Teil 1
Aufbruch der LONDON
Das größte Schiff der Hanse auf dem Weg durch die Lokale Gruppe-
und Perry Rhodan ist an Bord.
Hauptpersonen des Romans: Perry Rhodan - Der Unsterbliche wirbt ein neues Mitglied für Camelot an Sam - Der Somer soll ein Cameloter werden Arno Gaton - Hansesprecher und Finanzier der LONDON James Holling - Kommandant des Luxusraumers LONDON Wyll Nordment - Erster Offizier der LONDON Rosan Orbanashol - Halbterranische Adelige aus der arkonidischen Großsippe Modror - Ein Chaotarch, der auf Rache sinnt Rodrom - Die düstere Inkarnation Modrors |
1.Kapitel: Camelot
Die Sonne Ceres ging langsam unter, der Himmel über Camelot, der ehemaligen Freihändlerwelt Phönix, wurde schwarz. Die Sterne gaben jedoch ein Licht in das Dunkel. Die beiden Monde Charon und Styx hingen sichelförmig am Firnament.
Ab und zu durchstreiften Raumfähren und Jäger den ruhigen Anblick, den der Himmel bot.
Perry Rhodan saß auf der Terrasse seines Bungalows in einem alten terranischen Schaukelstuhl. Gucky hatte ihm diesen Stuhl vor vielen Jahren geschenkt. Rhodan schmunzelte. Er mußte daran denken, was der Ilt zu ihm sagte damals:" In Deinem Alter braucht man nun einmal so etwas." Guckys freche, aber zugleich liebenswerte Art war doch immer wieder einmalig. Der Unsterbliche sah in den Himmel. Er beobachtete, wie eine Fähre zum Raumhafen in Port Arthur flog. Sie war diskusförmig und hell erleuchtet. Die Antigravfelder wurden aktiviert als der Antrieb verstummte. Langsam glitt die Fähre vom Horizont herunter zum Raumhafen auf das, von blinkenden Lampen umgebene, Landefeld. Ein dumpfes Geräusch war noch bis zum Bungalow Rhodans zu hören als das Schiff aufsetzte. Einige Sekunden später stiegen zwei Jets in den Himmel auf, um auf Patrouille zu gehen.
Im Hintergrund der Stadt konnte Rhodan noch die gigantischen Bergspitzen sehen. Port Arthur befand sich, wie auch die alte Hauptstadt Mandalay, auf dem Kontinent Bonin. Bonin war der kleinste Kontinent auf Camelot, jedoch auch der mit der besten Eignung für Städte. Die Berge hier waren bis zu 6500 m hoch. Rhodan mußte oft an die Berge auf der Erde denken, wie den Kilimandscharo, das Matterhorn oder den höchsten Berg Terras, dem Mount Everest. Er vermißte seinen Heimatplaneten sehr. Auch wenn er es nicht offen zugab, das undankbare und ablehnende Verhalten der Terraner seit nunmehr 50 Jahren hatte ihn tief getroffen. Jedoch war er nicht der Mann, der sich weinend und resignierend irgendwo hinsetzte. Zusammen mit seinen Gefährten gründete er das Projekt Camelot.
Rhodans Beweggründe waren unterschiedlich. Einerseits wollte er wieder eine Aufgabe haben, zum anderen mißtraute er der Kompetenz der LFT, des Kristallimperiums und des Forum Raglunds gewaltig. Camelot sollte auch zu einem Schutz für die Milchstraße werden. Zudem wurde Camelot eine neue Heimat für die Unsterblichen. Alle Unsterblichen, mit Ausnahme von Myles Kantor, lebten, seit nunmehr knapp 50 Jahren, ständig auf Camelot. Kantor gehörte trotzdem auch zu Camelot, jedoch arbeitete er gleichzeitig im Wissenschaftsstab der LFT. Er war mit dem Geheimnis von Trokan beschäftigt. Seit fast 60 Jahren war der Planet aus dem Arresum in einen Zeitraffer eingehüllt. Kantor versorgte Camelot mit Informationen und über neue Erkenntnisse bezüglich Trokan.
Rhodan starrte in den Himmel, die Sterne funkelten. Er genoß diesen Augenblick, während er ein Glas Milch trank. Bully hätte sich über diesen Anblick sicher lustig gemacht, doch Rhodan war, im Gegensatz zu Reginald Bull, auch nicht so häufig betrunken. Der Zellaktivatorchip verhinderte zwar eine Alkoholvergiftung, jedoch nicht einige Effekte des Rauschmittels.
Zudem war Perry Rhodan nicht danach einen Vurguzz zu trinken. So trank er das Glas Milch leer und stand auf.
Da es auf der Terrasse langsam kalt wurde, beschloß er hinein zu gehen. Rhodan sah auf sein Chronometer. Es war der 4. Oktober 1285 NGZ, 0: 34 Uhr.
Perry dachte an Julian Tifflor. Der ehemals kosmische Lockvogel hatte am 4. Oktober Geburtstag. Doch seit dem Jahr 1235 NGZ war Tifflor zusammen mit Rhodans Sohn Michael bei einer Expedition nach Fornax verschwunden. Die Space Jet wurde leer aufgefunden. Keine Spur von den beiden Unsterblichen. Dies war nun 50 Jahre her. Seit dieser Zeit hatte er nichts mehr von seinem Sohn gehört. Er hoffte und betete manchmal sogar, daß wo immer Michael sei, es ihm gut gehen würde. Rhodan hatte schon zuviel von seiner Familie verloren. Thora, die Frau die er am meisten liebte. Seinen ersten Sohn Thomas, der auf so tragische Weise starb und dabei seinen Vater sogar haßte. Mory Abro, seine zweite Frau, die zusammen mit seiner Tochter Susan bei einem Aufstand in Plophos starb. Nicht zu vergessen der Verlust von Geoffry Abel Waringer, der Rhodan vielleicht, neben dem Verlust Thoras, mit am härtesten traf. Michael war der letzte seiner Familie der ihm blieb. Doch er hatte Vertrauen in seinen Sohn. Es war nicht das erste Mal, daß der ehemalige König der Freihändler auf sich allein gestellt war. Um Julian machte sich Rhodan sogar mehr Sorgen. Er war so geknickt und oft benahm er sich seltsam in den letzten Jahren. Dennoch hoffte er, beide möglichst bald wiederzusehen. Er schenkte sich noch etwas Milch ein und trank auf Tifflors Wohl und gratulierte ihm still.
Dann ging der Terraner in einen kleinen Raum, wo eine Trivideoanlage stand. Er gab etwas in den Syntron ein und ein Bild von einer Frau erschien.
Sie war wunderschön. Das lange weiße Haar bedeckte ihre Schultern. Die Augen der Arkonidin funkelten feuerrot. Ihr Körper war atemberaubend und ihr Gesicht war verführerisch und unschuldig zugleich. Die Frau auf dem 3-D Bild war Thora.
Er betrachtete das Hologramm noch eine Weile, dann deaktivierte er die Anlage.
Perry begab sich ins Bad und ging unter die Naßzelle. "Servo, aktiviere die Dusche", sagte er.
"Befehl nicht verstanden.", erwiderte der Servo.
Rhodan überlegte kurz, dann fiel ihm ein, was er falsch gemacht hatte. Er hätte Naßzelle sagen müssen. Er winkte jedoch ab und drehte am Wasserhahn.
Nach 15 Minuten war er dann fertig und ging ins Bett. Da summte der Interkom auf. Etwas
müde betätigte Rhodan den Anschaltknopf.
"Was gibt es?", fragte Rhodan. Auf dem Bildschirm erschien der Kommandant des
GILGAMESCH Hauptmoduls MERLIN, Kalle Esprot. Das breite Gesicht des Ertrusers
füllte den ganzen Bildschirm aus. Er war rund 2,40 m groß und rund 1,80 breit. Ein
wahrer Gigant, jedoch auch ein brillanter Kommandant. Rhodan hatte eine Vorliebe für
ertrusische oder epsalische Kommandanten. Schiffe wie die FANTASY, die von Jefé Claudrin
befehligt aber auch die CREST II, welche von Cart Rudo kommandiert wurde, waren Schiffe
unter epsalischer Führung. Doch auch die Ertruser hatten Legenden des Solaren Imperiums
zu bieten. Bestes Beispiel war sicherlich Melbar Kasom.
"Entschuldige die Störung. Ich wollte nur melden, daß die GILGAMESCH für morgen früh 9:00 Uhr einsatzbereit ist."
Rhodan schmunzelte über den Übereifer des Kommandanten."
Danke. Ist das Objekt bereits auf der Erde?"
"Ja, Sir! Der Vogel ist im Nest! Und das im wahrsten Sinne des Wortes.", Esprot grinste breit.
"Sehr gut, die Kabine auf dem Luxusliner ist gebucht? ID-Karte erstellt?", fragte Rhodan.
"Ja, der Geheimdienst hat alles fertiggestellt. Leichte Aufgabe. Du bist unter dem Pseudonym Refrald Bollk eingetragen. Ein Journalist, der den Friedensnobelpreisträger interviewen will und bei der Jungfernfahrt des Raumluxusliners LONDON dabei ist, um für seine Zeitung Terrania Post zu schreiben."
"Wenn der gute Friedensnobelpreisträger wüßte, daß wir ihn für Camelot einspannen wollen....nun, ich danke dir, Kalle. Wir sehen uns morgen um 8:00 Uhr. Gute Nacht", sagte Rhodan.
"Gute Nacht.", verabschiedete sich der Kommandant.
Rhodan dachte noch eine Weile über das Unternehmen am nächsten Tag nach. Er hatte den Plan gefaßt, den Friedensnobelpreisträger Srueel Allok Mok davon zu überzeugen für Camelot zu arbeiten. Mok war ein Somer mit blauem Gefieder. Er ähnelte dem amerikanischen Seeadler. Die Initialen von Mok waren S.A.M. Daher wurde er von vielen Terranern Sam genannt, so wurde ja auch der amerikanische Adler genannt. Mok hatte nichts gegen diese Bezeichnung. Ihm wurde dieses Jahr der Friedensnobelpreis verliehen für außergewöhnliche kulturelle Arbeit. Sam war für die Völkerverständigung sehr wichtig. Oft gab es Reibereien zwischen den estartischen Handelskarawanen und LFT-Leuten. Sam konnte bis jetzt den Streit immer schlichten. Ebenso hatte der Somer öffentlich Sympathie zu Perry Rhodan gezeigt. Oft genug nahm er die Unsterblichen in den Schutz. Er hielt viel von den Zellchipträgern. Auch dies war ein Grund, warum Perry Rhodan selbst den Somer rekrutieren wollte. Atlan und Bully hatten ihm schon mehrmals abgeraten.
Perry lächelte. Er mußte an Bullys Worte denken. Sein ältester Freund meinte, es sei zu gefährlich, doch Perry liebte die Konfrontation und das Abenteuer. Schon viel zu lange hatte er nichts mehr getan. Er baute Camelot langsam vom Schreibtisch her auf und war nur sehr selten außerhalb des Systems. Er war durstig nach einem kleinen Abenteuer und zudem noch neugierig auf die neueste Errungenschaft der Kosmischen Hanse, die LONDON. Dieses gewaltige Schiff sollte ein neues Flaggschiff der Hanse werden. Mit über 15.000 Passagieren an Bord hatte es eine beachtliche Kapazität. Zudem war es mit den modernsten Metagrav-Konvertern ausgestattet. Daher verfügte die LONDON über eine hohe Geschwindigkeit und eine große Reichweite. Der leitende Hansesprecher Arno Gaton hatte angekündigt, daß dieses Schiff Geschichte schreiben würde.
Rhodan war neugierig, ob dieses Schiff tatsächlich so begeisternd sein würde, oder die Hanse damit in ein Fiasko hineinsteuerte. Homer G. Adams hatte die Nachricht von dem ultimativen Kreuzfahrtschiff mit weniger positiven Gefühlen aufgenommen. Er war der Meinung, daß Gaton und der Hanse damit ein Erfolg garantiert sei.
Sam nahm an dem Jungfernflug teil. So kam es, daß auch Perry Rhodan sich einbuchte. Genau an Bord der LONDON wollte Perry Rhodan ihn für Camelot einspannen.
Bully und viele andere meinten, daß jeder andere dies auch hätte tun können. Doch Perry hatte es sich in den Kopf gesetzt dieses Unternehmen selbst durchzuführen. Er war nicht der Mann, der immer nur tatenlos herumsaß. Er brauchte die Herausforderungen.
Hätte er ein ruhiges Leben gewollt, dann hätte er sich nicht für die Raumfahrt entschieden, sondern wäre Sachbearbeiter einer Bank geworden.
Dies entsprach einfach nicht Perrys Mentalität.
Der einzige Grund, den jedoch Atlan und Bully überzeugen konnten, war, daß Sam jegliche Gespräche mit Unterhändlern von Camelot ablehnte. Er gab klar zu verstehen, daß er sich nur Rhodan persönlich anschließen werde, aber keinem Abgesandten.
Rhodan kam diese Einstellung nur recht. Es zog ihn wieder hinaus. Eine Reise durch die Lokale Gruppe war genau das Richtige für ihn. Perry überlegte wie lange er schon nicht mehr in Andromeda war. Es schien ihm wie eine Ewigkeit. Für Normalsterbliche war es vielleicht auch so. Für ihn nur ein paar Jahrzehnte. Trotzdem wollte er dort wieder zurück und alte Erinnerungen durch sein Gedächtnis schweifen lassen. Erinnerungen an die CREST II, den Mobys und den Abenteuern gegen die Meister der Insel. Mit leichter Wehmut dachte er an die vergangene Zeit. Damals schien alles noch so unkompliziert. Die Menschheit wußte noch nichts von den Kosmokraten und Chaotarchen, dem Moralischen Kode, der Tiefe und all diesen Dingen. Manchmal, so dachte er, wäre es vielleicht besser gewesen, wir hätten auch niemals etwas davon erfahren.
Rhodan war jedenfalls fest entschlossen selbst den Somer zu Camelot zu bringen. Sam war ein friedvoller und fähiger Botschafter Estartus. Er war hoch angesehen, selbst im Kristallimperium.
Rhodan war der festen Ansicht, daß so einer bei Camelot gut aufgehoben sei.
Er deaktivierte die Beleuchtung und schlief schnell ein.
*****
Die GILGAMESCH war ein gigantisches Gebilde.
Sie war ein absolut neuer Schiffstyp, der auf Camelot entwickelt wurde. Sie hatte einen Durchmesser von 2.500 m und bestand aus dreizehn Modulen, von denen jedes einzelne ein autarkes Raumschiff darstellte. Die Form der GILGAMESCH entsprach der eines Pentagondodekaeders.
Die einzelnen Module hatten eine Länge von 1.000 m, einen Bugdurchmesser von 400 m und einen Heckdurchmesser von 300 m. Jedes Modulschiff war mit einem Metagrav-Triebwerk ausgerüstet, sowie mit Mega-Transformkanonen, Paratronkonvertern, Virtuellbildnern, Maxim-Ortern und Hyperraum-Resonatoren.
Die Beiboote der Modulschiffe sind fünf Vesta-Kreuzer, fünf Minor Globes, zehn 30-m-Space-Jets, zwanzig Gun-Jets und zwanzig Kleinst-Space Jets. Alle diese Einheiten waren mit Metagravantrieb, Paratronschirmen und Transformgeschützen ausgestattet. Zusätzlich verfügten die Module über zehn Shifts und 10 Planetenfähren. Die Standard-Besatzung eines Modulschiffes bestand aus mindestens hundert Mann.
Das dreizehnte Modul war das Zentralmodul der GILGAMESCH, es trug den Eigennamen MERLIN. Die MERLIN war von der Form her ebenfalls ein Pentagondodekaeder, hatte aber nur einen Durchmesser von 500 m. Die Diagonale einer der Flächen beliefen sich auf 303 m und die Seitenlänge auf 178 m.
