Verzögerung für Internationale Raumstation jetzt sicher
24.9.1998
Die russische Raumfahrtagentur (RKA) wird das Servicemodul der Internationalen Raumstation auf keinen Fall bis
zum geplanten Termin im April nächsten Jahres fertigstellen können, da die russische
Regierung kein Geld zur Verfügung stellt. Das sagte der Chef der Behörde, Juri Koptew,
gegenüber der Nachrichtenagentur ITAR-Tass. Wann das Servicemodul, in dem die Astronauten
wohnen sollen, fertiggestellt werden kann, liege völlig im Dunkeln, sagte Koptew. Ein
vorläufiger Termin sei der Herbst nächsten Jahres.
Diese Verzögerung stellt den Starttermin für die ersten beiden Module der Station in
Frage: Eigentlich soll das erste russische Modul am 20. November in den Orbit gebracht
werden. Das Bauteil ist bereits fertig und befindet sich am Weltraumbahnhof Baikonur in
Kasachstan. Am 3. Dezember sollte dann ein amerikanisches Verbindungsstück folgen.
Wegen der Verzögerung der unentbehrlichen dritten Komponente beraten Vertreter der 16
Nationen, die an dem Projekt arbeiten, über das weitere Vorgehen. Eine Möglichkeit
besteht darin, die ersten beiden Starts aufzuschieben, die zweite wäre, die Station
zunächst ohne das Servicemodul zu bauen. Derweil sträubt sich die RKA, mögliche
Finanzhilfen der Nasa entgegenzunehmen, um nicht aus
ihrer Rolle als einer der Hauptverantwortlichen des Projekts verdrängt zu werden.
[Quelle: Ute Kehse, CNN]
Nasa will russische Raumfahrt unterstützen
22.9.1998
Damit der Bau der Internationalen
Raumstation nicht gefährdet wird, will die Nasa in den nächsten vier Jahren Güter
und Dienstleistungen im Wert von 660 Millionen Dollar von der Russischen Raumfahrtagentur
(RSA) kaufen. Wie die Washington
Post berichtet, wird die Nasa demnächst den US-Kongreß und das Weiße Haus um Zustimmung
für diesen Plan bitten.
Kurzfristig will die Nasa damit kostspielige Verzögerungen beim Bau der Station durch die
Krise in Rußland verhindern, indem sie sichergeht, daß die Mitarbeiter der RSA bezahlt
werden. Mitglieder des Kongresses und der Verwaltung stimmten darin überein, daß es
teurer sei, die Russen ganz aus dem Projekt auszuschließen als sie jetzt finanziell zu
unterstützen. Noch in diesem Monat will die Nasa 60 Millionen Dollar für zukünftige
Raumsonden an die RSA überweisen, weitere 40 Millionen Dollar sollen dazu in diesem Jahr
folgen. In den folgenden vier Jahren, in denen die Raumstation gebaut wird, sollen bis zu
150 Millionen Dollar von der Nasa zur RSA fließen.
[Quelle: Ute Kehse, Washington Post, ABCNews
Mars Surveyor bleibt noch im alten Orbit
21.9.1998
Ein Manöver, um die Raumsonde "Mars Global Surveyor" der Nasa von ihrer
weiten, elliptischen Umlaufbahn auf eine enge Kreisbahn abzusenken, mußte jetzt um einige
Tage verschoben werden. Ein falscher Befehl von der Erde führte dazu, daß die
Sonnensegel der Sonde in eine falsche Position gedreht wurden, so daß sie sich nicht
richtig aufladen konnten.
Das Bodenteam am Jet Propulsion Laboratory der Nasa
in Pasadena entschied deswegen zwei Stunden vor einem geplanten 14,4 Sekunden langen
Motorstart, das Manöver abzublasen. Glenn Cunningham, der Manager des Projekts, zeigte
sich über die Panne nicht übermäßig beunruhigt: "So etwas passiert schon
mal", sagte er. Cunningham rechnet damit, daß die Sonde in dieser Woche wieder in
die richtige Konfiguration gebracht werden kann. Mars Surveyor hat den roten Planeten vor
einem Jahr erreicht. Die Sonde sollte eigentlich in diesem Jahr damit beginnen, den
Planeten ein Marsjahr lang - das entspricht knapp zwei Erdjahren - zu kartieren. Wegen
Problemen mit einem Sonnensegel wurde der Beginn der Kartierung auf das nächste Frühjahr
verschoben.
