angsam öffnete ich meine beiden Augenpaare. Eine Weile war alles um mich
herum verschwommen, was wohl an den Folgen des Schlafes lag. Ich versuchte mich zu
erinnern, was passiert war. Ich befand mich auf dem Weg zu einer Konferenz mit Paola
Daschmagan, wurde jedoch nicht von meiner Eskorte, sondern einer vermeintlichen Reporterin
namens Elma Staller, abgeholt. Dann überschlugen sich die Dinge. Zwei Männer verfolgten
die Terranerin und mich, doch aus gutem Grund, da diese versuchte mich zu entführen, was
ihr auch gelungen war. So zumindest war meine Vermutung. Staller zog mich mit Hilfe eines
kleinen Traktorgerätes in einen Gleiter, kurz danach verlor ich das Bewußtsein. Anhand
meines körperlichen Zustandes war es eine zwingende logische Folgerung, daß ich
paralysiert wurde. Der Traktorstrahl alleine hätte die Kondition eines Maahk nicht
beeinträchtigen können. Ich sah mich in dem Raum um. Er war spartanisch eingerichtet.
Ein Bett auf dem ich lag, ein Tisch mit etwas Nahrung, keine Fenster, ein Energiefeld vor
dem Eingang. Der Raum war mit Sauerstoff gefüllt, daher mußte ich meinen Helm weiterhin
tragen. Ich befand mich in keinem Krankenhaus oder in einem Sicherheitstrakt des TLD.
Demnach waren meine Vermutungen korrekt; Ich war entführt worden. Doch von wem? Wer
hätte Interesse daran, mich zu entführen?
»Grek 126?« hörte ich eine dunkele und metallisch wirkende Stimme
sagen.
In mir gab es eine Gefühlsregung, die ich am besten als Erstaunen
bezeichnen würde. Woher wußte dieser Mann meine wahre Bezeichnung? Terold wurde ich nur
von den Terranern bezeichnet, da Grek 1 es für besser hielt mir einen Namen zu geben, was
wohl auf die Sauerstoffatmer beruhigend wirken sollte.
Ich beschloß vorerst zu schweigen. Langsam stand ich auf und versuchte
die Person zu finden, doch sie stand wohl jenseits des Energiefeldes. Kurze Zeit später
erlosch das Feld und drei bewaffnete Terraner betraten forsch den Raum. Sie stellen sich
vor mich und richteten die Waffen auf mich.
»Was soll das?« fragte ich schnell. Ich versuchte meine Emotionen zu
unterdrücken. Gefühle waren in dieser Situation nur hinderlich und belastend.
Eine weitere Person schritt durch den Eingang. Sie war anders als die
drei Terraner, denn die Person trug eine Maske. Sie war etwa 1,90 m groß und
wahrscheinlich ein Mensch. Er trug schwarze Stiefel und eine schwarze Kombination, die aus
einem lederartigen Stoff bestand. Auch die Hände wurden von schwarzen Handschuhen
bedeckt. An der Hüfte trug er einen silberfarbenden Gürtel und an den Schultern trug er
silbernde Stücke, an denen ein Umhang befestigt war. Der Kopf wurde von einem
karoförmigen Helm bedeckt, an dem zwei Schläuche hingen. Zudem besaß er eine Öffnung
für das Augenpaar, welches jedoch durch dunkeles Glas verdeckt war. Auf die Terraner
hatte diese Erscheinung sicherlich fürchterlich gewirkt, mir machte sie keine Angst,
jedoch Respekt besaß ich schon vor dieser Gestalt.
»Keine Sorge, Grek 126. Dir wird nichts geschehen«, sprach das Wesen.
Es war die gleiche Stimme, die ich zuvor gehört hatte. Sie hörte sich
männlich an, demnach war die Gestalt ein Mann.
»Wer bist du?« wollte ich wissen.
»Mein Name ist Cauthon Despair«, entgegnete er fast schon freundlich.
Doch eine Nuance in seiner Stimme war mir unheimlich. Sie klang kalt und
diabolisch.
»Du bist unser Gast.« erklärte Despair weiter.
»Eher euer Gefangener!« erwiderte ich logisch.
Despair kam etwas näher. Er wies seine Leute an, die Waffen zu senken.
»Wir haben dich gerettet. Eine meiner besten Mitstreiterin, Elma
Staller, ließ beinahe dafür ihr Leben.«
Ich verstand nicht genau, worauf er hinaus wollte. Anscheinend bemerkte
Despair auch dies und fuhr mit seiner Erklärung fort.
