatten.
Wunschdenken! Hämmerte es mir durch den Kopf.
Die Terraner hatten sich hinter ihrem ATG-Feld einigermaßen sicher gefühlt.
Der Angriff der HESPIES kam völlig unvorbereitet!
Es war mir noch immer absolut unklar was sich hinter dem Wesen verbarg, das alle HESPIES nannten. Wenn ich es dennoch wußte, so war dieses Wissen noch verschüttet und lag in meinem Unterbewußtsein.
Meine Gedanken schweifen zurück in meine Zeit.
Superintelligenzen kamen mir in den Sinn, doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder, denn die Macht dieses Wesens schien alles zu übersteigen was ich kannte. Ich erinnerte mich an die Ausführungen des Verkünders auf Arkon. Demnach hatte die HESPIES alle Kosmokraten besiegt und devolutioniert. Wieviel Wahrheit lag in dieser Aussage? Steckte dahinter gezielte Falschinformation? Würden es die Kosmokraten überhaupt registrieren, wenn sich in diesem Teil des Kosmos eine negative Superintelligenz einnisten würde?
Ich schüttelte den Kopf. ES würde es nicht zulassen!
Was aber wenn die HESPIES stärker gewesen ist? Wenn die Gafahr unterschätzt wurde? Ich erinnerte mich daran, das ES mehr als einmal in Bedrängnis geraten war. Auch ES war nicht unfehlbar!
Ich mußte den Kopf schütteln, denn ich war wenig überzeugt von meinen eigenen Gedanken.
Es mußte etwas passiert sein.
Ich setzte meinen Marsch fort. Es ging relativ zügig voran.
Schon bald war ich aus der Nähe des Raumhafens in die vornehmere Wohngegend von Terrania City gelangt.
Noch immer war mir kein Mensch begegnet.
Hinter manchen Fenstern der noblen Villen brannte zwar Licht, ich gab mich aber keiner Hoffnung hin, das ich dort Menschen finden würde.
Ich wußte nur zu gut, daß die Haussyntrons eine Anwesenheit der Besitzer vortäuschten um Einbrecher abzuschrecken.
Mir kam ein Gedanke.
Langsam schlich ich in den Garten eines der nahestehenden Häuser.
Ich hatte es willkürlich ausgewählt und wollte sehen, ob ich im Inneren irgendwelche Aufzeichnungen fand die mir weiterhalfen.
Als ich vor dem Eingang stand, schwang die auf antik gearbeitete Holztür langsam auf.
Ich erschrak fast zu Tode als ich die leise Stimme des Haussyntrons vernahm.
»Mentalkennung akzeptiert. Der Hausherr ist vorübergehend außer Haus. Möchten sie warten?«
Zögernd betrat ich den Empfangsraum.
»Außer Haus? Wie lange schon?«
Der Syntron antwortete prompt: »248 Jahre, er muß aber bald zurück sein.«
Ich stutzte. War die Maschine wahnsinnig geworden?
»Wie ist der Name des Hausherrn?«, fragte ich vorsichtig.
Der Syntron war nicht fähig Gefühle auszudrücken, dennoch glaubte ich so etwas wie Verwunderung aus der synthetischen Stimme zu hören.
»Du besuchst den Hausherrn und kennst seinen Namen nicht?«
In mir keimte ein ungutes Gefühl auf.
Hatte die Maschine eine Fehlfunktion? Wie konnte sie überhaupt meine Mentalkennung akzeptieren?
Ich wandte mich langsam um und schritt langsam auf die Tür zu. Mir war klar das mich mein Leichtsinn in eine kritische Situation gebracht hatte.
»Ich denke...« sagte ich langsam. »...ich werde später nochmals vorbeikommen.«
»Du bleibst!«
Mit einem lauten Schlag fiel die Tür ins Schloß.
Ich fuhr auf dem Absatz herum und suchte nach einem Gegner.
In der nächsten Sekunde wurde mir klar, das der Haussyntron überall sein konnte. Nur der Besitzer dieses Hauses wußte wo die zentrale Einheit untergebracht war.
Ich versuchte ruhig zu klingen als ich sagte.
»Öffne die Tür, Syntron.«
Als keine Reaktion erfolgte, fügte ich hinzu: »Ich muß noch ein paar Einkäufe machen und komme später wieder.«
»Du lügst!«
Mir war jetzt klar, das der Haussyntron defekt war. Vielleicht hatte die organische Komponente Schaden genommen.
Ich fühlte mich wie die Maus in der Falle.
Die Ausgangstür war massiv. Ich sah keine Chance sie aufzubrechen. Meinen kleinen Thermostrahler behielt ich vorläufig in der Tasche, denn ich wußte nicht was der Syntron unternehmen würde, wenn ich das Feuer eröffnete.
»John McGiver«, sagte ich zu mir selbst. »Da hast du dich ja in eine tolle Situation manövriert!«
Ich ging ein paar Schritte in den Raum hinein,
»Also gut«, sagte laut. »Dann warte, ich bis er wieder kommt.«
Ich sah mich vorsichtig nach Sensoren um.
Ein Haussyntron besaß überall Augen und Ohren.
Die Frage war, verfügte der Syntron auch über irgendwelche Schutzeinrichtungen?
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