Ich wollte nie ein Held sein

     
Eine   Von
Perry Rhodan   Thorsten Oberbossel (Oberboss@stud-mailer.uni-marburg.de)
Fortsetzungsgeschichte
Teil 1 von 4
  Copyright © 1998

 

Meine Stimmung war nicht gerade erheitert. Da saß ich nun in einem winzigen Zimmer in einem kleinen Haus in New York und wartete auf Cara Sontime.
   War es brüderliche Liebe oder geistige Unanwesenheit, die mich dazu getrieben hatte, auf die Bitte meiner Schwester Joana einzugehen und der irgendwem achso bekannten Reporterin Cara Sontime ein Interview über mich zu gewähren. Dabei hätte ich doch schon stutzig sein müssen, als ich las, daß diese Ms. oder Mrs. Sontime für eine Zeitschrift mit dem ominösen Titel COSMIC GIRLS arbeitete. Sicherlich würde ich gleich gefragt werden, was ein Mann mit meinen körperlichen Ausprägungen an wissenschaftlichen Tätigkeiten finden würde. Was konnte ich denn dafür, daß mein Vater vom Planeten Oxtorne und meine Mutter von Arkon I stammte? Hätte ich es irgendwie verhindern können, die weißblonde Lockenpracht meiner Mutter und den muskulösen Körper meines Vaters zu erben? Immerhin hatte ich von meiner Mutter ja auch ein hervorragendes photographisches Gedächtnis geerbt. Und genau deswegen war ich auch Naturwissenschaftler geworden, schwerpunktmäßig Hyperphysiker und Planetologe. Aber ich hatte mehr oder weniger nebenbei noch diverse Lehrbücher zu Themenkomplexen der Biowissenschaften, der Ingenieurswissenschaften und der Humanmedizin gelesen, auch wenn ich mich nicht vollständig in diesen Bereichen ausbilden ließ.
   Als nach einer Minute Wartezeit die kleine Tür aufschwang und eine junge, sehr hübsch herausgeputzte Frau mit blondem Pferdeschwanz und bordeauxrotem Kleid den Raum betrat, blieb ich ruhig sitzen. Die Dame sollte nicht den Eindruck bekommen, daß ich mich über sie ärgerte. Das war es nicht wert.
   »Guten Tag, Mr. Shak! Ich bin Cara Sontime«, begrüßte mich die Frau, die wohl in meinem Alter sein mußte. Ich erwiderte den Gruß und stellte klar, daß ich nicht viel Zeit hätte.
   »Wenn Sie meine Fragen schnell beantworten, sind wir in einer Viertelstunde durch«, erwiderte Cara Sontime und ließ sich mir gegenüber auf einen Stuhl sinken. Lässig fischte sie aus ihrer Umhängetasche ein kleines Tonaufzeichnungsgerät und eine Holokamera. Sie hob den Bildaufzeichner an, guckte mich mit ihren blauen Kulleraugen fragend an und machte einige Aufnahmen, nachdem ich durch ein sanftes Kopfnicken meine Einwilligung gegeben hatte. Dann schaltete Cara Sontime den Tonaufzeichner ein. Eine Anzeige auf dem Gerät erklomm in grünem Licht und gab an, daß es in New York gerade 14.15 Uhr am 14. Juni 2419 war. Dann sprach die Reporterin ein paar einleitende Sätze in das Mikrofon und drückte die Pausentaste des Gerätes. Dann stellte sie es auf den kleinen Tisch zwischen uns und schaltete den Tonaufzeichner wieder auf Aufnahme.