Gesteuert und überwacht wurde die gesamte GILGAMESCH von einem Zehn-Komponenten-Syntronverbund. Diesem Verbund wurde von Myles Kantor bei seiner Herstellung eine Biokomponente beigefügt, der aus dem Syntron einen recht eigenwilligen Gesprächpartner machte. Der Syntron trug ebenfalls den Namen Merlin, war völlig humorlos und rechthaberisch.
Einer der Syntrons in diesem Zehnerverbund war ein Kontracomputer, wie er bereits von den TSUNAMIS her bekannt war. Dieser Kontracomputer war für Schaltungen gedacht, wenn normale Berechnungen keine Lösungsvorschläge mehr ergaben.
Rhodan erreichte mit einem Gleiter das Raumschiff. Ein kleines Aufgebot an Soldaten und Besatzungsmitgliedern hatte sich aufgestellt. Es waren etwa 100 Männer und Frauen.
Kalle Esprot und die stellvertretende Kommandantin Arina Enquist erwarteten den Unsterblichen bereits. Ein freundliche Begrüßung erfolgte und die drei Cameloter begaben sich in einen Transmitter und wurden direkt in die Kommandozentrale abgestrahlt.
Rhodan begrüßte die Stammbesatzung in der Zentrale der MERLIN sehr freundlich.
Er setzte sich in einen bequemen Sessel, auch Esprot und Enquist nahmen ihre Plätze ein.
"Interkomgespräch für Perry Rhodan", meldete der Ortungs-und Funkchef Philantropus Agorar.
"Dann zeigt mal, wer an der Leitung ist.", meinte Rhodan humorvoll.
Auf dem Interkombildschirm erschien Atlan.
"Barbar, du willst dich doch nicht aus dem Staub machen, ohne dich zu verabschieden?", begann Atlan ironisch.
"Nein, Beuteterraner. Ich wollte dir gerade selbst ein Interkomspruch schicken. Du warst halt schneller.", erklärte Rhodan und lächelte.
"Na gut. Das lasse ich durchgehen. Ich hoffe, du kommst mit Begleitung zurück."
"Das hoffe ich auch, Atlan. Diesen Sam könnten wir ganz gut gebrauchen. Er ist in der Galaxis angesehen. Vielleicht kann er uns helfen, daß auch Camelot an Ansehen wieder gewinnt."
"Hoffen wir es. Naja, außerdem kannst du dich auf dem größten und schnellsten Luxusliner seit der EOS amüsieren. Bis dann, Perry. Viel Glück", Atlan beendete das Gespräch.
Rhodan sah sich in der Kommandozentrale kurz um. Er hielt kurzen Blickkontakt mit Korom Misur, dem epsalischen Feuerleitchef, der jedoch dann verstohlen auf den Boden blickte, um Rhodan nicht das Gefühl zu geben, er würde ihn anstarren.
"Also gut meine Damen und Herren. Dann brechen wir auf. Kalle Esprot, bitte gib den Befehl zum Start.", sagte Rhodan.
"Jawohl!", gab der Ertruser zurück.
Die GILGAMESCH startete. Langsam löste sie sich von der Andockrampe und stieg in die Höhe.
Nach ungefähr 15 Minuten verließ sie den Orbit von Camelot.
"In ungefähr zwei Tagen haben wir Terra erreicht.", erklärte Esprot.
Rhodan nickte und bereitete sich auf seine Aufgabe vor.
2. Kapitel: Die LONDON
5. Oktober 1285 NGZ Solsystem, Terra.
Etwa 3000 bis 4000 Ehrengäste waren eingeladen, um dem Spektakel beizuwohnen. Die Raumwerft SUSSIX war mit Politkern, Reportern, Aristokraten und weiteren Honorationen aus allen Teilen der Milchstraße gefüllt.
Auf einem Podium waren die Ehrengäste präsent. Paola Daschmagan und Cistolo Khan saßen an einem Tisch und ließen sich von den Reportern ablichten. Unzählige Hanseaktionäre versammelten sich um die beiden.
Dann war der große Auftritt des führenden Hanseaktionärs. Arno Gaton betrat unter stürmischen Applaus das Podium.
Er ließ die Sympathie etwas auf sich einwirken. Innerlich war er stolz auf sich selbst. Lange hatte er daran gearbeitet ganz noch oben zu kommen. Nun hatte er es mit der LONDON geschafft.
Arno Gaton war der Chef der Kosmischen Hanse. Er war 94 Jahre alt und in dem Bundesstaat USA geboren. Sein Vater war bereits ein reicher Hanseunternehmer. Nach dessen Tod, erbte Gaton das gesamte Vermögen und stieg so in die Kosmische Hanse ein. Mit 80 kam er in den Aufsichtsrat und wurde Hansesprecher. Mit 90 schaffte er dann den Sprung nach ganz oben und wurde Vorsitzender des Aufsichtsrates und somit bedeutendster Hansesprecher. Von ihm stammte die Idee mit dem Projekt LONDON. Er hatte etliche Billionen Galax dafür investiert, war sich aber über den Erfolg der LONDON vollkommen sicher. Für ihn zählte an erster Stelle nur der Profit und das Geld.
Heute war die Einweihung der LONDON und somit sein Tag!
Langsam wurde es ruhiger im Raum. Gaton wandte sich mit dem Kopf dem Mikrophon zu und begann zu reden: " Meine Damen und Herren, ich begrüße Euch alle recht herzlich zur Einweihung des Hanseschiffes LONDON!", begann er überfreundlich.
"Die LONDON ist nicht nur irgendein Schiff der Kosmischen Hanse, es ist das ultimative Kreuzfahrtschiff in der gesamten Lokalen Gruppe!
Die besten Techniker, Kostrukteure, Architekten und Ingeneure der Liga Freier Terraner und aus dem Hause der Kosmischen Hanse haben drei Jahre lang an der Fertigstellung der LONDON gearbeitet und sind sogar ein Jahr vor dem eigentlichen Termin fertig geworden. Dies zeigt, wie zuverlässig und flexibel unser Unternehmen ist. Weder die TAXIT noch andere zwielichtige Organisationen können es mit der Kosmischen Hanse aufnehmen. Durch die LONDON wird die Hanse ihre erstrangige Position in der galaktischen Wirtschaft untermauern!"
Beifall kam von den Terranern, während sich Arkoniden, Springer, Blues und Topsider eher bedeckt hielten.
"Vor 4 Jahren, als ich zum leitenden Hansesprecher ernannt wurde, hatte ich eine Vision! Diese Vision war ein Schiff, das den Reisenden alles bietet, was man sich wünschen kann. Und dieser Traum wird heute in Form der LONDON Realität!", fuhr Gaton fort.
Cistolo Khan erinnerte die Rede an eine typische Politikeransprache, wie er sie zum Beispiel von Paola Daschmagan schon des öfteren gehört hatte. Er war recht müde und nur die Anspannung über das Aussehen der LONDON und die Etikette hielten ihn wach.
Alex Moindrew, der leitende Ingeneur und damit "Erbauer" der LONDON ging zu Arno Gaton und übergab ihm eine elektronische Tafel, auf der einige Daten standen.
Links von Gaton saßen dann Cistolo Khan und Paola Daschmagan. Rechts von ihm der Captain der LONDON, James Holling, ein 175 jähriger Plophoser und der erste Offizier Wyll Nordment, ein recht junger Terraner.
Gaton lächelte.
"Alex Moindrew, der Konstrukteur der LONDON hat mir soeben eine Tafel gegeben mit etlichen technischen Details über die LONDON. Im Interesse von allen, erspare ich Euch technisches "blabla" und komme zu den wesentlichen Dingen."
Hinter ihm war ein gewaltiges Fenster, welches jedoch verdeckt war, um die LONDON noch nicht sichtbar zu machen. Jedoch schien es so, als würde es bald enthüllt werden.
"Die LONDON ist mit 2810 Metern das längste Kreuzfahrtschiff in der Geschichte der Menschheit. Sie hat eine Breite von 612 Metern und eine Höhe von 1700 Metern. Die LONDON ist mit den modernsten Metagravkonvertern ausgestattet, hat einen Paratron-defensivschirm, die besten Orter und Funkanlagen, die es im 13 Jahrhundert Neuer Galaktischer Zeitrechnung gibt. Doch nun etwas besonderes. Das Design des Schiffes. In der voratomaren Zeit der Erde gab es viele Luxusliner, die die See befuhren. Freilich, die gibt es heute auch noch, aber die damaligen waren etwas besonderes. Ich denke da an glänzende Schiffe wie die FINNJET, QUEEN ELIZABETH, NORWAY oder TITANIC."
Das Schott über dem Fenster begann sich zu heben. Eine ruhige Fanfare, die von dem namhaften Komponisten James Gorner komponiert wurde, erklang. Je höher der Vorgang wurde, desto imposanter ertönte die Musik.
"Der Anblick der LONDON wird für sich selbst sprechen. Ich bin stolz, der Milchstraße das größte Kreuzfahrtschiff im Universum präsentieren zu können: Die LONDON", beendete Gaton schreiend seine Rede.
Der Vorhang hob sich langsam und man bekam den unteren Teil der LONDON bereits zu
sehen, dann schließlich auch den oberen. Ein Raunen voller Bewunderung ging durch die
Menschenmenge. Die LONDON war einem alten terranischen Luxusliner nachempfunden worden.Ihr
oberer Teil glich exakt einem alten terranischen Schiff. Es hatte die verschiedenen Decks
und sogar vier Schornsteine, die allerdings bei der LONDON zur Abstützung der großen
Glaskuppel dienten, die das Schiffsteil umgab. Der untere Teil der LONDON war der
Triebwerksteil. Der Schiffsteil ruhte sozusagen darauf. Der untere Teil bestand aus einem
festen Untersatz und einem sichelförmigen Anhang, auf dem LONDON stand. Vorne war eine
Kugel an einer dicken Röhre befestigt, der der LONDON eine imposante Ausstrahlung
verlieh.
Zwei Hypertrop-Zapfer waren am Bug und Heck des Schiffsteiles befestigt. Die LONDON war
wahrlich ein gigantischer Anblick. Tosender Applaus hallte Gaton und seine Mannen
entegegen.
In diesem Moment fühlte er sich erhaben und am Ziel seiner Bestrebungen.
Nachdem sich die Masse beruhigt hatte, kündigte Gaton die Taufe der LONDON durch Paola Daschmagan an.
Eine Flasche edelsten Weins wurde in eine Abschußrampe gesteckt. Paola Daschmagan hielt eine kurze Ansprache und lobte die Kosmische Hanse und Arno Gaton. Sie äußerte ihre Bewunderung über das Schiff und ließ noch einige übliche politische Seitenhiebe los, wie daß es soetwas unter der Sozialen Partei Terras oder der Christlichen Terranischen Union nicht gegeben hätte.
Dann ging sie zum feierlichen Akt über und drückte auf den Auslöser der Rampe, während sie die obligatorische Formel "Ich taufe dich auf den Namen LONDON" sprach. Die Flasche wurde aus der Rampe katapultiert und steuerte direkt auf den Bug der LONDON zu, wo sie auch zerbarst. Das Publikum fing wieder an zu applaudieren.
Im nachfolgenden Programm wurden auch Captain James Holling, sowie der Konstrukteur interviewt.
Beide lobten das Schiff und untermauerten die Besonderheit dieses Schiffes.
"Die LONDON wird quer durch die Lokale Gruppe fliegen. Wir haben drei Wochen für diese Kreuzfahrt angesetzt. Nicht weil sie diese Zeit bräuchte. Die LONDON könnte innerhalb von nur einer Woche diese Strecke zurücklegen. Wir wollen jedoch den Passagieren eine lange und ereignisreiche Reise bieten", erklärte Gaton zum Abschluß.
Sein großer Tag verlief zu seiner Zufriedenheit und die LONDON war startbereit.
*****
7. Oktober 1285 NGZ
Die LONDON war ein gewaltiges Schiff. Es war das größte Passagierraumschiff in der Geschichte der Menschheit. So hatte Arno Gaton sie vor zwei Tagen angepriesen. Imposant schwebte sie, an der Werft angekoppelt, im Orbit von Terra. Die LONDON sah tatsächlich wie ein terranischer Luxusliner aus dem 20. Jahrhundert aus. Sie besaß mehrere Metagrav-Triebwerke, mit der sie locker durch die gesamte Lokale Gruppe fliegen konnte. Das Schiff wurde mit einer durchsichtigen Kuppel bedeckt. Diese hatte den Vorteil, daß die Passagiere auch "an Deck" gehen konnten und so den Sternenhimmel beobachten konnten. Die LONDON besaß zudem noch einen Defensivschirm auf Paratron-Basis. Die LONDON hatte einen kleinen Hangar, wo zwei Space-Jets standen. Der größte Teil der 2800 m war tatsächlich nur für die Passagiere ausgelegt. Es gab alles auf der LONDON, was man sich nur wünschen konnte.
Die Kabinen hatten an Mindestgröße 50 qm² Fläche. Die Luxussuiten hatten an die 200 qm² aufzuweisen. Zahlreiche Restaurants und Bars waren auf dem Schiff verteilt. Viele Holosuiten, Freizeiteinrichtungen, wie Swimmingpools, Sonnendecks mit Kunstsonnen und vieles mehr hatte die LONDON ihren knapp 15.000 Passagieren zu bieten.
Dieser Tag war also nun die Jungfernfahrt der LONDON. Der Bau der LONDON hatte für viel Aufsehen gesorgt. Kritiker gab es genug, die meinten die LONDON würde ein Fiasko werden.
Die meisten dieser Kritiker verstummten allerdings nach der Taufe des Schiffes. Die Aktien der Kosmischen Hanse gingen seit dem 5. Oktober astronomisch in die Höhe. Einige Wirtschaftszeitungen sahen Arno Gaton sogar als den Mann des Jahrhunderts an. Die Weichen für einen Erfolg waren nun gelegt.
Darüber machten sich die meisten der Besatzung jedoch keine Gedanken. Sie wollten ihre Aufgaben nur gut erledigen.
Die Crew bestand aus 1200 Galaktikern. Die Brückencrew nur aus LFT Mitgliedern, die Bedienungen meist aus Blues, Peepsies, Unithern und Terranern.
Für den Kommandanten, James Holling, sollte es sein letzter Flug sein. Der im Jahre 1110 NGZ auf Plophos geborene Mann diente bereits in der Monos-Diktatur als junger Leutnant auf der QUEEN LIBERTY, dem WIDDER- Flaggschiff von Homer G. Adams. Holling war 1,80 m groß und hatte einen leichten Bauchansatz. Er trug einen Vollbart und gab das Bild einer Respektsperson wieder. Seine Haare waren bereits ergraut. Er trug eine adrette Uniform, die mit den verschiedensten Orden dekoriert waren. Nachdem der Plophoser von der LFT pensioniert wurde, begann er Kreuzfahrtschiffe und Handelsschiffe der Kosmischen Hanse zu kommandieren. Ebenso bildete er junge Raumpiloten und Kadetten der Hanse aus. Die stolze LONDON sollte sein krönender Abschluß sein.
Den Ruhestand hatte er auch dringend nötig. Leichte Alterserscheinungen machten sich bemerkbar. Zwar artete es noch nicht in Senilität aus, doch auch Holling selbst wußte, daß nach dem Jungfernflug der LONDON Schluß sein mußte.
Erster Offizier war der Terraner Wyll Nordment. Der vor 23 Jahren im Bundesstaat Irland geborene Brückenoffizier war schlank gebaut und etwa 1,75 m groß. Auch er trug eine Uniform. Es war eine schwarz-weiße Kombination, die teilweise auch an die Besatzungsmitglieder aus Zeiten erinnern sollte, in denen es nur Kreuzfahrtschiffe auf dem Wasser gab. Wyll war einer der Kadetten, die von Holling ausgebildet worden waren. Schon mit 17 Jahren ging er auf die Akademie und hatte sich in diesen 6 Jahren weit hochgearbeitet. Er sah in Holling einen Mentor, eine väterliche Figur, der er viel zu verdanken hatte.
