ch machte mir keine großen Illusionen über meine Chancen, ich war allein!
Einzig eine bohrende Unruhe im Kopf und die Fragmente eines rätselhaften Wissens trieben mich in einer Welt voran, die nicht die meine war.
Ich lag tief geduckt im Gras, hinter einem leichten Erdwall, der wohl einst das kleine Behelfslandefeld von der Umgebung abgeschirmt hatte. Ich konnte das soeben gelandete Raumschiff nur teilweise sehen.
Der Kugelraumer war nur 15 Minuten nach dem Zusammenstoß mit Yltriel gelandet – ich vermutete das es sich dabei um die vom Siga-Blue herbeigerufene Unterstützung handelte.
Ich hatte alle Funktionen meines Seruns heruntergefahren um nicht von der Energieortung erfaßt zu werden.
Wenn sie jetzt Roboter ausschleusen oder ein mental begabtes Kunstwesen der HESPIES aussenden, ist es um dich geschehen, dachte ich vor mich hin.
Wenn ich die vergangenen Tage rekapituliere, dann war es ein Wunder das ich überhaupt noch am Leben war.
Den Kugelraumer schätzte ich auf 200 Meter Durchmesser, keine Konstruktion, die ich kannte – aber wen wunderte das? Ich befand mich weit in der Zukunft, jedenfalls von meiner Zeitebene aus betrachtet und ging einer seltsamen Aufgabe nach, die ich selbst noch nicht zur Gänze erfaßt hatte.
Ich lachte trocken. Zuerst hatte man mich mit Perry Rhodan verwechselt, dann wurde mir sogar das Vorhandensein einer Ritteraura nachgesagt. All diese Umstände haben mich in den Bannkreis einer Entität gezogen die sich HESPIES nannte und deren Vorgehen an Grausamkeit alles übertraf, was ich mir bis jetzt vorstellen konnte. Von den Herreach der kleinen Siedlung nahe des Pilzdomes, hatte ich nichts mehr gesehen. Ob sie vor dem Schiff geflohen waren? Vielleicht taten sie gut daran sich nicht blicken zu lassen, eine Hilfe wären sie ohnehin nicht gewesen.
Ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Schiff.
Die Hülle war tief schwarz und erinnerte mich irgendwie an die alten Kugelraumer der Haluter.
Hier hatte ich jedoch ein terranisches Schiff vor mir, alle Konstruktionsmerkmale sprachen dafür.
Ich spürte einen Stich im linken Arm und schleuderte ein blutsaugendes Insekt davon.
Dadurch entging mir, wie sich die untere Polschleuse des Schiffes geöffnet hatte.
Ich kniff die Augen zusammen, als ich eine Bewegung im Rund des beleuchteten Schleusenraumes erkannte.
War das ein Mensch?
Ich sah eine Gestalt in einer leichten Kombination zu Boden schweben und unschlüssig verharren. Die Gestalt war zweifelsfrei humanoid, ich war jedoch zu weit entfernt um Einzelheiten erkennen zu können.
Nach einigen Sekunden schwebte der Unbekannte in Richtung Pilzdom davon.
Ihr werdet jetzt grübeln, warum der Kontakt zu eurem Zwerg-Agenten ausgefallen ist, dachte ich grimmig.
Ich war noch immer schwer betroffen, daß ich die ganze Zeit über ein Geschöpf der HESPIES mit mir herumgetragen hatte. Einen Siga-Blue! Ich lachte bitter. Waren meine Sinne taub gewesen? Nur die absolut perverse Phantasie der HESPIES konnte sich so etwas ausdenken. Aber warum hatte der Siga-Blue seine Tarnung vorzeitig aufgegeben? Hätte der paranormal begabte Herreach mir wichtige Informationen über die HESPIES verraten können? Ich verscheuchte die Gedanken. Das half mir jetzt nicht weiter.
Ich konzentrierte mich auf das Schiff. In dem Kugelraumer sah ich die einzige Möglichkeit nach Terra zu gelangen. Ich ballte die Fäuste. Ich mußte in die Höhle des Löwen um die Erde zu erreichen, oder ich würde früher oder später von den Häschern der HESPIES gefunden werden.
Wieder die Kopfschmerzen!
Ich preßte die Hände an die Schläfen.