   »Mr. Shak«, begann sie. »Sie sind der bislang jüngste Absolvent der polytechnischen Universität von Terrania City. Was hat Ihnen soviel Antrieb gegeben, innerhalb von vier Jahren ein Studium zu beschließen, für das selbst mit Hypnounterstützung acht Jahre veranschlagt werden?«
   »Meine Herkunft, Ms. Sontime. Meine Mutter ist eine arkonidische Edelfrau, und mein Vater ist ein Oxtornischer Arzt. Daher war es für mich nie eine Frage, ob ich eine wissenschaftliche Ausbildung anstreben würde, sondern nur, welche. Da ich über ein sehr gutes Gedächtnis verfüge, bedurfte es nur der einmaligen Lektüre der Lehrbücher, um deren vollständigen Informationsgehalt zu erfassen. Hinzu kommt noch, daß meiner Herkunft wegen immer ein ungerechtfertigtes Aufsehen an den Schulen betrieben wurde, was mich dazu antrieb, möglichst schnell mit allen notwendigen Studien und Praktika abzuschließen«, gab ich umfassend Auskunft.
   »Die Leser, speziell die Leserinnen meiner Zeitschrift, möchten zu gerne wissen, weshalb Sie mit Ihrer Statur nicht an eine Karriere in der solaren Flotte gedacht haben oder als Trivideoschauspieler oder Sportler angefangen haben.«
   »Dann teilen Sie Ihren Leserinnen mit, daß mein Körper mir völlig egal ist, solange er unversehrt ist. Ich weiß, daß ich dem Idealbild eines altgermanischen Helden entspreche. Dies haben mir schon hunderte gesagt. Ich fühle mich jedoch nicht zu Heldentaten geboren. Daher habe ich mich nicht auf eine Karriere in der solaren Flotte eingelassen. Ich sehe meine Fähigkeiten doch sehr konkret auf intellektuelle Leistungen ausgerichtet.«
   »Ja, aber Sie werden doch wohl auch Bedürfnisse körperlicher Art verspürt haben«, entgegnete Cara Sontime. »Hatten Sie nie eine partnerschaftliche Beziehung?«
   »Doch, sicher! Ein Universitätsflirt, der sich zu einer dreijährigen Freundschaft entwickelte. Ich werde den Namen dieser Person jedoch für mich behalten«, erwiderte ich ruhig. Ich hatte mit dieser unvermeidlichen Frage gerechnet.
   »Freundschaft? Also ein rein platonisches Verhältnis. Hatten Sie nie das Bedürfnis nach sexuellen Erfahrungen?«
   »Wenn Sie wissen wollen, was ich über Sex weiß, so lautet meine Antwort, daß ich theoretisch mit allem vertraut bin, was damit zusammenhängt. Was meine Erfahrungen und Bedürfnisse angeht, so sind diese meine Privatsache und stehen für niemanden zur Debatte.«
   »Aber Sie können mir doch verraten, welche Frau ihrem Idealbild entspricht«, wandte sich Cara mit einer weiteren persönlichen Frage an mich.
   Ich antwortete herablassend: »Die große Mehrheit Ihrer Leserinnen wird sich jetzt enttäuscht fühlen, diesem Idealbild nicht entsprechen zu können, aber ich werde Ihnen gerne verraten, wie die Idealfrau für mich sein sollte:
   Ich suche, nicht dringend, nach einer Person, die in hohem Maße geistig begabt ist und neben einer guten und umfassenden Ausbildung über ein großes Spektrum an kulturellen Betätigungsfeldern verfügt. Körperlich sollte sie meiner Konstitution entsprechen, also über eine oxtornische Physis verfügen, falls sie und ich der Meinung sein könnten, Nachwuchs zu zeugen. Aber daran, und hier mutmaße ich, einer weiteren Frage Ihrerseits zuvorzukommen, denke ich im Moment überhaupt nicht.«
   »Sie legen sehr hohe Maßstäbe an, Mr. Shak. Befürchten Sie nicht, daß niemand diese Richtlinien erfüllen kann?«
   »Im Gegenteil. Ich würde mich wundern, wenn ich auf die Person träfe, die einen Großteil der von mir umrissenen Faktoren aufweist.«
   »Legen Sie diese Maßstäbe gerade deswegen an, weil Sie eigentlich keine Beziehung haben wollen?«
   »Man soll niemals nie sagen, weiß ich. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich diese Frage ohne Zögern mit Ja beantworten.«
   »Dann wollen wir nochmal zu Ihrem weiteren Lebensweg kommen«, wechselte Cara Sontime das Thema. »Was werden Sie nun tun?«
   »Zur Zeit arbeite ich als geologischer Gutachter für ein großes Industrieunternehmen. Später, wenn meine Jugendzeit endgültig der Vergangenheit angehören wird, gedenke ich, als Dozent an einer privaten Hochschule zu arbeiten. Aber das wird wohl erst in zwanzig Jahren der Fall sein, also dann, wenn ich vierundvierzig oder fünfundvierzig Jahre alt sein werde.«
   »Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit und hoffe, daß Sie nicht nur anderen Wohlstand und Freude bereiten können, sondern auch einmal Zeit für sich finden«, schloß Cara Sontime das Interview.