Die restliche Kommandocrew bestand aus drei Navigatoren, drei Ortern und einem Funker. Alle standen im Dienste der Kosmischen Hanse. Holling stand auf der Brücke und sah wie die vielen kleinen Transporter die Passagiere zur Orbitalstation brachten. Die genaue Anzahl der Passagiere würde bei 14022 liegen. Eine gewaltige Anzahl, dachte der Kommandant. Die meisten würden in großen Luxuskabinen untergebracht werden. Es haperte an nichts auf der LONDON. Das Schiff sollte das Vorhängeschild der Kosmischen Hanse werden. Die Hansesprecher, allen voran Gaton, wollten damit einen Punktsieg gegenüber der TAXIT erringen. Holling interessierte das jedoch wenig. Er wollte nur seinen Beruf ausüben und die LONDON quer durch die Lokale Gruppe fliegen. Er war sich durchaus bewußt welch schwierige Aufgabe das darstellte, doch er fühlte sich dieser Verantwortung gewachsen und war stolz, daß er die LONDON kommandieren durfte.
Er blickte auf Terra hinab. Mehrere Kugelraumer näherten sich der LONDON, um die Passagiere an Bord zu bringen. Die LONDON war erst gestern zum ersten Mal getestet worden. Sie verließ das Trockendock der Werft SUSSIX und flog durch das Solsystem. Dabei wurden die Hypertrob- Zapfer, die Grigoroff- Projektoren und die Gravitraf- Speicher getestet. Die LONDON hatte einen millionenfachen Überlichtfaktor und konnte größere Geschwindigkeit als die Schiffe der NOVA Klasse erreichen.
Damit hatten die Hansesprecher recht, daß die LONDON das beeindruckenste Schiff in der Milchstraße der Gegenwart war.
Auf der Andockrampe herrschte ein reger Verkehr. Die Gleiter brachten das Gepäck und
meist die Passagiere selbst bis zu den Terminals. Die Aristokraten, Politiker und sonstige
Stars bekamen einen Extraterminal für Passagiere Erster Klasse.
Die Einteilung in verschiedenen Klassen gefiel der Öffentlichkeit weniger, jedoch waren
die Preise für Kabinen Erster Klasse astronomisch hoch.
Holling betrachtete von der Brücke den großen Tumult. Die Botschafter von Topsid und Archetz kamen mit einem großen Gefolge und einem ebenso großem Aufwand an Eskorte. Auch glaubte er einen Gleiter mit arkonidischen Insignien zu sehen. Dies war wahrscheinlich der Gleiter für die Familie der Orbanashols.
Die ersten Passagiere betraten das riesige Schiff. Der Kommandant wandte sich seinem ersten Offizier zu.
"Wyll. Es ist soweit. Ein geschichtsträchtiger Tag beginnt heute für uns und für die Kosmische Hanse." Er machte eine kurze Pause und lächelte. "Nach dem Jungfernflug wirst du das Kommando wohl übernehmen und ich kann in den wohlverdienten Ruhestand gehen und auf die 200 zusteuern."
Auch Nordment grinste: " Ich bin mir bewußt welche Ehre das für mich sein wird, aber ich werde wohl nie ein so guter Kommandant werden, wie du es bist."
Holling entgegnete: "Abwarten, spätestens mit 175! Aber nun meine Herrn, laßt uns die Passagiere begrüßen!"
" Ja, Sir!", sagte sein Offiziersstab einheitlich. Sie gingen in das riesige Foyer. Es war rund 100 Meter hoch und hatte mehrere Etagen. Es war mit Glas verziert und hatte einige Schätze zu bieten. Gemälde von namhaften galaktischen Malern, die einen Wert von etlichen Millionen hatten, hingen in dem Raum. Statuen aus Gold und Howalgonium standen an den Eingängen. Der Saal machte einen imposanten Eindruck. Genau das ist auch von den Innenarchitekten der Hanse beabsichtigt wurde. Das Schiff sollte einen Eindruck auf alle hinterlassen. Es sollte zeigen, daß es der LFT und der Hanse sehr gut ging. Besser als der TAXIT oder dem Kristallimperium.
Die besonderen Gäste begrüßte die Schiffsführung persönlich. Die reichen Aktionäre der Kosmische Hanse, aristokratische Arkoniden und Politiker.
Als einer der ersten kam Arno Gaton an. Zusammen mit seiner Frau ging er zu Holling und Nordment. Einer der anderen Offiziere kam zu ihm und gab dem Hansesprecher etwas. Es war die Nachricht einer Firma, die für die Herstellung von Raumkapseln zuständig war.
Gaton hatte die Jungfernfahrt der LONDON vorverlegt, obwohl sie noch keinen Tests unterzogen wurde. Erst gestern, nach der Taufe, konnte man einen Testflug machen. Die Sicherheit fiel einem PR-Gag zum Opfer. Gaton hatte sich in den Kopf gesetzt, daß keiner die LONDON vor der Taufe sehen sollte. Deshalb durfte auch kein Testflug gemacht werden. Die überraschend schnelle Fertigstellung der LONDON hatte auch noch andere Nachteile. Nicht alle Vertriebsfirmen konnten rechtzeitig liefern, durch die rasche Verkürzung.
Nur 50 Rettungskapseln und 500 SERUNS standen für den Notfall bereit. Falls der LONDON wirklich etwas passieren sollte, bestand die Möglichkeit nur 5500 Passagiere retten zu können. Doch dies war für Gaton ein einzukalkulierendes Risiko. Er war von der Sicherheit der LONDON überzeugt und zweifelte nicht an einer perfekten Reise.
Neben ihm ging seine Frau Delia. Sie war etwas jünger als er und war das typische Vorhängeschild eines reichen Industriellen.
"Gaton, es ist mir eine Ehre dich an Bord der LONDON begrüßen zu können.",
begann der Captain freundlich.
"Danke, danke.", entgegnete der Hansesprecher knapp, "Du bist dir doch
bewußt, welche Verantwortung du für dieses Schiff hast? Das ist eines der größten
Projekte, die die Kosmische Hanse jemals finanziert hat. Etliche Billionen an Galax sind
hier hinein geflossen."
Holling nickte und antwortete: " Selbstverständlich bin ich mir darüber im Klaren. Deshalb habt ihr ja auch mich als Kommandanten gewählt, weil ich der Beste bin."
"Bescheidenheit täte dir ganz gut, Jim.", meinte Gaton.
"Ich bin so bescheiden wie mein Brötchengeber", konterte der Plophoser.
"Deine Ansprache vorgestern hat aber durchaus Eindruck auf die Galaktiker gemacht.
Wir haben sogar noch 1230 Neueinbuchungen in letzter Sekunde bekommen. Damit ist sie fast
ausgebucht. 14.022 Gäste werden wir an Bord haben, wenn sie abfliegt.", fügte er
hinzu.
"Noch etwas. Es geht um die Rettungskapseln. Sie sind bis heute nicht
eingetroffen.", sagte Holling. "Wir haben nur 50 Stück und 500 SERUNS bis
jetzt."
Gaton winkte mit der Hand ab.
"Ich weiß. Die Vertriebsgesellschaft hatte Produktionsprobleme. Sie kamen mit der
raschen Produktionsgeschwindigkeit, welche im Hause der Kosmischen Hanse zu Tage gelegt
wird, nicht mit. Wir hätten sie besser auch bei uns herstellen lassen. Aber es sollte ja
auch ein Projekt mit galaktischer Beteiligung sein. Aber die Cheporpaner sind nun mal
nicht so fleissig wie die Terraner. Die Kapseln werden heute nicht mehr geliefert werden
können. Wir werden sie auf Gatas abholen."
"Ich hoffe, daß sie auch rechtzeitig fertig sein werden.", meinte Holling.
"Wie dem auch sei. Wir sprechen uns nachher. Delia ist ganz erschöpft von dem Flug hierher. Sag mir Bescheid, wenn wir starten. Komm, meine Teure."
"Natürlich werde ich dir Bescheid geben. Wir begrüßen jetzt die anderen... Delia!". Holling senkte kurz den Kopf. Die Gatons gingen dann, geführt von einem kleinen Roboter, zu ihrer Kabine.
Wyll stubste seinen Kommandanten und Mentor kurz an. "Sie mal, da kommen die Abgesandten des Kristallimperiums. Die sehen schon so affektiert aus."
Holling lachte kurz. "Ja, noch affektierter als Gaton und seine Alte. Was soll´s, es ist nunmal unsere Pflicht freundlich zu sein." Er wandte sich in Richtung der Arkoniden. Es waren insgesamt fünf. Begleitet wurden sie noch von zwei Naats.
Er begrüßte die Aristokraten.
"Ich bin James Holling, Captain der LONDON. Ich heiße euch im Namen der Kosmischen Hanse herzlich willkommen an Bord des größten und schnellsten. Kreuzfahrtschiffes in der Lokalen Gruppe."
Er konnte und wollte sich diesen Kommentar nicht verkneifen. Einer der Arkoniden trat an ihn heran. Er machte einen sehr vornehmen Eindruck, obgleich er nur ein Diener war. "Ich bin Hermon von Zhart. Ich bin der Haushofmeister der ehrenwerten Familie der Orbanashols."
Er zeigte auf die vier Arkoniden, zwei Männer und zwei Frauen.
Hermon von Zahrt fuhr fort: "Das ist Spector Orbanashol, einer der angesehensten Bürger unseres Imperiums."
Er zeigte auf den hochgewachsenen und breitschultrigen Arkoniden, der lange, wallende,
silberne Haare hatte. Dieser Arkonide hatte eine unsympathische und arrogante
Ausstrahlung. Er sah die beiden Offiziere nur grimmig an und gab keinen Ton von sich.
Seine Augen leuchteten tief rot.
"Die anderen erlauchten Persönlichkeiten sind seine Gemahlin Thorina, sein Neffe
Attakus und seine Tochter Rosan."
Seine Frau Thorina machte einen wesentlich älteren Eindruck als Spector selbst. Sie hatte glattes, drahtig wirkendes graues Haar und das Gesicht wirkte eingefallen und zerknittert. Ihre Kinder waren noch recht jung. Attakus war, ähnlich wie sein Onkel, hochgewachsen und hatte langes weißes Haar. Er war einer dieser jugendlichen Arkoniden, die in das Kristallimperium hineingeboren worden waren. Sein Interesse galt mehr dem Sport der Reichen sowie schönen Frauen. Ein Mann, der es genoß reich und anerkannt zu sein.
Seine Cousine Rosan machte hingegen einen unpassenden Eindruck. Holling erkannte sofort, daß sie nur Halbarkonidin war. Sie hatte zwar die roten Albinoaugen, jedoch hatte sie langes, braunes und gelocktes Haar. Holling überlegte, ob sie vielleicht halbe Terranerin sei. Wenn er die Frau von Spector betrachtete, schloß er nicht aus, daß Orbanashol vielleicht fremdgegangen war. Jedoch würde das sicher nicht ohne Folgen sein. So eine Peinlichkeit würde im arkonidischen Hof sicher bestraft werden. Dem Haushofmeister fiel der skeptische Blick des Plophosers sofort auf.
Er ergriff auch sogleich das Wort: "Rosan ist die Stieftochter von Spector Orbanashol. Seine Gemahlin ist zum zweiten Mal verheiratet. Bevor sie die Ehre bekam mit Spector Orbanashol eine Gemeinschaft einzugehen, war sie mit einem terranischen Geschäftsmann verheiratet, der jedoch.....an den Folgen eines Unfalls dahinging. Rosan stammt also aus erster Ehe von Thorina. Jedoch liebt sie Spector wie sein eigenes Kind, auch wenn sie einige abartige äußerliche Merkmale trägt."
Rosan schaute verlegen auf den Boden. Wyll kam es so vor als stand sie kurz davor zu weinen. Am liebsten hätte er sich auf den Haushofmeister gestürzt und ihm einen rechten Harken verpaßt, jedoch hätte dies unabsehbare Folgen mit sich gebracht. Statt dessen erwiderte Holling: "Als abartig würde ich das nicht bezeichnen. Sie haben eine wunderschöne Tochter, Thorina."
Wyll mußte schmunzeln und bestätigte das Kompliment seines Captains. Rosan sah beide verwundert an. Sie wußte nicht was sie davon halten sollte. Jedoch lächelte sie dann den 1.Offizier kurz an. Wyll war über das Funkeln ihn ihren Augen fasziniert.
Die anderen drei Arkoniden überhörten die Äußerung des Plophosers.
"Soso, das ist also das große terranische Schiff, das als unzerstörbar gilt.", stellte Attakus fest. Holling antwortete: "Nun ja, man kann alles zerstören. Aber die LONDON ist ein Passagierschiff und kein Schlachtraumer, daher ist diese Frage rein rhetorisch."
Attakus musterte Holling, dann nickte er leicht.
"Zumindest wurde es aus Arkonstahl hergestellt. Wenigstens etwas beruhigendes.", sagte er dann. Spector sagte immer noch nichts. Attakus sah sich etwas um, dann ging er auf Rosan zu. "Meine Cousine scheint müde zu sein, wir begeben uns besser in unsere Kabinen."
Er gab Zhart einen Wink. Der reagierte sofort.
"Das Gepäck der ehrenwerten Familie ist noch in den Gleitern. Wir haben nur das nötigste mitgenommen. Es wäre trotzdem ratsam mehrere Droiden hinzuschicken."
Holling nickte. "Das werden wir machen."
Wyll ergriff schnell die Initiative.
"Ich hoffe doch, daß ihr euch an den Kapitänstisch gesellen werdet. Es würde uns
eine große Ehre sein.", hörte er sich sagen.
Holling schaute seinen ersten Offizier verwundert an. Eigentlich wollte er diese Einladung aussprechen, aber er gestand das wohl dem Eifer der Jugend zu. Insbesondere, da er auch mitbekam wie fasziniert Nordment von der jungen Orbanashol war.
"Wir und auch unsere Familie nehmen das Angebot dankend an.", sagte Spector in einem eitlen Tonfall.
"Ja, sehr gerne!", meldete sich auch Rosan zu Wort und lächelte Wyll an. Sie war rund 1,65 m groß und hatte eine gute Figur und eine graziöse Erscheinung. Wyll dachte sich, daß sie überhaupt nicht zu den Orbanashols paßte. Auch wenn sie in den teuren arkonidischen Kleidern und mit dem Schmuck bekleidet für ihn wunderschön aussah, so hatte sie keine arrogante und affektierte Ausstrahlung wie ihre Mutter oder Stiefvater.
"Komm jetzt, Tochter.", krächzte die alte Thorina. Hermon von Zhart winkte die zwei Naats herbei, die das Gepäck der Adligen trugen.
"Der Droide wird euch die Kabinen zeigen. Sie sind im A-Deck. Dem komfortabelsten Deck.", erläuterte Nordment eifrig.
"Sie ist Arkonidin.", sagte Holling. "Aber nur eine halbe.", entgegnete Wyll und lächelte. Holling nickte und wünschte seinem jungen Freund viel Glück.
In diesem Moment trat eine Schar von Reporten in das Foyer. In mitten dieser Traube watschelte ein blauer Vogel. Es war ein Somer. Er beantwortete den Journalisten einige Fragen, bevor das Sicherheitspersonal der LONDON diese dezent von dem Somer trennte.
Holling machte eine salutierende Geste.
"Srueel Allok Mok! Es ist uns eine Ehre Sie an Bord der LONDON willkommen zu heißen.", sagte der Kommandant. Nun stieß auch Gaton dazu.
"Im Namen der Kosmischen Hanse und der LFT begrüße ich Sie ganz herzlich auf dieser Kreuzfahrt durch die Lokale Gruppe."
Er reichte dem Somer, der wie ein amerikanischer Seeadler aussah die Hand. Er ergriff diese auch und schüttelte sie.
"Es ist mir eine Ehre an diesem Jungfernflug teilnehmen zu dürfen.", sagte er schließlich.