[Quelle: Ute Kehse, Florida Today, ABCNews, Nasa]
21.9.1998
Die Sonnensegel des Sonnenobservatoriums "Solar and Heliospheric Observatory" (SOHO) zeigen wieder zur Sonne. Die Bodeningenieure gaben am vergangene Woche den Befehl zu einem Manöver, das die Sonde wieder zur Sonne hin drehte. In den Wochen zuvor hatten die Ingenieure langsam die Treibstofftanks aufgetaut. Als das Antriebssystem Anfang September wieder betriebsbereit war, luden sie mit Hilfe des Sonnenlichts, das die Sonnensegel unter einem flachen Winkel von 60 Grad traf, die Batterien auf. Nachdem bis zum 8. September gelungen war, folgten Überlegungen, wie die Sonde am besten wieder unter Kontrolle zu bringen sei - offenbar wollte das Bodenteam nicht noch einmal den Fehler begehen, SOHO durch überhastete Befehle in Gefahr zu bringen. Ende Juni hatte vor allem menschliches Versagen zum vorübergehenden Verlust des Observatoriums geführt. Die Projektwissenschaftler freuten sich über den Erfolg und gaben sich optimistisch, daß SOHO bald wieder für wissenschaftliche Messungen eingesetzt werden kann. Noch haben sie allerdings keine Informationen über den Zustand der Instrumente.
[Quelle: Ute Kehse, Esa, Nasa]
Finanzprobleme für Internationale Raumstation
18.9.1998
Die Krise in Rußland wirkt sich auch auf die
Raumfahrt aus: Wie der Sprecher der russischen
Raumfahrtagentur, Sergej Gorbunov am Mittwoch sagte, wird die erste Besatzung
frühestens Ende 1999, vielleicht auch erst im Jahr 2000 zur geplanten Internationalen Raumstation aufbrechen.
Ein Start im Juli nächsten Jahres - auch dieser Zeitpunkt lag schon ein Jahr hinter dem
ursprünglichen Plan zurück - scheint nun unwahrscheinlich, weil die Russen das
sogenannte "Servicemodul" nicht rechtzeitig fertigstellen können. In diesem
Modul, in dem die Astronauten wohnen sollen, wird auch der Sauerstoff für die Station
produziert. Bevor dieses Modul nicht im All ist, können keine Menschen auf der Station
leben. Die USA verhandeln derweil darüber, zwei russische Sojus-Rettungskapseln für
hundert Millionen Dollar zu kaufen. Das Geld könnte dann zum Bau des Servicemoduls
verwendet werden.
Die ersten beiden Teile der Internationalen Raumstation - ein russisches und ein
amerikanisches - sollen im November und Dezember in die Umlaufbahn gebracht werden. Diese
Termine seien bisher nicht gefährdet, sagten russische und amerikanische Beamte.
[Quelle: Ute Kehse, CNN]
Xenon-Gas verdoppelt Lebensdauer von Satelliten
10.9.1998
Vergangene Woche startete vom Weltraumbahnhof Baikonur
in Kasachstan eine Trägerrakete mit dem Satelliten Astra 2A. Satellitenstarts sind an
sich nicht weiter bemerkenswert, doch verfügt Astra 2 über eine neues Düsensystem, daß
seine Lebensdauer im Erdorbit mehr als verdoppeln kann.
Bislang halten sich Satelliten etwa 10 Jahre mit Steuerdüsen auf einer stabilen
Umlaufbahn. Der Anziehungskraft von Sonne und Mond setzen sie einen Düsenantrieb
entgegen, der mit einer Mischung aus Monomethyl-Hydrazin und Stickstofftetroxid versorgt
wird. Nach etwa zehn Jahren wird der letzte Rest Treibstoff dazu genutzt, um den
Erdtrabanten Richtung Erdatmosphäre zu steuern, damit er in dieser verglüht.
Der neue Antrieb nutzt dagegen das Edelgas Xenon. Das Gas wird an
Bord des Satelliten ionisiert und leistet beim Ausstoß das gleiche wie die üblichen
chemischen Düsen. Nur reicht der Treibstoffvorrat an Xenon für etwa 25 Jahre.
Astra 2A wird sich auf einer 75 Kilometer hohen Umlaufbahn positionieren und ab dem 1.
Oktober britische Fernsehprogramme des Medienmoguls Rupert Murdoch zu den Britischen
Inseln senden.