   Ich verließ das kleine Zimmer, ohne auf die letzten Worte von Cara Sontime zu reagieren. Sicher, sie arbeitete für eine Lesergemeinschaft, die im Moment alles körperliche über sonstige Angelegenheiten stellte. Aber ich war kein Trivideostar und schon gar kein Playboy oder Traumprinz. Für mich galt das, was ich mit meinem Hirn hervorgebracht hatte und noch hervorbringen würde. Und falls mich irgendwann mal Bedürfnisse der animalischen Art bedrängen sollten, so würde ich sie kontrolliert abbauen und mich nicht auf unvorhersehbare Affären einlassen.
   In dem kleinen Hotel, in dem meine Schwester Joana logierte, guckten mir schon wieder alle Zimmermädchen hinterher. Ich fragte mich, wann diese ihrer Arbeit nachgehen konnten, wenn sie sich andauernd ablenkten. Im Zimmer von Joana traf ich neben meiner Schwester noch ihren derzeitigen Partner Landon Faith an. Joana, die mir sehr ähnlich sah, nur daß sie dem Idealbild einer weißblonden Venusfigur entsprach, fragte mich, wie denn das Interview verlaufen sei. Ich gab kurz und knapp Auskunft.
   Dann sagte Landon Faith: »Sie kommen mir vor, wie der alte Weise, den eine Böse Hexe mit dem Körper eines Drachentöters bestraft hat, Mr. Shak. Irgendwie vermitteln Sie den Eindruck, daß Ihr Gehirn mit dem, was es umgibt, nichts anzufangen weiß.«
   »Ich halte viel von Ehrlichkeit, Mr. Faith. Dennoch finde ich Ihre Bemerkung unpassend«, erwiderte ich.
   »Vielleicht ist es doch wichtig, welche Chromosomen bei der Zeugung verschmolzen werden«, meinte Joana. »Denn was du für unheimlich wichtig hälst, Bruder Lankor, finde ich zum Teil sehr langweilig. Dich kann man nirgendwo mit hinnehmen, wenn da kein Superphilosoph oder kein Naturwissenschaftsprofessor sitzt, mit dem du dich unterhalten kannst. Denn sonst fängst du doch irgendwann damit an, daß die Party dekadent sei und die Partygäste zu viel Zeit hätten, wenn sie sie derartig bedenkenlos verschwendeten.«
   »Das stimmt doch auch«, erwiderte ich. »Aber du hast ja vor Jahren beschlossen, daß du erst einmal alle Genüsse auskosten willst, die das zivilisierte Leben bereitzuhalten vorgibt.«
   »Weil ich später nicht gezwungen sein will, mein Leben zu bereuen, weil es so eintönig verlaufen ist«, hielt mir Joana entgegen. Ihr Freund grinste nur dumm.
   »Ich für meinen Teil werde jetzt nach Terrania zurückkehren und sehen, welche Aufgaben ich demnächst auszuführen habe«, erklärte ich und verabschiedete mich.
   Direktor Malton Treki saß in seinem großen schwarzen Konturensessel und legte gerade eine Impulsfolie auf den Schreibtisch.
   »Sie sind aber schnell zurückgekommen, Mr. Shak«, begrüßte mich mein direkter Vorgesetzter, der Forschungskoordinator der COSMIC MINING Limited, einer Erz- und Energieträgerabbaugesellschaft.