"Sie dürfen mich aber Sam nennen. Die meisten Terraner aber auch Galaktiker tun dies. Es sind die Initialen meines Namens und zudem sehe ich einem terranischen Seeadler äußerst ähnlich und dieser Adler ist das Wappen und Symbol des terranischen Bundesstaats USA, den sie dort eben Sam nennen."
Gaton lächelte und nickte.
"Ja, wenn es Ihnen nichts ausmacht, wie ein Tier bezeichnet zu werden....", brachte er verlegen hervor.
"Tiere sind ethische Wesen. Der Adler ist ein imposantes Geschöpf, welches die Freiheit liebt. Ich habe also einige Dinge mit ihm gemeinsam."
Sam war Friedensnobelpreisträger. Er hatte schon viele politische Konflikte gelöst. Der Somer war selbst im Forum Raglund und im Kristallimperium geachtet. Er war ein Liebhaber terranischer Klassik. Beethoven und Mozart hörte er genauso gerne wie ophalische Musik. Eine weitere Marotte war, daß er sich siezen lassen wollte. Er meinte die Verwendung der dritten Stammform sei mit mehr Respekt verbunden. Anfangs war es für die Delegierten und Reporter recht schwer sich daran zu gewöhnen, jedoch mit der Zeit ging auch dies.
Der rund 1,20 m kleine Somer guckte sich im gewaltigen Foyer um.
"Ein beeindruckendes Schiff!", stellte er fest, "Viele Kunstschätze und kulturelle Höhepunkte sind hier ausgestellt und alle Galaktiker an Bord können sie bewundern. Ich danke Ihnen Herr Gaton, daß Sie so etwas wundervolles erbaut haben!"
Der Hansesprecher grinste. "Aber, aber...das war doch selbstverständlich. Ich wollte etwas für die Galaxis tun und dieses Schiff soll für alle Galaktiker da sein. Für jedermann. Das beste und größte Kreuzfahrtschiff in der Lokalen Gruppe und die Kosmische Hanse hat es möglich gemacht.", sagte er bedeutungsvoll.
Sam nickte. Holling mußte sich einen Kommentar verkneifen. Nicht die Völkerverständigung war für Gaton wichtig, sondern nur der Galax und die Zahlen an der Börse.
"Ich begleite Sie natürlich persönlich zur Kabine.", sagte Gaton anbiedernd. Er ging mit Sam los. Nordment räusperte sich.
"Was?", wollte der Hansesprecher wissen.
"Die Kabine liegt auf der anderen Seite. Folgt doch besser dem Droiden.", sagte
der erste Offizier und dirigierte einen der kleinen runden Droiden in die Richtung der
Kabine. Ohne ein Wort zu sagen, folgte Gaton zusammen mit Mok dem Droiden.
"Der verirrt sich noch in seinem eigenen Schiff", meinte Holling sarkastisch.
Hinter sich hörte er ein Räuspern. Eine trostlos wirkende terranische Gestalt stand vor ihm und blickte ihn fragend an. "Ja, bitte?"
"Entschuldigung. Ich bin Ullrich Wakkner von der Galaxiskasse, der größten galaktischen Bank in der Galaxis!"
"Aha.", machte der Kommandant. Im Inneren seufzte er. Ein Banker. Wieder ein arroganter Schnösel, der sich für absolut wichtig hielt. Er ahnte jedoch nicht, daß Wakkner nur ein kleiner Mitarbeiter in der Syntronik-Kontrolle war. Seine Aufgabe bestand darin ,eine endlose Liste durchzugehen und zu kontrollieren, ob die Syntronik oder die Mitarbeiter irgendwelche Fehler machten. Zudem war er nicht sonderlich beliebt bei seinen Kollegen. Oft wurde er an verschiedene Plätze versetzt, da ihn niemand haben wollte.
"Ich finde mich hier nicht zurecht.", sagte der Banker schließlich.
Er machte eine traurige Gestalt. Er hatte eine schimpansenähnliche Kopfform und eine hohe Stirn. Seine Haut war ziemlich blaß.
Holling holte einen der Droiden.
"Gib dem Roboter deine Zimmernummer oder Namen, dann führt er dich direkt
dorthin.", erklärte der Kommandant der LONDON freundlich.
"Hmm..danke", machte Wakkner und ging mit dem Droiden mit. Wyll verdrehte die Augen und Holling nickte ihm zustimmend zu.
"Ich glaube, das wären alle wichtigen Gäste laut Hanse-Liste.", sagte er anschließend.
"Gehen wir auf die Brücke, Captain?", wollte Wyll wissen.
"Genau dorthin, denn da fühle ich mich immer noch am wohlsten! Erster Offizier, wir haben jetzt die Pflicht das Schiff zu steuern."
Beide verließen das Foyer und begaben sich in einen Antigravschacht, der sie direkt zur Kommandozentrale brachte.
Die Schiffsmanagerin Terna Ambyl übernahm somit die Begrüßung der Gäste. Zu ihrer Seite standen ihr zwanzig weitere Stewards und Stewardessen der LONDON. Eine junge Terranerin trat ihr entgegen. Sie war 1,70 m groß, schlank und wohl proportioniert. Sie hatte schulterlange blonde Haare, blaue Augen und eine glatte, weiche Haut. Sie trug eine Kombination aus einer schwarzen Jeans-Hose und Jacke.
"Hallo, mein Name ist Shel Norkat", sagte sie freundlich.
"Herzlich willkommen an Bord, Shel.", wurde sie von der Managerin begrüßt. Shel guckte etwas verlegen als sie fragte: "Das Schiff ist ziemlich groß, könntest du mir vielleicht sagen, wo das Deck C, Kabine 6-III-789 ist?
"Aber natürlich. Folge diesem Droiden. Er bringt dich an dein Ziel und trägt sogar dein Gepäck. Ich wünsche dir einen angenehmen Aufenthalt an Bord der LONDON!"
"Vielen Dank. Ich habe lange dafür gespart." Sie sah zu dem Droiden, der ihre Taschen anhob. "Oh, ich werde der kleinen Kugel dann mal folgen", sagte sie ironisch und stieg mit dem Droiden in einen Antigravschacht.
Kaum war Shel gegangen, tauchte eine Gruppe von rund zwanzig Leuten auf, alle Terraner. Einer der Leute ging auf die Schiffsmanagerin zu. Er war rund 100 Jahre alt und kahlköpfig. Eine ruhige Ausstrahlung ging von ihm aus.
"Guten Tag, mein Kind. Ich bin Vater Dannos und das hier sind meine Jünger."
Er zeigte auf die anderen aus der Gruppe. Terna begrüßte ihn freundlich.
Dannos fuhr fort: "Wir sind die heiligen Brüder und Schwestern der Sonne."
Terna lächelte schwach. Sie wußte zuerst nicht ob es sich um einen Scherz handelte.
Schließlich faßte sie sich wieder und suchte auf der Liste nach der Kabinenaufteilung.
"Sie sind mit zwanzig Leuten hier", stellte sie fest, "Zwei Paare sind darunter, also achtzehn Kabinen, richtig?"
"Richtig meine Tochter! Darf ich dir meine wichtigsten Mitglieder vorstellen?! Dies hier sind Martha Wobbisch, Hulga Imoll und Brunde Galfesch."
Er zeigte auf drei ältere, wohlgenährte Frauen. Sie grüßten die Managerin freundlich und folgten dem Droiden.
Eines der Paare schritt auf Terna zu. Der Mann war von gedungener Statue, die Frau zierlich und labil wirkend.
"Ich bin Tett Craufordt, das ist meine Frau Luise."
Der Mann ergriff die Hand der Managerin und küßte diese. Terna zog sie instinktiv wieder zurück und fragte was das soll.
"Nun hör mal, Kleines. Ich wollte bloß nett zu dir sein. Außerdem bin ich hier Passagier. Also sei ruhig freundlicher, ansonsten beschwere ich mich."
Nun ergriff auch seine Frau das Wort: "Liebling, laß doch die arme Frau in Ruhe."
"Halt die Klappe. Hier nimm den Vurguzz und sei still!"
Er drückte ihr eine Flasche des blauen Getränks in die Hand. Bevor sie etwas entgegnen konnte, mischte sich Vater Dannos ein. "Meine Kinder, benehmt euch!" Er machte eine kurze Pause und sagte dann bedacht: "Ihr seid sicher müde. Folgt doch dem Roboter und begebt euch in eure Kabinen."
Die beiden folgten den Anweisungen des Gurus.
Ihm folgten das Ehepaar Herb und Herriet Kleinfeldt. Sie machten einen völlig unscheinbaren Eindruck.
Der Rest der Gruppe folgte ihnen und Dannos. Terna war froh, daß diese Gruppe auf dem Weg zu ihren Kabinen war. In dem Moment ertönte das Signal zum Start der LONDON.
*****
"Halt, halt...ich will noch mit!", hörte Terna eine männliche Stimme schreien. Ein ungefähr
1,85 m großer, schlanker Terraner rannte die Gangway hinab und gelangte in das Foyer. Keuchend blieb er vor der Managerin stehen, die die Arme verschränkte und ihn scharf musterte.
"Da hast du aber noch einmal Glück gehabt.", sagte sie in einem belehrenden
Ton.
Der Terraner nickte. "Ja, denke ich auch. Mein Name ist Refrald Bollk. Ich bin
Journalist der Terrania Post und habe die Absicht den Somer Sam zu interviewen.",
sagte er immer noch schwer atmend.
"Aha.", machte Terna und holte einen weiteren Droiden. "Folge einfach dem Droiden. Er bringt dich zu deiner Kabine. Guten Flug."
Bollk bedankte sich und ging hinter dem Droiden her. Er schmunzelte leicht. Das war ja doch recht einfach, dachte er und bestieg den Antigravschacht. Der Roboter führte ihn entlang der Reling. Bollk war schon beeindruckt von diesem Schiff. Er mußte an die MARCO POLO, SOL und BASIS denken. Die LONDON war zwar kleiner als einige dieser Schiffe, hatte mit 1200 m Länge jedoch immer noch einen beachtlichen Umfang.
"Hier ist die Kabine, Sir.", gab der Droide monoton von sich. Seine Kabine war sehr komfortabel ausgestattet. Sie bot alles, was man sich wünschen konnte. Bollk beschloß seine Koffer vorerst nicht auszupacken. Er ging auf das Deck. Durch die gläserne Kuppel hatte man den Eindruck als würde man mit einem terranischen Luxuslinerboot quer durch die Sterne fahren.
"Erster Offizier, bringen sie uns auf Kurs.", war der Befehl von Holling.
"Gerne, Sir!", entgegnete Wyll. Er gab die Befehle an die Navigatoren und dem Maschinenraum weiter. Die Syntronik tat den Rest. Die Tore des Foyers wurden geschlossen und die Gangway abgekoppelt.
Auch Gaton war auf der Brücke. Der Funker informierte ihn, daß ein Interkomgespräch auf ihn wartete. Er zog sich in eine Ecke zurück und sah das Hologramm eines Hansespezialisten. Sein Name war Iromn Lafke. Er war Afroterraner.
"Was gibt es?", wollte Gaton wissen.
"Es geht um die Rettungskapseln und SERUNS. Wir haben schlechte Nachrichten. Die Lieferung kann auch nicht pünktlich in Gatas sein. Sie wird wahrscheinlich erst ein Tag danach ankommen. Die LONDON muß solange auf Gatas warten.", berichtete der Hansespezialist.
Gaton machte eine wütende Geste. "Warten? Bist du des Wahnsinns? Wir haben einen
festen Zeitplan! Da kann ich mir keinen Zwischenstopp leisten. Wir bleiben auf Gatas zwei
Stunden, und nicht eine Minute länger!"
"Aber die Sicherheit des Schiffes ist doch wichtig. Auf der LONDON sind nicht
genügend SERUNS und Rettungskapseln für alle Passagiere da."
"Was solls. Es passiert sowieso nichts. Wir fliegen ohne die anderen SERUNS und
Kapseln. Ende der Verbindung."
Gaton schaltete den Interkom ab. Er vergewisserte sich, daß niemand der Unterhaltung
zugehört hatte, aber alle waren mit der Navigation der LONDON beschäftigt. Abgesehen von
Holling. Er hatte ja Gaton bereits vorher auf das Problem aufmerksam gemacht. Er sah Gaton
besorgt an.
"Wir haben 50 Rettungskapseln und knapp 500 SERUNS an Bord. Die Rettungskapseln fassen ca. 100 Mann pro Stück. Mal 50 macht 5000, plus die 500 SERUNS sind es nicht einmal 6000. Also noch weit unter der Hälfte unserer Passagiere. Falls etwas passiert, können wir unmöglich alle evakuieren. Du hättest dir eben eine bessere Vertriebsfirma aussuchen müssen, aber wir müssen warten.", sagte er mahnend.
"Ausgeschlossen. Wir gehen in keinen Kriegseinsatz, sondern auf eine Kreuzfahrt. Was soll denn da schon passieren? Holling, wenn du ehrenvoll in Pension gehen willst, dann befolge meine Befehle!", gab er in einem kommandierenden Ton von sich.
"Wie du willst.", sagte er verbittert.
Die LONDON schob sich langsam aus dem Dock heraus, bis sie die Orbitalstation völlig
hinter sich gelassen hatte.
"Sehr gut.", lobte Gaton die Crew, "Und nun Richtung Gatas. Holling, mit Höchstgeschwindigkeit. Wir haben einen Zeitplan einzuhalten."
Holling machte ein verbittertes Gesicht.
"Wie du meinst. Die LONDON wird jetzt zum ersten Mal in den Hyperraum gehen. Metagrav-Konverter aktivieren.", befahl er.
"Sind aktiviert.", gab einer der Offiziere zurück. Das Metagrav-Triebwerke wurde von Terranern und anderen Galaktikern seit 420 NGZ als Hauptantrieb benutzt. Es wurde von Payne Hamiller entwickelt, dem legendären Wissenschaftler, der Gerüchten zu Folge in die Bordsyntronik der BASIS einging und dort als Hamiller-Tube weiterexistierte hatte. Im Kontakt mit den Laren und den Wyngern hatte die terranische Technik gelernt, sich Energie durch Anzapfen energetisch übergeordneter Kontinua, also aus dem Hyperraum, zu beschaffen. Ungleich den Fahrzeugen der Laren oder Wyngern war jedoch ein mit Metagrav ausgerüstetes terranisches Raumschiff nicht dauernd damit beschäftigt, Energie aus dem Hyperraum abzusaugen, sondern tat dies nur in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, etwa so, wie ein Gleiter Treibstoff tankt. Das Absaugen erfolgte mit Hilfe eines Aggregats, das in Anlehnung an den Hypertron-Zapfer Hypertrop genannt wurde. Die abgesaugte Energie wurde für den späteren Gebrauch gespeichert. Die LONDON war mit drei der größten Gravitraf-Speichern ausgestattet und hatte somit eine riesige Speicherkapazität. Die Gravitraf-Speicher bewahrten die Energie aus dem Hyperraum solange auf, bis diese zum Weiterflug gebraucht wurde.
Die beiden Hypertropmasten am Bug und Heck der LONDON wurden von Nordment aktiviert und sie begannen die Energie aus dem Hyperraum zu saugen und die Gravitraf-Speicher "vollzutanken". Um die LONDON herum entstanden eine trichterförmige Leuchterscheinung, die für den Hypertrop typisch war. Bei jedem Fahrzeug, das sich per Hypertrop auflud, entstand diese Leuchterscheinung. Auf Grund der Größe der LONDON, war auch die Leuchterscheinung gewaltig. Es schimmerte blau-weiß um das Schiff herum. Nachdem das Schiff aufgetankt war, gab Holling den Befehl die Grigoroff-Projektoren zu aktivieren und das Metagrav-Triebwerk zu starten. Die LONDON begab sich auf Überlichtgeschwindigkeit und tauchte in den Hyperraum ein. Die Erde schrumpfte zu einem winzigen Punkt, bevor sie endgültig aus dem Blickwinkel verschwand und die Sterne eine längliche Form annahmen, bis auch sie nicht mehr zu sehen waren. Der Jungfernflug der LONDON hatte somit begonnen.