[Quelle: Jan Oliver Loefken, New Scientist]
Abschlußbericht zu SOHO-Pannen
7.9.1998
Die europäische Raumfahrtagentur Esa und die
amerikanische Nasa legten am Donnerstag einen Abschlußbericht über die Umstände vor,
die im Juni zum Verlust des Sonnenobservatoriums SOHO
führten. Demnach hat der Satellit stets einwandfrei funktioniert. Der Verlust des
Satelliten sei auf menschliches Versagen und Softwarefehler zurückzuführen, sagte
Esa-Direktor Roger Bonnet auf einer Pressekonferenz in Paris. So gab das Bodenteam
überhastete Befehle, ohne vorher den Zustand der Sonde zu analysieren. Hätte es das
getan, wäre der Verlust des Funkkontaktes zu SOHO vermeidbar gewesen, heißt es im
Untersuchungsbericht.
Seit einigen Wochen ist es nun gelungen, wieder mit SOHO zu kommunizieren. Die Sonde
reagiert auf Befehle, allerdings ist immer noch nicht klar, inwieweit die
wissenschaftlichen Instrumente durch die erzwungene Überwinterung geschädigt wurden.
Sorge bereitet den Raumfahrtingenieuren vor allem eines: Der Softwarefehler bei der
Steuerung der drei Kreisel, die den Flug von Soho stabilisieren sollten, schlummert
möglicherweise auch in anderen Raumsonden, unter anderem in Cassini, der gerade unterwegs
zum Saturn ist.
[Quelle: Ute Kehse, Nasa, Deutschlandfunk]
Mikroben überlebten drei Jahre lang auf dem Mond
2.9.1998
Die Apollo
12 Mission im November 1969 brachte etwa hundert Mikroben zur Erde zurück, die drei
Jahre zuvor mit der Raumsonde Surveyor 3 auf den Mond gelangt waren. Damals wußte noch
niemand die Bedeutung dieses Vorfalls einzuschätzen. 30 Jahre später sind die Astrobiologen der Nasa immer noch erstaunt,
unter welch harten Bedingungen Mikroben überleben können.
Die Bakterien der Art Streptococcus mitis reisten 1966 als blinde Passagiere in der
Raumsonde Surveyor 3 zum Mond. Drei Jahre später landeten die Astronauten von Apollo 12
an derselben Stelle und nahmen eine Kamera von Surveyor 3 mit zur Erde - unter sterilen
Bedingungen. Trotzdem fand sich im Innern der Kamera eine kleine Zahl von Bakterien, die
auf der Erde wiederbelebt werden konnten Die Mikroorganismen hatten die erstaunliche
Leistung vollbracht, den Start, drei Jahre im Vakuum des Weltraums, eine
Durchschnittstemperatur von 20 Grad über dem absoluten Nullpunkt und die energiereiche
kosmische Strahlung ohne Wasser, Nährstoffe und Energiequelle zu überleben.
Angesichts der Tatsache, daß inzwischen überall auf der Erde, vom Eis der Antarktis bis
zu kochend heißen, schwefelreichen Tiefseequellen, Bakterien gefunden wurden, läßt die
Forscher hoffen, daß auch auf anderen scheinbar unwirtlichen Planeten Leben zu finden
ist. Die Theorie, Mikroorganismen könnten auf Kometen oder Meteoriten durch den Weltraum
reisen, erscheint angesichts der zeitweiligen Mondbewohner nicht mehr vollkommen
unwahrscheinlich.
[Quelle: Ute Kehse, Nasa]
1.9.1998
Mit bis zu zehnfacher Schallgeschwindigkeit sollen
sich drei Testvehikel der Nasa im Jahr 2000 durch die Lüfte bewegen. Die entsprechenden
Motoren wurden der Nasa jetzt geliefert. Später soll das geplante Hyperschallflugzeug
X-43 damit ausgerüstet werden. Die Nasa hofft, so die Kosten zu reduzieren, um Fracht in
den Weltraum zu bringen.
Mit dem Hyper-X-Programm
möchten die Nasa und ihre Industriepartner demonstrieren, daß
Hyperschallgeschwindigkeiten (größer als die fünffache Schallgeschwindigkeit) auch mit
Motoren erreicht werden können, die Sauerstoff aus der Luft und nicht eigens
mitgeführten Sauerstoff verbrennen. So kann das Gewicht reduziert werden. Der schnellste
dieser sogenannten "luftatmenden" Motoren kann ein Flugzeug zur Zeit auf
dreifache Schallgeschwindigkeit beschleunigen.
Um ein Flugzeug auf Hyperschallgeschwindigkeit zu bringen, ist eine neue
Motorentechnologie notwendig, die in den jetzt gelieferten Testmotoren erstmals
ausprobiert wird. In den sogenannten Scramjet-Motoren
(Supersonic Combustion Ramjet) fließt die Luft durch den gesamten Motor mit
Überschallgeschwindigkeit. Als Treibstoff soll X-43 Wasserstoff benutzen.