   »Ich hielt es für angebracht, mich wieder aus dem Urlaub zurückzumelden«, erklärte ich.
   Dann hörte ich, was Direktor Treki mir als neue Aufgabe zugedacht hatte. Er sagte:
   »Sie kennen sicherlich das Hortansystem, Mr. Shak. Es liegt 25.000 Lichtjahre von Sol entfernt. Dort haben unsere Roboterkunder einen Planeten ausgemacht, der über einen hohen Anteil fünfdimensionaler Strahlung verfügt. Wir gehen davon aus, daß es sich hierbei um die Anzeichen von Howalgonium handelt. Da wir keinen regulären Forschungsraumer entsenden können, um den Planeten unauffällig zu untersuchen, sollen Sie allein mit einem präparierten Schiff dorthin fliegen. Sie kennen doch noch die ARTEMIS?«
   »Selbstverständlich«, erwiderte ich.
   Dann furh Direktor Treki fort: »Das Schiff ist bereits gewartet worden. Sie starten damit in Richtung Mars, um die Arbeiten auf dem Mond Phobos zu begutachten. Tatsächlich tauchen sie im Ortungsschatten des Mars, da wo unsere Störsatelliten die Ortung kontrollieren, in den Linearraum ein und fliegen den programmierten Kurs bis zum Hortansystem.«
   »Warum können wir kein reguläres Schiff mit der nötigen Besatzung dort hinschicken?« fragte ich, weil es mir widersinnig vorkam, daß ein solcher Aufwand für eine reine Routineuntersuchung betrieben werden sollte.
   »Weil wir eindeutige Hinweise darauf haben, daß ein gewisser Fürst Hogan aus der Clique der sogenannten Freifahrer, die sich in den letzten Jahren gebildet hat, mindestens einen Spion in unsere Firma eingeschleust hat, der ihm über die von uns gefundenen Howalgoniumvorkommen informieren soll. Es ist einer anderen Firma schon widerfahren, daß sie einen wertvollen Auftrag verloren hat, weil ein Industriespion der Freifahrer die Unterlagen darüber gestohlen hat. Außer dem Generaldirektor, dem Sekretär des Generaldirektors und meine Wenigkeit ist niemand über die Entdeckung Gorons unterrichtet.«
   »Aha, der Planet hat also einen Namen bekommen«, erkannte ich etwas impertinent, wie ich zugeben muß. Um meine Entgleisung wieder gut zu machen fragte ich höflich:
   »Und bis wann wünschen Sie meinen Bericht darüber, ob sich der Aufwand rentiert hat, Herr Direktor?«
   »Sie fliegen am 16. Juni, um 02.00 Uhr los. Die ARTEMIS ist mit einem verstärkten Kalupkonverter bestückt worden, der sie innerhalb von 20 Stunden hinbringen wird. Es ist kein Zwischenstop vorgesehen, Mr. Shak. Aber die Technik verfügt über drei Reserveeinrichtungen. Sie können sich also während des Fluges so richtig ausschlafen. Und wenn Sie innerhalb von einer Woche alle Ergebnisse haben sollten, kommen Sie zurück nach Terra und legen mir den Bericht höchstpersönlich vor. Dann können wir entscheiden, ob wir uns auf Goron betätigen sollen oder nicht. Vielleicht haben wir ja bis dahin den Spion enttarnt.«
   »Falls ich nicht das Subjekt bin, das gegen uns konspiriert«, gab ich eine kläglich scheiternde Vorstellung meines ohnehin untrainierten Humors zum Besten.
   Direktor Treki lachte nicht, sondern meinte nur gelassen:
   »Dann wissen wir es eben erst in einer Woche.«
   Mit einem Gleiter ging es zum Raumhafen. Dort, im privaten Sektor, fand ich die ARTEMIS, ein Schiff mit der Außenzelle eines 3-Mann-zerstörers der solaren Flotte. Ich kannte das Schiff bereits von diversen Erkundungen, die ich für meine Firma durchgeführt hatte.