3. Kapitel: Rodroms Auftrag
1285 NGZ
Diese Gegend des Kosmos war düster. Sie war schwer zu definieren und für einen normalen Menschen nicht vorstellbar. Unbekannte Energien wüteten in der Region. Grauschwarze Farbkomponenten dominierten. Der Nebel schimmerte beängstigend und hüllte alles und jeden ein. Ein riesiges Energieportal strahlte in einem blauen Ton. Es zuckte kurz auf und ein Schiff kam heraus. Es war einige Kilometer lang und hatte die Form eines Pflocks. Die Oberfläche war asteroidenähnlich. In den Kratern waren zudem Geschütztürme eingerichtet. Es schwebte langsam und bedrohlich über den Nebel hinweg.
Sterne waren nicht über dem Nebel. Es war nur eine grau-schwarze Mischung aus Wolken und einem leeren Himmel.
Zwischen den Wolken zischte und blitzte des immer wieder auf.
Auf der Oberfläche des Planeten gab es kaum Vegetation. Abgestorbene Bäume, längst vermoderte Gebeine von Tieren und Kreaturen, Steine und eine schwarze Wüste bedeckte den Boden. Es war trostlos und kalt.
Das Schiff steuerte auf einen Berg zu. Er war gigantisch. Weit größer als der terranische Mount Everest. Er hatte eine Höhe von 203 km und einen Durchmesser von 150 km. Auf der Spitze, die noch 10 km breit war, thronte eine dunkle Festung. Sie erstreckte sich über das gesamte Terrain. Die Steine und Mauern waren tief schwarz. Die Festung sah verrottet aus und machte einen martialischen Eindruck. Seltsame Kreaturen huschten wie Schatten in dem Gebäude herum. Das Raumschiff flog in das Innere des Berges, welcher zu einem gigantischen Hangar ausgehöhlt wurde. Der Hangar war von einem roten Licht ausgefüllt. Mehrere gigantische Schiffe ruhten dort. Wesen in schwarzen Gewändern, das Gesicht von einer Kutte bedeckt, standen an den Kontrollen. Wachen, mit einer grauen ritterähnlichen Rüstung, marschierten vor dem Schiff auf, und stellten sich in Reihe und Glied auf. Das Schiff dockte an. Eine Luke öffnete sich und auch dort stieg Nebel empor. Eine Gestalt trat aus der Luke hervor. Sie war rot, wie das Licht im Hangar. Die Kreatur trug ein rotes Gewand und einen ovalen Helm, der ohne jegliche Öffnungen war. Nur ein Schlitz in der Mitte des Helms ließ darauf schließen, daß sich dort die Augen befanden. Er schritt an den Wachen vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
Er ging auf ein Tor zu, welches eine violettes Licht abgab, begab sich dort hinein und wurde auf die Oberfläche des Berges abgestrahlt.
Er schaute sich um. Die Burg war die direkt vor ihm. Sie sah altertümlich aus. An dem
großen Eingang waren an der Seite Totenschädel der verschiedensten Wesen auf Lanzen
aufgespießt. Zum Teil nur noch die blanken Knochen, teils aber noch im Verwesungsstadium.
Für jeden normalen Menschen wäre dies ein grauenvoller Anblick gewesen. Das Wesen genoß jedoch diesen Moment. Er ging auf einen der Schädel zu, und betrachtete ihn genauer. Maden und Würmer tummelten sich auf dem Kopf und nagten die Haut ab. Er neigte den Kopf nach links, um so den Totenkopf genauer betrachten zu können, dann bewegte er seinen Kopf wieder in eine grade Position. Er hörte das trappeln von Hufen. Auf einhornähnlichen Tieren ritten vier graue Gestalten dem anderen entgegen. Auch sie waren von einer Kutte bedeckt.
Sie hielten an. Einer stieg ab und begrüßte die Kreatur voller Ehrfurcht.
" Seid willkommen, großer Rodrom. Der Herr erwartet Euch bereits.", sagte die Kreatur mit dem grauen Mantel.
Der Rote, der Rodrom war, nickte nur und folgte den Reitern.
Das Innere der Burg war ebenso martialisch, wie das Äußere. Seltsame Wesen bewegten sich
dort herum. Dunkler Nebel zischte aus allen Ecken. Wesen, die Menschen als Monster
bezeichnen würden, saßen in den Ecken und jaulten. Jedoch war dieses Bild einer
altertümlichen Burg teilweise ein Trugschluß. In den unteren und oberen Gewölben und
Etagen waren hochmoderne Apparaturen zu finden. Der Hangar war ein Beispiel. Der Herr der
Burg besaß eine Technik, die weiter entwickelt war, als die der Galaktiker. Jedoch schien
er eine dunkle Seele zu besitzen. Nur so konnte man sich die Gestaltung der Festung
erklären.
Rodrom wurde in einen Saal geleitet. Dort stand etwa ein Dutzend der ritterähnlichen Soldaten. Die vier Kreaturen ließen Rodrom allein. Die Wachen salutierten als er an ihnen vorbeischritt.
Eine große Tür öffnete sich vor ihm. Er ging in den dahinter liegenden Raum. Die Tür schloß sich wieder. Der Raum war tief schwarz. Ein dunkles Blau erschien am anderen Ende. Ein Thron wurde sichtbar. Die Luft war feucht in dem Raum, es war stickig und roch nach Tod.
Zu dem Thron führte eine breite Treppe mit zehn Stufen. Auf der letzten Stufe stieg ein grauer Nebel, der hell leuchtete, empor. Rodrom verneigte sich und ging auf die Knie. Aus dem Nebel entstand eine Gestalt. Sie trug ein schwarzes Gewand, und auf dem Kopf lastete eine Kapuze. Das Gesicht war von der Nase bis zum Hals mit einem grauen Tuch bedeckt. Die Augen leuchteten rötlich bis golden. Es flammte regelrecht in diesen Augen. Die Kreatur war humanoid, wie auch Rodrom. Sie setzte sich auf den Thron. Die Krallen an den schwarzen Fingern umfaßten die Lehne und kratzen Kerben in das Holz. Modror war ein diabolischer Chaotarch. Selbst seine Artgenossen hatten großen Respekt vor ihm. Wie auch bei den Kosmokraten waren die Chaotarchen nicht als absolut böse einzustufen. Die Kosmokraten hatten auch oft genug gezeigt, daß sie schlechte Eigenschaften besaßen. Ebenso hatten auch einige Chaotarchen ansatzweise gute Eigenschaften. Modror jedoch gehörte zu den Verfechtern des Bösen und des Chaos. Seine dunkle Präsenz hatte seine Artgenossen oft selbst erschauern lassen. V`aupertir hatte sich niemals getraut Modrors Festung zu betreten. Nur Xpomol war einer der wenigen, der sich mit Modror auseinandersetzen konnte.
"Mein Meister!", sagte Rodrom unterwürfig.
"Ich erlaube dir aufzustehen.", gab das Wesen von sich. Seine Stimme klang eisig kalt. Sie war tief und imposant. Rodrom zuckte unter dieser Stimme oft zusammen. Er erhob sich langsam.
" Ihr habt mich zu Euch befehlen lassen. Was ist Euer Wunsch?", fragte er.
"Die Zeit des Schlafens ist vorbei, Rodrom! Ich will wissen, wie es im Normaluniversum, jenseits unserer Materiesenke aussieht."
"Ja, mein Meister."
" Seit der schmählichen Niederlage von V´aupertir haben sich die Chaotarchen aus den kosmischen Geschicken zurückgezogen. Wie räudige Hunde haben wir das Schlachtfeld geräumt und haben es nur der Arroganz Taurecs und Vishnas zu verdanken, daß die Kosmokraten nicht einen endgültigen Sieg erlangten.", führte der Meister Rodroms ärgerlich aus.
"Ihr meint die Terraner?", wollte Rodrom wissen.
"Ja...die Terraner. Sie sind mir ein Dorn im Auge. Es ist nur erfreulich, daß sie jetzt nicht mehr für die Kosmokraten arbeiten. Damit haben unsere dekadenten und selbstgefälligen Gegenspieler ihre fähigsten Kämpfer verloren.", sagte er voller Verachtung.
"Modror, größter und mächtigster aller Chaotarchen. Was soll ich für Euch tun?", fragte die Inkarnation der bösen Kreatur unterwürfig.
" Laut meinen Informationen haben sich auch die Kosmokraten vorläufig zurückgezogen. Jedoch traue ich ihnen nicht. Ich habe das Gefühl, daß Taurec wieder in das Leben der Terraner zurückkehren wird. Allein die Zucht seines Bastards Monos wirft bis heute noch Schatten auf die Galaktiker.", sagte Modror.
"Obwohl...", fügte er langsam hinzu, " ich sagen muß, daß dieser Monos mir gefallen hat. Er war mehr Chaotarch als Kosmokrat. So wie der Dekalog der Elemente ein Versager war. Eines Tages werden wir uns für diese peinliche Niederlage revanchieren. Wie dem auch sei. Du sollst dich mit der WORDON in das Normaluniversum begeben, um dich zu informieren, was dort geschieht."
" Ich habe gehört, daß eine aufstrebende Gruppierung mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.", sagte Rodrom.
"Die Koalition Thoregon. Ein Zusammenschluß aus mehr oder minder fähigen und gefährlichen Völkern. Und auch dort haben die Terraner ihre Finger im Spiel. Noch wissen sie es nicht, aber bald werden sie es wissen."
"Herr....ich habe gehört, daß sich jemand dieser Koalition annehmen will?"
"Diese Informationen habe ich auch mitbekommen.", bestätigte der Chaotarch.
"Der Name Shabazza fällt in diesem Zusammenhang.", sagte die Inkarnation Modrors.
"Ja. Er hat Goedda wieder aus dem Brutkosmos befreit. Den KONT bekannt als Chaosmacher oder auch nur als schlichte Syntronik der Kaiserin von Therm oder jetzt Thermioc, hat er ebenfalls befreit. Wieder ein Beispiel dafür, daß diese Terraner innerhalb von nur 2000 Jahren viel verändert haben."
Er machte eine kurze Pause.
" Dieser Shabazza will im Auftrag seines Meisters die Koalition zerschlagen und da die Terraner aufgenommen werden sollen, wird er bei ihnen besonders drastisch vorgehen. Vielleicht wird das Problem der Terraner damit endgültig gelöst sein."
Beide schwiegen eine Weile. Dann sprach der Chaotarch: "Begib dich zu unserem Beobachtungsposten im Normaluniversum. Von dort aus wirst du mir über die Aktivitäten der Terraner, der Thoregoner und sonstiger Völker von kosmischer Bedeutung berichten. Ich werde dann abwägen, ob ich es Shabazza und seinem Meister überlasse die Terraner und diesen Rhodan auszulöschen, oder ob ich es selbst übernehme mich für die Niederlage von V´aupertir und seines Hampelmanns Kazzenkatt zu revanchieren."
"Wir Ihr befehlt!", gab Rodrom voller Ehrfurcht von sich. Modror löste sich in Nebel auf. Das blaue Licht verschwand. Die Tür öffnete sich und die erste Inkarnation des Chaotarchen begab sich aus dem Raum in den Saal, wo die Wachen immer noch still standen. Es waren willenlose Kreaturen, die nur lebten, um eine Art Repräsentation darzustellen. Ein Angriff hinter den Materiesenken würde es wohl niemals geben. Daher hatten die Wachen nur die Aufgabe jedem Respekt einzuflößen und in Ungnade gefallene hinzurichten.
Rodrom fragte sich, wer dieser Shabazza sei und wer hinter ihm steckte. Möglich, daß es Modror wußte, doch der Rote traute sich nicht zu fragen.
Er verließ die Festung und begab sich in sein Schlachtschiff, die WORDON.
*****
Rodrom betrat die Kommandozentrale der WORDON. Auch die Wesen dort waren graue Gestalten in Gewändern und Kapuze gehüllt. Der Kommandant des Schiffes, Zukthh begrüßte seinen Herren.
"Welche Befehle hat Modror für uns, Herr?", fragte er vorsichtig.
"Er hat mir aufgetragen in das Normaluniversum zu fliegen, um dort Erkundungen einzubringen. Navigiere die WORDON aus der Materiesenke und steuere auf unseren Stützpunkt mit der Bezeichnung Saggittor. Dort werde ich meine Untersuchungen beginnen.", sprach der Rote.
Zukkth folgte seinem Befehl unverzüglich. Er gab die Befehle an seine Zentralbesatzung weiter. Die Triebwerke des Schiffes wurden aktiviert, nachdem die WORDON den Berg mittels Traktorstrahl verlassen hatte. Langsam steuerte sie auf das Portal zu, welches wieder aufflammte, als Rodroms Schiff hindurch flog.
4. Kapitel: Aufbruch zu den Sternen
Die LONDON schwebte majestätisch durch den Weltraum. Sie hatte gerade eine Hyperetappe hinter sich und erreichte Gatas. Ungefähr 200 Blues kamen noch an Bord der LONDON. Darunter auch ein hoher Politiker des Forum Raglunds.
Der geplante Aufenthalt des Raumschiffes sollte nicht mehr als zwei Stunden betragen. Holling hatte mit Gaton über die fehlenden SERUNS und Kapseln gesprochen und wollte seinen Protest einlegen, jedoch drohte ihm Gaton mit einer sofortigen Entlassung und Schadensersatzforderungen auf viele Millionen Galax. Es entbrannte zwischen beiden eine heftige Diskussion. Holling zog sogar in Erwägung die Presse zu informieren. Doch Gaton konnte ihn wieder beschwichtigen. Vielleicht war Holling schon zu alt, um sich erfolgreich gegen Gaton durchzusetzen. Er akzeptierte den Befehl und hoffte, daß die Kapseln doch noch rechtzeitig kämen.
Bollk saß in seiner Kabine und kramte in seinem Koffer herum. Er holte eine recht schwere Kombination heraus. Ein SERUN. Eine Spezialanfertigung der Cameloter. Der SERUN war leichter konstruiert und verfügte nur über die Minimalanforderungen, war dafür aber handlicher und unauffälliger zu transportieren.
Er sprach zum Pikosyn: "Stelle mir eine Hyperverbindung zur GILGAMESCH her."
Der Pikosyn befolgte die Anweisungen des Terraners. Er sendete ein kodiertes Signal zum Camelot Büro auf Gatas, welches dann eine Relaisschaltung zur GILGAMESCH aufstellte. Ein ungefähr 5 cm großes Hologramm von Atlan erschien auf dem Tisch, wo der Pikosyn lag.
"Na, Barbar. Amüsierst du dich auf der netten Luxusjacht?", fragte Atlan ironisch.
Der Terraner lächelte und antwortete seinem alten Freund: "Bisher hatte ich noch keine Zeit dazu. Aber das hole ich sicher heute abend nach."
Atlan schmunzelte.
"Hast du schon mit Sam Kontakt aufgenommen?", fragte er anschließend.
Perry Rhodan schüttelte den Kopf. "Nein, noch nicht. Ich werde heute abend beim Essen mit ihm reden. Ich habe einen Platz am Kapitänstisch ergattern können."
Der Unsterbliche machte eine kurze Pause und schaute lächelnd auf den Boden, dann wieder Atlan an. "Das Kristallimperium wird auch am Tisch vertreten sein. Spector Orbanashol und sein Clan."