Hyper-X-Animation: http://lava.larc.nasa.gov/BROWSE/hyperx.html
[Quelle: Ute Kehse, Nasa]
Klein, aber fein: "Trace" beobachtet die Sonne
27.8.1998
Während Nasa und Esa weiter versuchen, das Sonnenobservatorium Soho wieder zum Leben zu erwecken (s. Meldung vom 13.8.98) liefert ein Satellit in der Erdumlaufbahn weiterhin Daten über die Sonne: Der "Transition Region and Coronal Explorer" (Trace) der Nasa, seit April im Orbit, beobachtet die dreidimensionalen magnetischen Strukturen, die sich zwischen der sichtbaren Oberfläche der Sonne, der 6000 Grad Celsius heißen Photosphäre, und der Millionen Grad heißen Korona entwickeln. Die Übergangszone zwischen den beiden Regionen ist besonders interessant, weil die Prozesse, die hier stattfinden - der Einschluß des Plasmas durch das Magnetfeld der Sonne, die Erwärmung des Plasmas - überall in der Astrophysik vorkommen und nicht richtig verstanden sind. Neueste Bilder von Trace zeigen gewaltige Protuberanzen - Röhren aus heißem Gas, die ihre Form durch das Sonnenmagnetfeld erhalten. Die Instrumente von Trace sind darauf abgestimmt, die Wellenlängen zu erfassen, die das erhitzte Gas abstrahlt. So läßt sich die Form des Magnetfeldes gut erkennen.
[Quelle: Ute Kehse, NASA]
Russischer Bürokrat beendet Ausflug ins All
25.8.1998
Russlands erster Bürokrat in der russischen
Raumstation Mir, Yuri Baturin, ist sicher
auf die Erde zurückgekehrt. 12 Tage dauerte sein Aufenthalt im all. Zusammen mit Baturin
landeten zwei weitere Kosmonauten, die sieben Monate auf der Raumstation verbracht hatten.
Im nächsten Jahr soll die Mir nach dreizehn Jahren im Orbit heruntergeholt werden (s.
Meldung vom 09.07.1998).
[Quelle: Karin Hollricher, ABC]
US-Titanrakete beim Start explodiert
14.8.1998
Eine unbemannte Titan IV-A-Rakete der US Air Force ist am Mittwoch 40
Sekunden nach dem Start explodiert. Niemand wurde verletzt. Die Trümmer der Rakete und
der Ladung - ein angeblich eine Milliarde Dollar teurer Spionage-Satellit - fielen wenige
Meilen von Cape Canaveral entfernt in den Atlantik.
Was beim Start schiefging, ist noch völlig unklar. Offenbar gab es keine Anzeichen für
Probleme, bis sich die Rakete kurz vor der Explosion nach unten zu neigen begann. Da
Titanraketen nur dann gestartet werden, wenn ablandige Winde herrschen, bestand keine
Gefahr, daß Trümmerstücke oder Rauch in bewohnte Gebiete gelangten, sagte eine
Sprecherin.
Die 70 Meter langen Titanraketen werden vorzugsweise benutzt, um Raumsonden, die sehr weit
in den Weltraum vordringen sollen oder besonders schwer sind, ins All zu befördern. Ihre
Kraft macht sie dafür unverzichtbar, obwohl sie eine relativ hohe Fehlerquote von fünf
Prozent haben. Im letzten Jahr kamen Titan IV-Raketen in die Diskussion, weil die
Raumsonde Cassini mit 36 Kilogramm Plutonium an Bord mit einer solchen Rakete ins All
gelangen sollte. Beim Start im vergangenen Oktober ging aber alles glatt.
Inzwischen sucht die Air Force mit Unterstützung der U.S. Navy nach den Trümmern der
Rakete und des Spionagesatelliten. Zum einen soll die Ursache des Unglücks geklärt
werden, zum anderen soll der Satellit nicht in falsche Hände geraten: Es handelt sich um
einen hochsensitiven elektronischen Lauschsatelliten mit dem Codenamen "Vortex
2", der so groß wie Eisenbahnwagen ist und Antennen von der Größe eines
Fußballfeldes hat. Offenbar war er dazu bestimmt, diplomatische und militärische
Kommunikation in Krisengebieten wie dem mittleren Osten, Indien, Pakistan und China
abzufangen. In dem Gebiet, in dem die Trümmer niederstürzten, ist das Wasser zwischen
fünf und 15 Meter tief. Es wurde inzwischen für die Öffentlichkeit gesperrt.
[Quelle: Ute Kehse, ABCNews, Florida Today]