   Ich bestieg das kleine Raumschiff, versicherte mich darüber, daß alle Ausrüstungsgüter an Bord waren und begab mich in die Steuerkabine. Dort führte ich den Vorflugcheck durch und überprüfte dabei mit einer kleinen Empfangsvorrichtung, die mir Direktor Treki mitgegeben hatte, ob an Bord ein heimlicher Hypersender installiert worden war. Als weder der Check, noch die Sendersuche irgendein unangenehmes Ergebnis erzielt hatten, bat ich für meine angebliche Marsexpedition um Starterlaubnis und bekam diese auch.
   Von Hand brachte ich die ARTEMIS vom Boden weg und steuerte sie in den Weltraum hinaus. Dann nahm ich Kurs auf den roten Nachbarn der Erde und beschleunigte mit Höchstwerten.
   Auf der Höhe der Marsbahn zog ich das kleine Raumfahrzeug in einer Kurve um den roten Planeten herum, wobei ich einen kurzen Funkimpuls an Terra absetzte. Dann drückte ich einige Tasten der Positronik und wartete.
   Ohne Vorwarnung sprang der Überlichtantrieb an und hob die ARTEMIS aus dem vierdimensionalen Einsteinraum. Der Linearantrieb folgte einem vorher eingegebenen Programm und trieb das Schiff durch die rötlichen Schlieren des Halbraums davon, mit elf Millionen Überlichtgeschwindigkeiten. Auf einer kleinen Anzeige las ich ab, daß ich nun 19 h und 52 Minuten nichts mehr tun konnte und deshalb nutzlos herumsaß, wenn ich nicht eine bessere Beschäftigung finden würde.
   Ich folgte dem Rat meines Vorgesetzten und legte mich in der kleinen Kabine in die Koje. Sofort verfiel ich in einen tiefen Schlaf.
   Als ich wieder erwachte, zeigte mir das Armbandchronometer 10.00 Uhr an. Ich beschloß, mich noch ein wenig mit dem Planeten zu beschäftigen, zu dem ich hinflog und dann noch eine Schlafpause einzulegen.
   Um 18.00 Uhr legte ich mich wieder in die Koje, nachdem ich alle gewonnenen Daten über Goron gelesen hatte, so daß ich den Planeten nun in- und auswendig kannte. Als der Raumer den programmierten Flug beendete, wurde ich von einem Summton geweckt.
   Ich ging in die Steuerkabine und sah auf den Hauptbildschirm.
   Vor mir stand eine gelbweiße Sonne im Raum. Ich erkannte sie als Hortans Stern. Dann fielen mir die kleinen Punkte auf, die im Licht des Gestirns aufblitzten. Ich suchte den drittnächsten zur Sonne und programmierte die automatische Steuerung darauf und holte den kleinen Lichtpunkt per Bildvergrößerung zu mir heran, bis er zu einer blauen Scheibe angewachsen war.
   Das war also Goron, der Zielplanet. Der dritte Himmelskörper von zehn, die die Sonne Hortans Stern umkreisten. Wie ich wußte, besaß der Planet keinen natürlichen Satelliten und wies auch keine besonders großen Landmassen auf. 89 % seiner Oberfläche waren mit Wasser bedeckt. Nicht gerade vielversprechend für eine Howalgoniumförderung. Doch das würde sich noch ergeben.
   Nachdem die ARTEMIS in die Umlaufbahn um Goron eingeschwenkt hatte, nahm ich mit den bordeigenen Kameras eine Serie von Bildern auf, die für spätere Untersuchungsgruppen von Nutzen sein konnten. Dann ging ich zum Landeanflug über. Mein Ziel war ein großer Inselkontinent, der wie eine Mondsichel geformt war. Er lag in der südlichen Hemisphäre des Planeten und maß in der Länge 260 km. Ohne Schwierigkeiten brachte ich den kleinen Raumkreuzer in die Mitte des Kontinents und landete das Schiff sicher auf seinen Stelzenbeinen. Eine halbe Stunde später stieg ich, in einen leichten Raumanzug gehüllt, durch die große Mannschleuse aus.