»Die beiden Männer, die dich verfolgten, waren Anhänger einer
gefährlichen Terrorgruppe, die aus Tefrodern besteht. Aufgrund der Anspannungen zwischen
Maahks und Tefrodern, wollen die Nachkommen der Lemurer die Terraner auf ihre Seite
bringen. Was würde da besser helfen, als der Tod eines Botschafters der Methanatmer auf
terranischem Boden? Die ohnehin schon so schlechten Beziehungen zwischen den Maahks und
der LFT würden negativ umschlagen. Die Tefroder würden dann mit den Terranern
kooperieren und sie geschickt in einen Krieg gegen die Maahks involvieren.«
Ich war noch nicht ganz davon überzeugt.
»Aber das steht nicht mit den Zielen der tefrodischen und terranischen
Regierungen im Einklang!« warf ich ein.
»Sicher, da hast Du recht. Jedoch sind die Terroristen bereits in der
tefrodischen Regierung vertreten und warten auf einen günstigen Moment, um die Regierung
abzusetzen. Dann würde ein härterer Kurs Tefrod steuern, der auch bereit wäre in einen
Krieg gegen die Maahks einzugehen, natürlich nur mit terranischer Unterstützung«,
führte Cauthon Despair weiter aus.
Ich mußte zugegen, daß sich alles logisch anhörte. Die LFT würde
zwar niemals freiwillig in einen Krieg eintreten, doch die Maahks. Würde er auf Terra
sterben, wahrscheinlich so von den Terroristen insziniert, daß es die Schuld der Terraner
wäre, dann würden sämtliche diplomatischen Beziehungen zu den Terranern abgebrochen
werden, vermutete er. Die Maahks würden die tefroderfreundlichen Terraner in Andromeda
mitangreifen, was dann unwiderruflich zum Krieg gegen die LFT führte. Dies erklärte auch
den Angriff der terranischen Raumer und der Fragmentraumer der Posbis. Es sollte so
aussehen, als hätte die LFT das Attentat gegen mich verübt. Dies erklärte aber immer
noch nicht die Rolle dieses dubiosen Cauthon Despair.
»Welche Rolle spielst du in der Geschichte, Cauthon Despair?«
»Und warum verhüllst du dich?« fragte ich meinen Gegenüber.
Dieser wanderte im Raum umher. Für terranische Verhältnisse hatte er
eine imposante Erscheinung und Ausstrahlung.
»Durch einen Unfall muß ich diese Kombination tragen. Es gibt keine
Alternative. Das tut jedoch nichts zur Sache. Ich bin dein Retter, Grek 126 oder Terold.
Mir hast du dein Leben zu verdanken«, sagte Despair.
»Und was verlangst du und für wen arbeitest du?«
»Ich verlange nur, daß du deinem Beruf nachkommst und deine Pflicht
als Botschafter erfüllst. Ich arbeite für eine Organisation, die sich für das Recht
aller einsetzt. Quasi eine Feuerwehr der Galaxis«, erklärte der Terraner mit der Maske.
»Und der Name dieser Organisation?« harkte ich nach.
»Camelot!«
Daß ausgerechnet Camelot an meiner Reise interessiert war, konnte ich
nicht ahnen. Dabei war ich doch völlig wertlos für die Unsterblichen. Meine Artgenossen
in Andromeda arbeiteten an etwas, was für Perry Rhodan sehr wichtig war, doch wovon er
nichts wußte. Dieses Projekt war streng geheim. Nicht einmal ich wußte worum es ging.
Mein Auftrag hatte jedoch indirekt damit zutun, denn ich sollte wieder eine Annährung
zwischen Terraner und Maahks schaffen. Dennoch durften weder die Terraner noch die
Unsterblichen zu diesem Zeitpunkt etwas davon erfahren. Es war einfach noch zu früh
dafür.
Ich wurde nicht mehr eingesperrt und konnte mich frei bewegen. Relativ
frei, genauer gesagt. Zu bestimmten Räumen und Sektoren war mir der Zutritt untersagt.
Ich befand mich wahrscheinlich in einem Camelotbüro auf Terra. Kontakt
zur Außenwelt hatte ich nicht. Es hieß aus Sicherheitsgründen konnte ich nicht hinaus.