Der Arkonide verdrehte die Augen. "Dieser Spector ist ein furchtbarer Kerl. Arrogant und affektiert. Aber paß auf Thorina auf. Die alte Schachtel ist gefährlich. Sie hat ihren ersten Mann töten lassen, damit sie Spectors Frau wird und somit mehr Macht bekommt. Zudem hatte sie die Konzerne ihres terranischen Mannes geerbt und ist so recht angesehen und mächtig. Deren Neffe Attakus ist nach seinem Onkel gekommen. Außer Sportgleiter und Frauen interessiert ihn nichts. Zumindest ist das der offizielle Anschein. Aber auch Attakus ist sehr gerissen. Er würde über Leichen gehen, solange er einen eigenen Vorteil für sich daraus bekommen könnte. Er behandelt Menschen wie Dreck, sie sollen nur leben, um ihn zu dienen."
Rhodan nickte, dann sah er Atlan fragend an und sagte: " Seine Tochter ist aber teilweise Terranerin."
"Stimmt, Perry. Sie stammt aus erster Ehe von Thorina. Laut den Informationen meiner IPRASA scheint sie ein nettes Mädchen zu sein. Jedoch, traue keinem von ihnen, bevor du dich nicht vom Gegenteil überzeugt hast. Außerdem heißt es, sie soll bald die Gemahlin von Attakus werden."
"Hmm..armes Ding. Aber ich passe schon auf. Du kennst mich doch, Beuteterraner.", sagte Rhodan leicht amüsiert.
"Eben.", konterte Atlan ebenso amüsiert.
Rhodan schaute auf sein Chronometer. "Ich wird jetzt mal an >>Deck<< gehen und mir ein Bild von den Passagieren machen."
"Gut, mach das. Ach ja..Homer sagt, wenn du eine Möglichkeit findest Gaton und seine LONDON zu blamieren, dann solltest du das tun. Wäre gut für die TAXIT"
Rhodan sah Atlan streng an. "Sehr witzig. Dafür muß Homer schon selbst sorgen. Außerdem solltest du ihm klarmachen, daß wir nicht gegen die Hanse arbeiten. Ich melde mich morgen wieder."
"Du hast ja recht. Ich werds dem alten Knauser sagen. Bis dann, Perry." Atlan beendete die Verbindung. Rhodan zog sich eine leichte Kombination an und begab sich auf das Deck. Er sah den Hauptplaneten der Gataser. Drei Shuttles flogen zur LONDON und brachten die neuen Passagiere. Darunter waren Blues-Politiker, die terranerfreundlich einzustufen waren. Rhodan musterte die Passagiere auf dem Deck. Er sah Akonen, Arkoniden, Terraner und viele andere Wesen. Wie friedlich sie doch zusammenleben können, dachte er in sich hinein. Er konnte einfach nicht die Verantwortung für jeden einzelnen Galaktiker ablegen. Tief im Inneren fühlte er sich jedem einzelnen verantwortlich. Wenn nicht ich, wer dann?, fragte er sich häufig. Kaum waren die Unsterblichen aus dem Geschehen der Milchstraße verschwunden, ging es bergab. Raglund und das Kristallimperium bildeten sich. Auch die LFT zeigte sich von einer dunklen Seite. Nationalismus und Militarismus wurden wieder stärker. Diese wurden inzwischen von Bürokratie und Korruption abgelöst. Paola Daschmagan hatte zwar einen friedlicheren Kurs eingeschlagen, jedoch wußte Rhodan, daß sie im Ernstfall nicht den Problemen gewachsen wäre. Im Inneren bereute er es, daß nicht er damals das Amt des Ersten Terraners übernahm, nachdem Julian Tifflor abtrat. Sicher hätte es der Menschheit besser gedient, dachte er vorwurfsvoll.
Er stützte seine Arme am Geländer ab und verschränkte sie. Die Space Jets hatten die Passagiere abgeladen und flogen wieder fort. Die LONDON würde wohl in den nächsten Minuten wieder auf Lichtgeschwindigkeit gehen.
Er sah sich auf dem Schiff um. In den "A" -Decks saßen die Aristokraten und Reichen. Die Leute, die glaubten mehr wert zu sein, als die normalen Galaktiker. Rhodan war innerlich sehr frustriert, daß solche Eigenschaften wieder Oberhand gewonnen hatten. Zur Gründungszeit der Kosmischen Hanse hatte er es geschafft solche Vorurteile abzubauen und sogar beinahe auszumerzen. Doch nichts schien von Dauer zu sein. Zwei Decks weiter unten sah er wieder etwas, was ihn erfreute. Ein terranisches Kind spielte zusammen mit einem unithischen Kind. Sie spielten Verstecken. Es war für Rhodan ein drolliger Anblick, dem kleinen Elefantenwesen und dem Menschenkind dabei zuzusehen. Der Unither suchte sich die unmöglichsten Verstecke aus. Er versteckte sich auf einem Servierwagen, der von einem Droiden geschoben wurde. Doch der kleine Terranerjunge konnte dies noch rechtzeitig sehen und stoppte sogar den Droiden. Dann war er dran sich zu verstecken.
Wenn es sich schon nicht für die dort oben lohnt, dann für die da unten, dachteRhodan als er die beiden sah.
All die Mühe die, meine Freunde und ich für die Menschheit und alle Zivilisationen in der Milchstraße aufnahmen sind nicht sinnlos. Ich darf den Dank und die Ernte nicht an den Reichen und Arroganten messen, die sich immer wieder selbst ins Rampenlicht stellen. Die Wesen, wie die zwei Kinder dort unten, daran sollte man die Galaktiker messen. Forum Raglund spielt zusammen mit der LFT. So könnte man es ausdrücken. Allein so ein Anblick gibt mir den Willen und die Kraft alles zu tun für sie...das ist mein Schicksal...dafür bin ich und auch die anderen Unsterblichen auserkoren....und ich will es auch gar nicht anders.
Rhodan schaute in den Himmel. Noch war Gatas zu sehen und die funkelnden Sterne der Milchstraße. Dennoch war Rhodan von der Eleganz der LONDON beeindruckt. Einerseits war sie von dem Design einem alten terranischen Luxusliner des 20. Jahrhunderts nachempfunden. Anstelle der Schornsteine waren vier Stützen für die durchsichtige Glaskuppel angebaut worden. Ansonsten erinnerte sie ihn tatsächlich an solche Schiffe. Jedoch im Inneren des Schiffes waren die kompliziertesten und modernsten Apparaturen der Kosmischen Hanse eingebaut. Rhodan war klar, daß die Verantwortlichen der Hanse, allen voran Arno Gaton, nur im kommerziellen Sinne dachten, als dieses Schiff konstruiert wurde. Aber dennoch hoffte er, daß zumindest die Männer, Frauen und Kinder hier bei dieser Fahrt ihren Spaß haben würden. Er selbst wollte sich auch wieder mal etwas amüsieren. Er genoß es am Geländer zu stehen und die Galaktiker zu beobachten. Er fühlte sich wieder etwas freier. Nicht so eingeengt, wie auf Camelot. Noch hatte ihn niemand erkannt und er hoffte, daß es dabei blieb.
Obwohl er eigentlich damit rechnete, daß ihn bald jemand erkannte.
Ihm fiel eine besonders attraktive blonde Terranerin ins Auge, die in einem Deck weiter unten sich auf einen Liegestuhl setzte. Der Servo brachte ihr sofort eine Getränk, das wie eine Mischung aus Vurguzz und Cola aussah. Sie nippte an dem Glas etwas, dann senkte sie es und behielt es in der Hand, während sie in den Himmel starrte. Rhodan war sich sicher, daß sie hier an Bord kam, um einige Dinge zu vergessen.
Hinter ihm schritten vier Personen vorbei. Es waren die Orbanashols. Thorina, die ihren Arm in den von Spector einlegte, dann Attakus und Rosan. Rosan schien traurig zu wirken. Atlan hatte wohl recht. Sie hatte es als Halb-Terranerin sicher nicht sonderlich leicht bei einer so arroganten Familie. Es wunderte Rhodan sowieso, warum sie nicht von Spector verstoßen wurde. Aber vielleicht hatte er noch Pläne mit ihr. Thorina sah in Rhodans Richtung und blieb plötzlich stehen und starrte ihn an. Rhodan spielte den Verwunderten und sah sich nach links und rechts um, als glaubte er sie würde einen anderen beobachten. Schließlich brachte er ein Lächeln heraus und ein "Hi!".
Die vier sahen ihn verwundert an. "Ich bin Refrald Bollk, Reporter der Terrania Post.", sagte er dann.
Rhodan vermutete, daß Thorina in erkannt hatte.
"Ich bin hier, um den Friedensnobelpreisträger Sam zu interviewen. Aber ich würde auch gerne mal mit Euch und Eurer Familie sprechen, wenn Ihr nichts dagegen hättet."
Spector sah in erstaunt an und gab etwas von sich, was wie "Pantoffeltierchen" klang und ging mit seiner Familie weiter. Rosan lächelte Rhodan jedoch an und blieb stehen.
"Ich kenne leider die Terrania Post nicht. Auf Arkon gibt es das wohl nicht. Könnte ich vielleicht mal eine Ausgabe lesen?", fragte sie?
Rhodan nickte.
"Ich habe zwar im Moment keine hier, aber ich werde dir eine schicken.", sagte er.
Thorina rief hinter ihrer Tochter her. "Tut mir leid, meine Mutter ruft mich. Auf Wiedersehen."
Sie ging los und rempelte dabei Wyll Nordment an. Der schien darüber sogar erfreut zu
sein. "Hey, warum bist du so in Eile?", fragte er.
"Ich muß zu meiner Familie. Ich habe leider keine Zeit. Außerdem solltest du um
Entschuldigung bitten, da du mich angerempelt hast. Ich dachte, ihr Terraner habt noch so
etwas wie Anstand"
Wyll mußte lachen.
"Was fällt dir ein, mich auszulachen?", fragte Rosan leicht erbost.
Wyll hob beschwichtigend die Hände.
"Keineswegs lache ich dich aus. Aber du hattest mich angerempelt, also müßtest du
dich entschuldigen", meinte er lächelnd.
Rosan war peinlich berührt. Sie wußte er hatte recht. Aber eine Arkonidin konnte sich
nicht bei einem Ausländer entschuldigen. So eine demütigende Blöße durfte sich keine
Arkonidin geben. Ihre Mutter würde einen Anfall bekommen, wenn Rosan sich entschuldigte.
"Wie dem auch sei, wir vergessen am besten den Vorfall.", sagte sie
schließlich.
"Gut, aber wir sehen uns heute Abend.", sagte er.
"Tun wir das?", fragte sie irritiert zurück.
Er bestätigte. "Ja, und zwar beim Essen. Die Orbanashols sitzen am Kapitänstisch und dort werde ich auch sitzen."
"Achso. Wie schön...dann bist zum Abendessen", sagte sie lächelnd und folgte ihrer Mutter, die schon ungeduldig wartete.
Als Nordment an Rhodan vorbei ging, grüßte er ihn knapp aber höflich. Ein interessantes Paar, überlegte sich der Zellaktivatorträger. In dem Moment spürte er einen Ruck durch das Schiff gehen und die Sternen wurden langgezogen bis sie wieder verschwanden. Die LONDON begab sich in den Metagravflug mit Richtung Magellan.
6. Kapitel: Das Dinner
Rosan begab sich in ihr Zimmer und wollte etwas schlafen, bevor sie zum Abendessen ging.
Sie zog sich nicht um, sondern legte sich in ihrem Kleid auf das weiche Bett. Hinter dem Kopfkissen holte sie ein Plüschwesen hervor. Ihr Vater hatte es ihr zum vierten Geburtstag geschenkt. Es war eine Erinnerung an ihren geliebten Vater. Attakus mochte das Plüschwesen nicht. Es war eine Stoffabbildung von Gucky dem Mausbiber. Attakus empfand die Puppe als widerlich und unpassend, da Gucky ein Verbrecher sei.
Für Rosan hatte diese Puppe jedoch eine besondere Bedeutung.
Sie kam jedoch nicht dazu einzuschlafen, da Attakus den Raum betrat.
"Was willst du?", fragte sie barsch.
"Ich möchte dir nur Gesellschaft leisten.", entgegnete er ihr.
Attakus hatte ein Glas Wein in der Hand. Er setzte sich zu ihr aufs Bett.
"Du hast ja immer noch dieses widerliche Vieh in deinem Bett", stellte er
unzufrieden fest.
Rosan hielt wie ein trotziges Kleinkind den Gucky fest.
Attakus lachte sie aus. "Kleines Dummchen, aber wenn du ihn unbedingt behalten willst.", sagte er spöttisch. Dann wurde er schlagartig wieder ernst.
"Wer war der Kerl mit dem du dich vorhin unterhalten hast ?", wollte er wissen.
"Der erste Offizier. Ich hatte ihn aus Versehen angerempelt. Wir haben nur eine belanglose Konversation geführt.", erzählte sie.
"Also gut. Aber tue mir bitte den Gefallen und rede nicht mit jedem Pöbel."
Rosan verdrehte die Augen.
"Ich bin müde, Attakus. Ich möchte schlafen."
Der Arkonide grinste. "Dann schlaf schön, mein Zuckerpüppchen!" Er fuhr ihr
mit seiner Hand über ihren Arm.
Sie haßte es, wenn er sie "Zuckerpüppchen" nannte. Seine Annährungsversuche fand sie jedoch noch viel widerlicher. Doch sie konnte sich nicht mehr lange dagegen wehren. Irgendwann mußte sie ihn vielleicht heiraten. Schon seit ihrer Kindheit war der Neffe von Spector Orbanashol hinter ihr her.
"Bis zum Abendessen.", sagte Rosan kalt.
Attakus gab ihr zum Abschied noch einen feuchten Kuß auf die Stirn. Dann ging er aus dem
Zimmer. Sie hörte noch wie er eine Bedienstete anschrie, weil sie seine Schuhe noch nicht
geputzt hatte.
Rosan haßte Attakus. Auch wenn er zu ihr gönnerhaft und freundlich war, glaubte sie, daß er im Grunde genommen ein Schwein war. Sie wünschte, ihr Vater würde noch leben. Dann hätte alles anders ausgesehen.
Rosan wurde im Jahr 1264 NGZ auf Arkon I geboren. Ihr Vater war der reiche terranische Unternehmer Glaus Mulltok. Dieser heiratete im Jahre 1256 NGZ die Arkonidin Thorina Rhon. Rosan kam mehr nach ihrem Vater, der sie immer sehr gut behandelte. Glaus Mulltok war immer bestrebt seine kleine Tochter glücklich zu sehen. Er erfüllte ihr meist jeden Wunsch. Ihre Mutter Thorina hingegen erzog Rosan mit strenger Hand. Im Jahre 1274 NGZ verstarb ihr Vater allerdings bei einem ominösem Unfall. Dieser Verlust traf Rosan sehr hart. Sie war erst zehn Jahre, doch ihren Vater würde sie nie vergessen.
Kurze Zeit später heiratete Thorina Spector Orbanashol. Diese Ehe galt als Zweckehe, da Thorina den gesamten Besitz von Mulltok mitbrachte und die Orbanashols so noch reicher machte. Rosan hatte es von da an schwer. Sie wurde stiefmütterlich behandelt und aufgrund ihrer terranischen Merkmale als Außenseiterin dargestellt. Sie wehrte sich permanent gegen die sterile und arrogante Welt der arkonidischen Aristokratie. Jedoch ohne Erfolg.
Zudem hegte Attakus große Gefühle für sie. Doch auch er verstand sie nicht. Sie besaßen eine völlig veschiedene Mentalität. Das machte Rosan so schrecklich einsam.
*****
Rhodan hatte sich kurz in seine Kabine hingelegt, um ein Nickerchen zu machen. Das Chronometer weckte ihn um 18:00 Uhr. Der Syntron in seiner Kabine informierte Perry, daß das Abendessen in einer Stunde stattfinden würde.
Er zog sich eine elegante Kombination an, die einer Uniform glich und ging in den großen Hauptspeisesaal.