Einen kurzen Moment sah ich mich selbst in einer Vision auf einer Liege festgeschnallt, über mir die Fratze eines entsetzlichen Wesens. Neben mir stand eine gleichartige Liege auf der ein Terraner lag. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, denn er hatte den Kopf auf die andere Seite gedreht. Schlauche und Kontakte verbanden uns miteinander.
Mit einem halberstickten Schrei verscheuchte ich die Schreckensbilder.
Ohne zu denken sprang ich auf und rannte im Eiltempo auf das fremde Schiff zu.
Entweder haben sie dich in der Ortung, oder du rennst in einen Energieschirm und verglühst...
Merkwürdig, wie sich meine Gedanken überschlugen als ich dem Schiff näher und näher kam.
Als ich unter dem Polrund des Raumers stand und nach oben sah, konnte ich es kaum glauben.
Das Schiff war nicht gesichert!
Ich hatte nur eine Frage im Kopf: WARUM?
War es wieder eine Falle oder hatte ich es der Überheblichkeit eines Wesens zu verdanken, das sich grenzenlos überlegen fühlte?
Ich aktivierte meinen Antigrav und schwebte nach oben.
Wen immer ihr erwartet habt, dachte ich vor mich hin. Diesmal habt ihr es mit einem Terraner der alten Garde zu tun.
Als ich den ersten Schritt in die Schleusenhalle tat, begann ich mich über meine Kaltschnäuzigkeit zu wundern. Was hatte ich zu verlieren?
»Dein Leben!«, antwortete ich mir selbst.
Ich duckte mich sofort in den Schutz einiger Container die am Rand der Schleuse verankert waren und versuchte den Raum zu überblicken.
Er war leer.
Mein Blick fiel auf einen perforierten Behälter, der groß genug war mich darin zu verstecken. Ohne zu überlegen sprang ich hinein und schloß den Magnetdeckel.
Da saß ich nun schwer atmend und begann zu zittern. Erst jetzt kam meine innere Anspannung und Todesangst durch.
Ich wußte nicht, wie lange ich zusammengekauert in dem Container gesessen hatte, als ich durch die kleinen Löcher der Wand eine Bewegung erkannte.
Der Humanoide war zurückgekehrt!
Er stand einen Moment nachdenklich in der Schleusenhalle und bewegte sich nicht, dann schloß sich das schwere Schott hinter ihm.
Der schlanke Terraner trug eine enganliegende, silbrig glänzende Kombination, die von einem engen Geflecht glitzernder Fäden überzogen war. Um die Hüfte waren zahlreiche dick ausgebeulte Taschen angeordnet, vermutlich enthielten sie Komponenten die zur Ausrüstung des Anzugs gehörten.
Meine Blicke saugten sich an dem seltsamen Helm des Terraners fest. Es schien als ob der metallische Helm direkt mit dem Kopf verwachsen sei. Zahlreiche Antennen stellten sich steil in die Höhe und bewegten sich leicht hin und her. Fast wie Seetang in der Meeresströmung, schoß es mir durch den Kopf. Konnte der Terraner mit den feinen Auswüchsen etwa orten oder espern?
Ich begann zu schwitzen.
Erschrocken schirmte ich meine Gedanken ab. Wenn ich einen Telepaten vor mir hatte, dann konnte ich bereits jetzt mit meinem Leben abschließen.
Doch meine schlimmsten Befürchtungen erfüllten sich nicht.
Mit sicheren Schritten ging der Terraner auf den Antigrav zu und ließ sich nach oben treiben, vermutlich zur Zentrale des Schiffes.
Leises Vibrieren machte mich auf den Start des Schiffes aufmerksam.
Stellte der seltsame Helm eine Art Sert-Haube dar, mit der dem Schiff Kommandos übermittelt werden konnten?
Ich entschloß mich, vorerst den Container nicht zu verlassen und klammerte meine ganze Hoffnung daran, daß der fremde Terraner die Erde anfliegen würde.
Ich bäumte mich vor Schmerzen auf. Die elektrischen Impulse schienen mein Gehirn zu zermartern.
Die ganze Zeit über fühlte ich mich von der gräßlichen Fratze beobachtet. Große blaue, kugelrunde Augen glotzten mich an. Ich konnte ihm nicht entfliehen. Ich glaubte sogar einmal vernommen zu haben, wie das scheußliche Gesicht sagte: »Es tut mir leid, aber wir müssen improvisieren.«
Auch der Terraner neben mir stöhnte unterdrückt.