Nun, das war auch logisch und nachvollziehbar. Zudem verspürte ich nicht den Drang nach
draußen zu gehen. Dort war Sauerstoff, in der Station hatte ich einige Methanstoffräume
für mich allein. Zudem mußte ich nicht, wie die Terraner, anderen Zwängen nachkommen.
Ich fühlte mich in dem beschränkten Raum nicht unwohl. Die Cameloter setzten sich aus
vielen Lebensformen zusammen, wie ich bemerkte. Terraner, Akonen, Arkoniden, Blues,
Unither und Ertruser liefen mir über den Weg.
Jedoch sprachen sie nicht viel. Für Maahks an sich sehr angenehm, da
mein Volk die nutzlosen belanglosen Höflichkeitskonversationen als störend empfanden,
für die Galaktiker jedoch sehr ungewöhnlich war.
Ich beschloß Cauthon Despair aufzusuchen. Die Wachen ließen mich
passieren und ich betrat Despairs Kabine. Sie war düster und wirkte kalt - wie der
Bewohner des Raums. Despair schien mich nicht bemerkt zu haben. Er saß in einem Sessel
und betrachtete ein Bild. Ich ging leiser auf ihn zu, um zu erkennen was auf dem Bild war.
Es war eine junge Terranerin soweit ich erkennen konnte. Für uns Maahks sahen die
Terraner irgendwie alle gleich aus, jedoch wies der Mensch auf dem Bild Züge auf, die
für terranische Weibchen charakteristisch waren. Sie hatte lange glatte Haare, die
rotbraun gefärbt waren. Ihr Gesicht war zart und wies keine großen Unebenheiten auf. Sie
hatte zwei blaue Augen, volle Lippen, eine Nase und weiße Zähne. Mehr vermochte ich aus
dem Bild nicht zu interpretieren. Sie mußte wohl für terranische Maßstäbe schön sein.
Auf mich wirkte sie nichtssagend. Aber das taten alle Terraner. Despair starrte auf das
Bild und drehte seinen Kopf etwas nach links. Dann flüsterte er etwas, was sich wie »Wir
werden uns wiedersehen« klang.
Ich räusperte mich leise. Er zerdrückte das Bild und stand schnell aus
dem Sessel auf.
»Was gibt es?« wollte er wissen.
Da es mich einerseits nicht interessierte, wer die junge Frau auf dem
Foto war und zum anderen wahrscheinlich taktisch auch unklug wäre, Despair darauf
anzusprechen, begann ich sofort mit meiner Bitte.
»Ich möchte wieder in mein Hotel zurück oder zumindest mit meinen
Artgenossen Kontakt aufnehmen«, erklärte ich.
Despair ging direkt auf mich und blieb etwa zehn Zentimeter vor mir
stehen. Er war etwa 30 Zentimeter kleiner als ich und auch nur halb so breit, dennoch war
er mir unheimlich. Ich versuchte diese Emotionen zu unterdrücken, was mir jedoch nicht
gelang.
»Du wirst wieder in dein Hotel zurückkehren. Jedoch nicht sofort.
Zuerst mußt du zur Konferenz mit Paola Daschmagan«, meinte Despair.
»Sie wird mich bereits vermissen, da ich nicht zum ersten Treffen
erschienen bin«, stellte ich fest.
»Sie hat eine Absage von uns in deinem Namen erhalten. Die Konferenz
wurde um 24 Stunden verlegt. Das bedeutet, in drei Stunden wirst du Paola Daschmagan
treffen und versuchen die diplomatischen Beziehungen zwischen der LFT und den Maahks zu
verbessern.«
Ich war nicht sonderlich begeistert von der ganzen Situation. Erst der
Angriff der terranischen und posbischen Raumschiffe, dann die Entführung durch Camelot,
die eigentlich nur zum Schutz gegen tefrodische Extremisten dienen sollte.
Die Erklärungen Despairs ergaben durchaus einen Sinn. Sie waren
logisch. Das zählte für mich. Die Maahks waren ein Volk von Logikern, die auf Tatsachen
und Fakten vertrauten, nicht auf Inthuition oder Gefühle.
»Bitte bereite dich jetzt vor. In einer Stunde brechen wir in Richtung
Konferenzgebäude auf«, erzählte Despair.
»Du begleitest mich?« fragte ich verwundert.
»Nein. Die LFT soll nicht wissen, daß Camelot dich gerettet hat. Sie
soll nicht einmal wissen, daß du entführt wurdest. Es könnten Verräter unter ihnen
sein. Deshalb traue niemanden. Zwei meiner Leibwächter werden dich zum Gebäude
eskortieren«, fügte der Terraner erklärend hinzu.