Er sah sich um. Die meisten, die hier saßen waren reiche Bankiers, Hanseaktionäre, Adelige, Schauspieler oder Unternehmer. Die "gemeine Masse" saß in den anderen Speisesälen. Rhodan war über dieses Faktum nicht sonderlich erfreut. Wieder zeigte es ihm, wie tief die Galaktiker seit der Monos Tyrannei gesunken waren. Und ihm kam es so vor, als hatte Monos so etwas beabsichtigt. Die Folgen seiner Diktatur waren noch heute zu spüren. Als ob er immer noch Unheil brachte und gar nicht tot war.
Einer der Stewards fragte Rhodan an welchen Platz er möchte. Rhodan antwortete: "Ich bin Refrald Bollk, Reporter der Terrania Post. Ich habe einen Platz am Kapitänstisch zugesichert bekommen."
Der Steward nickte und geleitete ihn zu dem Tisch. Dort saßen bereits James Holling und sein erster Offizier Wyll Nordment. Beide standen zur Begrüßung auf und schüttelten Rhodans Hand im Glauben es sei ein Reporter der Terrania Post. Rhodan war erstaunt, daß niemand ihn erkannte.
Obwohl auch Gaton den Eindruck machte, er wußte, wer er war. Er kniff die Augen zusammen und nickte. Doch er sagte nichts.
Der Raum war ziemlich groß und glamurös ausgestattet. An der Decke hingen noch antiquierte Kronleuchter aus Howalgonium. Alles war sehr luxuriös ausgestattet. Auf einem Podium stand eine zehn Mann Kapelle, die klassische Musik spielte. Sie waren auch sehr vornehm angezogen. Anscheinend gehörte das auch zur Pflicht des Personals. Rhodan mußte unfreiwillig lachen als er einen Blue in einem terranischen Maßanzug sah. Es war ein recht komischer Anblick. Ein hagerer Mann mit kurzen Haaren und einem Bart ging auf den Tisch zu. Holling stellte ihn vor.
"Das ist Rainer Trieber, ein angesehener terranischer Bankier."
Perry nickte ihm zu.
Der Mann sprach sehr hastig.
"Guten Abend die Herrschaften."
Er schüttelte jedem kurz die Hand und gab ein knappes Lächeln von sich. Er war höchstens 40 Jahre alt, dachte Rhodan. Wohl ein junger aufstrebender Karrieremensch.
Die Kapelle spielte ein Stück von Johann Strauß II. Arno Gaton und seine Frau gesellten sich an den Tisch, genauso wie die Orbanashols. Sie wurden von den Naats und Hermon von Zhart begleitet. Wyll begrüßte Rosan natürlich besonders euphorisch. Er hatte es so organisiert, daß sie genau neben ihm saß. Ein Springerpatriarch namens Koliput setzte sich auch an den Tisch. Zu guter letzt erschien Sam, der Ehrengast. Er begrüßte alle am Tisch sehr freundlich.
Gaton stand auf und hob sein Glas.
"Auf die LONDON und diese Reise.", sagte er feierlich.
Die anderen hoben auch ihre Gläser und wiederholten seinen Trinkspruch.
Es begann eine Tischkonversation.
"Eine der wenigen Errungenschaften der Terraner ist ihre klassische Musik.", sagte Spector Orbanashol fast freundlich. Die anderen stimmten ihm zu. Er nippte an seinem Weinglas und stellte es wieder hin. "Natürlich liegt die Betonung auf Klassik. Dieses andere Barbarengeschrei ist eine Folter für die Ohren eines jeden Arkoniden.", fügte er in alter arroganter Weise hinzu.
Der Springer lachte. "Deine Arkonidenmusik ist doch zum einschlafen. Vielleicht ein Grund warum ihr degeneriert seid."
"Schweig still, elender Vasall. Ihr Springer habt doch nur uns zu verdanken, daß ihr wieder jemand seid. Ansonsten hätte die Kosmische Hanse euch doch schon lange geschluckt. Aber das Kristallimperium steht schützend über euch!"
Das kann ja ein lustiger Abend werden, dachte Rhodan.
Sam sagte: "Bitte, meine Herrn. Wir sind hier um uns zu amüsieren und nicht um uns in politische Konflikte zu stürzen."
Trieber warf hinein: "Nun ja, man kann da zweierlei Ansicht sein. Die Börse der Springer ist zu unflexibel. Der Aktienmarkt der Kosmischen Hanse hingegen läuft prächtig. Eine flexible und gesunde Marktführung, die die Hanse zu dem führenden Unternehmen in der Milchstraße macht und das mit Abstand."
"Ganz recht.", stimmte Gaton zu. "Die Hanse ist das größte Unternehmen in der Milchstraße seit über 1000 Jahren. Gerade in diesem Jahr haben wir viel Gewinn gemacht. Unsere Aktien und Fonds sind am Markt gut angesehen. Das ist auf unsere innerliche Struktur zurückzuführen. Wir haben eine gut durchdachte Organisationsplanung, eine hervorragende Personalpolitik, gute Finanziers und hervorragende Ideen und Produkte, sowie ein prächtiges Qualitätsmanagement. Die LONDON ist das beste Beispiel dafür. Dieses Raumschiff wird in die Geschichte eingehen. Es wird wahrscheinlich länger bestehen als die BASIS."
"Du vergißt die TAXIT", sagte Rhodan grinsend. "Dieses kleine Unternehmen von Homer G. Adams und den Camelotern macht dir und der Hanse doch arg zu schaffen. Ich kenne die Zahlen. So rosig sieht es mit der Kosmischen Hanse auch nicht mehr aus. Viele Geschäfte wurden euch von der TAXIT vor der Nase weggeschnappt!"
Gaton sah Rhodan/Bollk brüskiert an. Er griff nach seinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck.
"Die TAXIT und seine Anhänger sind Verbecher!", sagte er gereizt. Sam schüttelte den Kopf. "Durchaus nicht. Die Unsterblichen sind Helden und keine Feinde. Nur der Undank der Menschheit oder verschiedener Politiker hat sie verscheucht und zu Eremiten gemacht. Sie, Gaton, wären ohne Perry Rhodan nicht Hansesprecher, denn ohne ihn würde es die Kosmische Hanse gar nicht geben."
"Nun, das mag möglich sein.", sagte Gaton langsam. Er lachte aufgelegt. "Ich will ja gar nicht behaupten, daß die Unsterblichen nicht früher viel Gutes getan haben für die Menschheit, aber irgendwann läuft jedermanns Zeit ab.Und ich mag keine Leute,die länger leben, als es für sie und ihre Umwelt sinnvoll ist."
Spector Orbanashol sah dieser Diskussion gelangweilt zu. Seine Frau musterte Rhodan sehr eindringlich, ebenso wie Sam. Rhodan fragte sich, ob die beiden seine wahre Identität kannten. Sie ergriff auch gleich das Wort.
"Dieser Rhodan und sein Spießgeselle Atlan sind Personen "Non Grata" auf Arkon. Und wir sind stolz darauf. Aber man sollte aufpassen, diese Cameloter sind wie Kakerlaken, sie tauchen überall auf und sind genauso unerwünscht."
Sie hielt ihren Blick genau auf Rhodan. Sam übernahm die Initiative.
"Herr Bollk, Sie wollten ein Interview mit mir führen?", fragte er.
"Ja ganz genau. Die Terrania Post wäre sehr daran interessiert Ihre Meinung über die Organisation Camelot zu hören. Im gewissen Sinne wissen wir ja, daß Sie kein Feind der Cameloter sind, jedoch warum?"
"Weil ich weiß, daß Rhodan und seine Anhänger keine bösen, rücksichtslosen Wesen sind, sondern Heroen, die dazu auserkoren worden sind, die Menschheit zu leiten."
"Hatten Sie schon Kontakt zu Perry Rhodan?", fragte Rhodan/Bollk unverschämt.
Sam nickte mit dem Kopf.
"Das müßten Sie ja am besten wissen.", sagte er und bewies damit, daß er Rhodans Identität kannte. Bevor Rhodan etwas entgegen bringen konnte sagte Gaton: "Ahh..das Essen."
Die Bedienung servierte das gut aussehende Menü. Wyll hatte bisher wenig gesagt. Als die anderen in Gespräche vertieft waren, begann er sich mit Rosan zu unterhalten. "Schmeckt dir das Essen?", fragte er.
Sie hatte den Mund voll und konnte so nicht antworten. Sie schmunzelte und nickte. Als sie den Bissen heruntergeschluckt hatte sagte sie "Ja."
"Das freut mich.", gab Wyll etwas verlegen von sich.
"Wie lange bist du schon bei der Kosmischen Hanse?", wollte sie wissen.
"Noch nicht sehr lange. Erst seit zwei Jahren. Vorher war ich Kadett. Holling war
mein Mentor. Ich habe alles von ihm gelernt und werde die LONDON auf ihrer zweiten Reise
kommandieren, wenn ich Glück habe.", antwortete er.
Sie sah ihn respektvoll an. "Alle Achtung.", meinte sie.
Hinter sich hörte Rosan ein Räuspern von ihrer Mutter.
"Tochter, achte auf deine Aussprache! Eine Arkonidin drückt sich gewählterer aus, als du es im Moment tust!"
Rosan schaute verlegen auf den Boden und entschuldigte sich bei ihrer Mutter. Die Kapelle spielte einen Walzer. Wyll stand auf und bat Rosan um den Tanz.
Spector Orbanashol wäre beinahe sein Essen wieder hochgekommen als er das hörte. Bevor er etwas sagen konnte, stand Attakus bereits auf.
"Das ist wohl ein Witz. Eine Orbanashol tanzt nicht mit einem der Arbeiterklasse."
Wyll setzte sich wieder enttäuscht hin. Dann sah er Rosan an.
"Ist das auch deine Meinung."
"Meine Meinung ist auch ihre Meinung!", sagte Attakus scharf.
Rhodan lehnte sich zurück und betrachtete die beiden Streithähne. Er sah wie sehr es
die Orbanashols störte, daß sich Wyll offensichtlich an Rosan heranmachen wollte.
"Hmm..eigentlich wären Wyll und Rosan ein ganz liebliches Paar.", sagte er
sarkastisch. Er wandte sich wieder Sam zu.
"Was würden Sie machen, wenn Perry Rhodan Ihnen einen Posten auf Camelot offerieren
würde?", fragte er.
Sam dachte eine Weile nach bevor er antwortete.
"Ich würde ihn wahrscheinlich annehmen, wenn er interessant wäre. Wenn ich damit für und nicht gegen die Galaktiker arbeite und mehr erreichen kann als jetzt und mithelfen kann die Galaktiker in eine bessere Zukunft zu steuern, dann würde ich ,ohne zu zögern, das Angebot annehmen."
Rhodan trank sein Glas Vurguzz leer.
Er nickte und lachte. "Und genau das ist es, was Camelot will.", sagte er anschließend.
"Ich verstehe.", entgegnete der Somer signalisierend.
"Attakus, es ist doch nur ein Tanz. Möchtest du denn die terranische Schiffskommandantur beleidigen?", fragte Rosan.
Er räusperte sich. "Natürlich nicht. Also bitte, dann tanze. Aber nur einen Tanz. Wir wollen es ja nicht übertreiben!", sagte er verbittert.
Sie stand auf und nahm Wylls Hand. Beide gingen auf die Tanzfläche und bewegten sich passend dem Rhythmus der Musik.
Rhodan lehnte sich entspannt zurück und lauschte der Musik. Attakus sah ebenfalls teils brüskiert, teils eifersüchtig zu den beiden herüber.
Wyll und Rosan tanzten eng aneinander geschlungen.
"Du tanzt sehr gut.", komplimentierte Wyll.
"Danke.", sagte sie lächelnd. Dann wurde sie wieder ernst.
"Bitte gehe mehr auf Distanz. Meine Eltern..", sie deutete auf die Orbanashols mit den Kopf, "Sie sind nicht sonderlich erfreut darüber. Wir sollten jetzt besser wieder zum Tisch gehen."
"Nur wenn wir uns morgen wiedersehen.", sagte er.
Sie zögerte und wußte nicht was sie sagen sollte. "Ich weiß nicht...", brachte sie langsam hervor. Wyll zuckte mit der Augenbrauen.
"Dann tanzen wir eben weiter.", sagte er leicht amüsiert.
Rosan wußte nicht, ob sie lächeln oder seufzen sollte. Sie tat beides. "Also gut, ich bin morgen auf dem Promenadendeck. Meine Eltern sind in der Sportanlage und werden golfen. Deshalb werde ich ausnahmsweise alleine dort sein. Wir können uns dann sehen. Aber ich weiß nicht, was du dir von diesem Treffen erhoffst."
"Ich erhoffe mir, mit dir zu reden."
Er lächelte.
Sie lächelte zurück. Ihre albinoroten Augen glänzten. Er fand ihren Anblick wundervoll, riß sich jedoch wieder zusammen und stoppte den Tanz. Beide gingen wieder zurück zum Tisch.
Spector sah sie scharf an. Die anderen interessierte das weniger. Gaton und Trieber diskutierten über Aktienkurse und die "goldene" Zukunft der Hanse. Der Springerpatriarch leerte ein Glas nach dem anderen. Holling redete mit Gatons Frau und Rhodan/Bollk und Sam beredeten etwas leise.
Sie setzten sich wieder und Wyll schenkte ihr noch etwas Wein nach. Ihre Aufmerksamkeit wurde abrupt auf zwei andere Passagiere gelenkt. Es waren Tett und Luise Craufordt. Sie war wieder betrunken und beschimpfte ihren Mann.
"Was sind das für welche?", fragte Rosan.
"Das sind irgendwelche Glaubensanhänger. Von einer Sekte oder Organisation namens Kinder der Sonne. Tett und Luise Craufordt. Unsere Schiffsmanagerin hat schon einiges über die erzählt. Sie ist wohl ständig betrunken.", antwortete er ihr.
"Skandalös so etwas!", sagte Thorina voller Verachtung. Sie sah Rosan an, um nach Bestätigung zu suchen. "Ja, Mutter. Du hast recht. Einfach skandalös."
Vater Dannos ging auf die Craufordts zu und beruhigte sie wieder. Danach ging er zum Kapitänstisch.
"Gestatten, daß ich mich vorstelle. Ich bin Vater Dannos. Ich bin der Anführer unserer kleinen Gemeinde mit dem Namen Kinder der Sonne. Ich möchte mich persönlich für diesen peinlichen Auftritt bei euch allen entschuldigen.", hörte man ihn sagen.
Sam akzeptierte die Entschuldigung als erster.
"Ich nehme Ihre Entschuldigung an. Es war ja nicht Ihre Schuld, Vater. Jedoch sollten
Sie versuchen das offensichtliche Problem, das diese Dame hat, zu lösen."
Dannos verbeugte sich.
"Selbstverständlich. Wir werden sie wohl in ärztliche Behandlung geben müssen. Leider ist sie dem Alkohol zu sehr angetan. Doch Gott liebt sie trotzdem, wie euch alle."
Der Guru hatte eine ruhige aber auch bedrohliche Ausstrahlung. Er versuchte sich an einem Lächeln. Seine Augen jedoch verrieten das Gegenteil, sie zeigten eher etwas wie Fanatismus.
Er setzte sich an den Tisch. Neben ihm standen drei Männer in dunklen Anzügen.
"Das sind Bruder Abraham, Bruder David und Bruder Joshua."
Holling nickte den drei hochgewachsenen Terranern zu.
"Was stellt ihre Sekte eigentlich dar? Wieder so ein lächerlicher fanatischer Haufen aus terranischen Pfaffen?", fragte Attakus amüsiert.
Dannos sah ihn streng an. Dann lächelte er. "Mein Bruder.."
Weiter kam er nicht, denn Attakus unterbrach ihn barsch.
"Ich bin nicht dein Bruder. Vergleiche niemals Arkoniden mit Terranern!"
"Mein Bruder,", fuhr Dannos unbeirrt fort, "wir sind die Kinder der Sonne. Wir sind eine geistige Einheit und bestrebt eine Superintelligenz zu werden."
Attakus verdrehte die Augen.