   Um mich herum erstreckte sich eine felsige Hügellandschaft ohne jegliche Vegetation. Ich erkannte, daß vor nicht einmal zweihunderttausend Jahren ein schweres Erdbeben den Kontinent erschüttert haben mußte, denn überall entdeckte ich Gesteinsformationen, die nur in großen Tiefen entstanden sein konnten und von einer gewaltigen seismischen Kraft an die Oberfläche befördert worden sein mußten. Ich sah mich weiter um und fand den Grund für das Beben, einen vom Wind noch nicht ausreichend verwitterten Meteoritenkrater, der gut und gerne 4 km Durchmesser besaß.
   Ich wollte gerade einige Gesteinsproben sammeln, um meine Beobachtungen wissenschaftlich zu überprüfen, als plötzlich ein Blitz aus gleißender Energie an mir vorbeizuckte und in den Boden fuhr. Glutflüssiges Gestein spritzte unter der Wucht der spontanen Erhitzung davon. Ich stand verdutzt da und rührte mich nicht.
   Unvermittelt tauchte ein großer Schatten über mir auf und senkte sich zu Boden. Es handelte sich um einen ovalen Gleiter einer mir unbekannten Bauart. Zwar konnte ich die Luken des Fluggerätes nur für eine Zehntelsekunde sehen, doch diese Zeit reichte aus, um zu erkennen, daß es vier auf jeder Seite der Maschine gab und daß die Luken kreisrunde Form besaßen. Ich überlegte mir, ob ich ins Schiff zurückkehren sollte. Doch da erkannte ich den klobigen Gegenstand, den ein Roboter auf Prallfeldern an die ARTEMIS herantrug.
   Ich hatte bisher nur zweimal richtig Angst verspürt. Einmal als mich der zwölfbeinige oxtornische Drachenkopfläufer umzurennen drohte, da war ich gerade sechs Jahre alt gewesen. Das andere Mal geriet ich in Furcht, als ich am Krater eines Vulkans auf Rigel VII stand und der Sims, auf dem ich Halt gefunden hatte, abzubrechen drohte. Doch das war alles nichts gegen die plötzliche Panik, die mich unerwartet gepackt hatte. Ohne Sinn und Verstand rannte ich davon, als der Gleiter landete.
   Meine oxtornische Konstitution und Kraft brachten mich auf mindestens 98 km / h, als ich erkannte, wie weitere Roboter aus dem Gleiter kamen. Ich rannte wie besessen. Mein Gehirn hatte offenbar alle höheren Funktionen eingestellt und sich auf sein rein instinktives Niveau zurückgezogen. Doch was hätte es mir eingebracht, wenn ich stehengeblieben wäre. Das gleiche, was es mir einbrachte, als ich fortlief. Denn keine zwei Kilometer vom Landeplatz der ARTEMIS entfernt lief ich blindlings einer Horde von Humanoiden vor schußbereite Waffen. Ohne Warnung drückte einer der Fremden auf den Auslöser. Dann spürte ich meine Beine nicht mehr und fiel zu Boden. Ich empfand jedoch keinen Schmerz. Mein ganzer Körper war wie taub. Und auch meine Wahrnehmung schwand, wenn auch nicht vollständig. Die Angreifer hoben mich vom Boden und trugen mich zu einem anderen Gleiter, der gerade landete. Sie warfen mich in einen großen Frachtraum und beließen ein Individuum als Wache bei mir. Dann startete der Gleiter.
   Ein greller Blitz und ein unheilverkündendes Donnern machten mir unmißverständlich klar, daß die ARTEMIS soeben in einer nuklearen Explosion vernichtet worden war. Die Frage, was nun mit mir geschehen würde, wollte mein langsam wieder erwachender Verstand nicht beachten.
   Denn so oder so beinhaltete jede mögliche Antwort etwas unangenehmes, dies wußte ich.

Fortsetzung folgt!

 
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