Dann versanken meine Gedanken in maßlosen Chaos.
»Was macht ihr mit mir!« schrie ich so laut ich konnte, doch meine Stimme brachte nur ein leises Wispern zustande.
Als ich aufschreckte war mir klar, daß ich wieder von einen Tagtraum gepeinigt wurde.
Die Erinnerungsfetzen wurden um so intensiver, je näher ich der Erde kam.
Wann würde ich nur alles erfahren? Was war nur mit mir geschehen, nachdem ich in das schwarze Loch gestürzt war? Zu wem gehörte die Fratze und wer war der andere Terraner?
Das Dröhnen der Antriebsaggregate steigerte sich plötzlich und mir war klar, daß sich das Schiff im Landeanflug befand.
»Laß es auf Terra landen«, flüsterte ich leise, dann biß ich mir auf die Unterlippe.
Die Erde war zwar mein Ziel, aber vermutlich auch der Ort an dem sich die HESPIES aufhielt.
Was für ein Wesen war sie nur? Was waren ihre Beweggründe, die Wesen der Galaxis so zu quälen?
Warum lies sie Millionen Intelligenzen verschwinden und führte ein so grausames Regime?
War ihr durch und durch negatives Verhalten ein Hinweis, mit WEM ich es zu tun hatte?
Der Antigravlift spuckte plötzlich einen Körper aus. Es handelte sich um den Terraner, mit der seltsamen Kombination. War er ganz allein an Bord?
Seine Bewegungen wirkten plötzlich abgehackt und nicht mehr so koordiniert wie zuvor. Fast schien es, als ob ich eine Marionette vor mir hätte, dessen Führung dem Puppenspieler keinen Spaß mehr machte.
Der Terraner blieb einen Moment im offenen Schott stehen und ließ sich die Sonne auf das Gesicht scheinen.
Als ich die Gesichtszüge im hellen Sonnenlicht erstmals deutlich sah, durchfuhr mich eisiger Schrecken. Ich wagte nicht zu atmen und bewegte mich keinen Millimeter, um kein unbedachtes Geräusch zu verursachen.
Meine Gedanken weigerten sich die Tatsache zu akzeptieren. Ich war wie gelähmt, denn ich kannte das Gesicht!
»Nein!« hauchte ich. »Alles nur das nicht!«
Der Terraner ließ sich einfach in die Tiefe fallen und wurde zweifellos von seinem Antigrav aufgefangen.
Einen Moment fürchtete ich, das Schott würde sich wieder schließen und mich einsperren, doch nichts dergleichen geschah.
Mein Herz raste bis zum Hals.
»Konnte ich mich getäuscht haben?«
Ich wußte, daß dem nicht so war und mir die Gesichtszüge des Terraner bestens bekannt waren.
In der selben Sekunde, als mich die Erkenntnis traf, hörte ich einen deutlichen Befehl in meinen Gedanken.
»Gehe in das Haus am Goshun See!«
Ich lauschte in mich hinein.
Obwohl sich der mentale Befehl nicht wiederholte, wußte ich genau was ich zu tun hatte und welches Haus gemeint war.
Ich befreite mich aus dem Container und näherte mich vorsichtig der Schleuse.
Als ich hinunter sah, war niemand zu sehen. Das Landefeld war wie ausgestorben.
Wo war er hin?
Innerlich fühlte ich mich erleichtert, denn auf diese Begegnung war ich nicht gefaßt gewesen.
Ich heftig atmete aus und sah zum Raumhafengebäude hinüber.
Ich entschloß mich, zu warten bis es dunkel wurde, bevor ich mich hinaus wagte.
Ich schalt mich selbst einen Narren, denn die Dunkelheit bot mir einen fragwürdigen Schutz. Viel mehr als vor optischer Ortung mußte ich mich vor einer Energie- oder Tasterortung fürchten.
Der Raumhafen vor mir war zweifellos einer der großen Häfen nahe Terrania.
Ich erkannte das Panorama. Ich war nach meiner langen Odyssee endlich auf der Erde angekommen!
Was war nur mit den Terranern geschehen und was mit jenem Menschen, den ich vor wenigen Minuten flüchtig gesehen hatte? Nochmals versuchte ich mich selbst zu überzeugen das ich einer Täuschung aufgesessen war, doch vergebens.
Es war Michael Rhodan gewesen, daran hatte ich keinen Zweifel mehr!
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