"Hatten die Terraner nicht schon einmal solche Schwachsinnigen? War das nicht dieser Erik Weidenburn. Der wollte auch mit seiner Gruppe eine Superintelligenz werden."
Dannos verschränkte die Hände. "Nun, unsere Ziele sind anders als seine. Das kann ich durchaus versichern."
Er blickte durch die Runde am Tisch. Er fixierte die junge Orbanashol. Rosan konnte ihm nicht lange in die Augen sehen, sie blickte statt dessen hilfesuchend Wyll an. Dannos blickte jedoch jetzt die anderen an und musterte sie mit einem aufgesetzten Grinsen.
Als er Rhodan ansah, machte er eine erstaunte Geste.
"Ich wußte nicht, daß wir so hohen Besuch haben.", sagte er.
Thorinas Miene wurde noch mißtrauischer.
Gaton fragte verblüfft: "Was meinst Du? Der Mann ist doch bloß Reporter."
"Ist er das?", fragte Dannos herausfordernd. Rhodan stand auf.
"Nein, bin ich nicht. Ich bin Perry Rhodan!"
*****
Die Leute am Tisch waren auf einmal völlig still. Gaton saß mit weit offenen Mund an seinem Platz und brachte auch kein Wort heraus. Die Kapelle spielte noch weiter und nicht jeder hatte Rhodans Bekenntnis mitbekommen. Trieber sah Rhodan mit einem verachtenden Blick an, genauso wie die Orbanashols.
Sam brach dann das Schweigen.
"Ja, meine Herren. Das hier ist der Perry Rhodan. Er ist hier an Bord gekommen, um mit mir zu sprechen. Ich mache kein Geheimnis daraus. Perry Rhodan ist nicht der Verbrecher und Teufel aus dem ihn die LFT schon seit rund 60 Jahren machen will. Wäre er einer gewesen, dann hätte er die LONDON mit einem seiner Schiffe angegriffen. Aber er ist friedlich an Bord gekommen."
Rhodan stimmte zu.
"Ich wollte tatsächlich nur mit Sam reden, aber auch diese Kreuzfahrt genießen, was
ich auch tun werde."
Gaton schluckte mehrmals. Er wußte immer noch nicht was er sagen sollte.
"Ich hatte es gleich gewußt.", sagte Thorina verbittert.
James Holling stand auf und salutierte.
"Sir, ich heiße dich an Bord herzlich willkommen. Ich war auf der QUEEN LIBERTY während der Monos Diktatur und habe dich verehrt!"
Rhodan entgegnete den Gruß. "Ich danke dir, Kommandant."
Jetzt endlich hatte sich Gaton wieder gefaßt. Er lachte grell.
"Tja, wenn das so ist, dann...herzlich willkommen an Bord der LONDON, Perry Rhodan."
Man sah ihm genau den großen Respekt vor Rhodan an.
"Danke. Ich werde mich jetzt in meine Kabine zurückziehen. Ich wünsche euch allen noch einen schönen Abend", verabschiedete sich der Unsterbliche.
Sam stand auch auf. "Ich habe noch einiges mit Rhodan zu besprechen. Guten Abend."
Die Runde löste sich so langsam auf. Holling und Nordment gingen auf die Brücke und auch die Orbanashols verließen den Saal.
Dannos ging auf Rhodan zu. "Es tut mir leid, wenn ich dein Geheimnis gelüftet habe, mein Bruder."
"Ich verzeihe dir.", sagte Rhodan höhnisch.
"Gut. Gott ist mit uns. Wir werden uns sicher bald sehen. Friede sei mit dir." Er ging mit seinen anderen drei Gestalten wieder zu den anderen seiner Gruppe.
Gaton blieb als einziger mit seiner Frau sitzten.
"Womit habe ich das verdient?", fragte er konsterniert.
"Was denn?", fragte seine Frau leicht irritiert. Er schüttelte den Kopf und
verdrehte die Augen bevor er ein weiteres Glas Vurguzz leerte.
*****
Rhodan und Sam saßen in der Kabine.
Rhodan ergriff das Wort: "Danke für die Ehrenrettung."
"Ich habe nur getan, was ich für richtig hielt. Und deshalb werde ich auch Camelot beitreten. Ich bin der Auffassung, daß ich an Eurer Seite viel mehr tun kann, als im Moment."
Rhodan war erleichtert über diese Entscheidung. "Ich hätte nicht gedacht, daß es so leicht sein würde, Sie zu überzeugen.", gab er ehrlich zu.
"Nun müssen Sie nur Ihr Versprechen halten, Rhodan. Wenn ich etwas bewegen kann,
dann bin ich zufrieden."
"Das werden Sie.....oder das wirst du.", sagte er und reichte dem Somer die
Hand. Er sah Rhodan an und ergriff die Hand.
"Wenn du es sagst, dann wird es auch so sein.", sagte er.
*****
Die Naats standen an der Kabinentür Wache. Spector hatte sich bereits zu Bett gelegt, während Thorina noch mit Rosan reden wollte. Sie gingen in einen der Wohnzimmer der großen Kabine. Die alte Frau bebte vor Erregung. Ihre straffe und ledrig wirkende Haut zuckte leicht auf den Wangenknochen.
"Wie konntest du das wagen?", schrie sie ihre Tochter an. Rosan machte einen gleichgültigen Eindruck. "Was denn, Mutter?"
Thorina sah sie streng an. "Ich meine diesen Tanz mit dem Offizier. Was sollte das?"
Rosan machte einen Schmollmund und zuckte mit den Schultern. "Er ist ein sehr
netter Mann. Höflich, galant und gutaussehend."
"Das sind Arkoniden auch!", fauchte ihre Mutter zurück.
"Arkoniden sind arrogant.", konterte Rosan. Sie ging in das Badezimmer und zog
sich um. Thorina mußte lauter sprechen, was ihr jedoch wenig Mühe machte. "Wir
haben einen Namen und einen guten Ruf. Die Orbanashols gehören zu den mächtigsten
Familien auf Arkon. Durch deine peinlichen Eskapaden gefährdest du diesen guten
Ruf."
Rosan hatte sich fertig umgezogen. Sie trug nun ein Nachthemd aus feinster Seide. Darüber hatte sie einen Morgenmantel gezogen, der aus dem selben Stoff war. Sie verschränkte ihre Arme vor den Bauch. "Mutter, ich habe bloß mit ihm getanzt. Eine reine Höflichkeit. Mehr nicht."
"Um so besser!", sagte eine tiefe Stimme. Es war Spector. "Bei diesem Lärm kann man nicht schlafen.", sagte er düster.
Er ging auf Rosan zu. Er überragte sie mit mindestens zwei Köpfen. Er sah sie verachtend an. "Du bist eigentlich keine richtige Orbanashol. Sie dich doch an. Deine rotbraunen Haare, dazu noch gelockt. Dein Benehmen. Du ähnelst mehr diesen Barbaren als uns. Aber das Blut deiner Mutter fließt in deinen Adern und sie ist eine Orbanashol. Deshalb gehörst du wohl oder übel zur Familie. Darum benimm dich auch so!"
Seine Stimme klang bedrohlich. Sie stützte ihre Arme an der Hüfte ab.
"Wie ich schon sagte, ich habe bloß mit Wyll Nordment getanzt. Ich hatte nicht die
Absicht ihn zu heiraten.", sagte sie verteidigend. Sie schaute auf den Boden und
grinste. "Obwohl es eine interessante Idee wäre. Ich meine, Mutter hat ja schon
Erfahrung mit terranischen Männern." Das Lachen verging ihr jedoch ziemlich schnell.
Spectors starke Hand packte sie an ihrem Hals und drückte zu.
"Jetzt höre mir zu , du elende Nymphe!", sagte er in einem erbosten Ton. "Du wirst nicht noch einmal an so etwas denken,geschweige denn aussprechen, verstanden? Du wirst heiraten, aber nicht diesen Wyll oder irgendeinen anderen Barbaren, sondern Attakus."
Thorina sah ihn verwundert an. Rosan versuchte sich aus der Umklammerung zu befreien. Ihr Kopf wurde rot und sie brachte nur ein Röcheln heraus. Dann ließ Spector den Griff los. Sie sank zu Boden und rang nach Luft.
"Haben wir uns verstanden?", fragte er nun überlegen. Sie nickte nur. Der Schock saß tief in ihr. Sie begann zu weinen und sah verzweifelt ihr Mutter an. Diese gab auch prompt einen Kommentar von sich.
"Du hast deinen Stiefvater verstanden. Attakus wird dein Gemahl werden. Wenn es Spectors Wunsch ist, können wir uns nicht dagegen wehren." Sie verneigte sich vor ihrem Mann.
"Ich gehe jetzt zu Attakus und rede mit ihm. Habt eine angenehme Nacht, Weib und Stieftochter." Er ging aus dem Raum in den anderen Teil der Kabine, wo Attakus und Zhart saßen und das Gespräch mitbekamen. Attakus begrüßte die Idee seines Onkels.
Auch Thorina ging in ihren Schlafraum. Nur Rosan kauerte noch auf dem Boden und weinte. Doch niemand kümmerte das.
Sie fühlte sich allein und verlassen. Sie stand auf und zog sich wieder an. Dann lief sie aus der Kabine heraus auf das Deck.
*****
Die LONDON war immer noch im Metagravflug. Der Ortungschef, John Maskott ging auf Wyll
zu, der die Sterne beobachtete.
"Wir erreichen Magellan morgen gegen zwölf Uhr."
"Danke.", sagte Wyll und sah betrübt auf den Boden. Holling trat auf ihn zu. Er
stellte sich neben ihn und sah ihn an.
"Was ist los, Wyll?", fragte er.
"Es ist wegen Rosan...", antwortete der junge Offizier zögerlich. Holling
nickte langsam.
"Ich verstehe."
Wyll sah ihn an. "Tust du das wirklich? Ich habe noch nie ein so aufregendes Mädchen
wie sie gesehen."
Holling wehrte ab. "Du wirst noch andere aufregende Frauen sehen. Vergiß sie. Sie ist eine Arkonidin, eine Orbanashol. Sie ist soweit weg von dir, wie die Große Leere. Es sind Welten zwischen euch." Er legte die Hand auf Wylls Schulter. Er drückte einmal zu und schüttelte die Schulter etwas, dann ging er auf die Brücke.
Wyll sah ihm hinterher. Er wußte nicht, was er in diesem Moment tun sollte. Er beschloß etwas auf dem Schiff herumzugehen. Er hörte während des Rundganges ein Schluchzen. Er beschloß dessen nachzugehen, als er über sein Interkom die Nachricht bekam, daß jemand sich einer Schleuse näherte. Wyll begriff sofort was los war, er rannte so schnell er konnte in die Ebene der Schleuse. Er sah, wie die Schleusenkammer bereits geöffnet war und wollte nicht glauben was er sah.
*****
"Meine Kinder. Unser Plan hat sich geändert. Perry Rhodan ist an Bord der LONDON. Dieser Mann ist sehr gefährlich. Wenn wir unseren Plan ausführen wollen, dann jetzt mit äußerster Vorsicht.", sagte eine ruhige Stimme.
"Wir sind zu allem bereit.", sagte eine weibliche Stimme beschwörend.
Andere Stimmen schlossen sich dieser Äußerung an. " Sehr gut, meine Kinder. Bald werden wir am Ziel unserer Reise sein. Wir werden endlich ins Paradies kommen. Die LONDON wird uns dorthin bringen. Doch jedem ist klar, daß wir sie erst einmal dafür unter unsere Kontrolle bringen müssen", meinte die Stimme vom Anfang.
"Und das um jeden Preis!", fuhr sie fort. Die Stimme gehörte einem Mann und neben ihm waren rund zwanzig andere Terraner in dem Raum versammelt.
"Schon morgen,", sagte er," wird die LONDON in unseren Besitz sein und in Richtung Paradies fliegen."
Sie setzten sich auf die Knie und berührten sich an den Händen. Er sprach beschwörende Wörter und ein Gebet.
Er grinste und sah die anderen an. Dieser Mann war Vater Dannos und er war zu allem entschlossen. In dem Raum waren ebenfalls die Kleinfeldts, die Crautfordts, seine drei "Brüder" und die drei Frauen sowie einige mehr martialisch aussehende Terraner.
Einer von diesen sagte: "Und wer nicht spurt, bekommt eine Freikarte ins Jenseits."
Dannos schüttelte den Kopf. "Nur im äußersten Notfall. Aber du hast recht. Nichts darf den heiligen Plan gefährden. Wir sind 200 Kinder der Sonne an Bord und schon bald haben wir ein Raumschiff, um in unser Paradies zu fliegen, meine Brüder und Schwestern."
Eine der Frauen, Martha Wobbisch stand auf einmal auf. Sie fing an zu zittern und gestikulierte wild. "Nein, ich kann das nicht mehr. Ich will nicht mehr. Wir haben nicht das Recht dazu.", schrie sie. Sie ging zu Dannos und faßte ihn an beiden Armen. Sie sah ihn entsetzt in die Augen. "Ich steige aus. Hörst du? Ich will nichts mehr damit zu tun haben."
Er blieb ruhig. "Denk doch an den Plan. Willst du denn nicht ins Paradies?", fragte er eindringlich.
"Nein, nicht um diesen Preis. Ich will wieder zurück nach Missouri und zu meinen Enkeln. Es war falsch dir zu folgen. Du bist doch wahnsinnig. Wir können keine Menschen töten. Dazu haben wir nicht das Recht.", rief sie.
Eine der anderen Frauen, Hulga Imoll sagte: "Diese Gewissensbisse kommen aber reichlich spät."
Wobbisch sah Imoll an. "Besser spät als niemals!"
Dannos hob beschwörend die Hand. "Wenn es dein Wille ist, meine Tochter, dann werde ich ihn respektieren. Aber du verstehst, daß wir jetzt ohne dich alles besprechen müssen. Komm, ich bringe dich in deine Kabine.", sagte er ruhig.
Er und Martha verließen die Kabine und gingen den Gang entlang. Sie trafen einige Passagiere, doch beide sagten nichts.
Sie kamen an der Nahrungsbereitungsanlage vorbei, dann bogen sie in einen Gang links ein.
"Das ist aber nicht der Weg zu meiner Kabine.", sagte Martha verwundert.
Dannos sagte nichts. Sie folgte ihm. Sie betraten einen Raum, wo die Essensreste und sonstiger Müll aufbewahrt wurden. Dannos laß ein Schild auf dem Stand: Müllverbrennung alle zwei Stunden.
Er sah Martha an. " Lebe wohl, meine Tochter. Gehe in Liebe!" Sie sah ihn entgeistert an, dann spürte sie einen heftigen Schlag in ihrem Genick. Sie fiel bewußtlos zu Boden.
Dannos nahm einen Müllsack und steckte sie dort hinein. Er warf den Sack in den
Konverter zu den anderen Abfällen.
Dann verließ er den Raum. Er wartete bis jemand vom Personal den Raum betrat. Es dauerte
etwa fünf Minuten, dann hörte man wie der Konverter aktiviert wurde und den Abfall sowie
Martha Wobbisch in Energie verwandelte.
Er ging wieder zurück zu den anderen. "Martha ist nun bereits in ihrem Paradies.", sagte er andächtig. Sie hielten eine Schweigeminute.
Dann sprach er: "Wie ich schon sagte, nichts wird unseren Plan gefährden, nichts!"
ENDE
Perry Rhodan ist auf dem Luxusgiganten LONDON und fliegt durch die Lokale Gruppe. Er konnte den Somer Sam als neuen Helfer für Camelot gewinnen, doch die Probleme beginnen jetzt erst richtig. Spector Orbanashol verkündet, daß Rosan ihren Cousin Attakus ehelichen soll, doch sie verliebt sich in Wyll. Dannos und seine Sekte bereiten die Entführung der LONDON vor und Rodrom erreicht das Normaluniversum.
Wie es weitergeht erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe derTerracom im September. Der zweite Teil trägt den Titel: "Entführung der LONDON" und ist auch von Nils Hirseland geschrieben.