Es gab noch etwas anderes, was mich interessierte.
»Was ist aus Elma Staller geworden?«
»Sie erlag ihren Verletzungen«, beantwortete Despair teilnahmslos.
»Das tut mir leid«, sprach ich sporadisch und verließ den Raum.
Der Gleiter, in dem ich fuhr, bot allen Komfort. Dies war für mich
jedoch nebensächlich. Cauthon Despair hatte mir erklärt, daß Camelot weiter verdeckt
arbeiten wollte, um so besser ermitteln zu können. Er hatte damit recht. Ein entarnter
Feind ist halb so gefährlich, wie ein unerkannter Gegener.
Die offizielle Version meines Fernbleibens gestern war eine
Magenverstimmung. Das terranische Essen bekam mir nicht. Es war nicht sonderlich schwer
Paola Daschmagan dies vorzutäuschen. Zudem würde sie es auch aus diplomatischen
Geflogenheiten nicht wagen, meine Aussage in Frage zu stellen.
Das Treffen war nicht mehr so geheim, wie vermutet. Etwa zwei Dutzend
Reporter standen vor dem Eingang des Gebäudes. Sicherheitsleute des TLD hielten die
Pressemenschen dezent zurück, so daß ich ungehindert in das Gebäude konnte. Ich
beantwortete keine der Fragen, dazu hatte ich seit dem gestrigen Tag zu schlechte
Erfahrungen mit Journalisten gemacht.
Paola Daschmagan begrüßte mich überschwenglich. Wir schüttelten uns
die Hände, was eine typisch terranische Geste war, und sahen heuchlerisch lächelnd, was
mir schwer fiel, da ich Lachen nicht gewohnt war, in die Kameras, damit alles den Anschein
hatte, als gab es keine Probleme zwischen den Maahks und den Terranern.
»Ich hoffe, es geht dir wieder besser«, erkundigte sie sich nach
meinem Wohlbefinden.
»Ja, danke!« gab ich als Antwort.
Cistilo Khan war ebenfalls anwesend. Sie zeigten mir das Gebäude. Es
wurde nach der Dscherro-Krise neu aufgebaut und sehr luxuriös ausgestattet. Die beiden
Leibwächter von Camelot begleiteten mich, sehr zu meiner Beruhigung. Khan erkundigte sich
mißtrauisch, doch ich erklärte ihm, daß ich Schutz beanspruche nach dem Angriff auf
meine Raumschiffe. Er schien dies zu tolerieren.
Wir setzten uns in einen Raum, wo sich etwa 20 weitere Politiker
befanden. Etwa eine halbe Stunde lang führten die Erste Terranerin und ich völlig
belanglose Konversation, die ich ja so sehr verabscheute. Dann endlich fragte sie nach dem
Grund meines überraschenden Besuches.
Bevor ich ihr antworten konnte, hörte ich ein lautes Zischen und im
nächsten Moment explodierten meine beiden Leibwächter. Die Detonation zerstörte den
halben Raum. Ich warf mich sofort zu Boden, wie auch Khan, der sich schützend über der
Ersten Terranerin beugte.
Kurz danach kamen TLD Sicherheitsagenten in den Raum gestürmt. Ich
versuchte die Lage zu analysieren. Meine beiden Leibwächter explodierten. Lebewesen,
insbesondere Terraner, können aber nicht so einfach explodieren. Sie mußten also eine
Bombe in sich haben. Diese mußte aber organischer Natur sein oder als Kunstorgan
versteckt sein, da sonst die Abtaster reagiert hätten. Ich sah mich Raum um. Paola
Daschmagan war nur leicht verwundet. Auch Cistilo Khan hatte nur ein paar Kratzer
abbekommen. Doch etwa die Hälfte der anderen Politker war tot. Die andere Hälfte sicher
schwer verletzt. Wie konnte das passieren? Wer hatte die armen Menschen zu lebenden Bomben
gemacht? »Arme Menschen«. Jetzt fing ich auch noch an sentimental zu werden. Was hatte
Cauthon Despait damit zu tun? War er dafür verantwortlich? War ich auf ihn
hereingefallen? Ich konnte meine Überlegung jedoch nicht fortsetzen. Die TLD Agenten
baten mich diskret aber bestimmend mit ihnen mitzukommen. Wie es aussah, wurde ich nun
für das Attentat verantwortlich gemacht.